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LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Ur­teil vom 11.08.2010, 15 Sa 2600/09

   
Schlagworte: Fortbildungskosten, Befristung: Vorarbeitsverhältnis, Befristung: Anschlussverbot, Musterberechtigung, Type Rating, Ausschlussklausel
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen: 15 Sa 2600/09
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 11.08.2010
   
Leitsätze:

1. Schließen die Arbeitsvertragsparteien aufschiebend bedingt einen befristeten Arbeitsvertrag, kommt ein Vorarbeitsverhältnis i. S. v. § 14 II 2 TzBfG nicht zustande, wenn die Parteien vor Bedingungseintritt das Arbeitsverhältnis in Gang setzen. Darin liegt ein Vorziehen des Beginns des Arbeitsverhältnisses, nicht die Begründung eines eigenständigen Arbeitsverhältnisses.

2. Es kann offen bleiben, ob die im Arbeitsrecht üblichen Ausschlussklauseln wirksam sind (BAG vom 25.05.2005 - 5 AZR 572/04 - NJW 2005, 3305, 3306) oder ob solche Klauseln gegen § 309 Nr. 7 BGB verstoßen (BGH vom 15.11.2006 - VIII ZR 3/06 - NJW 2007, 674 Rn. 23)

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 18.09.2009, 31 Ca 20775/08
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt

Ber­lin-Bran­den­burg

 

Verkündet

am 11. Au­gust 2010

Geschäfts­zei­chen (bit­te im­mer an­ge­ben)

15 Sa 2600/09

31 Ca 20775/08
Ar­beits­ge­richt Ber­lin

K., JHS als Ur­kunds­be­am­ter/in
der Geschäfts­stel­le


Im Na­men des Vol­kes

 

Ur­teil

In Sa­chen

pp

hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg, 15. Kam­mer,
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 11. Au­gust 2010
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt K. als Vor­sit­zen­der
so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Herr S. und Herr G.

für Recht er­kannt:

I. Die Be­ru­fung der Kläge­rin ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Ber­lin vom 18.09.2009 - 31 Ca 20775/08 - wird auf ih­re Kos­ten zurück­ge­wie­sen.

II. Die Re­vi­si­on wird für die Kläge­rin in­so­fern zu­ge­las­sen, so­weit der Be­fris­tungs­an­trag ab­ge­wie­sen wur­de.

 

- 3 -

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten im We­sent­li­chen über die Auflösung ih­res Ar­beits­ver­tra­ges und ei­ner Be­fris­tung zum 31. De­zem­ber 2008 und über ei­ne mögli­che Ver­pflich­tung der Be­klag­ten zur Zah­lung von Aus­bil­dungs­kos­ten als Co-Pi­lo­tin.

Die Kläge­rin be­warb sich mit Schrei­ben vom 11. Ja­nu­ar 2007 (Ko­pie Bl. 68 d. A.) auf ei­ne An­zei­ge der Be­klag­ten, in der die­se Flug­ka­pitäne für die Ma­schi­ne Fok­ker 100 such­te. Die Kläge­rin wies in die­sem Schrei­ben dar­auf hin, dass die Ei­gen­fi­nan­zie­rung ei­nes Ty­pe Ra­tings für sie kein Pro­blem dar­stel­le. Am 31. Ja­nu­ar 2007 fand ein Ein­stel­lungs­gespräch statt. Mit Schrei­ben vom 9. Fe­bru­ar 2007 (Bl. 17 d. A.) wies die Be­klag­te dar­auf hin, dass die Kläge­rin das not­wen­di­ge Ra­ting selbständig fi­nan­zie­ren müsse. Un­ter dem 2. April 2007 schlos­sen die Par­tei­en erst­mals ei­nen Ar­beits­ver­trag für Pi­lo­ten ab (Bl. 11 d. A.). Die­ser Ver­trag soll­te gem. § 1 nur u. a. dann in Kraft tre­ten, wenn die Kläge­rin die Mus­ter­be­rech­ti­gung Fok­ker 100 durch das L.-B. er­hielt. Gleich­zei­tig wur­de ein Rah­men­ver­trag ab­ge­schlos­sen (Ko­pie Bl. 129 ff. d. A.).

Nach dem 2. April 2007 hat die Kläge­rin ei­nen ent­spre­chen­den Lehr­gang für den Er­halt der Mus­ter­be­rech­ti­gung bei Flug­schu­le B. ge­bucht. Un­ter dem 8. Mai 2007 (Bl. 69 d. A.) hielt die Flug­schu­le B. in ei­nem Pro­to­koll fest, dass die Kläge­rin den so ge­nann­ten Skill Test nicht be­stan­den ha­be. Da­mit hat­te die Kläge­rin die Prüfung als Ka­pitänin nicht be­stan­den.

Ab dem 24. Mai 2007 ab­sol­vier­te die Kläge­rin ei­ne Aus­bil­dung als Co-Pi­lo­tin für die Ma­schi­ne Fok­ker 100, wo­bei Tei­le der Aus­bil­dung als Ka­pitänin an­ge­rech­net wur­den. Un­ter dem 7. Ju­ni 2007 (Ko­pie Bl. 18 d. A.) schlos­sen die Par­tei­en er­neut ei­nen Ar­beits­ver­trag, der gem. § 1 wie­der­um nur in Kraft tre­ten soll­te, wenn die Kläge­rin die Mus­ter­be­rech­ti­gung für die Ma­schi­ne Fok­ker 100 durch das L.-B. er­hielt. Das Ar­beits­verhält­nis war zusätz­lich be­fris­tet wor­den für die Zeit vom 1. Ju­li 2007 bis 31. De­zem­ber 2008. Gem. § 6 er­hielt die Kläge­rin ein Grund­ge­halt ent­spre­chend der Stu­fe für Co-Pi­lo­ten. In § 7 war vor­ge­se­hen, dass sie als Co-Pi­lo­tin auf dem Flug­zeug Mus­ter Fok­ker 100 bis auf wei­te­res in D. sta­tio­niert wer­de.

Je­den­falls am 15., 20. und 21. Ju­ni 2007 ab­sol­vier­te die Kläge­rin Tei­le des in § 3 des Ar­beits­ver­tra­ges vor­ge­se­he­nen Con­ver­si­on Cour­se. Dies be­traf das Fi­re Fight­ing, Sea

 

- 4 -

Sur­vi­val, Avia­ti­on Se­cu­ri­ty und Dan­ge­rous Goods Trai­ning. Nach­dem die Kläge­rin am 14. Ju­ni 2007 al­le Prüfun­gen für die Mus­ter­be­rech­ti­gung be­stan­den hat­te, wur­de ihr die­se für die Ma­schi­ne Fok­ker 100 durch das L.-B. un­ter dem 2. Ju­li 2007 er­teilt (Bl. 70 d. A.). Dies ist mit dem Zu­satz „COP“ ver­se­hen, wor­un­ter die Be­zeich­nung Co-Pi­lot zu ver­ste­hen ist. Für das Ty­pe Ra­ting Fok­ker 100 hat die Kläge­rin nach ih­rer Dar­stel­lung ins­ge­samt 32.167,85 € ver­aus­lagt (Bl. 19 d. A.). Mit Schrei­ben vom 10. De­zem­ber 2008 hat die Kläge­rin erst­mals von der Be­klag­ten die­sen Be­trag ver­langt.

Mit der am 16. De­zem­ber 2008 beim Ar­beits­ge­richt Ber­lin ein­ge­gan­ge­nen und der Be­klag­ten am 31. De­zem­ber 2008 zu­ge­stell­ten Kla­ge setzt die Kläge­rin sich ge­gen die Be­fris­tung ih­res Ar­beits­verhält­nis­ses bis zum 31. De­zem­ber 2008 zur Wehr. Mit Schrei­ben vom 6. Ja­nu­ar 2009, das die Kläge­rin am 12. Ja­nu­ar 2009 er­hielt, kündig­te die Be­klag­te das Ar­beits­verhält­nis vor­sorg­lich zum 30. April 2009. In­ner­halb von drei Wo­chen hat die Kläge­rin hier­zu Kündi­gungs­schutz­kla­ge er­ho­ben.

Die Kläge­rin hat die An­sicht ver­tre­ten, schon mit Ab­schluss des ers­ten Ar­beits­ver­tra­ges sei wirk­sam ein Ar­beits­verhält­nis be­gründet wor­den. Da­her ha­be der zwei­te Ar­beits­ver­trag nicht sach­grund­los be­fris­tet wer­den können. Aus dem ers­ten Ar­beits­ver­trag er­ge­be sich auch nicht, dass sie als Ka­pitänin hätte ein­ge­setzt wer­den sol­len. Sie sei schon seit dem 1. Ju­ni 2007 im Rah­men der Ein­satz­pla­nung ein­ge­setzt wor­den (Bl. 166 d. A.). Die Be­klag­te ha­be grundsätz­lich die Aus­bil­dungs­kos­ten als Ar­beit­ge­be­rin für die Er­lan­gung des Ty­pe Ra­tings zu tra­gen. Die Be­klag­te sei als Luft­fahrt­un­ter­neh­men ver­ant­wort­lich für die ent­spre­chen­den Um­schu­lun­gen und den Er­halt der Mus­ter­be­rech­ti­gun­gen. Da sie selbst die Aus­bil­dungs­kos­ten ge­zahlt ha­be, sei die Be­klag­te un­ge­recht­fer­tigt be­rei­chert. Der im Ar­beits­ver­trag an­ge­ge­be­ne Con­ver­si­on Cour­se be­inhal­te auch das Ty­pe Ra­ting. Es lie­ge ei­ne gestörte Ver­trags­pa­rität vor. Sie hätte ei­ne Aus­bil­dung im Wert von 31.000,-- € ab­sol­vie­ren müssen, um ein 1 ½ jähri­ges Ar­beits­verhält­nis ge­gen ein Brut­to­mo­nats­ent­gelt von ca. 3.400,-- € zu er­hal­ten. Die im Rah­men­ver­trag vor­ge­se­he­ne Aus­schluss­frist von drei Mo­na­ten nach Fällig­keit grei­fe nicht, da das Dar­le­hen erst bei Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses fällig ge­wor­den sei.

 

- 5 - 

Die Kläge­rin hat zu­letzt be­an­tragt,

1. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en nicht auf­grund der Be­fris­tung zum 31.12.2008 be­en­det ist, son­dern als un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis über den 31.12.2008 hin­aus fort­be­steht;

2. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en vom 02.04.2007 nicht durch den be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag vom 07.06.2007 ab­gelöst wor­den und über den 31.12.2008 un­verändert fort­be­steht;

3. fest­zu­stel­len, dass der Ar­beits­ver­trag vom 02.04.2007 auch durch an­de­re Be­en­di­gungs­gründe nicht be­en­det wor­den ist;

4. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis durch die Kündi­gung vom 06.01.2009, der Kläge­rin zu­ge­gan­gen am 12.01.2009 nicht auf­gelöst wor­den ist;

5. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en auch nicht durch an­de­re Be­en­di­gungs­tat­bestände ins­be­son­de­re wei­te­re Kündi­gun­gen auf­gelöst wor­den ist;

6. für den Fall des Ob­sie­gens in der ers­ten In­stanz die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, die Kläge­rin bis zum rechts­kräfti­gen Ab­schluss des Kündi­gungs­schutz­ver­fah­rens zu un­veränder­ten Be­din­gun­gen als Flug­ka­pitänin wei­ter­zu­beschäfti­gen;

7. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, der Kläge­rin ein Zeug­nis zu er­tei­len, das sich auf Art und Dau­er des Ar­beits­verhält­nis­ses so­wie auf Führung und Leis­tung er­streckt;

8. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, 31.358,73 € zzgl. Zin­sen in Höhe von 5 % über EZB seit dem 19.12.2008 zu zah­len;

9. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an die Kläge­rin 3.798,39 € brut­to zzgl. Zin­sen in Höhe von 5 % Punk­ten über EZB seit dem 01.02.2009 zu zah­len.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te hat be­haup­tet, was erst­in­stanz­lich un­strei­tig war, dass der Kläge­rin im Ein­stel­lungs­gespräch vom 31. Ja­nu­ar 2007 mit­ge­teilt wor­den sei, sie müsse die Mus­ter­be­rech­ti­gung auf ei­ge­ne Kos­ten er­wer­ben. Mit der Kläge­rin ha­be man den Ar­beits­ver­trag als Co-Pi­lo­tin des­we­gen ab­ge­schlos­sen, da­mit sie die Möglich­keit er­hal­te, das Dar­le­hen für die Aus­bil­dungs­kos­ten an die Bank zurück­zu­zah­len. Die von der Kläge­rin vor­ge­leg­te Ein­satz­pla­nung (Bl. 166 d. A.) sei nicht rea­li­siert wor­den, da sie die Prüfung als Ka­pitänin nicht be­stan­den ha­be. Die Kündi­gung sei ge­recht­fer­tigt, da spätes­tens mit dem 31.

 

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März 2009 die ge­sam­te Fok­ker 100-Flot­te still­ge­legt wor­den sei. Der Con­ver­si­on Cour­se sei nicht mit dem er­for­der­li­chen Ty­pe Ra­ting iden­tisch. Dies er­ge­be sich schon dar­aus, dass im ent­spre­chen­den Hand­buch Teil D das Con­ver­si­on Trai­ning nur für Pi­lo­ten vor­ge­se­hen sei, die im Be­sitz des ent­spre­chen­den Ty­pe Ra­tings sei­en.

Mit Ur­teil vom 18. Sep­tem­ber 2009 hat das Ar­beits­ge­richt Ber­lin die Kla­ge ins­ge­samt ab­ge­wie­sen. Die Be­fris­tung im Ar­beits­ver­trag vom 7. Ju­ni 2007 sei wirk­sam, da ein Vor­ar­beits­verhält­nis nicht zu­stan­de ge­kom­men sei. Der Ar­beits­ver­trag vom 2. April 2007 mit der vor­ge­se­he­nen Beschäfti­gung als Com­man­der (Ka­pitänin) soll­te nur in Kraft tre­ten, wenn die Kläge­rin zu­vor die Mus­ter­be­rech­ti­gung Fok­ker 100 er­wor­ben hätte. Mit dem 8. Mai 2007 sei die­ser Ver­trag je­doch nicht in Kraft ge­tre­ten und ob­so­let ge­wor­den. Ei­ne ver­bind­li­che Wei­ter­beschäfti­gungs­zu­sa­ge ha­be die Kläge­rin nicht er­hal­ten. Die Kläge­rin könne auch nicht die Kos­ten für den Er­werb der Mus­ter­be­rech­ti­gung Fok­ker 100 ver­lan­gen. Die Re­ge­lun­gen im Ar­beits­ver­trag bezögen sich ein­deu­tig nicht auf die Kos­ten für den Er­werb des Ty­pe Ra­tings, son­dern auf die Um­schu­lungs­kos­ten des Con­ver­si­on Cour­se. Die Be­klag­te hätte sich ein­deu­tig le­dig­lich ver­pflich­tet, Um­schu­lungs­kos­ten zu über­neh­men, die nach dem Er­werb des Ty­pe Ra­tings auf­tre­ten konn­ten. Hier­an ha­be die Be­klag­te sich auch ge­hal­ten. In­so­fern könne of­fen blei­ben, ob die ent­spre­chen­den Er­stat­tungs­ansprüche der Kläge­rin gem. § 27 des Rah­men­ver­tra­ges vom 2. April 2007 ver­fal­len wären. Die übri­gen Anträge der Kläge­rin sei­en als un­ech­te Hilfs­anträge nicht zur Ent­schei­dung an­ge­fal­len.

Die­ses Ur­teil ist der Kläge­rin am 28. Ok­to­ber 2009 zu­ge­stellt wor­den. Die Be­ru­fung ging am 30. No­vem­ber 2009 (Mon­tag) beim Lan­des­ar­beits­ge­richt ein. Nach Verlänge­rung bis zum 28. Ja­nu­ar 2010 er­folg­te die Be­gründung am sel­ben Tag.

Die Kläge­rin ist wei­ter­hin der An­sicht, die Be­din­gun­gen für den ers­ten Ar­beits­ver­trag sei­en ein­ge­tre­ten. Ein Un­ter­schied zwi­schen Co-Pi­lot oder Ka­pitän sei un­er­heb­lich. Der Ar­beits­be­reich sei gleich. Die Um­schu­lung auf ei­nem an­de­ren Sitz sei nur ein „Up­grade“. Der im Ar­beits­ver­trag auf­geführ­te Con­ver­si­on Cour­se be­inhal­te den Er­werb der Mus­ter­be­rech­ti­gung. So­weit im Ar­beits­ver­trag auf das Ope­ra­ti­ons Ma­nu­al Part D Trai­ning Be­zug ge­nom­men wor­den sei, ha­be die­ser Teil bei Ab­schluss des Ar­beits­ver­tra­ges nicht vor­ge­le­gen. Schon ab dem 13. Ju­ni 2007 sei­en ihr von der Be­klag­ten Ein­satz­ta­ge zu­ge­wie­sen wor­den. So sei sie ins­be­son­de­re am 19. Ju­ni 2007 von Düssel­dorf nach Ber­lin ge­flo­gen. Die­ser Flug sei nicht Teil der Aus­bil­dung zum Er­werb der Mus­ter­be­rech­ti­gung

 

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Fok­ker 100 ge­we­sen. Zwar sei am 19. Ju­ni 2007 ein wei­te­rer Co-Pi­lot mit­ge­flo­gen, doch ha­be sich die­ser nur auf dem Not­sitz auf­ge­hal­ten. Bei Ab­schluss des zwei­ten Ar­beits­ver­tra­ges sei das Ty­pe Ra­ting zum Großteil ab­ge­schlos­sen ge­we­sen. Da Ty­pe Ra­ting sei von der Be­klag­ten be­trie­ben wor­den. Die Flüge sei­en in ei­ge­nem Na­men mit ei­ge­ner Flug­num­mer auf ei­ge­nen Flug­zeu­gen durch­geführt wor­den. Dies er­ge­be sich aus dem Ver­trag für das Lan­de­trai­ning (An­la­ge K41 = Bl. 509 d. A.). Für den Fall, dass ein Ty­pe Ra­ting schon vor­han­den ge­we­sen sei, führe die Be­klag­te den Con­ver­si­on Cour­se sel­ber durch, an­de­ren­falls wer­de das Trai­ning außer­halb der Be­klag­ten durch­geführt.

Nach­dem die Be­klag­te das ursprüng­lich be­an­trag­te Zeug­nis un­ter dem 12. Ju­ni 2009 er­teilt hat­te, ha­ben die Par­tei­en den Rechts­streit in die­sem Punkt übe­rein­stim­mend im Be­ru­fungs­ver­fah­ren für er­le­digt erklärt.

Die Kläge­rin be­an­tragt zu­letzt sinn­gemäß,

un­ter Abände­rung des am 18.09.2009 verkünde­ten Ur­teils des Ar­beits­ge­richts Ber­lin
- 31 Ca 20775/08 –

1. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en nicht auf­grund der Be­fris­tung zum 31.12.2008 be­en­det wor­den ist, son­dern als un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis über den 31.12.2008 hin­aus fort­be­steht;

hilfs­wei­se

4. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis durch die Kündi­gung vom 06.01.2009, der Kläge­rin zu­ge­gan­gen am 12.01.2009, nicht auf­gelöst wor­den ist;

wei­ter­hin hilfs­wei­se

5. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en auch nicht durch an­de­re Be­en­di­gungs­tat­bestände, ins­be­son­de­re wei­te­re Kündi­gun­gen auf­gelöst wor­den ist;

6. für den Fall des Ob­sie­gens in der zwei­ten In­stanz die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, sie bis zum rechts­kräfti­gen Ab­schluss des Kündi­gungs­schutz­ver­fah­rens zu un­veränder­ten Be­din­gun­gen als Flug­ka­pitänin wei­ter­zu­beschäfti­gen;

8. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an sie 31.358,73 € zzgl. Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 19.12.2008 zu zah­len;

9. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an sie 3.798,39 € brut­to zzgl. Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 01.02.2009 zu zah­len.

 

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Die Be­klag­te be­an­tragt

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te be­haup­tet, das Lan­de­trai­ning am 19. Ju­ni 2007 sei un­ter Ver­ant­wor­tung der Flug­schu­le Ber­lin er­folgt. APS be­sit­ze je­doch kei­ne ei­ge­nen Flug­zeu­ge. Für die Kläge­rin sei der Stre­cken­flug­ein­satz un­ter Su­per­vi­si­on in der Zeit vom 1. Ju­li 2007 bis 31. Au­gust 2007 er­folgt. So­weit die Kläge­rin am 15., 20. und 21. Ju­ni 2007 Tei­le des Con­ver­si­on Cour­ses ab­sol­viert ha­be, lie­ge dar­in kein Ar­beits­verhält­nis. Zu die­sem Zeit­punkt sei sie als Co-Pi­lo­tin noch nicht ein­setz­bar ge­we­sen. In­so­fern ha­be es sich für die­se Ta­ge um ein Aus­bil­dungs­verhält­nis ge­han­delt, dass nicht als Vor­ar­beits­verhält­nis ge­wer­tet wer­den könne. Je­den­falls lie­ge hier­in kein ei­genständi­ges Vor­ar­beits­verhält­nis, son­dern al­len­falls ein ein­heit­li­ches Ar­beits­verhält­nis ent­spre­chend des Ver­tra­ges vom 7. Ju­ni 2007. Höchst­hilfs­wei­se be­ste­he auch für das Ar­beits­verhält­nis als Co-Pi­lo­tin ein Sach­grund. Die Kläge­rin sei aus so­zia­len Erwägun­gen beschäftigt wor­den. Dies er­ge­be sich schon dar­aus, dass we­der die Kläge­rin noch die übri­gen Co-Pi­lo­ten die öffent­lich-recht­lich er­laub­ten Block­stun­den im Um­fang von 900 St­un­den er­reicht hätten. Auch die mo­nat­lich ga­ran­tier­ten Block­stun­den im Um­fang von 50 St­un­den sei­en we­der im Jahr 2007 noch im Jahr 2008 durch die Kläge­rin oder die übri­gen Co-Pi­lo­ten er­reicht wor­den. Ein Kos­ten­er­stat­tungs­an­spruch schei­de aus, da Auf­wen­dun­gen der Kläge­rin nicht in ei­nem Ar­beits­verhält­nis ge­leis­tet wor­den sei­en. Im Übri­gen sei § 670 BGB dis­po­si­tiv aus­ge­stal­tet.

Ent­schei­dungs­gründe

Die Be­ru­fung der Kläge­rin hat kei­nen Er­folg. Zu Recht hat das Ar­beits­ge­richt Ber­lin ent­schie­den, dass das Ver­trags­verhält­nis der Par­tei­en mit dem 31. De­zem­ber 2008 sein En­de ge­fun­den hat­te und der Kläge­rin kein An­spruch auf Er­stat­tung der Kos­ten für den Er­werb der Mus­ter­be­rech­ti­gung Fok­ker 100 zu­steht.

A.

Die Be­ru­fung ist zulässig. Sie ist statt­haft auch im Hin­blick auf den Streit­wert des Zah­lungs­an­tra­ges. Darüber hin­aus hat die Kläge­rin form- und frist­ge­recht die Be­ru­fung ein­ge­legt und be­gründet.

 

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B.

In der Sa­che hat die Be­ru­fung je­doch kei­nen Er­folg.

I.

Der An­trag zu 1. ist nicht be­gründet. Das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en hat viel­mehr auf­grund wirk­sa­mer Be­fris­tung mit dem 31. De­zem­ber 2008 sein En­de ge­fun­den.

1. Nach ständi­ger Recht­spre­chung des BAG ist bei meh­re­ren auf­ein­an­der fol­gen­den be­fris­te­ten Ar­beits­verträgen grundsätz­lich nur die Be­fris­tung des letz­ten Ar­beits­ver­tra­ges auf sei­ne Recht­fer­ti­gung zu über­prüfen, denn durch den Ab­schluss ei­nes wei­te­ren be­fris­te­ten Ar­beits­ver­tra­ges wer­de be­wirkt, dass die Par­tei­en ihr Ar­beits­verhält­nis auf ei­ne neue Rechts­grund­la­ge stel­len (BAG vom 14.02.2007 - 7 AZR 97/06 - NZA 2007, 803 Rn. 15).

In­so­weit ist hier nur die Be­fris­tung des letz­ten Ar­beits­ver­tra­ges vom 7. Ju­ni 2007 zu über­prüfen. Es ist auch da­von aus­zu­ge­hen, dass mit die­sem An­trag kein all­ge­mei­ner Fest­stel­lungs­an­trag ver­bun­den wer­den soll­te, da ein sol­cher ge­son­dert un­ter 5.) von der Kläge­rin gel­tend ge­macht wird.

2. Die Wirk­sam­keit der Be­fris­tung er­gibt sich nicht schon aus § 14 Abs. 1 Tz­B­fG. So­weit die Be­klag­te be­haup­tet, die­ser Ar­beits­ver­trag sei mit der Kläge­rin ein­zig aus so­zia­len Gründen des­we­gen ab­ge­schlos­sen wor­den, um ihr nach dem Nicht­be­ste­hen der Prüfung als Ka­pitänin zu­min­dest im Rah­men ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses als Co-Pi­lo­tin die ein­fa­che­re Rück­zah­lung ih­res Dar­le­hens an die Bank zu ermögli­chen, liegt hier­in kein sach­li­cher Grund nach § 14 Abs. 1 Ziff. 6TzBfG.

Nach der Recht­spre­chung des BAG kann die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­tra­ges aus in der Per­son des Ar­beit­neh­mers lie­gen­den Gründen sach­lich ge­recht­fer­tigt sein, wenn das In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers, aus so­zia­len Erwägun­gen mit dem be­tref­fen­den Ar­beit­neh­mern nur ei­nen be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag ab­zu­sch­ließen, auch an­ge­sichts des In­ter­es­ses des Ar­beit­neh­mers an ei­ner un­be­fris­te­ten Beschäfti­gung schutzwürdig ist. Dies sei dann an­zu­neh­men, wenn es oh­ne den in der Per­son des Ar­beit­neh­mers be­gründe­ten so­zia­len Zweck über­haupt nicht zum Ab­schluss ei­nes Ar­beits­ver­tra­ges, auch nicht ei­nes be­fris­te­ten

 

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Ar­beits­ver­tra­ges, ge­kom­men wäre. Hin­sicht­lich der so­zia­len Erwägun­gen ver­langt das BAG, dass die­se das über­wie­gen­de Mo­tiv des Ar­beit­ge­bers zur Ein­stel­lung ge­we­sen sein müss­ten. In­so­fern bedürfe es kon­kre­ter An­halts­punk­te, die dar­auf schließen ließen, dass die für ei­ne Beschäfti­gung des Ar­beit­neh­mers spre­chen­den be­trieb­li­chen oder dienst­li­chen In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers für den Ver­trags­schluss nicht aus­schlag­ge­bend wa­ren (BAG vom 21.01.2009 - 7 AZR 630/07 - NZA 2009, 727 Rn. 9).

Bei An­wen­dung die­ser Grundsätze reicht der Vor­trag der Be­klag­ten nicht aus, um ei­nen Be­fris­tungs­grund im Sin­ne die­ser Norm an­zu­neh­men. Die Be­haup­tung, mit Ab­schluss des Ver­tra­ges vom 7. Ju­ni 2007 soll­te der Kläge­rin die Möglich­keit ge­ge­ben wer­den, ih­ren Dar­le­hens­ver­pflich­tun­gen nach­zu­kom­men, reicht nicht aus. Hier­durch wird nicht aus­ge­schlos­sen, dass die für ei­ne Beschäfti­gung des Ar­beit­neh­mers spre­chen­den be­trieb­li­chen In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers für den Ver­trags­schluss nicht aus­schlag­ge­bend wa­ren. Auch die erst­mals im Schrift­satz vom 2. Au­gust 2010 auf­ge­stell­te Be­haup­tung, dass we­der die Kläge­rin noch die übri­gen Co-Pi­lo­ten nicht ein­mal die von der Be­klag­ten ga­ran­tier­ten 50 Block­stun­den pro Mo­nat im Jah­res­durch­schnitt der Jah­re 2007 und 2008 er­reicht hätten, ver­mag nicht ei­nen sach­li­chen Grund zu bil­den. Der Be­fris­tungs­grund muss schon bei Ab­schluss des Ver­tra­ges vor­ge­le­gen ha­ben, so die ständi­ge Recht­spre­chung des BAG. Die Be­klag­te ar­gu­men­tiert hier hin­ge­gen mit Tat­sa­chen, die sich erst im Lau­fe der Ver­trags­ent­wick­lung her­aus­ge­stellt ha­ben sol­len. Ins­be­son­de­re für das Jahr 2008 ist je­doch zu berück­sich­ti­gen, dass der Kon­junk­tur­ein­bruch ge­ra­de auch im Luft­ver­kehr sich stark aus­ge­wirkt hat, was nach Dar­stel­lung der Be­klag­ten auch zu ih­rer Ent­schei­dung bei­ge­tra­gen ha­ben soll, die Fok­ker 100-Flot­te letzt­lich still­zu­le­gen. Darüber hin­aus hat die Kläge­rin den Con­ver­si­on Cour­se auch mit Herrn K. ab­sol­viert, oh­ne dass die Be­klag­te vor­ge­tra­gen hat, in­wie­fern für die­sen Ar­beit­neh­mer eben­falls kein be­trieb­li­cher Grund für ei­ne Ein­stel­lung vor­ge­le­gen ha­ben soll. Auch wird nicht er­sicht­lich, ob zusätz­li­che Co-Pi­lo­ten ent­spre­chend der Be­haup­tung der Kläge­rin des­we­gen benötigt wur­den, um Ein­satz­spit­zen ab­de­cken zu können.

In­so­fern kann of­fen blei­ben, ob der Vor­trag der Be­klag­ten ver­spätet er­folgt ist.

3. Die Be­fris­tung ist je­doch gem. § 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG wirk­sam. Das Ar­beits­verhält­nis war ka­len­dermäßig be­fris­tet, nämlich bis zum 31. De­zem­ber 2008. Die

 

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Dau­er von zwei Jah­ren ist nicht über­schrit­ten wor­den. In­so­fern be­durf­te die Be­fris­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses kei­nes sach­li­chen Grun­des.

4. Der Wirk­sam­keit der Be­fris­tung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG steht nicht ent­ge­gen, dass die Kläge­rin be­reits vor dem 1. Ju­li 2007 un­strei­tig an drei Ta­gen Tei­le des im Ar­beits­ver­trag vor­ge­se­he­nen Con­ver­si­on Cour­ses ab­sol­viert hat. Glei­ches gilt, wenn die Dar­stel­lung der Kläge­rin zu­tref­fend sein soll­te, wo­nach sie am 19. Ju­ni 2007 ei­nen Flug ab­sol­viert hat, der nicht der Er­lan­gung der Mus­ter­be­rech­ti­gung Fok­ker 100 ge­dient hat. Hier­durch wur­de nicht das An­schluss­ver­bot des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ver­letzt. Dies gilt auch für die wei­te­ren Ausführun­gen der Kläge­rin zu ei­ner Beschäfti­gung ab dem 13. Ju­ni 2007, wor­in sie ein Vor­ar­beits­verhält­nis sieht.

4.1 Durch Ab­schluss des Ar­beits­ver­tra­ges vom 2. April 2007 (Bl. 11 d. A.) ist ein Vor­ar­beits­verhält­nis nicht be­gründet wor­den.

Die­ser Ver­trag ist nie in Kraft ge­tre­ten. Zwar ist in § 1 des Ver­tra­ges als auf­schie­ben­de Be­din­gung für das In­kraft­tre­ten u. a. nur an­ge­ge­ben, dass die Kläge­rin als Pi­lo­tin über ei­ne Mus­ter­be­rech­ti­gung Fok­ker 100 verfügen müsse, was der Fall war, denn sie konn­te als Co-Pi­lo­tin tätig wer­den. Die ent­spre­chen­de Klau­sel be­darf je­doch der Aus­le­gung. Der Ver­trag war er­kenn­bar dar­auf aus­ge­rich­tet, die Kläge­rin nicht nur all­ge­mein als Pi­lo­tin, so­mit auch als Co-Pi­lo­tin zu beschäfti­gen, son­dern er hat­te die Beschäfti­gung als Ka­pitänin zum Ge­gen­stand. Dies er­gibt sich aus den §§ 5 und 6 des Ar­beits­ver­tra­ges. Da­nach soll­te die Kläge­rin als „Com­man­der“ bis auf wei­te­res in Düssel­dorf sta­tio­niert wer­den. Sie soll­te auch ein Grund­ge­halt ent­spre­chend CP 11 für Com­man­ders er­hal­ten, wo­bei aus­weis­lich der An­la­ge K2 (Bl. 12 d. A.) die­se Vergütungs­stu­fe in Ab­gren­zung zur Vergütung für Co-Pi­lo­ten er­folg­te. In­so­fern konn­te die­ser Ver­trag sinn­voll nur in Gang ge­setzt wer­den, wenn die Kläge­rin die Mus­ter­be­rech­ti­gung Fok­ker 100 als Ka­pitänin be­stan­den hätte. Dies ist je­doch bis heu­te nicht der Fall.

Darüber hin­aus ist die­ser Ar­beits­ver­trag auch des­we­gen nie in Kraft ge­tre­ten, weil die Par­tei­en vor Er­lan­gung der Mus­ter­be­rech­ti­gung ei­nen neu­en Ar­beits­ver­trag, nämlich den vom 7. Ju­ni 2007, ab­ge­schlos­sen ha­ben. Da­mit wur­de der ers­te Ar­beits­ver­trag kon­klu­dent ab­gelöst und auf ei­ne neue Grund­la­ge ge­stellt, die künf­tig für ih­re Rechts­be­zie­hun­gen al­lein

 

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maßgeb­lich sein soll (vgl. hier­zu BAG vom 14.02.2007 - 7 AZR 95/06 - NZA 2007, 803, Rn. 15).

4.2 Im Ge­gen­satz zur Auf­fas­sung der Kläge­rin bil­det die Ty­pe Ra­ting-Aus­bil­dung für das Mus­ter Fok­ker 100 eben­falls kein Vor­ar­beits­verhält­nis.

Dies er­gibt sich schon dar­aus, dass für die­se Aus­bil­dung nicht die Be­klag­te Ver­trags­part­ne­rin der Kläge­rin war, son­dern die FSB/APS kon­se­quen­ter­wei­se hat die Kläge­rin auch an die­sen Ver­trags­part­ner die Schu­lungs­kos­ten ge­zahlt und nicht an die Be­klag­te. Der Ver­trags­part­ner ändert sich auch da­durch, dass die­se Ver­trags­part­ner Aus­bil­der ein­ge­setzt hat­ten, die auch bei der Be­klag­ten beschäftigt wa­ren. Glei­ches gilt für den Ein­satz von Flug­zeu­gen, die der Be­klag­ten gehörten. Es ist ein­zig Sa­che von FSB/APS, auf wel­cher ver­trag­li­chen Grund­la­ge sie Rück­griff auf die­se Res­sour­cen neh­men. Je­den­falls fin­det hier­durch ein Wech­sel des Ver­trags­part­ners nicht statt.

4.3 So­weit die Kläge­rin schon vor dem 2. Ju­li 2007 Tei­le des im Ar­beits­ver­trag vor­ge­se­he­nen Con­ver­si­on Cour­ses ab­sol­viert hat, er­gibt sich dar­aus kein Vor­ar­beits­verhält­nis.

4.3.1 Nach der Recht­spre­chung des BAG be­trifft das An­schluss­ver­bot nur frühe­re Ar­beits­verhält­nis­se. Zu­vor be­stan­de­ne an­de­re Ver­trags­verhält­nis­se mit dem späte­ren Ar­beit­ge­ber hin­dern die sach­grund­lo­se Be­fris­tung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG nicht. Dies gel­te z. B. für ei­ne be­rufs­vor­be­rei­ten­de Beschäfti­gung als Prak­ti­kant, wenn mit die­sem kein Ar­beits­ver­trag ab­ge­schlos­sen wur­de (BAG vom 19.10.2005 - 7 AZR 31/05 - NZA 2006, 154 Rn. 18; vgl. auch APS/Back­haus 3. Auf­lg. § 14 Tz­B­fG Rn. 390 ff.; ErfK/Müller-Glöge 10. Auf­lg. § 14 Tz­B­fG Rn. 94). Nach Auf­fas­sung des BAG sind iso­lier­te Um­schu­lungs­verhält­nis­se kei­ne Ar­beits­verhält­nis­se (BAG vom 19.01.2006 - 6 AZR 638/04 - NZA 2007, 97 Rn. 21).

Die Be­klag­te ist der An­sicht, dass die theo­re­ti­schen Un­ter­richts­ein­hei­ten zur Feu­er­bekämp­fung, zum Über­le­ben auf See, zum Trans­port gefähr­li­cher Güter und zur Luft­si­cher­heit ein rei­nes Aus­bil­dungs­verhält­nis dar­stell­ten. Die Kläge­rin ist zusätz­lich der An­sicht, dass der Flug am 19. Ju­ni 2007 nicht mehr der Er­lan­gung der Mus­ter­be­rech­ti­gung ge­dient ha­be, so­mit schon zum Ar­beits­verhält­nis zu zählen sei. Aus­weis­lich der von der

 

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Kläge­rin selbst ein­ge­reich­ten Ab­rech­nungs­un­ter­la­ge K14 (Bl. 108 d. A.) ist ihr die­ser Flug je­doch als Platz­run­den­trai­ning von dem Un­ter­neh­men APS mit in Rech­nung ge­stellt wor­den. Auch aus dem von der Kläge­rin ein­ge­reich­ten Prüfpro­to­koll zur Mus­ter­be­rech­ti­gung als Co-Pi­lo­tin (An­la­ge K45 = Bl. 519 f. d. A.) wird auf Sei­te 1 un­ter 3. der 19. Ju­ni 2007 als Teil des Flug­trai­nings auf­geführt. Der Be­klag­ten ist zu­zu­ge­ben, dass der Con­ver­si­on Cour­se in­so­fern Aus­bil­dungs­zwe­cken dient, weil hier­durch der künf­ti­ge selbständi­ge Ein­satz der Kläge­rin als Co-Pi­lo­tin erst ermöglicht wird. Die­ser vor­be­rei­ten­de Kurs war aber Teil des Ar­beits­ver­tra­ges. Er war so­mit in ei­nem Ar­beits­verhält­nis nach Wei­sung der Be­klag­ten zu leis­ten. Für die hier vor­ge­zo­ge­ne Pha­se ha­ben die Par­tei­en sich nicht auf neue Ver­trags­be­din­gun­gen ge­ei­nigt. Sie ha­ben nur Tei­le der Ver­trags­ver­pflich­tun­gen aus dem Ar­beits­ver­trag vom 7. Ju­ni 2007 vor­ge­zo­gen. Da­mit lag kein iso­lier­tes Aus­bil­dungs­verhält­nis vor.

4.3.2 Sch­ließen die Ar­beits­ver­trags­par­tei­en - wie hier - auf­schie­bend be­dingt ei­nen be­fris­te­ten Ver­trag, kommt ein Vor­ar­beits­verhält­nis im Sin­ne von § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG nicht zu­stan­de, wenn die Par­tei­en vor Be­din­gungs­ein­tritt das Ar­beits­verhält­nis in Gang set­zen. Dar­in liegt ein Vor­zie­hen des Be­ginns des Ar­beits­verhält­nis­ses, nicht die Be­gründung ei­nes ei­genständi­gen Ar­beits­verhält­nis­ses.

Die Kläge­rin hat nicht be­haup­tet, dass sie sich mit der Be­klag­ten auf ge­son­der­te Ver­trags­be­din­gun­gen für die Ab­leis­tung des vor­ge­zo­ge­nen Con­ver­si­on Cour­ses ge­ei­nigt hätte. In­so­fern liegt kein ge­son­der­tes Ver­trags­verhält­nis zu­grun­de. Die Be­klag­te hat - von der Kläge­rin nicht wi­der­spro­chen - vor­ge­tra­gen, dass die am 15., 20. und 21. Ju­ni 2007 vor­ge­zo­ge­nen Kurs­in­hal­te schon auf den ursprüng­lich be­ab­sich­tig­ten Er­werb der Mus­ter­be­rech­ti­gung als Ka­pitänin fest­ge­legt wor­den sei­en. Auch weil die Trai­nings­ein­hei­ten als Ein­zelübung nicht hätten sinn­voll durch­geführt wer­den können, hätte man es trotz des Durch­fal­lens der Kläge­rin für ih­re Prüfung bei den ursprüng­li­chen Ter­mi­nen be­las­sen. Aus Per­spek­ti­ve der Be­klag­ten mach­te auch dies des­we­gen Sinn, weil sich so die Zeit bis zum selbständi­gen Ein­satz der Kläge­rin verkürz­te.

Auch aus Sinn und Zweck des § 14 Tz­B­fG er­gibt sich nicht, dass bei ei­ner sol­chen Ge­stal­tung ein Vor­ar­beits­verhält­nis an­zu­neh­men wäre. Das Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­setz soll im Rah­men sei­ner Ziel­set­zung ge­gen die un­be­rech­tig­te Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses auf­grund ei­ner Be­fris­tungs­re­ge­lung schützen. Die hie­si­gen

 

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Ver­trags­par­tei­en ha­ben je­doch kei­nen neu­en Be­en­di­gungs­ter­min gewählt, son­dern den An­fangs­be­ginn ih­res Ar­beits­verhält­nis­ses vor­ver­legt. Dar­in liegt nur ei­ne Ver­tragsände­rung ge­nau­so wie bei ei­ner Abände­rung ei­ner Vergütungshöhe oder der zu leis­ten­den St­un­den.

II.

Die Be­klag­te ist nicht ver­pflich­tet, an die Kläge­rin Aus­bil­dungs­kos­ten für den Er­werb der Mus­ter­be­rech­ti­gung Fok­ker 100 in Höhe von 31.358,73 € nebst Zin­sen zu zah­len. auch in­so­fern hat das Ar­beits­ge­richt Ber­lin die Kla­ge zu Recht ab­ge­wie­sen.

Hier­bei kann of­fen blei­ben, ob die im Ar­beits­recht übli­chen Aus­schluss­klau­seln wirk­sam sind (BAG vom 25.05.2005 - 5 AZR 572/04 - NJW 2005, 3305, 3306) oder ob sol­che Klau­seln ge­gen § 309 Nr. 7 BGB ver­s­toßen (BGH vom 15.11.2006 - VIII ZR 3/06 - NJW 2007, 674 Rn. 23).

1. Folgt man der Recht­spre­chung des BAG, dann sind die Ansprüche der Kläge­rin auf Kos­ten­er­stat­tung ver­fal­len. Nach § 27 Abs. 1 des in Be­zug ge­nom­me­nen Rah­men­ver­tra­ges vom 02.04.2007 ver­fal­len al­le bei­der­sei­ti­gen Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis, wenn sie nicht in­ner­halb von drei Mo­na­ten nach der Fällig­keit ge­genüber der an­de­ren Ver­trags­par­tei schrift­lich er­ho­ben wer­den. Die­se Frist hat die Kläge­rin versäumt.

Fällig wer­den Ansprüche, wenn sie ent­stan­den sind und durch­ge­setzt wer­den können. Spätes­tens nach Rech­nungs­stel­lung durch die Un­ter­neh­men FSB/APS hätte die Kläge­rin die­se Kos­ten - wenn sie ihr zu­ge­stan­den hätten - ge­genüber der Be­klag­ten gel­tend ma­chen können. Sie hätte in­so­fern ei­nen An­spruch auf Kos­ten­be­frei­ung ge­habt. Spätes­tens im Som­mer 2007 hätte die Kläge­rin al­le hier ver­lang­ten Zah­lun­gen ge­genüber der Be­klag­ten gel­tend ma­chen können. Im Ge­gen­satz zur Auf­fas­sung der Kläge­rin lag auch kei­ner­lei Dar­le­hens­ver­trag im Verhält­nis zur Be­klag­ten zu­grun­de. In­so­fern hat die Gel­tend­ma­chung mit Schrei­ben vom 10. De­zem­ber 2008 die hie­si­ge Aus­schluss­frist nicht ein­ge­hal­ten.

2. Doch auch wenn man der Rechts­an­sicht des BGH (ihr zu­stim­mend: Mat­t­hies­sen NZA 2007, 361) folgt, steht der Kläge­rin ein Er­stat­tungs­an­spruch nicht zu.

 

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2.1 Im Ge­gen­satz zur Auf­fas­sung der Kläge­rin be­steht kein öffent­lich-recht­li­cher An­spruch auf Kos­ten­er­stat­tung. Zu Un­recht lei­tet die Kläge­rin dies aus OPS 1.945 (K34 = Bl. 419 d. A.) ab.

Die­se Re­ge­lung lau­tet:

„Um­schu­lung und Über­prüfung

a) Der Luft­fahrt­un­ter­neh­mer hat si­cher­zu­stel­len, dass

1. ein Flug­be­sat­zungs­mit­glied beim Wech­sel auf ein Flug­zeug ei­nes an­de­ren Mus­ters oder ei­ner an­de­ren Klas­se ei­nen der Vor­schrif­ten über die Er­tei­lung von Flug­be­sat­zungs­li­zen­zen ent­spre­chen­den Lehr­gang für Mus­ter­be­rech­ti­gun­gen ab­ge­schlos­sen hat, so­fern ei­ne neue Mus­ter- oder Klas­sen­be­rech­ti­gung er­for­der­lich ist,

2. ein Flug­be­sat­zungs­mit­glied ei­ne vom Luft­fahrt­un­ter­neh­mer durch­geführ­te Um­schu­lung ab­ge­schlos­sen hat, be­vor es mit Stre­cken­flug­einsätzen oh­ne Auf­sicht be­ginnt,

i) beim Wech­sel auf ein Flug­zeug, für das ei­ne neue Mus­ter- oder Klas­sen­be­rech­ti­gung er­for­der­lich ist, oder

ii) beim Wech­sel des Un­ter­neh­mens,

…“

Aus die­ser Re­ge­lung er­gibt sich nur, dass ein Luft­fahrt­un­ter­neh­men Pi­lo­ten nur dann ein­set­zen darf, wenn die­se über die ent­spre­chen­de Mus­ter­be­rech­ti­gung verfügen. Da­durch wird kei­ne Re­ge­lung ge­trof­fen, wer die hierfür er­for­der­li­chen Kos­ten zu tra­gen hat. Ei­nem Luft­fahrt­un­ter­neh­men steht es durch­aus frei, Pi­lo­ten mit der ent­spre­chen­den Mus­ter­be­rech­ti­gung von an­de­ren Flug­ge­sell­schaf­ten ab­zu­wer­ben. Auch in die­sem Fall ist ei­ne Kos­ten­er­stat­tungs­pflicht ge­genüber der ursprüng­li­chen Flug­ge­sell­schaft nicht er­sicht­lich. Um­ge­kehrt steht es Pi­lo­ten frei, auf ei­ge­ne Kos­ten Mus­ter­be­rech­ti­gun­gen zu er­wer­ben, um ih­re Ar­beits­kraft an­sch­ließend meist­bie­tend an Luft­ver­kehrs­un­ter­neh­men an­zu­bie­ten. In der Ent­schei­dungs­samm­lung ju­ris sind je­den­falls zahl­rei­che Ent­schei­dun­gen der Fi­nanz­ge­rich­te ent­hal­ten, in de­nen Ar­beit­neh­mer auf ei­ge­ne Kos­ten Mus­ter­be­rech­ti­gun­gen er­wor­ben ha­ben, wo­bei sie nun ver­su­chen, die­se steu­er­lich berück­sich­ti­gen zu las­sen.

 

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2.2 Der Kläge­rin steht auch kein ar­beits­ver­trag­li­cher An­spruch auf Kos­ten­er­stat­tung zu. Der An­spruch er­gibt sich nicht aus § 3 des Ar­beits­ver­tra­ges vom 7. Ju­ni 2007. Die­ser lau­tet:

„Der Pi­lot hat auf dem Flug­zeug Mus­ter Fok­ker 100 der Ger­ma­nia (gemäß Ope­ra­ti­ons Ma­nu­al Part D Trai­ning) fol­gen­des zu ab­sol­vie­ren:

- die Um­schu­lung (Con­ver­si­on Cour­se)
- Stre­cken­flug­ein­satz un­ter Auf­sicht (Su­per­vi­si­on)
- Be­stan­de­ne Stre­cken­flugüber­prüfung (Li­ne Check).

Hierfür und für das Schu­lungs­ma­te­ri­al trägt Ger­ma­nia die Kos­ten.“

Die Kläge­rin ist in­so­fern der An­sicht, dass der Er­werb der Mus­ter­be­rech­ti­gung Teil der Um­schu­lung (Con­ver­si­on Cour­se) sei. Dies ist nicht zu­tref­fend.

Die Be­klag­te hat ei­ne Ver­si­on des Hand­buchs als An­la­ge B12 (Bl. 286 f. d. A.) ein­ge­reicht. Zu Recht hat die Kläge­rin dar­auf hin­ge­wie­sen, dass die­se An­la­ge das Da­tum vom 20.01.2009 trägt. Sie selbst hat die An­la­ge K44 (Bl. 514 d. A.) ein­ge­reicht. In der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 11. Au­gust 2010 hat sie ergänzt, dass die­se Ver­si­on auch schon bei Be­ginn des Ar­beits­verhält­nis­ses in Kraft ge­we­sen sei. Bei­den Ver­sio­nen ist ge­mein­sam, dass sie nach dem Ein­lei­tungs­satz nur gültig sind für Pi­lo­ten, die das ent­spre­chen­de Ty­pe Ra­ting schon in­ne­ha­ben, wo­bei un­er­heb­lich sein soll, ob sie schon Er­fah­run­gen mit dem je­wei­li­gen Typ ge­sam­melt hätten. Dies zeigt, dass auch nach dem Ope­ra­ti­ons­hand­buch der Be­klag­ten zwi­schen Ty­pe Ra­ting und Con­ver­si­on Cour­se un­ter­schie­den wird. In­so­fern kann aus der ar­beits­ver­trag­li­chen Re­ge­lung in § 3 auch kei­ne Ver­pflich­tung ab­ge­lei­tet wer­den, dass die Be­klag­te die Mus­ter­be­rech­ti­gung eben­falls zu zah­len hätte.

Für die­se Ver­trags­aus­le­gung spricht auch die Ent­ste­hungs­ge­schich­te des Ver­tra­ges. Die Kläge­rin hat­te sich mit dem Hin­weis be­wor­ben, dass die Ei­gen­fi­nan­zie­rung ei­nes Ty­pe Ra­tings für sie kein Pro­blem dar­stel­le, zu­mal sie sich ver­schie­dent­lich hier­zu schon in­for­miert ha­be. Die Be­klag­te hat­te dann mit Schrei­ben vom 9. Fe­bru­ar 2007 aus­drück­lich dar­auf hin­ge­wie­sen, dass die Kläge­rin die­ses Ra­ting selbständig fi­nan­zie­ren müsse. In­so­fern konn­te die Kläge­rin nicht ernst­haf­ter­wei­se an­neh­men, dass ab­wei­chend hier­von nun­mehr durch § 3 des Ar­beits­ver­tra­ges auch ei­ne Kos­tenüber­nah­me durch die Be­klag­te bzgl. des Ty­pe Ra­tings erklärt wer­den soll­te. In­so­fern kann of­fen blei­ben, ob die Be­klag­te sich auch im Ein­stel­lungs­gespräch mit glei­cher Ziel­rich­tung geäußert hat.

 

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2.3 Der An­spruch der Kläge­rin er­gibt sich auch nicht aus § 670 BGB. Die Be­klag­te ist nicht ver­pflich­tet, in­so­fern Auf­wen­dungs­er­satz an die Kläge­rin zu zah­len.

Un­ter Auf­wen­dun­gen im Sin­ne des § 670 BGB sind frei­wil­li­ge Vermögens­op­fer für die In­ter­es­sen ei­nes an­de­ren zu ver­ste­hen. Das Vermögens­op­fer muss der Be­auf­trag­te zum Zweck der Auf­tragsführung auf sich ge­nom­men ha­ben. Es muss sich um Vorgänge han­deln, die sich auf das Vermögen des Be­auf­trag­ten ne­ga­tiv aus­wir­ken (BAG 14.10.2003 - 9 AZR 657/02 - NZA 2004, 604).

Hier be­ste­hen schon Be­den­ken, ob die von der Kläge­rin ver­aus­lag­ten Beträge ein Vermögens­op­fer für die In­ter­es­sen der Be­klag­ten dar­stell­ten, die zum Zwe­cke der Auf­trags­ausführung von der Kläge­rin auf sich ge­nom­men wur­den. Die Be­klag­te hat die Kläge­rin nicht be­auf­tragt, das Ty­pe Ra­ting durch­zuführen. Der Er­werb der Mus­ter­be­rech­ti­gung war nur Vor­aus­set­zung für die Auf­nah­me des Ar­beits­verhält­nis­ses. Auch nach Un­ter­zeich­nung des Ar­beits­ver­tra­ges stand es der Kläge­rin je­der­zeit frei, kei­ne Mus­ter­be­rech­ti­gung zu er­wer­ben. Scha­dens­er­satz­ansprüche oder ähn­li­ches hätten sich hier­aus nicht er­ge­ben.

Doch auch wenn man dem recht­li­chen An­satz der Kläge­rin fol­gen will, wo­nach die Kos­ten für den Er­werb des Ty­pe Ra­tings Auf­wen­dun­gen im Sin­ne des § 670 BGB dar­stel­len, so kann die Kläge­rin die­se Kos­ten nicht er­setzt ver­lan­gen. Un­strei­tig hat § 670 BGB dis­po­si­ti­ven Cha­rak­ter (BAG vom 14.10.2003 a. a. O.). In­so­fern kann durch aus­drück­li­che oder still­schwei­gen­de Ver­ein­ba­rung ei­ne Auf­wen­dungs­er­set­zung aus­ge­schlos­sen wer­den. Dies ist z. B. für Auf­wen­dun­gen ei­nes Be­wer­bers im Hin­blick auf ein Vor­stel­lungs­gespräch bei ei­nem Ar­beit­ge­ber all­ge­mein an­er­kannt. Hier hat die Be­klag­te mit Schrei­ben vom 9. Fe­bru­ar 2007 hin­rei­chend deut­lich ge­macht, dass sie die ent­spre­chen­den Kos­ten für das Ty­pe Ra­ting nicht über­neh­men will. Dies schließt ei­nen Auf­wen­dungs­er­satz­an­spruch aus. In­so­fern kommt es nicht dar­auf an, in­wie­fern die Kläge­rin durch das ab­sol­vier­te Ty­pe Ra­ting den Wert ih­rer Ar­beits­kraft erhöht hat.

2.4 Auch sonst ist kei­ne An­spruchs­grund­la­ge für ei­nen Kos­ten­er­satz­an­spruch er­kenn­bar. Scha­dens­er­satz­ansprüche (BAG vom 24.06.1999 - 8 AZR 339/98 - NZA 1999, 1275) schei­den aus, da auch die Kläge­rin nicht be­haup­tet, dass ein Ver­hal­ten der Be­klag­ten da­zu

 

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geführt ha­be, dass sie ein Ty­pe Ra­ting nicht er­langt ha­be. Im Ge­gen­satz zur Auf­fas­sung der Kläge­rin kommt hier auch nicht die Recht­spre­chung zur Zulässig­keit von Rück­zah­lungs­klau­seln zur An­wen­dung. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Ar­beit­neh­mer bei ei­nem vor­zei­ti­gen Aus­schei­den ei­ne be­stimm­te Sum­me zu zah­len hat. Um­ge­kehrt schei­det die­se Recht­spre­chung dann aus, wenn der Kläger die Aus­bil­dungs­kos­ten in je­dem Fall auf­wen­den muss (BAG a. a. O., Sei­te 1277). So verhält es sich hier. Die Kläge­rin hat­te die Aus­bil­dung selbst zu fi­nan­zie­ren. Rück­zah­lungs­klau­seln wa­ren zwi­schen den Par­tei­en nicht ver­ein­bart. In­so­fern kann es auch nicht auf die von der Kläge­rin an­ge­nom­me­ne Störung der Ver­trags­pa­rität im Hin­blick auf Rück­zah­lungs­klau­seln an­kom­men. Im Übri­gen hat auch das Bun­des­ar­beits­ge­richt fest­ge­stellt, dass der Er­werb ei­ner Mus­ter­be­rech­ti­gung in ei­nem lau­fen­den Ar­beits­verhält­nis an­ders zu be­ur­tei­len ist, als bei ei­nem ex­ter­nen Be­wer­ber (BAG vom 21.11.2001 - 5 AZR 158/00 - NZA 2002, 551, 554). Ge­nau die­se Si­tua­ti­on liegt hier vor, denn die Kläge­rin war ex­ter­ne Be­wer­be­rin.

3. Die an­de­ren Anträge der Kläge­rin sind nicht zur Ent­schei­dung an­ge­fal­len. Aus den aus­drück­li­chen Erklärun­gen der Kläge­rin im Ter­min vom 21. April 2010 oder aus dem Sach­zu­sam­men­hang er­gibt sich, dass die­se Ansprüche nur ver­folgt wer­den sol­len, wenn die Fort­gel­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses über den 31.12.2008 hin­aus fest­ge­stellt wor­den wäre. Dies be­trifft die Kündi­gung vom 06.01.2009 (An­trag zu 4) und an­de­re (späte­re) Be­en­di­gungs­tat­bestände im Sin­ne des An­tra­ges zu 5. Auch der An­trag zu 9. (Vergütung für Ja­nu­ar 2009 un­ter Ab­zug er­hal­te­ner Vergütung aus ei­nem neu­en Ar­beits­verhält­nis) macht nur Sinn, wenn das Ar­beits­verhält­nis fort­be­stan­den hätte. Der An­trag zu 6. (Wei­ter­beschäfti­gung) ist aus­drück­lich nur für den Fall des Ob­sie­gens in der II. In­stanz ge­stellt wor­den.

Die ursprüng­li­chen Anträge zu 2. und 3. sind zurück­ge­nom­men, der An­trag zu 7. ist übe­rein­stim­mend für er­le­digt erklärt wor­den.

C.

Die Kläge­rin hat die Kos­ten des er­folg­lo­sen Rechts­mit­tels zu tra­gen (§ 97 ZPO). Ei­ne Quo­telung der Kos­ten im Hin­blick auf das er­teil­te Zeug­nis war gem. § 92 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO ab­zu­leh­nen.

 

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Die Re­vi­si­on war nur hin­sicht­lich des Be­fris­tungs­an­tra­ges für die Kläge­rin zu­zu­las­sen. Im Übri­gen lie­gen die Vor­aus­set­zun­gen für die Zu­las­sung der Re­vi­si­on (§ 72 II ArbGG) nicht vor. In­so­weit wird auf die Möglich­keit der Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de hin­ge­wie­sen.


Rechts­mit­tel­be­leh­rung

Ge­gen die­ses Ur­teil kann von d. Kläge­rin bei dem

Bun­des­ar­beits­ge­richt,

Hu­go-Preuß-Platz 1, 99084 Er­furt

(Post­adres­se: 99113 Er­furt),

Re­vi­si­on ein­ge­legt wer­den.

Die Re­vi­si­on muss in­ner­halb

ei­ner Not­frist von ei­nem Mo­nat

schrift­lich beim Bun­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­legt wer­den.

Sie ist gleich­zei­tig oder in­ner­halb

ei­ner Frist von zwei Mo­na­ten

schrift­lich zu be­gründen.

Bei­de Fris­ten be­gin­nen mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­setz­ten Ur­teils, spätes­tens aber mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung.

Die Re­vi­si­ons­schrift muss die Be­zeich­nung des Ur­teils, ge­gen das die Re­vi­si­on ge­rich­tet wird und die Erklärung ent­hal­ten, dass ge­gen die­ses Ur­teil Re­vi­si­on ein­ge­legt wer­de.

Die Re­vi­si­ons­schrift und die Re­vi­si­ons­be­gründung müssen von ei­nem Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten un­ter­zeich­net sein. Als sol­che sind außer Rechts­anwälten nur fol­gen­de Stel­len zu­ge­las­sen, die zu­dem durch Per­so­nen mit Befähi­gung zum Rich­ter­amt han­deln müssen:

• Ge­werk­schaf­ten und Ver­ei­ni­gun­gen von Ar­beit­ge­bern so­wie Zu­sam­men­schlüsse sol­cher Verbände für ih­re Mit­glie­der oder für an­de­re Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der,
• ju­ris­ti­sche Per­so­nen, de­ren An­tei­le sämt­lich im wirt­schaft­li­chen Ei­gen­tum ei­ner der vor­ge­nann­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen ste­hen, wenn die ju­ris­ti­sche Per­son aus­sch­ließlich die Rechts­be­ra­tung und Pro­zess­ver­tre­tung die­ser Or­ga­ni­sa­ti­on und ih­rer Mit­glie­der oder an­de­rer Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der ent­spre­chend de­ren Sat­zung durchführt, und wenn die Or­ga­ni­sa­ti­on für die Tätig­keit der Be­vollmäch­tig­ten haf­tet.

 

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Für d. Be­klag­te ist kein Rechts­mit­tel ge­ge­ben.
Auf die Möglich­keit der Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de gem. § 72 a ArbGG wird hin­ge­wie­sen.

Der Schrift­form wird auch durch Ein­rei­chung ei­nes elek­tro­ni­schen Do­ku­ments i. S. d. § 46 c ArbGG genügt. Nähe­re In­for­ma­tio­nen da­zu fin­den sich auf der In­ter­net­sei­te des Bun­des­ar­beits­ge­richts un­ter www.bun­des­ar­beits­ge­richt.de.
 

K.

S.

G.

 

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