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BAG, Urteil vom 06.07.1970, 5 AZR 523/69
Schlagworte: | Lohn und Gehalt | |
Gericht: | Bundesarbeitsgericht | |
Aktenzeichen: | 5 AZR 523/69 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 06.07.1970 | |
Leitsätze: | Haben die Parteien ohne nähere Erläuterung die Zahlung eines bestimmten Nettolohnes vereinbart, so ist im Zweifel davon auszugehen, daß die die Höhe der Abzüge beeinflussenden persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers mit Grundlage für die Bemessung des Nettolohnes waren. | |
Vorinstanzen: | Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 31.10.1969, 2 Sa 422/69 | |
5 AZR 523/69
2 Sa 422/69 Niedersachsen
Im Namen des Volkes
Urteil
Urteilstenor zugestellt
am 6. Juli 1970
gez. Weinrich,
Amtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
In Sachen
hat der fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts gemäß § 128 Abs. 2 ZPO in der Sitzung vom 2 Juli 1970 durch den Senatspräsidenten Dr. Schrader, die Bundesrichter Dr. Auffarth und Siara sowie die Bundesarbeitsrichter Roglin und Dr. Eck fur Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 31. Oktober 1969 - 2 Sa 422/69 - aufgehoben und der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurück-verwiesen.
Von Rechts wegen
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Tatbestand
Der Kläger war seit dem Jahre 1965 beim Beklagten als Schlachter beschäftigt. Die Parteien hatten einen Nettolohn vereinbart, der für 1968 160,-- DM pro Woche betrug Der Kläger bekam wöchentlich eine Abrechnung, aus der sich der aus dem Nettolohn errechnete Bruttolohn und die entsprechenden Abzuge ergaben Die gesetzlichen Erhöhungen der Sozialversicherungsbeitrage sind vom Beklagten getragen worden, ohne daß sie den Nettolohn des Klägers beeinflußten. Nach seiner Eheschließung im Frühjahr 1969 kam der Kläger in eine günstigere Steuerklasse Gleichwohl zahlte der Beklagte nur den bisherigen Nettolohn weiter.
Der Kläger verlangt vom Beklagten Zahlung von 56,64 LM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 5 Mai 1969 als Differenzbetrag für zwei Wochen aus dem bisherigen für die Abzüge errechneten Bruttolohn von 247,26 DM und dem nach der Eheschließung maßgeblichen Bruttolohn von 218,94 DM. Diese Differenz hat der Kläger am 2. Mai 1969 schriftlich angemahnt. Er meint, der Beklagte müsse ihm den durch die Steuerermäßigung ersparten Betrag auskehren, weil nur der Bruttolohn geschuldet werde. Der vereinbarte Nettolohn habe lediglich die Bedeutung einer Bemessungsgrundlage für den Bruttolohn.
Der Beklagte ist der Ansicht, der sich aus der günstigeren Steuerklasse ergebende Differenzbetrag stehe ihm genauso zu, wie er bisher Erhöhungen der Abzüge selbst getragen habe. Er sei bei seinen Anrechnungen von dem vereinbarten Nettolohn ausgegangen und habe daraus den Bruttolohn "hochgerechnet".
Das Landesarbeitsgericht hat das klagabweisende Urteil des Arbeitsgerichts bestätigt und zur Begründung ausgeführt: Aus den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien sei nicht der Wille erkennbar, daß in Wirklichkeit ein Bruttolohn geschuldet werde. Es hatte eine Regelung hinsichtlich des während des Arbeits-
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verhältnisses auftretenden Veränderungen der gesetzlichen Lohnabzüge getroffen werden müssen. Die Art der Lohnabrechnung sei kein Indiz für eine Bruttolohnvereinbarung. Der ungleiche Betrag des Bruttolohnes bestätige zudem, daß der Beklagte den Nettolohn nicht vom Bruttolohn, sondern umgekehrt diesen aus jenem errechnet habe. Auch bei einer reinen Nettolohnvereinbarung sei es allerdings möglich, daß steuerliche Vorteile dem Arbeitnehmer zugutekommen müßten. In einem solchen Falle sei die Nettolohnvereinbarung ergänzend auszulegen (§ 157 BGB), das könne jedoch nicht bei einer Ermäßigung der Abzuge infolge einer Änderung des Familienstandes gelten, weil solche Änderungen sich erhöhend und mindernd auswirken könnten. Es sei nicht feststellbar, daß die Parteien, wenn sie dieses bedacht hätten, eine Regelung getroffen hätten, nach der sich solche Veränderungen auf die Nettolohnzahlung auswirken sollten.
Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter. Der Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits, damit das Landesarbeitsgericht feststellen kann, ob die Parteien bei Kenntnis der Verheiratung des Klägers einen höheren als den bisher festgelegten Nettolohn vereinbart hatten.
1. Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils haben die Parteien ohne nähere Erläuterung oder Konkretisierung ihrer Vertragsabrede einen "Nettolohn" von 160,-- DM wöchentlich zu Grunde gelegt. Hierbei handelt es sich innerhalb eines Einzelarbeitsvertrages um eine in gewissen Wirtschaftszweigen noch typische Vertragsklausel, die deshalb uneingeschränkt
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der Auslegung seitens des Revisionsgerichts zugänglich ist (vgl. BAG AP Nr 26 zu § 52 RegelungsG, BAG 13, 256 [261] = AP Nr. 27 zu § 91 ZPO).
2. Haben die Parteien eines Arbeitsverhältnisses schlicht einen Nettolohn vereinbart, so ist nach Auffassung des Senats im Zweifel davon auszugehen, daß die Parteien von den die Höhe der gesetzlichen Abzüge beeinflussenden persönlichen Verhältnissen des Arbeitnehmers ausgingen, wie sie bei Abschluß der Vereinbarung bestanden. Das gilt insbesondere für den Familienstand des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber muß auch bei Vereinbarung eines Nettolohnes, schon um die gesetzlichen Abzüge berechnen zu können, den dem Nettolohn entsprechenden Bruttolohn feststellen. Damit wird zugleich für den Arbeitgeber ersichtlich, was ihn der Arbeitnehmer im Ergebnis "kostet". In der Sphäre des Arbeitnehmers liegende, die Abzüge an Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeitragen beeinflussende Umstände sind daher auch bei Vereinbarung eines Nettolohnes nicht bedeutungslos, sondern maßgebende Rechnungsfaktoren. Es ist daher mangels ausdrücklicher anderweitiger Parteiabrede davon auszugehen, daß die Vereinbarung eines Nettolohnes abgestellt ist auf die bei Vertragsabschluß bestehenden persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers (vgl. Gros-Stubing, AR-Blattei, Lohnsteuer II G I, LAG Hamm, Urteil vom 20 November 1959, BB 1960, 484, LAG Dusseldorf, Urteil vom 25 Oktober 1967, Betrieb 1968, 986, LAG Duisburg, ARS 44, S 83 (LAG), a N offenbar Matthes, Betrieb 1969, 1339 [1341]).
3. Ändern sich im Laufe des Arbeitsverhältnisses die bei Abschluß der Nettolohnvereinbarung bestehenden persönlichen Verhältnisse, so daß sich auch erhebliche Änderungen der Abzüge des Arbeitnehmers ergeben, so wird die bisherige vertragliche Lohnregelung anpassungsbedürftig. Nach den Grundsätzen der
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§ 157, 242 BGB ist zu ermitteln, was die Parteien vernünftigerweise nunmehr vereinbart hätten, wenn sie die zukünftige Entwicklung der persönlichen Verhältnisse im Bereich des Arbeitnehmers vorhergesehen hätten. Die Lohnabrede muß den neuen Verhältnissen angepaßt werden Steuervergünstigungen auf Grund der Eintragung von Lohnsteuerfreibeträgen und insbesondere auf Grund einer günstigeren Steuerklasse für Verheiratete unter Berücksichtigung der Kinderzahl dienen mit zum Ausgleich einer stärkeren Belastung des Arbeitnehmers. Es kann nun im Regelfall den Parteien eines Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung von Treu und Glauben nicht als Vertragswille unterstellt werden, derartige aus sozialen Gründen eintretende Steuervergünstigungen sollten nicht dem Arbeitnehmer, sondern dem Arbeitgeber zu Gute kommen. Damit wurde das Gegenteil von dem erreicht, was der staatliche Gesetzgeber beabsichtigt. Nur wenn der Arbeitgeber beweisen konnte, schon bei Abschluß der Nettolohnvereinbarung sei eine zukünftige Änderung der persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers einkalkuliert worden, könnte etwas anderes gelten.
4. Die Anpassung der Nettobezüge an die veränderten Verhältnisse kann allerdings nicht in der Weise erfolgen, wie sie hier der Arbeitnehmer begehrt. Er kann nicht einfach zusätzlich den Bruttobetrag fordern, der sich aus der Differenz des alten und des neuen "hochgerechneten" Bruttoverdienstes ergibt. Die Parteien haben eine Nettolohnvereinbarung getroffen. Daran ist festzuhalten. Es muß nunmehr der abgeänderte Nettolohnbetrag ermittelt werden, der der bisherigen Gesamtbelastung des Arbeitgebers entspricht. Dabei könnte auch berücksichtigt werden, welchen Nettolohn der Arbeitgeber etwa anderen Arbeitnehmern in gleicher Position und mit gleichem Familienstand zahlt.
5. Eine abschließende Entscheidung des Rechtsstreits durch den Senat ist mangels Entscheidungsreife nicht
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möglich. Das angefochtene Urteil geht abweichend vom Senat von dem Rechtssatz aus, Änderungen des Familienstandes seien mangels anderweitiger Parteivereinbarung nicht zu berücksichtigen. Es wird daher dem Beklagten nunmehr noch Gelegenheit zu geben sein, darzulegen und zu beweisen, daß einige konkrete Abmachungen dahin getroffen sind, zukünftige Änderungen der persönlichen Verhältnisse sollten ohne Einfluß auf die Höhe des Nettolohnes bleiben. Sollte es aber bei der Auslegung der Parteivereinbarung bleiben, wie sie der Senat für den Regelfall vorgenommen hat, so wird dem Kläger gemäß Ziff 4 der Entscheidungsgründe nur ein zusätzlicher Nettobetrag zugesprochen werden können. Die entsprechende Antragstellung seitens des Klägers und Entscheidung muß der Tatsacheninstanz vorbehalten bleiben.
gez Dr. Schröder
Dr. Auffarth
Siara
Roglin
Dr. Eck
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