Update Arbeitsrecht 13|2020 vom 24.06.2020
Leitsatzreport
LAG Mecklenburg-Vorpommern: Verstoß gegen das Gebot des fairen Verhandelns bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 19.05.2020, 5 Sa 173/19
§§ 241 Abs.2, 149 Satz 1, 280 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
Leitsätze des Gerichts:
1. Hat der Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag unter Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns abgeschlossen, hat er nach § 249 Abs.1 BGB den Zustand herzustellen, der ohne die Pflichtverletzung bestünde. Der Arbeitnehmer ist dann so zu stellen, als hätte er den Aufhebungsvertrag nicht geschlossen.
2. Eine Verhandlungssituation ist als unfair zu bewerten, wenn eine psychische Drucksituation geschaffen oder ausgenutzt wird, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners erheblich erschwert oder sogar unmöglich macht.
Hintergrund:
In einer Grundsatzentscheidung vom Februar 2019 hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) erstmals das Gebot fairen Verhandelns als Voraussetzung der Wirksamkeit arbeitsrechtlicher Aufhebungsverträge anerkannt (BAG, Urteil vom 07.02.2019, 6 AZR 75/18). Laut BAG ist eine Verhandlungssituation unfair, wenn der Arbeitgeber eine psychische Drucksituation schafft oder ausnutzt, die eine freie und überlegte Entscheidung des Arbeitnehmers erheblich erschwert oder unmöglich macht. Verstößt der Arbeitgeber beim Abschluss eines Aufhebungsvertrags gegen das Gebot des fairen Verhandelns, verletzt er seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitnehmers (§ 241 Abs.2 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB) und ist ihm zum Schadensersatz verpflichtet (§ 280 Abs.1 BGB). Das bedeutet, wie das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern im Anschluss an das BAG betont, dass der Arbeitgeber den Zustand wieder herstellen muss, der bestehen würde, wenn die zum Schadensersatz verpflichtende Handlung unterblieben wäre (§ 249 Abs.1 BGB). In dem Fall des LAG Mecklenburg-Vorpommern hatte ein Lehrer, der als sog. Quereinsteiger vom Arbeitgeber bewusst ohne die eigentlich erforderliche pädagogische Ausbildung im Schulunterricht eingesetzt worden war, in einer Überrumpelungssituation und während einer Krankschreibung einen Aufhebungsvertrag unterschrieben. Einige Tage zuvor hatte er von seiner Vorgesetzten überraschend die Information erhalten, dass man sein Arbeitsverhältnis demnächst in einer angeblich noch bestehenden Probezeit kündigen werde.
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 19.05.2020, 5 Sa 173/19
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