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ARBEITSRECHT
Ausgabe
ENTSCHEIDUNGSREPORT FÜR DIE BETRIEBLICHE PRAXIS 01|2024

Update Arbeitsrecht 01|2024 vom 10.01.2024

Leitsatzreport

LAG Hamm: Anhaltspunkte für missbräuchliche Stellenbewerbung im Bewerbungsschreiben

Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 23.08.2023, 9 Sa 538/22

§§ 1; 2 Abs.1 Nr.1; 6 Abs.1 Satz 2; 7 Abs.1; 11; 15 Abs.1, 2, 4; 22 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG); § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB); § 61b Abs.1 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG)

Leitsatz des Gerichts:

Bewirbt sich ein Mann auf eine bei eBay-Kleinanzeigen lediglich für Frauen ausgeschriebene Stelle unter besonderer Hervorhebung, dass es sich bei dem Bewerber um einen Mann handelt, sowie dergestalt, dass eine Absage provoziert wird, kann es sich im konkreten Einzelfall um rechtsmissbräuchliches Vorgehen handeln.

Hintergrund:

Ein 1994 geborener Kaufmann klagte auf Entschädigung wegen Diskriminierung, nachdem er sich ohne Erfolg auf eine Stellenausschreibung beworben hatte, die auf dem Kleinanzeigenportal eBay unter der Überschrift „Suche pfiffige Büromanagerin/Sekretärin“ veröffentlicht worden war. In seinem Bewerbungsschreiben hieß es u.a.: „Hallo, ich habe gerade auf Ebay Kleinanzeigen ihre Stellenausschreibung gefunden, womit Sie eine Sekretärin suchen. Ich suche derzeit eine neue Wohnung im Umkreis und habe Interesse an Ihrer Stelle. Ich habe Berufserfahrung im Büro und kenne mich mit Word und Excel und Gesetzen gut aus. Lieferscheine und Rechnungen kann ich auch schreiben und sonst typische Arbeiten einer Sekretärin, die Sie fordern. Ich bewerbe mich hiermit auf ihrer Stelle. Suchen Sie nur ausschließlich eine Sekretärin, also eine Frau? In Ihrer Stellenanzeige haben Sie dies so angegeben. Ich habe eine kaufmännische abgeschlossene Ausbildung als Industriekaufmann und suche derzeit eine neue Herausforderung.“ Wie der Bewerbungstext zeigt, handelt es sich bei dem Bewerber sehr wahrscheinlich um einen in Norddeutschland wohnenden Kaufmann, der sich in den vergangenen Jahren in vielen Fällen auf nicht geschlechtsneutral ausgeschriebene Stellenanzeigen bei eBay beworben hatte, d.h. auf Anzeigen, in denen ausdrücklich eine Frau gesucht wurde, was gegen §§ 1; 2 Abs.1 Nr.1; 7 Abs.1; 11 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstößt. Mit seinen auf Entschädigung gerichteten Klagen hatte er hin und wieder Erfolg (Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein, Urteil vom 21.06.2022, 2 Sa 21/22, s. dazu Update Arbeitsrecht 16|2022), scheiterte zuletzt aber oft (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.01.2023, 3 Sa 898/22, s. dazu Update Arbeitsrecht 13|2023; LAG Hamm, Urteil vom 23.03.2023, 18 Sa 888/22, s. dazu Update Arbeitsrecht 21|2023). Auch eine aktuelle Entscheidung des LAG Hamm ging, wie zuvor die Entscheidung des Arbeitsgerichts Hagen (Urteil vom 06.04.2022, 2 Ca 1421/21), zu seinen Lasten aus. Dabei stützt das LAG Hamm sein Urteil v.a. auf den Text der Bewerbung, die aus Sicht des Gerichts deutlich macht, dass mit ihr eine Absage provoziert werden sollte.

Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 23.08.2023, 9 Sa 538/22

Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 23.03.2023, 18 Sa 888/22

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.01.2023, 3 Sa 898/22

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 21.06.2022, 2 Sa 21/22

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