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ArbG Mainz, Urteil vom 04.03.2015, 1 Ca 1503/14
Schlagworte: | Kündigung, Verhaltensbedingte Kündigung | |
Gericht: | Arbeitsgericht Mainz | |
Aktenzeichen: | 1 Ca 1503/14 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 04.03.2015 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, 03.02.2016, 7 Sa 220/15, Bundesarbeitsgericht, 31.05.2016, 2 AZN 347/16 |
|
Aktenzeichen: 1 Ca 1503/14 |
|
………. ,
Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
ARBEITSGERICHT
MAINZ
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
A., A-Straße, A-Stadt |
||
- Klägerin - | ||
Prozessbevollmächtigte/r: |
Rechtsanwalt B., B-Straße, B-Stadt |
|
|
||
C., C-Straße, C-Stadt |
||
- Beklagte - | ||
Prozessbevollmächtigte/r: |
D., D-Straße, D-Stadt |
hat die 1. Kammer des Arbeitsgerichts Mainz auf die mündliche Verhandlung vom 4. März 2015 durch die Richterin am Arbeitsgericht ....... als Vorsitzende und den ehrenamtlichen Richter ............ und den ehrenamtlichen Richter ..... als Beisitzer für Recht erkannt:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
- Der Streitwert wird auf 6.000,00 € festgesetzt.
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T a t b e s t a n d
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen arbeitgeberseitigen Kündigung vom 06.08.2014 (Bl. 15 f. d.A.) zum 30.09.2014, die der Klägerin am 09.08.2014 zugegangen ist und die auf verhaltensbedingte Gründe gestützt wird.
Die Klägerin absolvierte vom 01.09.2010 bis zum 27.06.2013 bei der Beklagten, die regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt, ihre Ausbildung zur Fachangestellten für Arbeitsförderung.
Im Anschluss daran schlossen die Parteien unter dem 22.06.2013 einen vom 28.06.2013 bis zum 27.06.2015 befristeten Arbeitsvertrag.
Der Klägerin wurde am 27.06.2013 die Tätigkeit als Assistentin ....... in der E. mit Dienstort F. übertragen. Sie sollte dort als Verwaltungsfachkraft eingesetzt werden.
Seit dem 28.06.2013, also zeitgleich mit der vorgesehenen Arbeitsaufnahme, war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt.
Am 27.09.2013 wurde mit Zustimmung des behandelnden Arztes und der Klägerin ein Eingliederungsplan zur stufenweisen Wiedereingliederung erstellt. Diese sollte im Zeitraum vom 13.09.2013 bis zum 11.11.2013 durchgeführt werden.
Die Wiedereingliederung begann aus Gründen, die bei der Klägerin lagen, dann aber erst am 02.10.2013.
Am 04.10.2013 fand bei der Beklagten ein Gespräch zwischen der Klägerin und Herrn G., dem Leiter der Familienkasse, statt, in dem die Klägerin aufgefordert wurde bereits um 8.00 Uhr zur Arbeit zu erscheinen. Dem kam die Klägerin jedoch in der Folgezeit mehrere Male nicht nach, sondern erschien erst später zur Arbeit. Am 09.10.2013 erschien die Klägerin erneut erst um 9.30 Uhr auf der Arbeitsstelle. Daher fand am selben Tag ein weiteres Personalgespräch der Klägerin mit Herrn G. statt, in dem trotz des wiederholt verspäteten Erscheinens der Klägerin über die Fortführung der Wiedereingliederungsmaßnahme gesprochen wurde. Nach dem Gespräch wurde die Wiedereingliederungsmaßnahme von Herrn G. als
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gescheitert bewertet. Die weiteren Einzelheiten des Gesprächsinhaltes sind zwischen den Parteien streitig.
Dieses Gespräch zeichnete die Klägerin – unstreitig - heimlich mit ihrem Smartphone auf.
Dieser Vorgang ist Gegenstand der hier streitgegenständlichen Kündigung.
Die Beklagte hatte bereits zuvor mit Schreiben vom 24.01.2014 das Arbeitsverhältnis ordentlich (krankheitsbedingt) zum 28.02.2014 gekündigt. Dies im Wesentlichen mit der Begründung die Klägerin habe die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements abgelehnt und sei Vorstellungsterminen beim Betriebsarzt nicht nachgekommen.
Diese Kündigung war Gegenstand eines Kündigungsschutzprozesses der Klägerin vor dem Arbeitsgericht Mainz (Az.: 9 Ca 213/14). Dort ist mit rechtskräftigem Urteil vom 03.07.2014 festgestellt worden, dass die Kündigung vom 24.01.2014 das Arbeitsverhältnis nicht beendet hat.
In vorgenanntem Verfahren hat die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 27.05.2014 selbst angegeben, das Personalgespräch vom 09.10.2013 aufgenommen zu haben und hat den aufgezeichneten Gesprächsverlauf dort i.E. wieder gegeben. Sowohl vor der oben genannten Kündigung, als auch danach gab es Spannungen im Arbeitsverhältnis der Parteien.
Die Beklagte hörte die Klägerin am 11.07.2014 (Bl. 34 d.A.) zum Vorwurf der heimlichen Aufzeichnung des Gesprächs an. Hierzu nahm die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 23.07.2014 (Bl. 3 d.A.) Stellung.
Wegen der heimlichen Tonbandaufzeichnung hat Herrn G. Strafanzeige gegen die Klägerin erstattet (Az.: 3553 Js 24839/14).
Nach Anhörung des Personalrats (vgl. Bl. 40 ff. d.A.) teilte dieser der Beklagten am 06.08.2014 (vgl. Bl. 43 d.A.) mit, dass er gegen die hier streitgegenständlichen ordentlichen Kündigung keine Einwände erhebe.
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Nach § 33 Abs. 4 S. 2 TV-BA, der auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar ist, kann auch ein befristetes Arbeitsverhältnis ordentlich gekündigt werden, wenn die Vertragsdauer mindestens 12 Monate beträgt.
Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor:
Da Herr G. schon früher die Unwahrheit geäußert habe, was zu einem bewusst unwahrem Vortrag der Beklagte im Verfahren vor dem Arbeitsgericht Mainz (Az.: 9 Ca 213/14) geführt habe, habe sie die Aufzeichnung des Personalgesprächs vom 09.10.2014 jedenfalls als Gedächtnisstütze benötigt.
Sie habe auch niemanden zu dem Personalgespräch mitnehmen können, da sie sich auf ihrer Arbeitsstelle quasi im „Feindesland“ befunden habe und bereits während ihrer Ausbildung „gemobbt“ worden sei. Die Beklagte habe sie ungerecht, ja schikanös behandelt, so sei z.B. die Anweisung an sie, die Arbeit trotz der bestehenden Gleitzeitregelung bereits um 8.00 Uhr aufzunehmen, nicht durch betriebliche Gründe gerechtfertigt gewesen.
Im Gespräch am 09.10.2013 habe Herr G. erfolglos versucht, sie zum Abbruch der Wiedereingliederungsmaßnahme zu überreden, um es dann so darzustellen als sei die Initiative von ihr selbst ausgegangen.
Herr G. sei auch nicht befugt gewesen das Scheitern der BEM-Maßnahme festzustellen.
Der Personalrat habe ebenfalls gegen sie gearbeitet. Auch habe sie zu diesem Zeitpunkt noch keinen rechtlichen Beistand gehabt.
Mit ihrem Vortrag im Vorverfahren (Az.: 9 Ca 213/14), sie - die Klägerin - habe die Wiedereingliederungsmaßnahme von sich aus abgebrochen, habe sich die Beklagte des versuchten Prozessbetruges strafbar gemacht.
Eine Tonaufnahme zur Überführung eines Straftäters sei indes ein geeignetes Mittel um der Dauergefahr weiterer Unwahrheiten zu begegnen. Überdies habe sie nicht vorsätzlich gehandelt; jedenfalls sei ihr Vorgehen nach § 34 StGB gerechtfertigt, zumal sie nicht vollumfänglich schuldfähig im Sinne der §§ 20, 21 StGB gewesen sei.
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Im Übrigen sei bei einem Dienstgespräch die Privatsphäre des Gesprächspartners nicht betroffen. Darüber hinaus gelte es das Mitverschulden der Beklagten zu berücksichtigen.
Jedenfalls scheitere die Kündigung daran, dass keine vorherige Abmahnung erfolgt sei.
Die Klägerin beantragt:
Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 06.08.2014, zugegangen am 09.08.2014, beendet wird.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Hilfsweise beantragt die Beklagte,
das Arbeitsverhältnis nach § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG mit Ablauf des 30.09.2014 aufzulösen und eine Abfindung von Amts wegen festzusetzen.
Die Klägerin beantragt,
den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor:
Herr G. habe die Klägerin nur deswegen gebeten ebenfalls bereits um 8.00 Uhr ihre Arbeit aufzunehmen, weil zu dieser Zeit auch die anderen Kollegen in diesem Bereich mit der Arbeit begännen und um dadurch eine Realitätsnähe zu den Anforderungen des Arbeitsplatzes schaffen.
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Sie ist der Ansicht, mit der Aufzeichnung des Personalgesprächs habe die Klägerin den Straftatbestand des § 201 StGB erfüllt; jedenfalls aber in erheblicher Weise gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen.
Ein Rechtfertigungsgrund hierfür liege nicht vor.
Der Klägerin habe bewusst sein müssen, dass das heimliche Aufzeichnen und vor allem auch der Gebrauch der heimlich erstellten Aufnahme das Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragsparteien so erschüttere, dass es auch durch eine Abmahnung nicht wieder hergestellt werden könne, so dass eine solche entbehrlich gewesen sei.
Im Rahmen einer Wiedereingliederungsmaßnahme habe der Arbeitgeber das Recht festzustellen, dass die Arbeitsleistung nicht seinen Anforderungen genüge.
Zum Hilfsantrag trägt die Beklagte im Wesentlichen vor,
nach dem unerlaubten Aufnehmen des Gesprächs und den dann im Prozessverlauf erfolgten Diffamierungen des Herrn G., des Personalratsvorsitzenden und weiteren Mitarbeitern sei eine gedeihliche Zusammenarbeit zwischen den Parteien nicht mehr zu erwarten.
Das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien sei jedenfalls damit endgültig zerstört.
Insoweit wird insbesondere auf den Schriftsatz der Beklagten vom 03.12.2014 (Bl. 112 ff. d.A.) verwiesen, in dem diese konkrete Formulierungen aus den Schriftsätzen der Klägerin wiedergibt.
Die Klägerin trägt zum Hilfsantrag im Wesentlichen vor,
ein lediglich schlagwortartiger Vortrag, wie derjenige der Beklagten, erfülle die strengen Anforderungen für einen Auflösungsantrag nicht.
Außerdem seien ihre Ausführungen in der gewählten Schärfe angemessen und erlaubt gewesen und könnten daher nicht zur Begründung eines Auflösungsantrags nach § 9 KSchG dienen. Auf die weiteren Ausführungen der Klägerin zum Hilfsantrag im klägerseitigen Schriftsatz vom 12.12.2014 (Bl. 132 ff. d.A.) wird ausdrücklich Bezug genommen.
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Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle verwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
I. Die Klage ist zulässig.
Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b ArbGG eröffnet, da es sich um eine Streitigkeit zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses handelt.
Das Arbeitsgericht Mainz ist örtlich zuständig. Dies ergibt sich aus § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 12, 17 Abs. 2 ZPO.
II. Die Klage ist aber unbegründet, da die Kündigung der Beklagten vom 06.08.2014 sozial gerechtfertigt ist.
1. Es liegt keine Präklusion gemäß §§ 4, 7 KSchG vor.
Die Kündigungsschutzklage wurde innerhalb der gesetzlichen drei Wochen-Frist erhoben wurde. Die Kündigung ist der Klägerin am 09.08.2914 zugegangen und die Klage wurde der Beklagten am 25.08.2014 zugestellt.
2. Im hier befristeten Arbeitsverhältnis war eine ordentliche Kündigung möglich, da die Parteien im Arbeitsvertrag die Geltung des Tarifvertrages vereinbart haben und dieser in § 33 Abs. 4 S. 2 TV-BA regelt, dass auch ein befristetes Ar-
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beitsverhältnis ordentlich gekündigt werden kann, wenn – wie vorliegend – die Vertragsdauer mindestens 12 Monate beträgt.
3. Die ordentliche Kündigung ist im Ergebnis nach Überzeugung der Kammer auch sozial gerechtfertigt.
Im Einzelnen:
a) Das Kündigungsschutzgesetz ist in persönlicher und sachlicher Hinsicht gemäß §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG anwendbar, da das Arbeitsverhältnis der Parteien zum Zeitpunkt der Kündigung bereits länger als 6 Monate bestand und bei der Beklagten in der Regel mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt sind.
b) Ein Kündigungsgrund im Sinne von § 1 Abs. 1 KSchG gegeben ist.
Dieser ergibt sich aus dem Verhalten der Klägerin, da sie – unstreitig - heimlich ein Personalgespräch mit ihrem Vorgesetzten auf ihrem Smartphone aufgezeichnet hat.
Hierin ist ein schwerer Verstoß gegen die vertragliche Rücksichtnahmepflicht gemäß § 241 Abs.2 BGB zu sehen. Einer vorherigen Abmahnung bedurfte es nicht. Die Prüfung eines verhaltensbedingten Kündigungsgrunds erfolgt in mehreren Stufen.
So ist zunächst zu prüfen, ob ein Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten vorliegt und ob keine milderen Mittel als die Kündigung in Betracht kamen.
Sodann ist eine Interessenabwägung vorzunehmen.
aa) Das Verhalten der Klägerin stellt einen an sich geeigneten Kündigungsgrund dar.
Eine Kündigung ist durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt, wenn dieser seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und - in der Regel - schuldhaft verletzt hat und eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in der Zukunft nicht mehr zu erwarten steht. Dann
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kann dem Risiko künftiger Störungen nur durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses begegnet werden.
Durch das Aufnehmen des Personalgesprächs hat die Klägerin vorliegend die ihr obliegenden Pflichten zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen der Beklagten nach Überzeugung der Kammer in so erheblichem Umfang verletzt, dass sogar ein an sich geeigneter wichtiger Kündigungsgrund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB vorliegt (BAG Urt. v. 19.07.2012 - 2 AZR 989/11 – BAGE 142, 351).
Die Klägerin hat – unstreitig - am 09.10.2014 heimlich ein zwischen ihr und ihrem Vorgesetzten, Herrn J., geführtes Personalgespräch aufgezeichnet.
Dies stellt jedenfalls einen erheblichen Vertrauensverstoß im bestehenden Arbeitsverhältnis dar. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Würdigung an (vgl. § 201 StGB).
Maßgeblich ist vielmehr die mit diesem Verhalten verbundene Verletzung der der Klägerin nach § 241 Abs. 2 BGB obliegenden Pflicht zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen der Beklagten. Diese hat ihre Mitarbeiter bei der Ausübung ihrer Tätigkeit auch im Hinblick auf die Vertraulichkeit des Wortes zu schützen.
Das nicht öffentlich gesprochene Wort eines anderen darf - auch im Betrieb - nicht heimlich mitgeschnitten werden. Ein Gespräch darf - auch im Betrieb - nicht aufgezeichnet werden (BAG Urt. v. 19.07.2012 - 2 AZR 989/11 – BAGE 142,351). Das darin zum Ausdruck kommende Misstrauen gegenüber dem Arbeitgeber und die fehlenden Rücksichtnahme auf dessen berechtigte Interessen ist an sich geeignet das Vertrauensverhältnis der Arbeitsparteien für die Zukunft derart zu zerstören, dass eine störungsfreie Zusammenarbeit nicht mehr erwartet werden kann und ist an sich sogar geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.
bb) Die Klägerin handelte auch vorsätzlich, da sie das Gespräch mit Wissen und Wollen und nicht nur versehentlich aufgenommen hat und auch nach ihrem eigenen Vortrag davon Kenntnis hatte, dass ihr Gesprächspartner, Herr G., davon nichts bemerkte, so dass sich der Vorsatz auch auf die Heimlichkeit erstreckte.
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Zweifel an der Schuldhaftigkeit/-fähigkeit ihres Verhaltens hat die Klägerin weder nachvollziehbar noch ausreichend substantiiert dargelegt.
Das Verhalten der Klägerin war auch nicht gerechtfertigt.
Für die – hier allein maßgebliche - arbeitsrechtliche Beurteilung spielen eventuelle strafrechtliche Rechtfertigungsgründe, die im Übrigen nach Auffassung der Kammer auch nicht vorliegen, keine maßgebliche Rolle, da es im Arbeitsrechtsstreit - wie oben dargelegt – „nur“ auf die Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses und das damit verbundene Vertrauensverhältnis ankommt.
Allein das angespannte Verhältnis der Arbeitsvertragsparteien kann nicht ausreichen, um einen derartigen Vertrauensbruch durch die Klägerin zu rechtfertigen. Selbst wenn die Anordnung des Arbeitsbeginns für die Klägerin um 8.00 Uhr und der (angebliche) einseitige Abbruch der Wiedereingliederungsmaßnahme durch die Beklagte rechtswidrig gewesen wären - was vorliegend dahin gestellt bleiben kann - hätte die Klägerin das Personalgespräch vom 09.10.2014 nicht heimlich auf ihrem Smartphone aufnehmen dürfen.
Unterschiedliche tatsächliche und rechtliche Bewertungen eine Sachlage seitens der Arbeitsvertragsparteien sind durchaus häufig anzutreffen.
Dies kann aber nicht ausreichen, um die Vertraulichkeit eines Gesprächs zu zerstören, indem heimlich eine grds. strafrechtlich relevante Aufnahme angefertigt wird.
Vielmehr muss sich auch derjenige Vertragspartner, der sich – wie hier die Klägerin - subjektiv falsch behandelt fühlt, den rechtlich zulässigen Weg der gerichtlichen Geltendmachung seiner Interessen wählen.
An diesem Ergebnis ändert auch der Vortrag der Klägerin nichts, Herr G. habe bereits zuvor die Unwahrheit gesagt. Dieser pauschale Vortrag ist bereits nicht geeignet konkrete Befürchtungen an ein späteres Verfälschen des Gesprächsinhalts zu begründen. Dies gilt umso mehr, weil solchen Befürchtungen, falls sie dann berechtigt gewesen sein sollten, durch die Hinzuziehung einer Vertrauensperson hätten begegnet werden können.
Hinzu kommt, dass die Klägerin im Zeitpunkt des heimlichen Mitschnittes des Gespräches noch gar nicht wissen konnte, ob dessen Inhalt überhaupt relevant wer-
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den würde. Daher konnte auch im Zeitpunkt der Aufzeichnung ein späterer – behaupteter - Falschvortrag eine Pflichtverletzung der Klägerin nicht rechtfertigen. Im Übrigen bleibt der Vortrag der Klägerin zu unwahren Behauptungen im Vorfeld des Gesprächs im Pauschalen. Der Mitschnitt erfolgte quasi auf „Vorrat“. Eine solche Vorratsspeicherung ist indes besonders zu verurteilen. Ein Rechtfertigungsgrund ist mithin nicht ersichtlich. Ebenso wenig ist ein „Mitverschulden“ der Beklagten nachvollziehbar dargelegt noch sonst ersichtlich.
Das Erfordernis einer „Gedächtnisstütze“ lässt ebenfalls keine Rechtfertigung des Fehlverhaltens der Klägerin erkennen. Zum einen muss dieses zwar nachvollziehbare aber doch eher gering zu bewertende Interesse hinter dem Interesse der Beklagten die Vertraulichkeit von Gesprächen im Betrieb zu schützen zurücktreten und zum anderen hätten zur Erreichung dieses Ziels auch mildere Mittel zur Verfügung gestanden. So hätte die Klägerin sich einfach Notizen machen, eine Person ihrer Wahl hinzuziehen oder ihren Gesprächspartner um Erlaubnis mit dem Mitschnitt bitten können. Abgesehen davon ist zu erwarten, dass ein Mitarbeiter, der berufliche Nachteile von einem Gespräch erwartet, sich an dessen Inhalt auch ohne Gedächtnisstütze erinnern kann. Tatsächlich ging es der Klägerin wohl darum einen Beweis für den Gesprächsinhalt zu erlangen, was ohnehin nicht möglich war, da das heimliche Aufnehmen grds. einem Beweisverwertungsverbot unterliegt.
c) Ein milderes Mittel als eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses bestand
nach Überzeugung der Kammer vorliegend nicht.
Ein an sich geeigneter Sachverhalt berechtigt dann nicht zur Kündigung, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers - etwa eine Abmahnung oder eine Versetzung - geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken (BAG Urt. v. 23.01.2014- 2 AZR 638/13 -; BAG Urt. v. 27.09.2012 - 2 AZR 811/11).
Beruht die Vertragspflichtverletzung auf einem steuerbaren Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten bereits durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses
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positiv beeinflusst werden kann. Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 i.V.m. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Ver-hältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (BAG Urt. v. 23.01.2014- 2 AZR 638/13 – a.a.O.; BAG Urt. v. 09.06.2011 - 2 AZR 284/10 – a.a.O.).
Das Aufzeichnen eines Personalgesprächs stellt eine solch schwere Pflichtverletzung dar. Das Vertrauensverhältnis ist allein durch einen solchen einmaligen Vorfall endgültig zerstört und es ist der Beklagten nicht zumutbar auf einen weiteren Wiederholungsfall zu warten.
Es war für die Klägerin bei ihrem Fehlverhalten erkennbar, dass die Beklagte ein solches Verhalten nicht hinnehmen wird (so auch BAG Urt. v. 19.07.2012- 2 AZR 989/11 -). Es handelt sich beim Mitschneiden eines vertraulich geführten Gesprächs um einen erkennbar schwerwiegenden Verstoß gegen arbeitsrechtliche Pflichten und um einen Vertrauensbruch gegenüber der Beklagten. Zudem ist jedenfalls der objektive Straftatbestand des § 201 StGB verletzt.
Soweit die Klägerin behauptet eine Abmahnung sei deswegen erforderlich gewesen, weil keine Wiederholungsgefahr drohe, vermochte das die Kammer nicht zu überzeugen, da jeder Arbeitnehmer in der nunmehrigen Situation der Klägerin so argumentieren würde.
Diese Behauptung kann den Vertrauensverlust nicht rechtfertigen. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG Beschl. v. 10.02.1999 – 2 ABR 31/98 – NZA 1999, 708), der die Kammer folgt.
Das Bundesarbeitsgericht führt in diesem Zusammenhang zu Recht aus, nach der Lebenserfahrung werde kein Arbeitnehmer, wenn es um eine ihm gegenüber ausgesprochene Kündigung gehe, vor Gericht erklären, eine Wiederholungsgefahr sei bei ihm gegeben. Darum habe eine solche Wohlverhaltenserklärung nur einen verhältnismäßig eingeschränkten Erkenntniswert.
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Dies gilt für die erkennende Kammer vorliegend umso mehr, weil sich die Klägerin auch im Kammertermin nicht in überzeugender Weise einsichtig gezeigt hat.
Sie bestand vielmehr auf ihrem Standpunkt, dass die heimliche Tonbandaufnahme gerechtfertigt gewesen sei.
Die Klägerin konnte auch aus keinem anderen vertretbaren Grund annehmen, ihr Verhalten sei nicht vertragswidrig oder werde von der Beklagten zumindest nicht als ein erhebliches, den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdendes Fehlverhalten angesehen werden. Kein Arbeitnehmer kann und darf davon ausgehen, dass der Arbeitgeber heimliche Mitschnitte eines vertraulichen Personalgespräches und damit die Verletzung des Persönlichkeitsrechts eines seiner Mitarbeiter hinnehmen würde.
d) Wenn ein an sich geeigneter Grund zur Rechtfertigung einer Kündigung
vorliegt, kann eine hierauf gestützte Kündigung das Arbeitsverhältnis gleichwohl nur dann beenden, wenn sich bei einer umfassenden Interessenabwägung ergibt, dass das Beendigungsinteresse des Arbeitgebers im Verhältnis zu dem Bestands-schutzinteresse des Arbeitnehmers überwiegt (BAG Urt. v. 27.04.2006 – 2 AZR 415/05; BAG Urt. v. 26.03.2009- 2 AZR 953/07).
Die Lösung des Arbeitsverhältnisses muss in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile billigenswert und angemessen erscheinen.
Auch nach Abwägung der gegenseitigen Interessen der Parteien und Würdigung der Besonderheiten des Kündigungssachverhalts erweist sich die streitgegenständliche Kündigung als wirksam.
Die Klägerin hat – wie oben dargelegt – ihre Pflichten vorsätzlich und schwerwiegend verletzt. Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe sind nicht ersichtlich. Die von ihr behaupteten – angeblichen - unangemessenen Verhaltensweisen der Beklagten ihr gegenüber, die die im Rahmen der abgestuften Darlegungslast insoweit darlegungspflichtige Klägerin ohnehin im Wesentlichen nur unsubstantiiert behauptet hat, hätten – deren Richtigkeit an dieser Stelle zugunsten der Klägerin unterstellt - allenfalls dazu führen können, Herrn G. um sein Einverständnis mit einer Aufzeichnung der Gespräche zu bitten oder sich handschriftliche Aufzeich-
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nungen zu machen. Zudem wäre es auch möglich gewesen wäre eine Person ihres Vertrauens am Gespräch teilnehmen zu lassen. So hätte sie den von ihr angeführten Befürchtungen hinsichtlich eines späteren Verfälschens des Gesprächsinhalts, sowie ihrem Anliegen eine Gedächtnisstütze zu haben, ausreichend Rechnung tragen können (LAG Rheinland-Pfalz Urt. v. 30.04.2012 - 5 Sa 687/11 -). Dies gilt nicht nur trotz, sondern wegen des aus Sicht der Klägerin angespannten Verhältnisses zu Herrn G., den anderen Mitarbeitern und des Personalrats. Gerade wenn sich die Klägerin hier unsicher fühlte, hätte sie jemanden hinzuziehen können, der aus ihrer Sicht vertrauenswürdig ist. Hierbei hätte sich vor allem die Hinzuziehung eines Anwalts angeboten, der im Interesse der Klägerin tätig geworden wäre. Dies wäre auch kurzfristig durchführbar gewesen.
Jedenfalls hätte die Klägerin solches, bevor sie die Begehung einer Straftat in Betracht zog, versuchen müssen.
Dass die Klägerin stattdessen das Gespräch heimlich mitgeschnitten hat, lässt nur den Schluss zu, dass sie zur Verfolgung eigener Interessen keine – ggf. auch strafrechtlich relevanten - Mittel scheut. Die Klägerin konnte bzw. musste erkennen, dass ihr Verhalten für die Beklagten schon erstmalig nicht hinnehmbar war. Das Vertrauen in ihre Gutwilligkeit, Loyalität und Redlichkeit ist ernsthaft und unwiederbringlich gestört.
Auch die Berücksichtigung der weiteren Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Sozialdaten der Klägerin führt nicht zu einem Überwiegen der Interessen der Klägerin an dessen Fortbestand gegenüber demjenigen der Beklagten an dessen Beendigung. Im Gegenteil:
Weder das noch junge Alter der Klägerin, noch die kurze Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit vermögen am Ergebnis der Interessenabwägung etwas zu ändern.
4. Die Kündigungsfrist ist ordnungsgemäß, da der hier anwendbare Tarifver-
trag in § 33 Abs. 4 Satz 3 TV-BA für befristete Vertragsverhältnisse von mehr als einem Jahr eine Kündigungsfrist von 6 Wochen zum Ende eines Kalendermonats vorsieht.
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Dem entspricht die streitgegenständliche Kündigung, da sie ein Ende des Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2014 vorsieht.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, § 91 ZPO.
IV. Die Streitwertfestsetzung erfolgte gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 3 ZPO.
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Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil kann von der Klägerin Berufung eingelegt werden. Für die Beklagte ist kein Rechtsmittel gegeben.
Wird das Urteil nicht in dem Umfang angefochten, in dem die Parteien unterlegen sind, ist die Berufung nur zulässig,
a) | wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist oder |
b) | wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder |
c) | in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses. |
Die Berufung muss
innerhalb einer Frist von einem Monat
schriftlich beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Postfach 30 30, 55020 Mainz, Ernst-Ludwig-Platz 1, 55116 Mainz, eingelegt werden.
Sie ist
innerhalb einer Frist von zwei Monaten
schriftlich zu begründen.
Beide Fristen beginnen mit der Zustellung dieses Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
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Die Berufungsschrift und die Berufungsbegründungsschrift müssen von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
Sie können auch in Verfahren für deren Mitglieder von einem Organ oder einem mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter einer Gewerkschaft, einer Arbeitgebervereinigung, eines Zusammenschlusses oder einer Rechtsschutzorganisation solcher Verbände nach näherer Maßgabe des § 11 Abs.2 Satz 2 Nr. 4 und 5 ArbGG unterzeichnet werden.
Rechtsanwälte oder eine der vorher bezeichneten Organisationen können sich selbst vertreten.
Paulus-Kamp; Richterin am Arbeitsgericht Vorsitzende der 1. Kammer
Hinweis:
Von der Berufungsbegründungsschrift werden zwei zusätzliche Abschriften zur Unterrichtung der ehrenamtlichen Richter erbeten.
Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:
Dr. Martin Hensche Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hensche@hensche.de | |
Christoph Hildebrandt Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hildebrandt@hensche.de | |
Nina Wesemann Rechtsanwältin Fachanwältin für Arbeitsrecht Kontakt: 040 / 69 20 68 04 wesemann@hensche.de |