Update Arbeitsrecht 05|2021 vom 10.03.2021
Leitsatzreport
LAG Düsseldorf: Ein Antrag auf Brückenteilzeit muss § 9a TzBfG als Rechtsgrundlage erkennen lassen
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 28.10.2020, 12 Sa 450/20
§§ 8, 9a Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG); §§ 133 BGB, 145 BGB, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB); § 106 Gewerbeordnung (GewO); § 12 Manteltarifvertrag für die Beschäftigten der Tarifgemeinschaft der AOK (MTV TGAOK)
Leitsätze des Gerichts:
1. Bei einem Antrag gemäß § 9a TzBfG muss für den Erklärungsempfänger erkennbar sein, dass er sich auf diese und nicht auf eine andere Rechtsgrundlage stützt. Dabei ist ein Vertragsangebot, das sich gestaffelt auf unterschiedliche Rechtsgrundlagen stützt, zulässig.
2. Die Veränderungssperre des § 9a Abs. 5 Satz 1 TzBfG bezieht sich ausschließlich auf eine vorherige Verringerung der Arbeitszeit gemäß § 9a Abs.1 TzBfG. Eine analoge Anwendung auf andere Teilzeitansprüche kommt nicht in Betracht.
Hintergrund:
Eine vollzeitig beschäftigte Angestellte vereinbarte mit ihrem Arbeitgeber, einer Krankenkasse, seit 2012 mehrfach befristete Arbeitszeitverringerungen, zunächst auf 35 und zuletzt auf 33 Stunden (gültig bis zum 31.03.2020). Grundlage der Teilzeitarbeit war § 12 Manteltarifvertrag für die Beschäftigten der Tarifgemeinschaft der AOK (MTV TGAOK), der Beschäftigten einen tariflichen Anspruch auf eine befristete Arbeitszeitverringerung mit Verlängerungsmöglichkeit gibt, wenn sie ein minderjähriges Kind und/oder einen nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftigen sonstigen Angehörigen betreuen oder pflegen. Die letzte im Januar 2020 beantragte Verlängerung der Arbeitszeitreduzierung, die von April 2020 bis März 2021 gelten sollte, lehnte der Arbeitgeber ab. Denn mittlerweile war das Kind der Arbeitnehmerin volljährig, und wegen der Pflegebedürftigkeit ihres Vaters, auf die sich die Arbeitnehmerin berufen hatte, verlangte der Arbeitgeber ein Attest. Daraufhin erneuerte die Arbeitnehmerin ihren Antrag auf eine befristete Teilzeit von April 2020 bis März 2021, wobei sie sich nicht nur auf den Tarifvertrag, sondern auch auf das TzBfG berief. Ihre Klage auf Zustimmung zu einer befristeten Teilzeit von 33 Stunden in der Zeit vom April 2020 bis März 2021 hatte vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 30.06.2020, 5 Ca 1315/20) und auch in der Berufung vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf Erfolg (Urteil vom 28.10.2020, 12 Sa 450/20). Beide Gerichte stützten sich auf den gesetzlichen Anspruch auf eine befristete Teilzeit („Brückenteilzeit“) gemäß § 9a Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Denn der zuletzt gestellte Teilzeitantrag enthielt das Angebot, eine befristete Arbeitszeitverringerung auf der Grundlage von § 12 MTV TGAOK und hilfsweise aufgrund von § 9a TzBfG zu vereinbaren. Ein solches Vertragsangebot ist ausreichend bestimmt, so das LAG. Denn es genügt, wenn der Arbeitgeber als Erklärungsempfänger das Vertragsangebot durch die Option für eine der zur Wahl gestellten Möglichkeiten annehmen kann.
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 28.10.2020, 12 Sa 450/20
Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitszeitverringerung
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