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ARBEITSRECHT
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ENTSCHEIDUNGSREPORT FÜR DIE BETRIEBLICHE PRAXIS 19|2021

Update Arbeitsrecht 19|2021 vom 22.09.2021

Leitsatzreport

Arbeitsgericht Cottbus: Anforderungen an ein Attest zur Befreiung von der Pflicht, bei der Arbeit einen Mund-Nase-Schutz zu tragen

Arbeitsgericht Cottbus, Urteil vom 17.06.2021, 11 Ca 10390/20

Art.1,2 Grundgesetz (GG); §§ 242, 611a, 613 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB); § 106 Gewerbeordnung (GewO); § 2 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV); §§ 1, 23 Kündigungsschutzgesetz (KSchG)

Leitsätze des Gerichts:

1. In einem Dienstleistungsbetrieb, in dem ein physischer Kundenkontakt besteht, kann der Arbeitgeber das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes (MNS) verpflichtend anordnen.

2. Aus einem Attest zur Befreiung von der Pflicht zum Tragen eines MNS muss hervorgehen, welche konkret zu benennenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufgrund eines MNS zu erwarten sind.

3. Besteht aufgrund einer wirksamen Befreiung von der MNS-Pflicht oder aufgrund der Weigerung des Tragens keine andere Möglichkeit des Einsatzes im Betrieb, ist eine Kündigung i. d. R. gerechtfertigt.

Hintergrund:

Die Inhaberin einer logopädischen Praxis bat ihre einzige Angestellte, eine Logopädin, nach ihrer Rückkehr aus der Elternzeit im August 2020 mehrfach darum, bei der Arbeit einen Mund-Nasen-Schutz (MNS) zu tragen, was die Logopädin unter Verweis auf zwei ärztliche Atteste ablehnte. In den Attesten war ohne nähere Begründung davon die Rede, dass der Logopädin das Tragen eines MNS „unzumutbar“ sei. Nachdem die Praxisinhaberin verschiedene Masken zum Ausprobieren und Trainieren sowie zusätzliche Pausen angeboten hatte, die Logopädin darauf aber nicht einging, sprach die Praxisinhaberin eine ordentliche Kündigung aus. Die dagegen gerichtete Kündigungsschutzklage der Logopädin wies das Arbeitsgericht Cottbus ab (Urteil vom 17.06.2021, 11 Ca 10390/20). Denn die Praxisinhaberin war nicht nur berechtigt, sondern zum Schutz der Patienten und der Klägerin sowie zum Eigenschutz verpflichtet, das Tragen eines MNS anzuordnen. Auch wegen des Risikos einer zeitweisen behördlichen Praxisschließung war die Anordnung nachvollziehbar, so das Gericht. Daran änderten auch die ärztlichen Atteste nichts. Denn aus ihnen ging nicht hervor, welche konkreten Gesundheitsbeeinträchtigungen aufgrund eines MNS zu erwarten sein sollten, und es ließ auch nicht erkennen, woraus solche Beeinträchtigungen folgen sollten. Selbst wenn das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) hier anwendbar gewesen wäre (was wegen der unter elf Arbeitnehmern liegenden Mitarbeiterzahl nicht der Fall war, § 23 Abs.1 KSchG), wäre die Kündigung sozial gerechtfertigt im Sinne von § 1 KSchG gewesen, so das Arbeitsgericht.

Arbeitsgericht Cottbus, Urteil vom 17.06.2021, 11 Ca 10390/20

 

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