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LAG München, Urteil vom 29.07.2010, 3 Sa 280/10
Schlagworte: | Urlaub: Krankheit, Krankheit: Urlaub, Urlaubsabgeltung, Mehrurlaub | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht München | |
Aktenzeichen: | 3 Sa 280/10 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 29.07.2010 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht München, Urteil vom 11.02.2010, 3 Ca 10454/09 Nachgehend Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.05.2012, 9 AZR 618/10 |
|
3 Sa 280/10
3 Ca 10454/09 (ArbG München)
Verkündet am: 29.07.2010
Kübler Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Landesarbeitsgericht München
Im Namen des Volkes
URTEIL
In dem Rechtsstreit
A.
A-Straße, A-Stadt
- Kläger und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte B. B-Straße, B-Stadt
gegen
E.
C-Straße, B-Stadt
- Beklagter und Berufungsbeklagter -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte D. D-Straße, B-Stadt
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hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 9. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Rosenfelder und die ehrenamtlichen Richter Jagiella-Stüwe und Huber
für Recht erkannt:
1. Auf die Berufung des Klägers gegen das Endurteils des Arbeitsgerichts München vom 11.02.2010 - 3 Ca 10454/09 - geändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 3.118,52 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 8.033,71 für die Zeit vom 01.04.2009 bis 30.07.2009, aus € 3.264,94 für die Zeit vom 31.07.2009 bis 26.11.2009 und aus € 3.118,52 seit 27.11.2009 zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Abgeltung übergesetzlichen tariflichen Urlaubs, den der Kläger wegen dauerhafter Arbeitsunfähigkeit bis zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis nicht mehr einbringen konnte.
Der Kläger war vom 01.01.1976 bis zum 31.03.2009 beim Beklagten der U. B-Stadt als technischer Angestellter beschäftigt. Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 02.01.1976 bestimmt in § 2, dass sich das Arbeitsverhältnis nach den Vorschriften des Bundes-Angestellten-Tarifvertrages vom 23.02.1961, den zur Ergänzung sowie Änderung abge-
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schlossenen bzw. künftig abzuschließenden Tarifverträgen und der Sonderregelung zum BAT bemisst.
Der Kläger war vom 23.10.2007 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31.03.2009 durchgehend arbeitsunfähig und krankgeschrieben.
Nach Ablösung des Bundes-Angestellten-Tarifvertrages durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) fand seit 01.11.2006 der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.
Der Kläger hat mit Klage vom 13.07.2009 Abgeltung von 59 Urlaubstagen - 15 Tage aus dem Jahr 2007, 35 Tage aus dem Jahr 2008 und (aufgerundet) neun Tage aus dem Jahr 2009 - in Höhe von insgesamt 8.088,16 € geltend gemacht, wobei es sich um gesetzlichen Mindesturlaub nach § 3 BUrlG, um Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen gem. § 125 SGB IX und um übergesetzlichen tariflichen Urlaub nach § 26 Abs. 1 TV-L handelte. Im Laufe des Rechtsstreits galt der Beklagte den noch nicht in Natur eingebrachten gesetzlichen Urlaub sowie den Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen für die Jahre 2007, 2008 und 2009 ab und zahlte auf diese Ansprüche insgesamt 4.914,89 € brutto an den Kläger aus. Die Parteien haben insoweit im ersten Rechtszug übereinstimmende Erledigungserklärungen abgegeben und erstinstanzlich zuletzt nur noch um die Abgeltung übergesetzlichen tariflichen Urlaubs nach § 26 TV-L im Umfang von jeweils zehn Tagen für die Jahre 2007 und 2008 sowie drei Tagen für das Jahr 2009 gestritten, wobei sie übereinstimmend von einer Abgeltung je Urlaubstag in Höhe von 135,59 € brutto ausgehen.
Der Kläger hat, Bezug nehmend auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts zum Verfall von Urlaub bei dauerhafter Arbeitsunfähigkeit (EuGH 20.01.2009 - C-350/06 und C-520/06 - „Schultz-Hoff, Stringer“ u. a., im Folgenden: „Schultz-Hoff“; BAG 24.03.2009 - 9 AZR 983/07), vorgebracht, er könne auch Abgeltung des übergesetzlichen tariflichen Urlaubs verlangen, weil § 26 TV-L nicht zwischen dem gesetzlichen und dem tariflichen Urlaub differenziere. Die Tarifvertragsparteien seien bei Schaffung des § 26 TV-L übereinstimmend davon ausgegangen, dass wegen Arbeitsunfähigkeit nicht genommener Urlaub, der wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht
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mehr eingebracht werden könne, verfalle, und zwar sowohl der gesetzliche Mindesturlaub als auch der tarifvertragliche Mehranspruch, und dass demzufolge kein Anspruch auf Ur-laubsabgeltung bestehe. Dies habe bei Schaffung des TV-L der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entsprochen. Somit hätten die Tarifvertragsparteien keinen Anlass für eine ausdrückliche Regelung des Verfalls gesehen. Bestätigt werde dies auch durch die tarifliche Vorgeschichte. Die Vorgängervorschrift des § 26 TV-L - § 51 BAT - habe bis 1986 ausdrücklich geregelt, dass ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung auch dann bestehe, wenn der Urlaub wegen Arbeitsunfähigkeit bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden könne. Darauf hätten die Tarifvertragsparteien durch den 55. Änderungsvertrag zum BAT § 51 BAT mit Wirkung zum 01.01.1987 dahingehend geändert, dass nunmehr hinsichtlich der Abgeltung von Urlaub keine tariflichen Besonderheiten mehr gegolten hätten, sondern die vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze zur Anwendung gekommen seien, wonach der gesamte Urlaubsanspruch, der vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Arbeitsunfähigkeit nicht mehr genommen werden konnte, dem Verfall unterlag.
Der Kläger hat deshalb im ersten Rechtszug beantragt:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.118,52 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 8.033,71 € für die Zeit vom 01.04.2009 bis 30.07.2009, aus 3.264,94 € für die Zeit vom 31.07.2009 bis 26.11.2009 und aus 3.118,52 € seit dem 27.11.2009 zu bezahlen.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Er hat die Auffassung vertreten, jedenfalls der zuletzt noch alleine streitgegenständliche übergesetzliche tarifliche Urlaubsanspruch des Klägers sei verfallen, weil § 26 TV-L zwischen dem gesetzlichen Urlaub einerseits und dem tarifvertraglichen Mehrurlaub andererseits differenziere. Dies werde schon im Wortlaut des § 26 Abs. 2 TV-L deutlich, wonach das Bundesurlaubsgesetz „im Übrigen ... mit folgenden Maßgaben“ gelte. Vor allem aus § 26 Abs. 2 a TV-L werde deutlich, dass der tarifvertragliche Mehrurlaub verfalle, wenn er wegen Arbeitsunfähigkeit innerhalb des Übertragungszeitraums nicht angetreten werden könne. Auch wenn die Rechtsfolge des Verfalls in der tarifvertraglichen Regelung nicht
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ausdrücklich angesprochen werde, sei doch die unausgesprochene Rechtsfolge des Urlaubsverfalls eindeutig.
Das Arbeitsgericht München hat mit Endurteil vom 11.02.2010, auf das hinsichtlich des unstreitigen Sachverhalts und des streitigen Vortrags der Parteien im Ersten Rechtszug sowie der Einzelheiten der rechtlichen Erwägungen des Erstgerichts verwiesen wird, die Klage abgewiesen.
Es hat zur Begründung ausgeführt, der übergesetzliche tarifliche Urlaub sei nach § 26 Abs. 2 a TV-L und § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen und daher nicht gem. § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten. Die vom Bundesarbeitsgericht (BAG 24.03.2009 - 9 AZR 983/07) geforderte richtlinienkonforme Fortbildung des § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG ergebe, dass Urlaubsansprüche nicht erlöschten, wenn Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahrs und/oder des Übertragungszeitraums infolge Krankheit arbeitsunfähig seien. Dies gelte aber nach der genannten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts nicht für den übergesetzlichen Mehrurlaub, wenn die (Arbeitsvertrags- oder Tarifvertrags-)Parteien den Mehrurlaub vom gesetzlichen Mindesturlaub abgekoppelt hätten. Diesen Mehrurlaub könnten die Parteien frei regeln. Allerdings müssten für einen solchen Regelungswillen der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zufolge deutliche Anhaltspunkte bestehen. Solche Anhaltspunkte seien hier gegeben. Sie ergäben sich aus der Regelung des § 26 Abs. 2 b TV-L betreffend die Zwölftelung des Urlaubs bei Beginn und Ende im Kalenderjahr, wobei § 5 BUrlG unberührt bleibe mit der Folge, dass der Arbeitnehmer bei einem Ausscheiden in der zweiten Jahreshälfte zwar den vollen Jahresurlaub nach § 5 Abs. 1 BUrlG erwerbe, hinsichtlich des tariflichen Urlaubs jedoch nur einen Teilurlaubsanspruch, ferner aus § 26 Abs. 1 Satz 6 TV-L, wo bestimmt sei, dass Bruchteile von Urlaubstagen von unter 0,5 anders als beim gesetzlichen Urlaub nicht mathematisch korrekt berücksichtigt werden, sondern unberücksichtigt bleiben. Es sei nicht erforderlich, dass die Tarifvertragsparteien im Tarifvertrag gerade hinsichtlich des Urlaubsabgeltungsanspruchs eine ausdrückliche Regelung getroffen hätten. Ausreichend sei die Abkoppelung des übergesetzlichen tariflichen Urlaubs von dem gesetzlichen Urlaub generell.
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Der Kläger hat gegen das ihm am 02.03.2010 zugestellte Endurteil vom 11.02.2010 mit einem am 25.03.2010 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.
Er pflichtet dem Arbeitsgericht in der Darstellung der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts bei, meint aber, das vom Arbeitsgericht gefundene Ergebnis des Verfalls des tarifvertraglichen Mehrurlaubs sei fehlerhaft. Mit der Annahme, es reiche für die Abkoppelung des tariflichen Mehrurlaubs vom gesetzlichen Urlaub aus, wenn die Tarifvertragsparteien den übergesetzlichen tariflichen Urlaubsanspruch überhaupt gegenüber dem gesetzlichen Urlaubsanspruch differenziert geregelt hätten, verkenne das Arbeitsgericht den rechtlichen Ansatz des Bundesarbeitsgerichts, das die Frage der Abkoppelung ausdrücklich im Hinblick auf diejenigen Regelungen der KAVO behandle, die sich speziell mit der Abgeltung nicht gewährten Urlaubs befassen. Dagegen befasse sich das Bundesarbeitsgericht nicht mit anderen Regelungen der KAVO, in denen bei anderen Fragen des Urlaubs ebenfalls vom Bundesurlaubsgesetz abgewichen werde. Die vom Arbeitsgericht für maßgebend angesehen Anhaltspunkte für eine Abkoppelung - die Regelung des § 26 Abs. 2 b TV-L betreffend die Zwölftelung des Urlaubs sowie die Bestimmung des § 26 Abs. 1 Satz 6 TV-L über die Nichtberücksichtigung von Bruchteilen von weniger als einem halben Urlaubstag - beträfen jeweils eine ganz andere Materie. Dem Bundesarbeitsgericht zufolge sei eine Abweichung vom Gesetzesrecht jedoch „nur ausnahmsweise“ anzunehmen, wenn hierfür deutliche Anhaltspunkte bestünden. Auf einen Vertrauensschutz könne sich der Beklagte ab Bekanntwerden des Vorabentscheidungsersuchens des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 02.08.2006 nicht berufen.
Im Übrigen wiederholt der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen.
Er beantragt:
1. das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 1.02.2010 (3 Ca 10454/09) wird abgeändert.
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2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.118,52 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 8.033,71 € für die Zeit vom 01.04.2009 bis 30.07.2009, aus 3.264,94 € für die Zeit vom 31.07.2009 bis 26.11.2009 und aus 3.118,52 € seit dem 27.11.2009 zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er wiederholt seinen erstinstanzlichen Vortrag und führt ergänzend aus, die Formulierung des Bundesarbeitsgerichts mache deutlich, dass sich aus dem Einzelarbeitsvertrag bzw. dem Tarifvertrag nur generell eine Unterscheidung zwischen dem gesetzlichen und dem übergesetzlichen Urlaub ergeben müsse, um von einer selbstständigen Regelung der Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs ausgehen zu können.
Hinsichtlich des sonstigen Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 25.03.2010 und des Beklagten vom 27.05.2010 sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 09.07.2010 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist begründet. Es ist davon auszugehen, dass der geltend gemachte übergesetzliche Urlaub, den der Kläger krankheitsbedingt jeweils bis zum Ende des Urlaubsjahrs bzw. des Übertragungszeitraums nicht einbringen konnte, abzugelten ist.
1. Das Arbeitsgericht hat die vom Bundesarbeitsgericht im Anschluss an die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 20.01.2009 (C-350/06 und C-520/06, „Schultz-Hoff“) in seiner Entscheidung vom 24.03.2009 - 9 AZR 983/07 - entwickelten Grundsätze im Ausgangspunkt zutreffend wiedergegeben. Danach ist in richtlinienkonformer Fortbildung von § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG anzunehmen, dass gesetzliche Urlaubs-
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abgeltungsansprüche nicht erlöschen, wenn Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahrs und/oder des Übertragungszeitraums erkrankt und deswegen arbeitsunfähig sind, weil es Wortlaut, Systematik und Zweck der innerstaatlichen Regelungen und die Ziele des Art. 7 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2003/88/EG und der regelmäßig anzunehmende Wille des nationalen Gesetzgebers zur ordnungsgemäßen Umsetzung von Richtlinien gebieten, § 7 Abs. 4 BUrlG dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass die zeitlichen Beschränkungen des Urlaubsanspruchs in § 7 Abs. 3 Sätze 1, 3 und 4 BUrlG im Falle der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder Übertragungszeitraums nicht bestehen, weil der Anspruch jedes Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Gemeinschaften sei, von dem nicht abgewichen werden dürfe. Das Erfordernis der Erfüllbarkeit der Freistellung, der Verfall des Urlaubsanspruchs und der Surrogationscharakter des Abgeltungsanspruchs seien im Gesetzeswortlaut nicht ausdrücklich angelegt und dem Gesetzeszusammenhang nicht in einer Weise zu entnehmen, die jede andere Auslegung ausschließe. Der Verfall sei in § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG nicht ausdrücklich angeordnet, die Abgeltung im Wortlaut des § 7 Abs. 4 BUrlG nicht davon abhängig gemacht, dass der Urlaubsanspruch erfüllbar sei.
Das Arbeitsgericht ist - im Anschluss an die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24.03.2009 (9 AZR 983/07) - zu Recht auch davon ausgegangen, dass die Parteien des Einzelarbeitsvertrages Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche, die den von Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie gewährleisteten und von § 3 Abs. 1 BUrlG begründeten Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen übersteigen, frei regeln können, dass jedoch für einen Regelungswillen der Parteien des Einzelarbeitsvertrages, der zwischen gesetzlichen und übergesetzlichen vertraglichen Ansprüchen unterscheidet, im Rahmen der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB deutliche Anhaltspunkte bestehen müssen.
2. Die Berufungskammer vermag jedoch dem Arbeitsgericht nicht darin zu folgen,
dass unter Anwendung der dargelegten rechtlichen Grundsätze vorliegend der zuletzt streitgegenständliche tarifliche Urlaub nach § 26 TV-L verfallen sei, da die den TV-L schließenden Tarifvertragsparteien hinreichend deutlich zwischen gesetzlichem und übergesetzlichem, tariflichem Urlaub unterschieden hätten und es so zu einer Abkoppelung des tarifvertraglichen Mehrurlaubs vom gesetzlichen Mindesturlaub gekommen sei.
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a) Zwar ist dem Arbeitsgericht zuzugeben, dass sich ein Wille der Tarifvertragsparteien zur unterschiedlichen Behandlung von gesetzlichen und übergesetzlichen tariflichen Urlaubsansprüchen aus § 26 Abs. 2 b TV-L und aus § 26 Abs. 1 Satz 6 TV-L ergibt.
Das Arbeitsgericht hat zutreffend herausgearbeitet, dass sich aus der Zwölftelungs-Regelung im Falle des Beginns oder Endes des Arbeitsverhältnisses im Laufe eines Jahres unter Beibehaltung des § 5 BUrlG eine deutliche Unterscheidung jedenfalls hinsichtlich der Rechtsfolgen bei Ausscheiden eines Arbeitnehmers in der zweiten Jahreshälfte ergibt, weil hier der Arbeitnehmer nach § 5 Abs. 1 BUrlG den vollen (Mindest-) Urlaubsanspruch erwirbt, während er hinsichtlich des (tariflichen) Mehrurlaubsanspruchs nach § 26 Abs. 2 TV-L lediglich einen Teilurlaubsanspruch erwerbe. Auch bedeutet § 26 Abs. 1 Satz 6 TV-L insoweit eine Abweichung von den Grundsätzen des Bundesurlaubsgesetzes, als nach § 5 Abs. 2 BUrlG hinsichtlich des gesetzlichen Urlaubs Bruchteile von Urlaubstagen unter 0,5 „mathematisch korrekt“ berücksichtigt werden, wogegen solche Bruchteile nach der genannten Tarifvertragsbestimmung „unter den Tisch fallen“.
b) Allerdings betreffen die genannten Regelungen nicht den Verfall oder die Abgeltung von Urlaubsansprüchen, sondern ganz andere urlaubsrechtliche Fragen bzw. Regelungskomplexe.
aa) Die Regelung des § 26 Abs. 2 b TV-L betrifft den Umfang des tariflichen Urlaubsanspruchs als solchen im Falle des Eintritts oder Austritts aus dem Arbeitsverhältnis während des Kalenderjahres. Diese „Abkoppelung“ des tariflichen Mehrurlaubs vom gesetzlichen Mindesturlaub kann, worauf das Arbeitsgericht zu Recht hingewiesen hat, zu unterschiedlichen Rechtsfolgen bei einem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis in der zweiten Hälfe eines Kalenderjahres führen. Diese Rechtsfolge betrifft somit eine Vorfrage der Abgeltung von Resturlaub, der bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch besteht bzw. noch nicht in natura eingebracht ist. Die Fragen der Abgeltung bzw. des Verfalls von Resturlaub haben die Tarifvertragsparteien aber damit nicht geregelt - somit auch nicht i. S. einer Abkoppelung vom gesetzlichen Urlaub.
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bb) Das Gleiche gilt hinsichtlich der Regelung des § 26 Abs. 1 Satz 6 TV-L. Zum einen
stellt diese Bestimmung - worauf die Berufung zu Recht hinweist - keine Abweichung von § 5 BUrlG dar, weil sie nicht den dort geregelten Teilurlaub betrifft, sondern die Urlaubsdauer bei Abweichungen von der Fünf-Tage-Woche. Zum anderen gilt auch hier, dass es nicht um die Fragen der Abgeltung oder des Verfalls von Urlaub geht, sondern um die - ggf. vorgelagerte - Frage des Umfangs des Urlaubs, der, falls er bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses nicht eingebracht wurde, unter Umständen abzugelten ist.
c) Aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24.03.2009 (9 AZR 983/07)
folgt, dass sich die Abkoppelung des übergesetzlichen Urlaubs vom gesetzlichen Urlaub gerade auf die Regelung von Abgeltung und Verfall des Urlaubsanspruchs, also auf die konkrete urlaubsrechtliche Regelungsfrage beziehen muss, die den europarechtlichen Schutz durch Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG betrifft, und dass eine Unterscheidung zwischen dem übergesetzlichen und dem gesetzlichen Urlaub in irgendwelchen anderen Einzelpunkten insoweit nicht genügt, wenn sich die tarifliche Regelung des Mehrurlaubs nicht insgesamt in weiten Teilen von der Regelung des gesetzlichen Mindesturlaubs löst.
aa) Dies folgt schon daraus, dass das Bundesarbeitsgericht (aaO, Juris - Rn. 85)
zweimal vom „Verfall“ und einmal von der „Abgeltung“ spricht, die im dort in Bezug genommenen Kollektivrecht - der Kirchlichen Arbeits- und Vergütungsordnung (KAVO) für die (Erz-)Bistümer Aachen, Essen, Köln, Münster (nordrhein-westfälischer Teil) und Paderborn - i. S. einer solchen Abkoppelung geregelt seien. Dies spricht dafür, dass nicht jegliche Abweichung bei einzelvertraglichen oder kollektivvertraglichen Regelung über den übergesetzlichen Urlaub Differenzierungen sind, die den Arbeitsvertrags- oder den Tarifvertragsparteien freigestellt sind, sondern sich gerade auf den Bereich von Verfall und Abgeltung beziehen müssen. Sonst wäre die Argumentation des Bundesarbeitsgerichts kaum verständlich.
bb) Hinzu kommt, dass dem Bundesarbeitsgericht zufolge solche Abweichungen der
Vertragspartner vom Gesetzesrecht nur „ausnahmsweise“ anzunehmen sind, und dass es hierfür „deutlicher Anhaltspunkte“ bedarf.
d) Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
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aa) Denn sowohl dem Wortlaut als auch der Systematik des § 26 TV-L ist zu entnehmen, dass nur einzelne - und zwar weder den Verfall noch die Abgeltung von Urlaub betreffende - Teilkomplexe bzw. Teilfragen des Urlaubsrechts nach dem Willen der Tarifvertragsparteien abweichend vom Gesetz geregelt und grundsätzlich auch der übergesetzliche tarifvertragliche Mehrurlaub dem Gesetzesrecht unterstellt werden sollten. § 26 Abs. 2 Satz 1 TV-L bestimmt, dass, abgesehen von den in Abs. 1 normierten Besonderheiten, „im Übrigen“ das Bundesurlaubsgesetz „mit folgenden Maßgaben“ gilt. Dies bedeutet, dass die Tarifvertragsparteien nur punktuelle Abweichungen vom gesetzlichen Urlaubsrecht schaffen wollten, z. B. bei der Urlaubsdauer im Falle einer Abweichung von der Fünf-Tage-Woche (§ 26 Abs. 1 Satz 6 TV-L) und bei der Regelung der Urlaubsdauer im Falle eines Ausscheidens in der zweiten Jahreshälfte (vgl. § 26 Abs. 2 b TV-L).
bb) Es kann somit auch nicht angenommen werden, dass sich die Tarifvertragsparteien „in weiten Teilen“ vom gesetzlichen Urlaubsregime gelöst und stattdessen eigene Regeln i. S. einer eigenständigen, zusammenhängenden und in sich konsistenten Ordnung aufgestellt haben.
cc) Nach allem haben die Tarifvertragsparteien weder die Abgeltung und den Verfall
des übergesetzlichen tariflichen Mehrurlaubs noch diesen Mehrurlaub generell einem eigenen Urlaubsregime unterworfen. Der bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses des Klägers krankheitsbedingt nicht eingebrachte Urlaub ist deshalb abzugelten.
3. Die Zahl der abzugeltenden Urlaubstage sowie die Höhe des Abgeltungsanspruchs je Urlaubs sind unstreitig.
4. Ein Vertrauensschutz steht dem Beklagten nicht zu, da die mit Klageeingang
13.07.2009 geltend gemachten Ansprüche nach Bekanntgabe der Vorlageentscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 02.08.2006 erhoben wurden und zum damaligen Zeitpunkt noch nicht verfallen waren (BAG 24.03.2009 - 9 AZR 983/07, Juris - Rn. 69).
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5. Der Kläger hat Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen nach §§ 280 Abs. 2, 286 BGB.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
7. Die Revision wird für den Beklagten zugelassen. Näheres hierzu ist der nachfolgenden Rechtsmittelbelehrung zu entnehmen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil kann der Beklagte Revision einlegen.
Für den Kläger ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
Die Revision muss innerhalb einer Frist von einem Monat eingelegt und innerhalb einer Frist von zwei Monaten begründet werden.
Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Urteils.
Die Revision muss beim
Bundesarbeitsgericht
Hugo-Preuß-Platz 1
99084 Erfurt
Postanschrift:
Bundesarbeitsgericht
99113 Erfurt
Telefax-Nummer:
0361 2636-2000
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eingelegt und begründet werden.
Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung müssen von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
Es genügt auch die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten der Gewerkschaften und von Vereinigungen von Arbeitgebern sowie von Zusammenschlüssen solcher Verbände
- für ihre Mitglieder
- oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder
oder
von juristischen Personen, deren Anteile sämtlich in wirtschaftlichem Eigentum einer der im vorgenannten Absatz bezeichneten Organisationen stehen,
- wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt
- und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
In jedem Fall muss der Bevollmächtigte die Befähigung zum Richteramt haben.
Zur Möglichkeit der Revisionseinlegung mittels elektronischen Dokuments wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I, 519 ff.) hingewiesen. Einzelheiten hierzu unter http://www.bundesarbeitsgericht.de/.
Dr. Rosenfelder
Jagiella-Stüwe
Huber
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