Update Arbeitsrecht 01|2024 vom 10.01.2024
Leitsatzreport
Hessisches LAG: Kein allgemeiner Anspruch auf Unterlassung personeller Einzelmaßnahmen neben den §§ 99 bis 101 BetrVG
Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 26.09.2023, 15 TaBVGa 138/23
§§ 23 Abs.3; 99; 100; 101 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG); §§ 823, 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
Leitsatz des Gerichts:
Neben den in sich geschlossenen Regelungen der §§ 99 bis 101 BetrVG besteht ein allgemeiner Unterlassungsanspruch zugunsten des Betriebsrats nicht.
Hintergrund:
Die Storemanagerin einer kleinen, in Wiesbaden gelegenen Verkaufsstelle eines Einzelhandelsunternehmens mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern setzte am 26.07.2023 kurzfristig eine externe Aushilfskraft als sog. „Ersthelferin“ ein. Darüber informierte die Storemanagerin den Betriebsobmann der Verkaufsstelle erst am Morgen des Einsatztages. Immerhin hatte das Unternehmen dem Betriebsobmann bereits zwei Wochen zuvor mitgeteilt, dass man den Einsatz von sog. Ersthelfern durch Storemanager nicht als mitbestimmungspflichtige Einstellung im Sinne von § 99 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ansehe, d.h. eine gewisse Kommunikation fand darüber vorab statt. Außerdem setzte das Unternehmen eigene Angestellte, die nicht regelmäßig in der Wiesbadener Verkaufsstelle arbeiteten, dort kurz darauf an zwei Tagen ein. Der Betriebsobmann zog vor das Arbeitsgericht mit dem Ziel, das Unternehmen zur Unterlassung solcher Einsätze zu verpflichten. Das Arbeitsgericht Wiesbaden (Beschluss vom 03.08.2023, 7 BVGa 6/23) und das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) wiesen seinen Antrag zurück. Beide Gerichte meinten, dass hier kein „grober Verstoß“ des Arbeitgebers gegen seine gesetzlichen Pflichten im Sinne von § 23 Abs.3 BetrVG vorlag, der einen Unterlassungsanspruch begründen würde. Einen neben § 23 Abs.3 BetrVG bestehenden („allgemeinen“) Unterlassungsanspruch gibt es aber neben dem in sich geschlossenen System von Informations- und Verfahrenspflichten der §§ 99 bis 101 BetrVG nicht, so die Gerichte. Und da der Arbeitgeber den Betriebsobmann hier weder um Zustimmung gemäß § 99 BetrVG gebeten hatte noch über eine vorläufige Maßnahme im Sinne von § 100 Abs.2 BetrVG informiert hatte, konnte der Betriebsrat seinen Unterlassungsanspruch hier nur auf § 23 Abs.3 BetrVG stützen. Dessen Voraussetzungen lagen aber nicht vor.
Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 26.09.2023, 15 TaBVGa 138/23
Handbuch Arbeitsrecht: Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten
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