Update Arbeitsrecht 05|2024 vom 06.03.2024
Leitsatzreport
LAG Schleswig-Holstein: Fristlose Kündigung wegen Bedrohung eines Kollegen mit einem Messer
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 13.07.2023, 5 Sa 5/23
§ 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB); § 241 Strafgesetzbuch (StGB)
Leitsätze des Gerichts:
1. Eine ernstliche Bedrohung des Arbeitnehmers mit Gefahren für Leib oder Leben u.a. von Vorgesetzten oder Arbeitskollegen, für die kein allgemeiner Rechtfertigungsgrund eingreift, kommt „an sich“ als wichtiger Grund i.S.v. § 626 Abs.1 BGB in Betracht. Eine strafrechtliche Bedrohung i.S.v. § 241 StGB setzt voraus, dass der Arbeitnehmer/Täter mit dem Willen handelt, dass der Kollege/Vorgesetzte die Drohung zur Kenntnis nimmt und als ernst gemeint auffasst.(Rn.38)
2. Ein nur unsachgemäßer Umgang mit einem Filetiermesser, durch welchen sich Kollegen oder Vorgesetzte bedroht fühlen, setzt vor Ausspruch einer Kündigung in aller Regel eine vorherige Abmahnung voraus.(Rn.42)
Hintergrund:
Ein seit drei Jahren in einem größeren mitbestimmten Produktionsbetrieb tätiger Industriemechaniker soll, so der Arbeitgeber, im Juni 2021 bei der Arbeit am Probierstand eine dicht neben ihm sitzende Kollegin mit einem Filetiermesser bedroht haben. Angeblich soll er das Messer, das eine 20 Zentimeter lange Klinge hatte, im Abstand von etwa zehn bis 20 Zentimetern an den Hals der Kollegin gehalten haben. Die Kollegin lachte daraufhin und bat den Mechaniker, das Messer wegzunehmen, was dieser auch tat. Nachdem sie drei Arbeitstage später der Vorarbeiterin und zwei Wochen später dem Betriebsrat von dem Vorfall berichtet hatte, wurden sie und ein Zeuge des Vorfalls und später auch der Mechaniker befragt. Dieser gab an, sich an die fragliche Situation nicht erinnern zu können. Wenn so etwas geschehen sein sollte, wäre es keine mutwillige Bedrohung durch ihn gewesen. Die daraufhin nach Anhörung des Betriebsrats vom Arbeitgeber ausgesprochene außerordentliche fristlose und hilfsweise ordentliche Kündigung hatte weder vor dem Arbeitsgericht Lübeck (Urteil vom 30.11.2022, 3 Ca 157/22) noch in der Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Bestand. Beide Gerichte konnten auf der Grundlage der Darstellung des Sachverhalts durch den Arbeitgeber keine vorsätzliche Bedrohung durch den gekündigten Arbeitnehmer feststellen.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 13.07.2023, 5 Sa 5/23
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