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LAG Köln, Urteil vom 26.11.2015, 7 Sa 534/15
Schlagworte: | Betriebliche Altersversorgung, Übergangszuschuss | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Köln | |
Aktenzeichen: | 7 Sa 534/15 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 26.11.2015 | |
Leitsätze: | 1. Bei dem sog. Übergangszuschuss nach der Gesamtbetriebsvereinbarung der Siemens AG "Vereinbarung zum Übergangszuschuss bei Pensionierung im Tarifkreis" vom 22.12.1981 handelt es sich um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung, die insolvenzgeschützt ist. 2. Auf den Übergangszuschuss ist das Rechtsinstitut der unverfallbaren Versorgunganwartschaft anwendbar. Entsprechend ist bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis eine zeitratierliche Kürzung vorzunehmen. 3. Teilweise parallel zu LAG Köln 7 Sa 626/15 vom 11.02.2016 (jetzt BAG 3 AZR 373/16) und LAG Köln 7 Sa 129/16 vom 23.06.2016 (jetzt BAG 3 AZR 861/16). |
|
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 27.03.2015, 17 Ca 9163/14 nachgehend: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.03.2018, 3 AZR 277/16 |
|
Landesarbeitsgericht Köln, 7 Sa 534/15
Tenor:
Auf die (*1) Revision des Klägers hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27.03.2015 in Sachen17 Ca 9163/14 abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 27.880,40 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.01.2015 zu zahlen.
Die weitergehende Zinsforderung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Die Revision wird für den Beklagten zugelassen.
1 | T a t b e s t a n d |
2 | Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Übergangszuschusses für die ersten sechs Monate nach seinem Eintritt in den Ruhestand. |
3 | Der am 1951 geborene Kläger trat zum 05.02.1973 als Arbeitnehmer in die Dienste der S AG. Er erhielt eine Betriebsrentenzusage nach dem allgemeinen Versorgungswerk der S AG (S Altersfürsorge „SAF“). Als Stichtag für die pensionsfähige Dienstzeit der betrieblichen Altersversorgung wurde der 07.11.1971 festgesetzt (Bl. 87 d. A.). |
4 | Unter dem 22.12.1981 schloss die S AG mit ihrem Gesamtbetriebsrat eine „Vereinbarung zum Übergangszuschuss bei Pensionierung im Tarifkreis“, die unstreitig auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung fand. Die GBV vom 22.12.1981 lautet auszugsweise wie folgt: |
5 | „Mitarbeiter des Tarifkreises erhalten nach ihrer Pensionierung einen Übergangszuschuss. Damit soll den Mitarbeitern der Übertritt in den Ruhestand wirtschaftlich erleichtert werden. |
6 | Im Einzelnen gilt folgendes: |
7 | 1. |
8 | Die S AG räumt ihren Mitarbeitern einen Rechtsanspruch auf den Übergangszuschuss ein. |
9 | 2. Voraussetzung ist, dass der Mitarbeiter |
10 | - mindesten 10 Dienstjahre (ohne Ausbildungszeiten) nach Vollendung des 18. Lebensjahres bei der S AG abgeleistet hat und |
11 | - im unmittelbaren Anschluss an die aktive Dienstzeit bei der S AG pensioniert wird. |
12 | 3. Die Höhe des Übergangszuschusses, der für 6 Monate gezahlt wird, entspricht der Differenz zwischen dem zuletzt bezogenen Brutto-Monatsentgelt bei regelmäßiger tariflicher oder abweichend vereinbarter Arbeitszeit (ohne einmalige Zuwendungen, tariflicher vermögenswirksamer Leistungen, Vergütungen für Mehrarbeit, zusätzliches Urlaubsgeld, Krankenlohn sowie Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit) und dem SAF-Ruhegeld. |
13 | … |
14 | 5. Der Anspruch auf Übergangszuschuss ist nicht übertragbar und nicht vererblich. |
15 | Für Witwen von verstorbenen Mitarbeitern verbleibt es bei der bisherigen Regelung, nach der SAF befristete Beihilfen gewährt werden. |
16 | …“ |
17 | (Bl. 11 R/12 d. A.). |
18 | In einem von der S AG im Einvernehmen mit ihrem Gesamtbetriebsrat anlässlich des Abschlusses der Betriebsvereinbarung zum Übergangszuschuss herausgegebenen Rundschreiben vom 23.12.1981 heißt es auszugsweise wie folgt: |
19 | „SAF-Richtlinien/Übergangszuschuss |
20 | Mit Wirkung vom 01.04.1979 trat die „Vereinbarung zum Übergangsgeld bei Pensionierung im Tarifkreis“ in Kraft. Die Bezeichnung „Übergangsgeld“ hat verschiedentlich dazu geführt, diese Leistung mit dem Übergangsgeld des öffentlichen Dienstes in Verbindung zu bringen, das einen ganz anderen Rechtscharakter hat und einem anderen Zweck dient. |
21 | Um weiteren Missverständnissen vorzubeugen, wird daher ab sofort unser Übergangsgeld in „Übergangszuschuss“ umbenannt. Die Höhe des Übergangszuschusses entspricht der Differenz zwischen dem zuletzt bezogenen Brutto-Monatsentgelt und dem SAF-Ruhegeld. Die Gesamtleistungen, die Mitarbeiter erhalten, bleiben unverändert. |
22 | …“ |
23 | (Bl. 11 d. A.). |
24 | Die S AG kündigte die GBV vom 22.12.1981 fristgerecht zum 30.09.1983. Unter dem 29.07.1983 schloss die S AG mit dem Gesamtbetriebsrat zum Übergangszuschuss eine weitere Vereinbarung folgenden Inhalts: |
25 | „Die Vereinbarung zum Übergangszuschuss bei Pensionierung im Tarifkreis vom 22.12.1981 wurde firmenseits zum 30.09.1983 gekündigt. Dazu wird ab dem 01.10.1983 folgendes vereinbart: |
26 | 1) Mitarbeiter, deren Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnis mit der S AG nach dem 30.09.1983 beginnt, erwerben keinen Anspruch mehr auf Zahlung eines Übergangszuschusses bei Pensionierung. |
27 | … |
28 | 2) Für Mitarbeiter, deren Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnis bis zum 30.09.1983 begonnen hat, bleibt es bei der bisherigen Regelung. |
29 | …“ |
30 | (Bl. 13 R d. A.). |
31 | Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging zu einem nicht näher mitgeteilten Zeitpunkt im Wege des Betriebsübergangs auf die S GmbH über, wo die Ansprüche aus dem S -Versorgungswerk sowie aus den S -Gesamtbetriebsvereinbarungen fortgeführt wurden. |
32 | Am 26.09.2012 wurde über das Vermögen der S GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde vom Insolvenzverwalter betriebsbedingt zum 31.12.2012 gekündigt. Der Kläger war in der Folgezeit vom 01.01.2013 bis 31.12.2014 nach eigenem Bekunden arbeitslos. Seit dem 01.01.2015 bezieht der Kläger eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Ebenfalls seit dem 01.01.2015 bezieht der Kläger von dem Beklagten die insolvenzgeschützte, ratierlich gekürzte Betriebsrente aus dem allgemeinen S -Versorgungswerk in Höhe von 439,41 € monatlich. |
33 | Auf Anraten der Gemeinschuldnerin meldete der Kläger eine Forderung auf Zahlung des Übergangszuschusses in einer Gesamthöhe von 33.281,39 € zur Insolvenztabelle an. Die Forderung wurde als aufschiebend bedingt festgestellt. Zahlungen hierauf erfolgten nach Angaben des Klägers bislang nicht. |
34 | Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er könne von dem Beklagten die Auszahlung des ihm auf der Grundlage der GBV vom 22.12.1981 zugesagten Übergangszuschusses verlangen; denn hierbei handele es sich um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung, die insolvenzgeschützt sei. |
35 | Dem Anspruch stehe auch nicht entgegen, dass er vor Eintritt des 65. Lebensjahres und 2 Jahre vor Eintritt in die gesetzliche Altersrente aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei, zumal dies nicht auf seine eigene Veranlassung, sondern durch arbeitgeberseitige betriebsbedingte Kündigung verursacht worden sei. Wenn außerdem Ziffer 4.6.2 der ‚Allgemeinen Versorgungsbedingungen‘ für die ‚Beitragsorientierte S Altersversorgung Tarifkreis‘ (Bl. 28 ff d. A.) vorsehe, dass der Mitarbeiter sein Alterskapital auf Antrag und mit Zustimmung des Unternehmens auch dann vorzeitig in Anspruch nehmen könne, wenn das Arbeitsverhältnis mit oder nach Vollendung des 60. Lebensjahres, aber vor Erreichen der festen Altersgrenze endet, dann müsse er auch den Übergangszuschuss vorzeitig in Anspruch nehmen können. |
36 | Der Kläger hat beantragt, |
37 | |
38 | 1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 33.281,39 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.12.2014 zu zahlen; |
39 | 2. hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm bei Eintritt des Versorgungsfalles Leistungen aus der „Vereinbarung zum Übergangszuschuss bei Pensionierung im Tarifkreis“ in Höhe von 33.281,39 € zu erbringen. |
40 | |
41 | Der Beklagte hat beantragt, |
42 | die Klage abzuweisen. |
43 | Der Beklagte hat in erster Linie die Auffassung vertreten, dass etwaige Ansprüche des Klägers auf den Übergangszuschuss nicht insolvenzgeschützt seien, da es sich nicht um Leistungen der betrieblichen Altersversorgung handele. Überdies habe der Kläger auch die Anspruchsvoraussetzung nicht erfüllt, dass er „im unmittelbaren Anschluss an die aktive Dienstzeit bei der S AG pensioniert“ worden wäre. Aus Ziffer 4.6.2 der Allgemeinen Versorgungsbedingungen könne der Kläger ebenfalls nichts für einen Anspruch auf den Übergangszuschuss herleiten. |
44 | Im Übrigen hat der Beklagte die Auffassung vertreten, dass ein etwaiger Anspruch des Klägers auf den Übergangszuschuss jedenfalls zeitratierlich gekürzt werden müsse, im Verhältnis der möglichen Dienstzeit bis zum Erreichen der festen Altersgrenze des 65. Lebensjahres zu der tatsächlichen Dienstzeit vom Eintritt des Klägers bis zum Sicherungsfall der Insolvenzeröffnung. Auf die Berechnung des Beklagten gemäß Schriftsatz vom 19.03.2015 (Bl. 105 d. A.) wird Bezug genommen. |
45 | Mit Urteil vom 27.03.2015 hat die 17. Kammer des Arbeitsgerichts Köln die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass es sich zwar entgegen der Auffassung des Beklagten bei dem Übergangszuschuss gemäß der GBV vom 22.12.1981 sehr wohl um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung handele, dass der Kläger aber die besondere Anspruchsvoraussetzung nicht erfülle, wonach er „im unmittelbaren Anschluss an die aktive Dienstzeit bei der S AG pensioniert“ werden musste. |
46 | Das arbeitsgerichtliche Urteil wurde dem Kläger am 21.04.2015 zugestellt. Der Kläger hat hiergegen am 21.05.2015 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Frist bis zum 19.07.2015 am 17.07.2015 begründet. |
47 | Der Kläger wiederholt und vertieft seine erstinstanzliche Rechtsauffassung. Er tritt der Ansicht des Arbeitsgerichts bei, dass es sich bei dem Übergangszuschuss gemäß der GBV vom 22.12.1981 um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung handele. Der Kläger meint aber, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts scheitere der Anspruch nicht daran, dass er – ungewollt – zwei Jahre vor Eintritt in die gesetzliche Altersrente aus dem aktiven Arbeitsverhältnis habe ausscheiden müssen. |
48 | Der Höhe nach macht sich der Kläger nunmehr die Berechnung des Beklagten aus dessen Schriftsatz vom 19.03.2015 zu Eigen und reduziert seine Forderung somit um den dort errechneten zeitratierlichen Kürzungsbetrag. |
49 | Der Kläger und Berufungskläger beantragt nunmehr, |
50 | das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27.03.2015, 17 Ca 9163/14, abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 27.880,40 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. |
51 | Der Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt, |
52 | die Berufung des Klägers zurückzuweisen. |
53 |
Der Beklagte kritisiert die Ansicht des Arbeitsgerichts, dass es sich bei dem Anspruch auf den Übergangszuschuss um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung handele. Jedenfalls habe das Arbeitsgericht aber richtig erkannt, dass die Anspruchsvoraussetzungen der GBV vom 22.12.1981 nicht vollständig erfüllt seien. |
54 | Auf den vollständigen Inhalt der klägerischen Berufungsbegründung und der Berufungsbeantwortung des Beklagten wird ergänzend Bezug genommen. |
55 | E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e |
56 | I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27.03.2015 ist zulässig. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2, lit. b) ArbGG statthaft. Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht unter Einhaltung von § 66 Abs. 1 ArbGG eingelegt und begründet. |
57 | II. Die Berufung des Klägers ist auch erfolgreich. Dem Kläger steht zur Überzeugung des Berufungsgerichts gegen den Beklagten ein insolvenzgeschützter Anspruch auf Zahlung des Übergangszuschusses aus der GBV vom 22.12.1981 zu. Es handelt sich hierbei um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung. Der Umstand, dass der Kläger zwei Jahre vor Eintritt in die gesetzliche Altersrente und geraume Zeit vor Vollendung des 65. Lebensjahres (feste Altersgrenze der S -Versorgungsordnung) aus dem aktiven Arbeitsverhältnis zu seiner letzten Arbeitgeberin ausgeschieden ist, ist dem Grunde nach für seinen Anspruch unschädlich. Er führt nur dazu, dass dem Kläger kein Vollanspruch auf den Übergangzuschuss zusteht, sondern nur eine unverfallbare Anwartschaft, die im Verhältnis zum Vollanspruch nach §§ 7 Abs. 2 Satz 3 und 4 i. V. m. § 2 Abs. 1 BetrAVG zeitratierlich zu kürzen ist. Ob der Beklagte den sich aus der zeitratierlichen Kürzung ergebenden Betrag im Schriftsatz vom 19.03.2015 korrekt berechnet hat oder ob nicht die Berechnung in seinem Schriftsatz vom 18.03.2015, Seite 3 (Bl. 104 d. A.). zutreffend gewesen wäre, kann dahingestellt bleiben, da der Kläger sich den niedrigeren der beiden Beträge in seinem Berufungsantrag zu Eigen gemacht hat. |
58 | 1. Bei dem Anspruch des Klägers aus der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 22.12.1981 auf Zahlung eines sogenannten Übergangszuschusses bei Pensionierung im Tarifkreis handelt es sich um einen Anspruch auf eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung. Das Berufungsgericht stimmt insoweit den Ausführungen des Arbeitsgerichts unter I. 1. seiner Entscheidungsgründe zu und macht sich diese zu Eigen. |
59 | a. Zur Frage, nach welchen Kriterien zu beurteilen ist, ob eine einem Arbeitnehmer unter der Bezeichnung ‚Übergangszuschuss‘ oder ähnlich zugesagte Leistung ihrem Rechtscharakter nach der betrieblichen Altersversorgung dient oder ob dies nicht der Fall ist, hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 18.03.2003, 3 AZR 315/02, DB 2004, 1624 folgende Orientierungssätze aufgestellt: |
60 | 1. Betriebliche Altersversorgung gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG ist das Versprechen einer Leistung zum Zweck der Versorgung, ein den Versorgungsanspruch auslösendes biologisches Ereignis wie Alter, Invalidität oder Tod, und die Zusage an einen Arbeitnehmer aus Anlass des Arbeitsverhältnisses. Entscheidend ist allein der Versorgungszweck der Zusage, auf die Art der versprochenen Leistung kommt es nicht an. |
61 | 2. Verspricht der Arbeitgeber Mitarbeitern während der ersten drei Monate nach ihrer Pensionierung einen Übergangszuschuss, der neben dem Ruhegeld gezahlt wird, so liegt darin eine Zusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Weder dient der Übergangszuschuss der Überbrückung einer Arbeitslosigkeit noch der Erleichterung eines Wechsels des Arbeitsplatzes, da er den Eintritt in den Ruhestand voraussetzt. Ungeachtet der missverständlichen Bezeichnung der Leistung als „Übergangszuschuss“ besteht der Zweck der Zusage ausschließlich in der Versorgung des Leistungsempfängers bei Eintritt in den Ruhestand.“ |
62 | b. Nach Maßgabe dieser Orientierungssätze handelt es sich bei dem Anspruch des Klägers auf einen Übergangszuschuss aus der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 22.12.1981 um einen Anspruch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Ausgelöst wird der Anspruch durch das biologische Ereignis Alter. In den Genuss des Anspruchs auf den Übergangszuschuss kommt nur, wer bereits den Altersruhestand erreicht hat und die für den Versorgungsfall ‚Alter‘ ausgelobte Betriebsrente bereits bezieht. Nur wer bereits Pensionär bzw. (Betriebs-)Rentner ist, kann in den Genuss des Übergangszuschusses gelangen. Besonders daraus wird der Versorgungscharakter des ‚Übergangszuschusses‘ deutlich. Gerade nicht soll der ‚Übergangszuschuss‘ dazu dienen, Wartezeiten zu überbrücken, die entstehen können, wenn ein Mitarbeiter aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, geraume Zeit bevor er Altersrente in Anspruch nehmen kann. |
63 | c. Arbeitgeberin und Gesamtbetriebsrat haben in der GBV vom 22.12.1981 den Zweck des Übergangszuschusses selbst wie folgt beschrieben: „Damit soll den Mitarbeitern der Übertritt in den Ruhestand wirtschaftlich erleichtert werden.“ Diese „wirtschaftliche Erleichterung“ wird dadurch erreicht, dass der Pensionär bzw. Rentner in den Anfangsmonaten seines Pensionärs- bzw. Rentnerdaseins eine Betriebsrente erhält, die bis zur Höhe des letzten aktiven Gehalts aufgestockt wird. |
64 | d. Der Wortbestandteil „Zuschuss“ setzt eine andere Leistung voraus, zu der der „Zuschuss“ in Ergänzung treten soll. Bei dieser anderen Leistung handelt es sich gerade um die S -Betriebsrente. Der Übergangszuschuss ist nach der Ausgestaltung der GBV dem Grunde und der Höhe nach von der S -Betriebsrente abhängig. Dieser enge Zusammenhang mit der Betriebsrente belegt wiederum den Versorgungscharakter des Übergangszuschusses. Der Übergangszuschuss stellt der Sache nach nichts anderes dar als eine zeitlich beschränkte Aufstockung der Betriebsrente. |
65 | e. Schließlich stellen auch die Verlautbarungen vom 23.12.1981 und vom 08.08.1983 (Bl. 13 d. A.) gewichtige Indizien dafür dar, dass damalige Arbeitgeberin und Gesamtbetriebsrat den Versorgungscharakter des Übergangszuschusses bewusst erkannt und gewollt haben und von anderen Formen von ‚Übergangsgeldern‘ im herkömmlichen Sinne abgegrenzt wissen wollten. |
66 | aa. In dem Rundschreiben Nr. 29/83 vom 08.08.1983 erläutert die Arbeitgeberin, warum sie die GBV über den Übergangszuschuss vom 22.12.1981 gekündigt hat. Es heißt in dem Rundschreiben wörtlich: |
67 | „Die stetig steigende Zahl von Pensionären, denen immer weniger Aktive gegenüberstehen, wird in den nächsten Jahrzehnten die gesetzliche Rentenversicherung, aber auch die betriebliche Altersversorgung [Hervorhebung nur hier] vor große finanzielle Probleme stellen. Um dieser Entwicklung langfristig Rechnung zu tragen, wurde die „Vereinbarung zum Übergangszuschuss bei Pensionierung im Tarifkreis“ vom 22.12.1981 (vgl. ZP Rundschreiben Nr. 10/82 vom 23.12.1981) firmenseits zum 30.09.1983 gekündigt.“ |
68 | Mit dieser Formulierung ordnet die Arbeitgeberin selbst den Übergangszuschuss dem Bereich der betrieblichen Altersversorgung zu. |
69 | bb. Das Rundschreiben vom 23.12.1981 diente bekanntlich der Erläuterung, warum die damaligen Betriebsparteien die bis zu jenem Zeitpunkt als ‚Übergangsgeld‘ bezeichnete Leistung nunmehr in ‚Übergangszuschuss‘ umbenannt hatten. In dem Rundschreiben vom 23.12.1981 heißt es: |
70 | „Die Bezeichnung ‚Übergangsgeld‘ hat verschiedentlich dazu geführt, diese Leistung mit dem Übergangsgeld des öffentlichen Dienstes in Verbindung zu bringen, das einen ganz anderen Rechtscharakter hat und einem anderen Zweck dient [Hervorhebung nur hier]. Um weiteren Missverständnissen vorzubeugen, wird daher ab sofort unser Übergangsgeld in ‚Übergangszuschuss‘ umbenannt.“ |
71 | Das insbesondere in §§ 62 ff. BAT geregelte ‚Übergangsgeld‘ des öffentlichen Dienstes stellte aber gerade keine Leistung der betrieblichen Altersversorgung dar, sondern eine Überbrückungshilfe im herkömmlichen Sinne für vorübergehende Zeiten der Arbeits- bzw. Einkommenslosigkeit. Wenn die Betriebsparteien der GBV vom 22.12.1981 den ‚Übergangszuschuss‘ hiermit nicht verwechselt wissen wollten, spricht dies deutlich für den erkannten und gewollten Versorgungscharakter des Übergangszuschusses. |
72 | 2. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts scheitert der Anspruch des Klägers auf den Übergangszuschuss nicht daran, dass er bereits zwei Jahre vor Eintritt in die gesetzliche Altersrente und Beginn des Betriebsrentenanspruchs bzw. mehr als drei Jahre vor Erreichen der festen Altersgrenze der S -Richtlinien aus dem aktiven Arbeitsverhältnis zu seiner letzten Arbeitgeberin ausgeschieden und somit nicht „im unmittelbaren Anschluss an die aktive Dienstzeit bei der S -AG pensioniert“ worden ist. |
73 | a. Die in Ziffer 2.) der GBV vom 22.12.1981 formulierte Anspruchs- „voraussetzung“, dass der Mitarbeiter im unmittelbaren Anschluss an die aktive Dienstzeit bei der S -AG pensioniert wird, stellt in Wirklichkeit keine spezielle, gerade auf das Versorgungsinstrument ‚Übergangszuschuss‘ zugeschnittene Anspruchsvoraussetzung dar, sondern gibt nur einem allgemeinen Rechtsgedanken Ausdruck, der nahezu jedem Betriebsrentenversprechen zu Grunde liegt. Der die Altersversorgung versprechende Arbeitgeber geht regelmäßig von dem als Idealfall und Normalfall angesehenen Szenario aus, dass der Empfänger des Versorgungsversprechens bis zum Eintritt in die gesetzliche Altersrente oder bis zum Erreichen einer in der Versorgungsordnung definierten festen Altersgrenze in den Diensten des Unternehmens aktiv bleiben wird. Dementsprechend finden sich identische oder ähnliche Formulierungen wie die in Ziffer 2.) zweiter Spiegelstrich der GBV vom 22.12.1981 in zahlreichen – insbesondere älteren – Versorgungsordnungen schon als ‚Voraussetzung‘ für die zugesagte Betriebsrente an sich. |
74 | b. Da jedoch der Arbeitnehmer in Anbetracht der regelmäßig auf äußerst langfristige Zeiträume angelegten Betriebsrentenversprechen in seinen Möglichkeiten zur Disposition über seine eigene Altersversorgung geschützt werden muss, wurde das Rechtsinstitut der unverfallbaren Versorgungsanwartschaft entwickelt und im Betriebsrentengesetz verankert. |
75 | c. Der Schutzzweck des Rechtsinstituts der unverfallbaren Versorgungsanwartschaft greift auch im vorliegenden Fall: Der notwendige Vertrauensschutz des Empfängers einer Versorgungszusage bezieht sich nicht nur auf das Ob des Versprechens einer Betriebsrente, sondern auch auf deren zugesagte Höhe. Wie bereits ausgeführt stellt der Übergangszuschuss nach der GBV vom 22.12.1981 nur eine Variante der Zusage einer Erhöhung der versprochenen Betriebsrente für einen befristeten Zeitraum dar. Wem auf der Grundlage der GBV vom 22.12.1981 ein Übergangszuschuss zugesagt worden ist, kann damit kalkulieren, dass er in den ersten sechs Monaten ab Eintritt in die Pension bzw. Altersrente eine auf die Höhe seines letzten vollen Bruttogehalts aufgestockte Betriebsrente zur Verfügung haben wird. Würde dem Zusageempfänger, wie im vorliegenden Fall dem Kläger, diese Leistung genommen, obwohl er sämtliche gesetzlichen Voraussetzungen einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft unstreitig erfüllt hat, nur weil er kurze Zeit vor Eintritt in die gesetzliche Altersrente bzw. vor Erreichen der festen Altersgrenze aus der Versorgungsordnung aus dem aktiven Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist bzw. ausscheiden musste, so entstünde im Vergleich zu dem zugesagten Versorgungsvolumen eine nicht unerhebliche Lücke, die der Kläger im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem aktiven Arbeitsverhältnis im Zweifel nicht mehr durch anderweitige Dispositionen hätte schließen können. |
76 | d. Das Arbeitsgericht argumentiert nach Auffassung des Berufungsgerichts widersprüchlich, wenn es ausführt: „Die Einordnung des Zuschusses als betriebliche Altersversorgung und ihr hierfür maßgeblicher Zweck zwingen bereits dazu, dass der Kläger unmittelbar mit dem Erreichen der Pensionierung aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Das ist das vom Zuschuss abgebildete Versorgungsbedürfnis.“ Träfe es zu, dass gerade der Versorgungscharakter einer zugesagten Leistung die Notwendigkeit des Verbleibs im aktiven Arbeitsverhältnis bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersrente indizierte, wäre das Rechtsinstitut einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft konterkariert. Zur Überzeugung des Berufungsgerichts ist vielmehr gerade das Gegenteil der Fall: Wenn man, wie das Arbeitsgericht selbst mit überzeugenden Argumenten herausgearbeitet hat, den Charakter des Übergangszuschusses als Leistung der betrieblichen Altersversorgung bejaht, so folgt daraus zwingend, dass darauf auch das Rechtsinstitut der unverfallbaren Versorgungsanwartschaft und insbesondere § 2 Abs. 1 BetrAVG Anwendung finden muss. |
77 | e. Bei alledem kann entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts auch nicht darauf abgestellt werden, dass der Kläger des vorliegenden Verfahrens vor Eintritt in die gesetzliche Altersrente und vor Aufnahme der Betriebsrentenzahlungen zwei Jahre lang arbeitslos gewesen ist mit der Folge, dass für ihn persönlich anders als bei Mitarbeitern, die bis zuletzt im aktiven Arbeitsverhältnis gestanden hatten, mit dem Eintritt in die Pension keine signifikante Absenkung des Einkommensniveaus mehr verbunden war. Die notwendige abstrakt-generelle Auslegung der Gesamtbetriebsvereinbarung kann nicht von zufälligen Sachverhaltskonstellationen des Einzelfalls abhängen. Die Frage, ob der Anspruch des Klägers auf den Übergangszuschuss wegen seines vorzeitigen Ausscheidens aus dem aktiven Arbeitsverhältnis untergegangen ist oder nicht, hätte sich nämlich in gleicher Weise gestellt, wenn es dem Kläger gelungen wäre, für den Zeitraum bis zum 31.12.2014 noch eine anderweitige Stelle zu finden, in der er einen gleich hohen Verdienst erzielt hätte wie zuvor bei der Gemeinschuldnerin. Auch in diesem Falle hätte das Arbeitsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsmeinung einen Anspruch des Klägers auf den Übergangszuschuss verneinen müssen, obwohl für den Kläger ohne den Übergangszuschuss mit dem Eintritt in das Pensionsalter derselbe Einkommenseinbruch verbunden gewesen wäre, wie wenn er bis zum Schluss bei der Gemeinschuldnerin hätte aktiv bleiben können. |
78 | f. Der Kläger hatte daher gegen den Beklagten einen Anspruch aus einer unverfallbaren Anwartschaft auf den Übergangszuschuss gemäß GBV vom 22.12.1981, dessen Höhe sich nach § 7 Abs. 2 Satz 3 und 4 i. V. m. § 2 Abs. 1 BetrAVG richtet. |
79 | 3. Das Zinsdatum war zu korrigieren, da die erstmalige Fälligkeit der Altersversorgungsansprüche des Klägers gegen den Beklagten erst nach Rechtshängigkeit der vorliegenden Klage eingetreten ist. |
80 | III. Die Kostenfolge richtet sich nach § 91 Abs. 1 ZPO. |
81 | Nach Auffassung des Berufungsgerichts war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG für den Beklagten die Revision zuzulassen. |
82 | RECHTSMITTELBELEHRUNG |
83 | Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei |
84 | R E V I S I O N |
85 | eingelegt werden. |
86 | Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben. |
87 | Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim |
88 | Bundesarbeitsgericht |
89 | Hugo-Preuß-Platz 1 |
90 | 99084 Erfurt |
91 | Fax: 0361-2636 2000 |
92 | eingelegt werden. |
93 | |
94 | Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. |
95 | Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen: |
96 | 1. Rechtsanwälte, |
97 | 2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, |
98 | 3. Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet. |
99 | In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben. |
100 | Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten. |
101 | Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Revision wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen. |
102 | * eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden. |
103 | Am 25.04.2016 erging folgender Berichtigungsbeschluss: |
104 | wird in dem Verfahren 7 Sa 534/15, K gegen P der Urteilstenor vom 26.11.2015 wegen einer offensichtlich irrtümlichen Unrichtigkeit im Sinne von § 319 ZPO wie folgt berichtigt: |
105 | Die einleitende Formulierung „auf die Revision des Klägers hin…“ ist zu streichen und zu ersetzen durch die Formulierung: „auf die (*1) Berufung des Klägers hin…“. |
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