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BAG, Ur­teil vom 16.07.2015, 2 AZR 85/15

   
Schlagworte: Tatkündigung, Raubkopien, Surfen am Arbeitsplatz, Kündigung: Verdachtskündigung, Verdachtskündigung, Kündigung: Straftat, Kündigung: Fristlos
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 2 AZR 85/15
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 16.07.2015
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Halle, Urteil vom 4.12.2013 - 3 Ca 1303/13 NMB
Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.12.2014 - 4 Sa 10/14
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

2 AZR 85/15
4 Sa 10/14
Lan­des­ar­beits­ge­richt

Sach­sen-An­halt

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am

16. Ju­li 2015

UR­TEIL

Schmidt, Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

be­klag­tes, be­ru­fungs­kla­gen­des und re­vi­si­ons­kla­gen­des Land,

pp.

Kläger, Be­ru­fungs­be­klag­ter und Re­vi­si­ons­be­klag­ter,

hat der Zwei­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 16. Ju­li 2015 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Kreft, die Rich­te­rin­nen am Bun­des­ar­beits­ge­richt Ber­ger und Ra­chor so­wie den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Dr. Bartz und die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Per­reng für Recht er­kannt:
 

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1. Auf die Re­vi­si­on des be­klag­ten Lan­des wird das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Sach­sen-An­halt vom 19. De­zem­ber 2014 - 4 Sa 10/14 - auf­ge­ho­ben.


2. Die Sa­che wird zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung - auch über die Kos­ten des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens - an ei­ne an­de­re Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts zurück­ver­wie­sen.


Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über die Wirk­sam­keit ei­ner außer­or­dent­li­chen und ei­ner hilfs­wei­se or­dent­li­chen Kündi­gung.
 

Der 1954 ge­bo­re­ne Kläger war bei dem be­klag­ten Land seit Fe­bru­ar 1992 als Jus­tiz­an­ge­stell­ter beschäftigt. Zu­letzt war er am Ober­lan­des­ge­richt N als „IT-Ver­ant­wort­li­cher“ tätig. Zu sei­nen Auf­ga­ben gehörten die Sys­tem- und Netz­werk­be­treu­ung, die Ver­wal­tung des sog. ADV-De­pots, die War­tung, Pfle­ge und Be­treu­ung der Hard- und Soft­ware, die tech­ni­sche Un­terstützung der Nut-zer des Hau­ses, die Ad­mi­nis­tra­ti­on der elek­tro­ni­schen Be­rech­ti­gun­gen und die Pass­wort­ver­ga­be. Auf das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en fand zu­letzt der Ta­rif-ver­trag für den öffent­li­chen Dienst der Länder (TV-L) An­wen­dung.


Am 6. und am 19. März 2013 führ­te der Geschäfts­lei­ter des Ober­lan­des­ge­richts mit dem Lei­ter der Wacht­meis­te­rei - im Bei­sein der Vor­sit­zen­den des ört­li­chen Per­so­nal­rats - ein Per­so­nal­gespräch. Dem Be­am­ten wur­de vor­ge­hal­ten, un­be­fugt dienst­li­che Farb­dru­cker für die Er­stel­lung sog. CD-Co­ver ge­nutzt zu ha­ben. In dem ers­ten Gespräch soll er laut ei­nes „Be­spre­chungs­ver­merks“ den Kläger als die­je­ni­ge Per­son be­nannt ha­ben, die für die Be­stel­lung des Zu­behörs für den EDV-Raum - ein­sch­ließlich DVDs und CDs - ver­ant­wort­lich ge­we­sen sei.
 

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Am 14. März 2013 un­ter­zog der Geschäfts­lei­ter den Ar­beits­be­reich des Klägers und den ei­nes Jus­tiz­haupt­se­kretärs, der sich mit dem Kläger das Dienst­zim­mer teil­te, ei­ner Geschäfts­prüfung. In ei­nem Ver­merk des Geschäfts­lei­ters vom 11. April 2013 („Prüfungs­be­richt“) heißt es, in der Zeit vom 1. Ju­li 2008 bis zum 31. De­zem­ber 2012 sei­en für das Ober­lan­des­ge­richt 2.325 DVDs und 1.500 CDs be­stellt wor­den. Nach den ei­ge­nen An­ga­ben des Klägers - so der Ver­merk - sei­en zu dienst­li­chen Zwe­cken nur 150 bis 200 DVDs und et­wa 50 CDs jähr­lich benötigt wor­den. Der Ver­bleib des rest­li­chen Ma­te­ri­als sei nicht auf­zuklären. Auf ei­nem mit dem Netz­werk des Ober­lan­des­ge­richts nicht ver­bun­de­nen Com­pu­ter sei le­dig­lich der Kläger als „lo­ka­ler Ad­min“ und Nut­zer fest­zu­stel­len. Auf ei­ner der Fest­plat­ten des Rech­ners sei­en nach Wie­der­her­stel­lung vom Nut­zer gelöschter Da­tei­en 2.466 elek­tro­ni­sche Bücher, 2.378 Bild­da­tei­en, 834 Au­dio­da­tei­en und 230 Vi­deo­da­tei­en ge­fun­den wor­den. Fer­ner sei­en auf dem Rech­ner vier Pro­gram­me in­stal­liert ge­we­sen, die zum Um­wan­deln und Ko­pie­ren von DVDs und CDs ge­eig­net sei­en. In der Zeit vom 6. Ok­to­ber 2010 bis zum 14. März 2013 sei ei­nes von ih­nen 1.128 Mal zur Be­ar­bei­tung von DVDs ge­nutzt wor­den. Auf zwei wei­te­ren ex­ter­nen Fest­plat­ten sei­en zusätz­lich 41.242 Au­dio­da­tei­en, 1.822 Co­ver und 41 DVD-Ko­pi­en ge­fun­den wor­den. Ei­ne drit­te ex­ter­ne Fest­plat­te ha­be ei­nen Ord­ner „Pri­va­te Rech­ner“ ent­hal­ten. In den Schränken des Dienst­zim­mers hätten sich ver­schie­de­ne lee­re und gefüll­te „CD-Spin­deln“ un­ter­schied­li­cher Größe, ge­brann­te Mu­sik-CDs und lee­re DVDs be­fun­den.


Mit Schrei­ben vom 16. April 2013 hörte das be­klag­te Land den ört­li­chen Per­so­nal­rat zu ei­ner be­ab­sich­tig­ten außer­or­dent­li­chen Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses der Par­tei­en an.


Am 17. April 2013 fand zwi­schen dem Geschäfts­lei­ter, ei­ner Rich­te­rin am Ober­lan­des­ge­richt und dem Kläger ein Per­so­nal­gespräch statt. Da­bei soll der Kläger - laut Ver­merk - „sinn­gemäß“ erklärt ha­ben, „al­les, was auf dem Rech­ner bezüglich der DVDs“ sei, ha­be er „ge­macht“. Er ha­be den Rech­ner mit nach Hau­se neh­men dürfen. „Natürlich [hätten sie] auch ko­piert“. „Was das für DVDs und CDs“ ge­we­sen sei­en, wis­se er nicht mehr. Er ha­be „den Leu­ten ei­nen Ge­fal­len ge­tan“. Er ha­be „manch­mal“ fest­ge­stellt, dass sein Rech­ner von
 

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an­de­ren Per­so­nen be­nutzt wor­den sei. Dies ha­be er nicht mit­ge­teilt, da es sich „nur“ um den „Test-Rech­ner“ ge­han­delt ha­be. Seit et­wa De­zem­ber 2012 ha­be er ein Pass­wort ver­ge­ben. Die­ses sei aber für je­den, der sei­ne Fa­mi­lie ken­ne, zu „kna­cken“ ge­we­sen. Er ha­be „hun­dert­pro­zen­tig“ kei­ne „pri­va­ten Sa­chen“ für sich selbst „im Dienst ge­macht“, son­dern nur „für an­de­re Leu­te aus dem OLG“.


Mit Schrei­ben vom 18. April 2013 in­for­mier­te das be­klag­te Land den ört­li­chen Per­so­nal­rat über den In­halt des Gesprächs vom Vor­tag und über die Ver­wen­dungsmöglich­kei­ten des zur Be­ar­bei­tung von DVDs be­nutz­ten Um­wand­lungs- und Ko­pier­pro­gramms. Zu­gleich teil­te es mit, der Kläger ha­be sich nicht wei­ter geäußert. Mit Schrei­ben vom sel­ben Tag erklärte der Per­so­nal­rat, er ha­be die An­ge­le­gen­heit „zur Kennt­nis ge­nom­men“.

Mit Schrei­ben vom 18. April 2013, das dem Kläger am 22. April 2013 durch den Geschäfts­lei­ter über­ge­ben wur­de, kündig­te das be­klag­te Land das Ar­beits­verhält­nis außer­or­dent­lich frist­los. In ei­nem Ver­merk heißt es, der Kläger ha­be bei Aushändi­gung der Kündi­gung erklärt, er neh­me sei­ne „zu­vor getätig­ten Aus­sa­gen“ zurück. Er ha­be Kol­le­gen und Vor­ge­setz­te schützen wol­len.

Am 22. April 2013 führ­te der Geschäfts­lei­ter mit dem Be­diens­te­ten, auf des­sen Ar­beits­platz sich die Geschäfts­prüfung er­streckt hat­te, im Bei­sein der Per­so­nal­rats­vor­sit­zen­den ein Per­so­nal­gespräch. Laut Ver­merk soll der Mit­ar­bei­ter ein­geräumt ha­ben, CDs und DVDs für Mu­sik und Fil­me je­weils „im mitt­le­ren drei­stel­li­gen Be­reich ... ge­brannt“ zu ha­ben. Die Vor­la­gen ha­be er in re­gelmäßigen Abständen vom Lei­ter der Wacht­meis­te­rei und dem Kläger er­hal­ten. Er ha­be das Ko­pier­pro­gramm „für DVDs pri­vat ge­nutzt“. Die bei der zen­tra­len Be­schaf­fungs­stel­le des be­klag­ten Lan­des be­stell­ten DVDs und CDs sei­en in ei­nem ver­schlos­se­nen Schrank auf­be­wahrt wor­den. Der Schlüssel sei vom Kläger ver­wahrt und „im­mer mit­ge­nom­men“ wor­den.

Nach er­neu­ter Anhörung des ört­li­chen Per­so­nal­rats und mit des­sen Zu­stim­mung kündig­te das be­klag­te Land das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en mit Schrei­ben vom 13. Mai 2013, das dem Kläger zwei Ta­ge später zu­ging, or­dent­lich zum 31. De­zem­ber 2013.
 

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Der Kläger hat sich mit der vor­lie­gen­den Kla­ge recht­zei­tig ge­gen bei­de Kündi­gun­gen ge­wandt. Er hat gel­tend ge­macht, die frist­lo­se Kündi­gung sei man­gels wich­ti­gen Grun­des un­wirk­sam, die or­dent­li­che Kündi­gung sei so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt. Das Ko­pier­pro­gramm und an­de­re auf dem „Test-Rech­ner“ in­stal­lier­te Soft­ware ha­be er nicht in dem zu­ta­ge ge­tre­te­nen Um­fang ge­nutzt. Zwar ha­be er sich ih­rer ge­le­gent­lich be­dient. Dies stel­le aber kei­ne schwer­wie­gen­de Pflicht­ver­let­zung dar, zu­mal ihm die Nut­zung dienst­li­cher Com­pu­ter, auch von Zu­hau­se aus, zu pri­va­ten Zwe­cken in ge­rin­gem Um­fang durch­aus er­laubt ge­we­sen sei. Im Dienst durch­geführ­te Ko­pier­vorgänge hätten je­weils nur we­ni­ge Se­kun­den in An­spruch ge­nom­men. Sie hätten sei­ne Ar­beits­zeit ins­ge­samt nicht verkürzt. Je­den­falls ha­be er kei­ne „il­le­ga­len Ko­pi­en“ ge­fer­tigt. Kei­ner der be­an­stan­de­ten Brenn­vorgänge sei ihm persönlich zu­zu­ord­nen. Wer den „Test-Rech­ner“ wann ge­nutzt ha­be, ste­he nicht fest. Auch an­de­re Be­diens­te­te hätten sich Zu­gang zu ihm ver­schaf­fen können. Das Pass­wort sei all­ge­mein be­kannt ge­we­sen. Ei­ne er­heb­li­che Zahl der be­an­stan­de­ten Nut­zun­gen fal­le in ei­ne Zeit, in der er selbst krank­heits- oder ur­laubs­be­dingt ab­we­send ge­we­sen sei. Das be­klag­te Land ge­he selbst da­von aus, dass ein Kol­le­ge Brenn­vorgänge in nicht ge­rin­gem Um­fang durch­geführt ha­be. Oh­ne­hin befänden sich auf dem „Ser­ver“ des Ge­richts tau­sen­de von pri­va­ten Da­tei­en, oh­ne dass dies je zu Be­an­stan­dun­gen geführt ha­be. Den ho­hen Ver­brauch von Büro­ma­te­ria­li­en ha­be er nicht zu ver­tre­ten. Im Übri­gen sei die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht ge­wahrt. Auch sei der Per­so­nal­rat nicht ord­nungs­gemäß un­ter­rich­tet wor­den. Je­den­falls zu ei­nem ge­gen ihn ge­rich­te­ten Ver­dacht als Kündi­gungs­grund sei die­ser nicht an­gehört wor­den.


Der Kläger hat be­an­tragt 


1. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en we­der durch die außer­or­dent­li­che Kündi­gung des be­klag­ten Lan­des vom 18. April 2013 noch durch des­sen or­dent­li­che Kündi­gung vom 13. Mai 2013 be­en­det wor­den ist;
 

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2. das be­klag­te Land zu ver­ur­tei­len, ihn zu un­veränder­ten Be­din­gun­gen als An­ge­stell­ten im Ober­lan­des­ge­richt N im Rah­men der zu­letzt aus­geübten - von ihm näher be­schrie­be­nen - Tätig­keit wei­ter­zu­beschäfti­gen.


Das be­klag­te Land hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Es hat die Kündi­gun­gen - auch we­gen ei­nes ge­gen den Kläger ge­rich­te­ten Ver­dachts - als wirk­sam ver­tei­digt. Der Kläger ha­be den ihm dienst­lich an­ver­trau­ten Rech­ner während der Ar­beits­zeit um­fang­reich und un­er­laubt zu pri­va­ten Zwe­cken - dem Ko­pie­ren und Bren­nen von DVDs und CDs mit­hil­fe spe­zi­fi­scher, nicht zu dienst­li­chen Zwe­cken be­stimm­ter Pro­gram­me - ge­nutzt. In 630 Fällen sei­en ent­spre­chen­de Vorgänge zu Zei­ten er­folgt, in de­nen er im Dienst ge­we­sen sei. Die frag­li­chen Pro­gram­me ha­be er zu­min­dest während die­ser Zei­ten selbst ge­nutzt. Da­durch ha­be er sei­ne Ver­trags­pflich­ten über ei­nen lan­gen Zeit­raum in gro­ber Wei­se ver­letzt. Durch das Her­stel­len il­le­ga­ler Ko­pi­en ha­be er sich über­dies straf­bar ge­macht. Zu­dem ha­be er „Ar­beits­zeit­be­trug“ be­gan­gen. Auch ha­be er über 2.000 DVDs und über 1.000 CDs auf sei­ne - des be­klag­ten Lan­des - Kos­ten be­stellt und pri­vat ver­wen­det. Mit sei­nem Ver­hal­ten ha­be er das für die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses not­wen­di­ge Ver­trau­en un­wie­der­bring­lich zerstört. Die Frist zur Erklärung der Kündi­gung sei ge­wahrt. Der zur Kündi­gung be­rech­tig­te Präsi­dent des Ober­lan­des­ge­richts ha­be vom Kündi­gungs­sach­ver­halt erst durch den Prüfbe­richt des Geschäfts­lei­ters vom 11. April 2013 Kennt­nis er­langt. Die Be­tei­li­gung des Per­so­nal­rats sei in je­der Hin­sicht ord­nungs­gemäß er­folgt.

Das Ar­beits­ge­richt hat der Kla­ge - hin­sicht­lich des Wei­ter­beschäfti­gungs­an­trags mit Ein­schränkun­gen - statt­ge­ge­ben. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be­ru­fung des be­klag­ten Lan­des zurück­ge­wie­sen. Mit der Re­vi­si­on ver­folgt das be­klag­te Land sein Be­geh­ren wei­ter, die Kla­ge ab­zu­wei­sen.


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Ent­schei­dungs­gründe


Die zulässi­ge Re­vi­si­on ist be­gründet. Das an­ge­foch­te­ne Ur­teil war auf­zu­he­ben. Die Sa­che war zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Lan­des­ar­beits­ge­richt zurück­zu­ver­wei­sen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO).

A. Die Re­vi­si­on ist zulässig. Sie ist ord­nungs­gemäß in­ner­halb der Frist des § 74 Abs. 1 ArbGG be­gründet wor­den.

I. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum not­wen­di­gen In­halt der Re­vi­si­ons­be­gründung die An­ga­be der Re­vi­si­ons­gründe. Bei ei­ner Sachrüge muss die Re­vi­si­ons­be­gründung den Rechts­feh­ler des Lan­des­ar­beits­ge­richts so auf­zei­gen, dass Ge­gen­stand und Rich­tung des Re­vi­si­ons­an­griffs er­kenn­bar sind. Da­zu muss die Re­vi­si­ons­be­gründung ei­ne Aus­ein­an­der­set­zung mit den Gründen des an­ge­foch­te­nen Ur­teils ent­hal­ten. Dies er­for­dert die ge­naue Dar­le­gung der Gründe, aus de­nen das an­ge­foch­te­ne Ur­teil rechts­feh­ler­haft sein soll (BAG 2. Mai 2014 - 2 AZR 490/13 - Rn. 15; 13. No­vem­ber 2013 - 10 AZR 639/13 - Rn. 11).

II. Die­sen An­for­de­run­gen wird die Re­vi­si­ons­be­gründung ge­recht. Das be­klag­te Land setzt sich im Schrift­satz vom 7. April 2015 mit al­len die an­ge­foch­te­ne Ent­schei­dung selbständig tra­gen­den Be­gründun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts aus­ein­an­der. Es zeigt auf, war­um die Erwägun­gen sach­lich un­zu­tref­fend sein sol­len. Die Ausführun­gen zum wich­ti­gen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB greift es mit der Be­gründung an, das Lan­des­ar­beits­ge­richt ha­be, so­weit es die Kündi­gung un­ter dem Ge­sichts­punkt ei­ner Tatkündi­gung für un­wirk­sam er­ach­tet ha­be, die den Kläger tref­fen­de, ab­ge­stuf­te Dar­le­gungs­last ver­kannt. Die An­nah­me des Ge­richts, die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht ge­wahrt, be­ru­he auf un­zu­tref­fen­den Erwägun­gen zum Frist­be­ginn. Ins­be­son­de­re ha­be das Lan­des­ar­beits­ge­richt nicht - wie ge­bo­ten - auf die Per­son des Kündi­gungs­be­rech­tig­ten und des­sen Kennt­nis ab­ge­stellt. So­weit es auf die Möglich­keit ver­wie­sen ha­be, straf­recht­li­che Er­mitt­lun­gen zu ver­an­las­sen und de­ren Er­geb­nis ab­zu­war­ten, sei dies sach­fremd. So­weit es ge­meint ha­be, die Anhörung des Per­so­nal­rats sei auf­grund von Äußerun­gen ei­nes an­de­ren Be­diens­te­ten vom 22. April

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2013 nicht ord­nungs­gemäß, ha­be es den Grund­satz der sub­jek­ti­ven De­ter­mi­nie­rung ver­kannt. Die­se Sachrügen wären im Fal­le ih­rer Be­gründet­heit ge­eig­net, die an­ge­foch­te­ne Ent­schei­dung ins­ge­samt, auch mit Blick auf die vor­sorg­lich erklärte or­dent­li­che Kündi­gung, zu Fall zu­brin­gen. Das reicht als Re­vi­si­ons­an­griff aus, oh­ne dass es auf die Ver­fah­rensrügen des be­klag­ten Lan­des ankäme.


B. Die Re­vi­si­on ist be­gründet. Auf der Grund­la­ge der bis­he­ri­gen Fest­stel­lun­gen durf­te das Lan­des­ar­beits­ge­richt der Kla­ge nicht statt­ge­ben. Der Se­nat kann man­gels zu­rei­chen­der Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen nicht be­ur­tei­len, ob das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en durch die außer­or­dent­li­che frist­lo­se Kündi­gung vom 18. April 2013 auf­gelöst wor­den ist.


I. Die bis­he­ri­gen Fest­stel­lun­gen tra­gen nicht das Er­geb­nis, ein wich­ti­ger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB lie­ge nicht vor.


1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Ar­beits­verhält­nis aus wich­ti­gem Grund oh­ne Ein­hal­tung ei­ner Kündi­gungs­frist gekündigt wer­den, wenn Tat­sa­chen vor­lie­gen, auf­grund de­rer dem Kündi­gen­den un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände des Ein­zel­falls und un­ter Abwägung der In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­tei­le die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses selbst bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist nicht zu­ge­mu­tet wer­den kann. Da­bei ist zunächst zu prüfen, ob der Sach­ver­halt oh­ne sei­ne be­son­de­ren Umstände „an sich“ und da­mit ty­pi­scher­wei­se als wich­ti­ger Grund ge­eig­net ist. Als­dann be­darf es der wei­te­ren Prüfung, ob dem Kündi­gen­den die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses un­ter Berück­sich­ti­gung der kon­kre­ten Umstände des Falls und un­ter Abwägung der In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­tei­le - je­den­falls bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist - zu­mut­bar ist oder nicht (BAG 8. Mai 2014 - 2 AZR 249/13 - Rn. 16; 29. Au­gust 2013 - 2 AZR 273/12 - Rn. 19 mwN).


2. Die Prüfung der Vor­aus­set­zun­gen des wich­ti­gen Grun­des ist in ers­ter Li­nie Sa­che der Tat­sa­chen­in­stan­zen. Den­noch geht es um Rechts­an­wen­dung, nicht um bloße Tat­sa­chen­fest­stel­lung. Die Würdi­gung des Be­ru­fungs­ge­richts wird in der Re­vi­si­ons­in­stanz dar­auf hin über­prüft, ob es an­zu­wen­den­de Rechts-


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be­grif­fe in ih­rer all­ge­mei­nen Be­deu­tung ver­kannt hat, ob es bei der Un­ter­ord­nung des Sach­ver­halts un­ter die Rechts­nor­men Denk­ge­set­ze oder all­ge­mei­ne Er­fah­rungssätze ver­letzt und ob es al­le vernünf­ti­ger­wei­se in Be­tracht zu zie­hen­den Umstände wi­der­spruchs­frei berück­sich­tigt hat (BAG 26. Sep­tem­ber 2013 - 2 AZR 682/12 - Rn. 45, BA­GE 146, 161; 10. Ju­ni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 17, BA­GE 134, 349).

3. Die­ser Über­prüfung hält die an­ge­foch­te­ne Ent­schei­dung nicht stand. 


a) Re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den ist die An­nah­me des Lan­des­ar­beits­ge­richts, die frist­lo­se Kündi­gung sei nicht als sog. Ver­dachtskündi­gung ge­recht­fer­tigt (zu die­ser und ih­ren Vor­aus­set­zun­gen vgl. BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 102/12 - Rn. 20; 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 16 mwN). Da­ge­gen wen­det sich das be­klag­te Land nicht. Ein Rechts­feh­ler ist auch ob­jek­tiv - im Er­geb­nis - nicht zu er­ken­nen.

aa) Will der Ar­beit­ge­ber sei­ne Kündi­gung auf den drin­gen­den Ver­dacht ei­ner er­heb­li­chen ar­beits­ver­trag­li­chen Pflicht­ver­let­zung stützen, muss er dies dem Be­triebs- oder Per­so­nal­rat mit­tei­len und die Umstände an­ge­ben, aus de­nen sich die­ser Ver­dacht er­ge­ben soll. In­for­miert er das Gre­mi­um le­dig­lich über ei­ne - aus sei­ner Sicht tatsächlich er­folg­te - Ver­trags­pflicht­ver­let­zung des Ar­beit­neh­mers, kann er sich im späte­ren Kündi­gungs­schutz­pro­zess zur Be­gründung der Kündi­gung nicht mehr auf den bloßen Ver­dacht ei­ner ent­spre­chen­den Hand­lung stützen, wenn ihm die Ver­dachts­mo­men­te bei Aus­spruch der Kündi­gung be­reits be­kannt wa­ren (für die Anhörung des Be­triebs­rats vgl. BAG 18. Ju­ni 2015 - 2 AZR 256/14 - Rn. 47; 23. April 2008 - 2 ABR 71/07 - Rn. 24 mwN; für die Be­tei­li­gung des Per­so­nal­rats nach § 79 Abs. 1 Satz 1 BPers­VG vgl. BAG 10. April 2014 - 2 AZR 684/13 - Rn. 21). Nur wenn dem Ar­beit­ge­ber nachträglich neue Ver­dacht­stat­sa­chen be­kannt ge­wor­den sind, ist ein Nach­schie­ben des Ver­dachts als Kündi­gungs­grund - zu­min­dest dann, wenn die maßge­ben­den Ver­dachts­mo­men­te ob­jek­tiv schon vor Zu­gang der Kündi­gung vor­la­gen - möglich. Wei­te­re Vor­aus­set­zung ist, dass der Ar­beit­ge­ber den Be­triebs- bzw. Per­so­nal­rat zu­vor in ana­lo­ger An­wen­dung der maßge­ben­den Be­stim­mun­gen zu sei­ner ent­spre­chen­den Ab­sicht an­gehört hat (vgl. BAG 23. Mai

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2013 - 2 AZR 102/12 - Rn. 32; 11. April 1985 - 2 AZR 239/84 - zu B I 2 b ee der Gründe, BA­GE 49, 39).

bb) Das Vor­brin­gen des be­klag­ten Lan­des lässt nicht den Schluss zu, es ha­be den Per­so­nal­rat vor Zu­gang der Kündi­gung über sei­ne Ab­sicht un­ter­rich­tet, das Ar­beits­verhält­nis (auch) we­gen des Ver­dachts ei­ner pflicht­wid­ri­gen Hand­lung zu kündi­gen. Die An­schrei­ben an den Per­so­nal­rat vom 16. und 18. April 2013 ent­hal­ten kei­ne ent­spre­chen­de Mit­tei­lung. Das be­klag­te Land hat nicht gel­tend ge­macht, dass ihm ein­zel­ne der in den Rechts­streit ein­geführ­ten Ver­dacht­stat­sa­chen erst nach Zu­gang der Kündi­gung be­kannt ge­wor­den sei­en. Dafür spricht auch ob­jek­tiv nichts.

b) Die Würdi­gung des Lan­des­ar­beits­ge­richts, die Kündi­gung sei auch un­ter dem Ge­sichts­punkt ei­ner ver­wirk­lich­ten Pflicht­ver­let­zung - dh. ei­ner „Tat“ - nicht be­rech­tigt, ist rechts­feh­ler­haft. Ihr ist schon nicht zu ent­neh­men, wel­chen tatsächli­chen Sach­ver­halt das Lan­des­ar­beits­ge­richt sei­ner Be­ur­tei­lung zu­grun­de ge­legt hat.


aa) Im Tat­be­stand der an­ge­foch­te­nen Ent­schei­dung hat sich das Lan­des­ar­beits­ge­richt in wei­ten Tei­len auf die Wie­der­ga­be von Ver­mer­ken des be­klag­ten Lan­des be­schränkt. Ob es die dar­in fest­ge­hal­te­nen Umstände ein­sch­ließlich der Äußerun­gen des Klägers für wahr er­ach­tet hat, ist nicht zwei­fels­frei er­kenn­bar.


bb) In den Ent­schei­dungs­gründen hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt un­ter Wie­der­ho­lung der Erwägun­gen des Ar­beits­ge­richts aus­geführt, trotz Vor­lie­gens „ge­wis­ser Ver­dachts­mo­men­te“ sei es letzt­lich ei­ne un­be­wie­se­ne Be­haup­tung des be­klag­ten Lan­des, es sei­en (al­le) vor­ge­fun­de­nen Pri­vat­da­tei­en dem Kläger zu­zu­rech­nen, die­ser (al­lein) ha­be die Pri­vat­nut­zun­gen und da­mit auch mögli­che (nach § 106 UrhG straf­ba­re) Ver­vielfälti­gun­gen und Brenn­vorgänge vor­ge­nom­men bzw. durch­geführt. Kei­ner der do­ku­men­tier­ten Vorgänge las­se sich ein­zel­nen Per­so­nen - et­wa dem Kläger - zu­ord­nen. Es sei auch „nicht be­wie­sen“, dass es ge­ra­de die­ser ge­we­sen sei, der die Ko­pier­pro­gram­me in­stal­liert ha­be. „Al­lein die Tat­sa­che“, dass zahl­rei­che do­ku­men­tier­te „Vorgänge“ Zei­ten beträ-
 

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fen, während de­rer sich der Kläger nicht am Ar­beits­platz auf­ge­hal­ten ha­be, be­wei­se, dass an­de­re Per­so­nen so­wohl Zu­griff auf den Rech­ner ge­habt hätten als auch in der La­ge ge­we­sen sei­en, die Ko­pier­pro­gram­me zu nut­zen. Auch die­sen Ausführun­gen ist nicht zu ent­neh­men, von wel­chem kon­kre­ten, sei­ner Mei­nung nach fest­ste­hen­den Sach­ver­halt das Lan­des­ar­beits­ge­richt aus­ge­gan­gen ist. Es ist ins­be­son­de­re nicht er­sicht­lich, wor­in es die - für nicht aus­rei­chend er­ach­te­ten - „Ver­dachts­mo­men­te“ er­blickt hat.


c) Die Ent­schei­dung des Lan­des­ar­beits­ge­richts kann selbst dann kei­nen Be­stand ha­ben, wenn un­ter­stellt wird, es ha­be den In­halt der Ver­mer­ke und das sons­ti­ge Vor­brin­gen des be­klag­ten Lan­des als wahr un­ter­stellt. Un­ter die­ser Prämis­se ver­letzt sei­ne Würdi­gung die Vor­schrift des § 626 Abs. 1 BGB. Es fehlt an ei­ner nach­prüfba­ren Un­ter­ord­nung des be­haup­te­ten Kündi­gungs­sach­ver­halts un­ter die Norm.


aa) Die Be­ur­tei­lung des Lan­des­ar­beits­ge­richts, die Kündi­gung sei auch als sog. Tatkündi­gung nicht be­rech­tigt, ist schon im An­satz nicht nach­zu­voll­zie­hen. Sie lässt nicht er­ken­nen, wie es den von der Be­klag­ten un­ter­brei­te­ten Kündi­gungs­sach­ver­halt ma­te­ri­ell-recht­lich ein­ge­ord­net, dh. wel­che kon­kre­ten, mögli­cher­wei­se als wich­ti­ger Grund ge­eig­ne­ten Pflicht­ver­let­zun­gen es in Be­tracht ge­zo­gen hat. Zu­dem ist nicht er­kenn­bar, dass es sei­ne Würdi­gung in tatsäch­li­cher Hin­sicht auf al­le in Fra­ge kom­men­den Kündi­gungs­gründe aus­ge­rich­tet hätte.


(1) Nach dem Vor­brin­gen des be­klag­ten Lan­des kommt ei­ne Be­rech­ti­gung der frist­lo­sen Kündi­gung un­ter meh­re­ren Ge­sichts­punk­ten in Be­tracht. Vor­ran­gig er­hebt das Land den Vor­wurf, der Kläger ha­be - sei es als Al­lein-, sei es als Mittäter - wie­der­holt un­ter Nut­zung dienst­li­cher Res­sour­cen ur­he­ber­rechts­wid­rig Mu­sik- und Au­dio­da­tei­en ver­vielfältigt. Ein sol­ches Ver­hal­ten ist als wich­ti­ger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB „an sich“ ge­eig­net. Ein Ar­beit­ge­ber hat, zu­mal wenn es sich bei ihm um ei­ne Jus­tiz­behörde han­delt, ein of­fen­kun­di­ges In­ter­es­se dar­an, dass nicht dienst­li­che Rech­ner da­zu be­nutzt wer­den, un­ter Um­ge­hung ei­nes Ko­pier­schut­zes Ver­vielfälti­gun­gen pri­vat be­schaff­ter Mu­sik- oder Film-CDs/DVDs her­zu­stel­len. Das gilt los­gelöst von ei­ner mögli­chen Straf­bar-


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keit der Vorgänge (zur Pro­ble­ma­tik vgl. Trep­pehl/Schmidl NZA 2009, 985 ff.) und un­abhängig da­von, ob die Hand­lun­gen während der Ar­beits­zeit vor­ge­nom­men wur­den. Ei­ne Straf­bar­keit der Ko­pi­er- und Brenn­vorgänge oder ein da­mit ein­her­ge­hen­der „Ar­beits­zeit­be­trug“ wäre al­ler­dings ge­eig­net, das Ge­wicht des Kündi­gungs­grun­des noch zu verstärken. Dies wie­der­um kann für das Er­for­der­nis ei­ner Ab­mah­nung und die wei­te­re In­ter­es­sen­abwägung Be­deu­tung ge­win­nen. Darüber hin­aus kann die dem Kläger an­ge­las­te­te zweck­wid­ri­ge Ver­wen­dung von CD- und/oder DVD-Roh­lin­gen, die auf Kos­ten des be­klag­ten Lan­des be­stellt wur­den, als ei­genständi­ger Kündi­gungs­grund Be­deu­tung er­lan­gen.


(2) Die Ausführun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts las­sen nicht er­ken­nen, dass es die Wirk­sam­keit der frist­lo­sen Kündi­gung un­ter je­dem die­ser Ge­sichts­punk­te über­prüft und sei­ne Würdi­gung - so­weit es „Ver­dachts­mo­men­te“ ge­wich­tet hat - hier­auf aus­ge­rich­tet hätte.


bb) Die An­nah­me des Lan­des­ar­beits­ge­richts, das be­klag­te Land ha­be we­der ei­ne straf­ba­re Ur­he­ber­rechts­ver­let­zung noch ei­ne ähn­lich schwer­wie­gen­de Ver­trags­pflicht­ver­let­zung nach­ge­wie­sen, ist auch aus an­de­ren Gründen rechts­feh­ler­haft.


(1) Gemäß § 286 Abs. 1 ZPO ha­ben die Tat­sa­chen­in­stan­zen un­ter Berück­sich­ti­gung des ge­sam­ten In­halts der Ver­hand­lung und des Er­geb­nis­ses ei­ner ggf. durch­geführ­ten Be­weis­auf­nah­me nach ih­rer frei­en Über­zeu­gung darüber zu be­fin­den, ob sie ei­ne tatsächli­che Be­haup­tung für wahr er­ach­ten oder nicht. Die Be­weiswürdi­gung muss vollständig, wi­der­spruchs­frei und um­fas­send sein. Mögli­che Zwei­fel müssen über­wun­den, brau­chen aber nicht völlig aus­ge­schlos­sen zu wer­den (vgl. BAG 23. Ok­to­ber 2014 - 2 AZR 865/13 - Rn. 44; 31. Mai 2007 - 2 AZR 276/06 - Rn. 42, BA­GE 123, 1). Soll ein Vor­trag mit­tels In­di­zi­en be­wie­sen wer­den, hat das Ge­richt zu prüfen, ob es die vor­ge­tra­ge­nen Hilfs­tat­sa­chen - de­ren Rich­tig­keit un­ter­stellt - von der Wahr­heit der Haupt­tat­sa­che über­zeu­gen. Das Ge­richt hat die in­so­weit maßge­ben­den Umstände vollständig und ver­fah­rens­recht­lich ein­wand­frei zu er­mit­teln und al­le Be­weis­an­zei­chen erschöpfend zu würdi­gen (BGH 16. Ja­nu­ar 1990 - VI ZR 109/89 - zu II 2 der Gründe; 4. Ju­li 1989 - VI ZR 309/88 - zu II 2 der Gründe). Da­bei sind die


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Tat­sa­chen­in­stan­zen grundsätz­lich frei dar­in, wel­che Be­weis­kraft sie den be­haup­te­ten In­di­ztat­sa­chen im Ein­zel­nen und in ei­ner Ge­samt­schau bei­mes­sen (BAG 18. Ju­ni 2015 - 2 AZR 480/14 - Rn. 35; all­ge­mein zum In­di­zi­en­be­weis BAG 23. Ok­to­ber 2014 - 2 AZR 865/13 - Rn. 43). Re­vi­si­ons­recht­lich ist ih­re Würdi­gung al­lein dar­auf hin zu über­prüfen, ob al­le Umstände vollständig berück­sich­tigt und nicht Denk- und Er­fah­rungs­grundsätze ver­letzt wur­den. Um die­se Über­prüfung zu ermögli­chen, ha­ben die Tat­sa­chen­ge­rich­te nach § 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO die we­sent­li­chen Grund­la­gen ih­rer Über­zeu­gungs­bil­dung nach­voll­zieh­bar dar­zu­le­gen (BAG 19. April 2005 - 9 AZR 184/04 - zu II 3 der Gründe; BGH 31. Ju­li 2013 - VII ZR 11/12 - Rn. 10; 22. No­vem­ber 2006 - IV ZR 21/05 - Rn. 11; 22. Ja­nu­ar 1991 - VI ZR 97/90 - zu II 1 der Gründe).

(2) Da­nach rügt das be­klag­te Land zu Recht ei­ne Ver­let­zung von § 286 ZPO. Der Würdi­gung des Lan­des­ar­beits­ge­richts ist nicht zu ent­neh­men, wel­che mögli­chen In­di­ztat­sa­chen („Ver­dachts­mo­men­te“) es in sei­ne Be­ur­tei­lung ein­be­zo­gen und wel­chen Be­weis­wert es ih­nen bei­ge­mes­sen hat. Da­mit ist nicht er­kenn­bar, ob es den Vor­trag des be­klag­ten Lan­des vollständig zur Kennt­nis ge­nom­men und in Erwägung ge­zo­gen hat.

(3) Der An­nah­me ei­nes wich­ti­gen Grun­des steht nicht ent­ge­gen, dass das be­klag­te Land den Sach­ver­halt - je­den­falls bis zum Zeit­punkt der Kündi­gungs­erklärung - selbst er­mit­telt hat. Das min­dert we­der den Be­weis­wert der in Re­de ste­hen­den In­di­zi­en, noch ist die Kündi­gung des­halb un­wirk­sam, weil po­li­zei­li­che oder staats­an­walt­schaft­li­che Er­mitt­lun­gen mögli­cher­wei­se zu wei­ter­ge­hen­den Er­geb­nis­sen geführt hätten. So­weit das Lan­des­ar­beits­ge­richt ge­meint hat, das be­klag­te Land ha­be zu be­stimm­ten, po­ten­ti­ell ent­las­ten­den Umständen nicht aus­rei­chend vor­ge­tra­gen, wird sei­ne Rechts­an­wen­dung über­dies der den Kläger in­so­weit tref­fen­den ab­ge­stuf­ten Dar­le­gungs­last (§ 138 Abs. 2 ZPO) nicht ge­recht.

(a) Die Recht­fer­ti­gung ei­ner „Tatkündi­gung“ hängt al­lein da­von ab, ob im Kündi­gungs­zeit­punkt ob­jek­tiv Tat­sa­chen vor­la­gen, die zu der An­nah­me be­rech­ti­gen, dem Kündi­gen­den sei die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses - im Fall der außer­or­dent­li­chen Kündi­gung bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist - un­zu-


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mut­bar ge­we­sen. Vor die­sem Hin­ter­grund mag ei­ne um­fas­sen­de, der Kündi­gung vor­aus­ge­hen­de Sach­ver­halts­aufklärung im ei­ge­nen In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers lie­gen. Un­terlässt er sie, geht er aber „nur“ das Ri­si­ko ein, die be­haup­te­te Pflicht­ver­let­zung im Pro­zess nicht be­wei­sen zu können. An­ders als bei der Ver­dachtskündi­gung ist der Ar­beit­ge­ber vor Aus­spruch ei­ner „Tatkündi­gung“ nicht ver­pflich­tet, al­le zu­mut­ba­ren An­stren­gun­gen zur Aufklärung des Sach­ver­halts - auch mit Blick auf den Ar­beit­neh­mer mögli­cher­wei­se ent­las­ten­de Umstände - zu un­ter­neh­men. Ob der be­haup­te­te Kündi­gungs­grund vor­liegt, be­ur­teilt sich al­lein da­nach, ob die ihn tra­gen­den und im Pro­zess mit­ge­teil­ten Tat­sa­chen be­wie­sen sind oder nicht (vgl. BAG 23. Ju­ni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 57, BA­GE 131, 155; 18. Sep­tem­ber 1997 - 2 AZR 36/97 - zu II 2 a der Gründe; zur Ver­dachtskündi­gung sie­he dem­ge­genüber BAG 25. Ok­to­ber 2012 - 2 AZR 700/11 - Rn. 13 mwN, BA­GE 143, 244). Im Übri­gen braucht der Ar­beit­ge­ber selbst bei der Ver­dachtskündi­gung nicht je­der noch so ent­fern­ten Möglich­keit ei­ner Ent­las­tung des Ar­beit­neh­mers nach­zu­ge­hen, ins­be­son­de­re dann nicht, wenn sich der Ar­beit­neh­mer im Rah­men sei­ner Anhörung auf ent­spre­chen­de Umstände nicht be­ru­fen hat.


(b) Auf der Grund­la­ge des bis­he­ri­gen Par­tei­vor­brin­gens durf­te das Lan­des­ar­beits­ge­richt nicht da­von aus­ge­hen, das be­klag­te Land sei sei­ner pro­zes­sua­len Dar­le­gungs­last mit Blick auf mögli­che Recht­fer­ti­gungs- oder Ent­schul­di­gungs­gründe nicht hin­rei­chend nach­ge­kom­men.

(aa) Im Kündi­gungs­schutz­pro­zess ob­liegt dem Ar­beit­ge­ber die vol­le Dar­le­gungs- und Be­weis­last für das Vor­lie­gen ei­nes Kündi­gungs­grun­des (BAG 8. Mai 2014 - 2 AZR 75/13 - Rn. 30, BA­GE 148, 129). Für Umstände, die das Ver­hal­ten des Ar­beit­neh­mers recht­fer­ti­gen oder ent­schul­di­gen könn­ten, ist sei­ne Dar­le­gungs­last al­ler­dings ab­ge­stuft. Der Ar­beit­ge­ber darf sich zunächst dar­auf be­schränken, den ob­jek­ti­ven Tat­be­stand ei­ner Ar­beits­pflicht­ver­let­zung vor­zu­tra­gen. Er muss nicht je­den er­denk­li­chen Recht­fer­ti­gungs- oder Ent­schul­di­gungs­grund vor­beu­gend aus­sch­ließen (BAG 3. No­vem­ber 2011 - 2 AZR 748/10 - Rn. 23; 21. Mai 1992 - 2 AZR 10/92 - zu II 2 b bb der Gründe, BA­GE 70, 262). Es ist viel­mehr Sa­che des Ar­beit­neh­mers, für das Ein­grei­fen
 

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sol­cher Gründe - so­weit sie sich nicht un­mit­tel­bar auf­drängen - zu­min­dest greif­ba­re An­halts­punk­te zu be­nen­nen.

(bb) Schon auf der Tat­be­stands­ebe­ne des wich­ti­gen Grun­des kann den Ar­beit­neh­mer darüber hin­aus ei­ne se­kundäre Dar­le­gungs­last tref­fen. Dies kommt ins­be­son­de­re dann in Be­tracht, wenn der Ar­beit­ge­ber als primär dar­le­gungs­be­las­te­te Par­tei außer­halb des frag­li­chen Ge­sche­hens­ab­laufs steht, während der Ar­beit­neh­mer auf­grund sei­ner Sachnähe die we­sent­li­chen Tat­sa­chen kennt. In ei­ner sol­chen Si­tua­ti­on kann der Ar­beit­neh­mer ge­hal­ten sein, dem Ar­beit­ge­ber durch nähe­re An­ga­ben wei­te­ren Sach­vor­trag zu ermögli­chen (BAG 21. Ju­ni 2012 - 2 AZR 694/11 - Rn. 52, BA­GE 142, 188; 18. Sep­tem­ber 2008 - 2 AZR 1039/06 - Rn. 31). Kommt er in ei­ner sol­chen Pro­zess­la­ge sei­ner se­kundären Dar­le­gungs­last nicht nach, gilt das tatsächli­che Vor­brin­gen des Ar­beit­ge­bers - so­weit es nicht völlig „aus der Luft ge­grif­fen“ ist - iSv. § 138 Abs. 3 ZPO als zu­ge­stan­den (vgl. BAG 18. Sep­tem­ber 2008 - 2 AZR 1039/06 - aaO). Da­bei dürfen an die se­kundäre Be­haup­tungs­last des Ar­beit­neh­mers kei­ne über­zo­ge­nen An­for­de­run­gen ge­stellt wer­den. Sie dient le­dig­lich da­zu, es dem kündi­gen­den Ar­beit­ge­ber als primär dar­le­gungs- und be­weis­pflich­ti­ger Par­tei zu ermögli­chen, wei­te­re Nach­for­schun­gen an­zu­stel­len und so­dann sub­stan­ti­iert zum Kündi­gungs­grund vor­zu­tra­gen und ggf. Be­weis an­zu­tre­ten (zu den Ein­zel­hei­ten vgl. BAG 18. Sep­tem­ber 2008 - 2 AZR 1039/06 - Rn. 33).

(cc) Da­nach muss­te das be­klag­te Land nicht von sich aus denk­ba­re Recht­fer­ti­gungs- und Ent­schul­di­gungs­gründe auf Sei­ten des Klägers aus­sch­ließen. Die ge­gen­tei­li­ge Sicht­wei­se des Lan­des­ar­beits­ge­richts über­spannt die An­for­de­run­gen an die Dar­le­gungs­last des Ar­beit­ge­bers und geht von ei­ner Er­mitt­lungs­pflicht aus, die zu­min­dest bei ei­ner „Tatkündi­gung“ nicht be­steht.


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(dd) Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zwar ein­zel­ne Ge­sichts­punk­te an­ge­spro­chen, die ei­ner wei­te­ren Aufklärung zugäng­lich ge­we­sen sein sol­len. Es hat aber nicht auf­ge­zeigt, war­um sie ei­ner mögli­chen Ent­las­tung des Klägers hätten die­nen können. Das ist auch nicht un­mit­tel­bar er­sicht­lich.

(aaa) Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat auf Äußerun­gen an­de­rer Be­diens­te­ter ver­wie­sen, die aus­weis­lich vor­lie­gen­der Be­spre­chungs­ver­mer­ke ein­geräumt hätten, „an den hier streit­ge­genständ­li­chen Ge­scheh­nis­sen im OLG“ be­tei­ligt ge­we­sen zu sein. Der im glei­chen Dienst­zim­mer wie der Kläger täti­ge Jus­tiz­haupt­se­kretär ha­be „so­zu­sa­gen“ in Tei­len ein „Geständ­nis“ ab­ge­legt. Wes­halb die­se Erklärun­gen den Vor­wurf soll­ten ent­kräften können, der Kläger ha­be während sei­ner An­we­sen­heits­zei­ten im Ge­richt in er­heb­li­chem Um­fang Ko­pi­er- und Brenn­vorgänge ei­genhändig vor­ge­nom­men, er­sch­ließt sich nicht. Das gilt erst recht un­ter Berück­sich­ti­gung des Vor­halts des be­klag­ten Lan­des, der Kläger ha­be mit an­de­ren Be­diens­te­ten ar­beits­tei­lig zu­sam­men­ge­wirkt oder sie bei ih­rem pflicht­wid­ri­gen Ver­hal­ten maßgeb­lich un­terstützt. Eben­so we­nig er­sch­ließt sich die Re­le­vanz der Äußerun­gen mit Blick auf den Vor­wurf, der Kläger ha­be in er­heb­li­chem Um­fang Ver­brauchs­ma­te­ria­li­en auf Kos­ten des be­klag­ten Lan­des be­stellt, oh­ne dass dafür ein dienst­li­cher An­lass be­stan­den hätte und ihr Ver­bleib geklärt wäre.


(bbb) Der Kläger hat - so­weit er­sicht­lich - nicht be­haup­tet, der In­halt ei­nes bei der Geschäfts­prüfung im Schrank ei­nes an­de­ren Be­diens­te­ten vor­ge­fun­de­nen, ver­schlos­se­nen Kar­tons ha­be zu sei­ner Ent­las­tung bei­tra­gen können. Es ist des­halb nicht er­sicht­lich, in­wie­weit das Un­ter­blei­ben ei­ner Aufklärung dem be­klag­ten Land zum Nach­teil ge­rei­chen könn­te. Die Erwägun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts be­we­gen sich im Be­reich der Spe­ku­la­ti­on.


(ccc) So­weit das Lan­des­ar­beits­ge­richt „Erläute­run­gen“ zu den Auf­ga­ben des Klägers, ins­be­son­de­re hin­sicht­lich ei­ner „tech­ni­schen Un­terstützung der Nut­zer des Hau­ses“ und zur Ver­tei­lung der Auf­ga­ben und Ver­ant­wort­lich­kei­ten auf ins-ge­samt vier Ad­mi­nis­tra­to­ren ver­misst hat, blei­ben sei­ne Ausführun­gen im Va­gen haf­ten. Es hat nicht fest­ge­stellt, dass beim Kläger auf­grund der ihm ein­geräum­ten Be­fug­nis­se der Ein­druck ha­be ent­ste­hen können, er dürfe im Dienst


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auf dienst­li­chen Rech­nern un­ter Um­ge­hung von Ko­pier­schutz Ver­vielfälti­gun­gen pri­vat be­schaff­ter CDs und DVDs vor­neh­men und Ver­brauchs­ma­te­ria­li­en in er­heb­li­chem Um­fang zu aus­sch­ließlich pri­va­ten Zwe­cken be­stel­len und ver­wen­den oder sie Drit­ten zur pri­va­ten Nut­zung über­las­sen. Ei­ne sol­che An­nah­me liegt auch fern. Das Glei­che gilt für die Be­haup­tung des Klägers, ein zwi­schen­zeit­lich außer Dienst ge­tre­te­ner Re­fe­rats­lei­ter ha­be ihm er­laubt, sich während der Ar­beits­zeit um die „Pri­vat­rech­ner“ der Be­diens­te­ten und ih­rer An­gehöri­gen „zu kümmern“. Dar­aus durf­te der Kläger je­den­falls nicht schließen, er ha­be ur­he­ber­rechts­ver­let­zen­de Ko­pi­er- und Brenn­vorgänge auf dienst­li­chen Com­pu­tern vor­neh­men und dienst­li­che Ma­te­ria­li­en pri­vat ver­wen­den dürfen. Auf die Ver­fah­rensrüge, mit der sich das be­klag­te Land ge­gen die Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts zum In­halt der frag­li­chen Er­laub­nis wen­det, kommt es hierfür nicht an.


(ddd) Un­klar bleibt, wel­che den Kläger ent­las­ten­den Schluss­fol­ge­run­gen dar­aus zu zie­hen sein sol­len, dass die in Re­de ste­hen­de Nut­zung des „Test-Rech­ners“ lan­ge Zeit un­be­merkt blieb. Die ent­spre­chen­de Erwägung des Lan­des­ar­beits­ge­richts berück­sich­tigt zu­dem nicht, dass das be­an­stan­de­te Ver­hal­ten des Klägers auf Heim­lich­keit an­ge­legt und der frag­li­che Com­pu­ter an das Netz­werk des Ober­lan­des­ge­richts nicht an­ge­schlos­sen war.

(eee) Das be­klag­te Land hat un­ter Be­weis­an­tritt vor­ge­bracht, der Kläger sei für die Ver­wal­tung des „ADV-De­pots“ zuständig und für die Be­stel­lung der „EDV-Ver­brauchs­mit­tel“ ver­ant­wort­lich ge­we­sen. Es hat die An­zahl der von ihm er­mit­tel­ten Be­stel­lun­gen für die Zeit von Ju­li 2008 bis De­zem­ber 2012 ge­nannt und dem die Be­haup­tung des Klägers ge­genüber ge­stellt, bei ihm sei­en „seit Einführung von Ju­ris“ - wohl im Jahr 2006 - „kaum“ DVDs und CDs „von Be-diens­te­ten“ ab­ge­for­dert wor­den. Außer­dem hat es auf den Geschäfts­prüfungs­be­richt und des­sen An­la­ge 3 ver­wie­sen und be­haup­tet, dar­aus ge­he her­vor, dass im frag­li­chen Zeit­raum für das Ober­lan­des­ge­richt mehr als die dop­pel­te Zahl von CD- und DVD-Roh­lin­gen be­stellt wor­den sei als für die in M ansässi­ge „ADV-Stel­le Jus­tiz“. Zu­dem hat es be­haup­tet, der Kläger ha­be die Ver­brauchs­ma­te­ria­li­en un­ter Ver­schluss ge­hal­ten, so­weit er sie nicht an Drit­te her­aus­ge­ge-

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ben ha­be, und ha­be erklärt, zum Ver­bleib der Ma­te­ria­li­en kei­ne An­ga­ben ma­chen zu können. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat sich mit die­sem Vor­brin­gen nicht aus­ein­an­der­ge­setzt. Es hat sich dar­auf be­schränkt, pau­schal auf die Möglich­keit wei­te­rer Er­mitt­lun­gen zu „Be­stell­vorgänge[n], Zeich­nung und Ge­gen­zeich­nung un­ter Be­tei­li­gung wel­cher Be­diens­te­ter des OLG, ggf. nebst Kos­ten­ver­glei­chen an­de­rer ver­gleich­ba­rer Behörden“ zu ver­wei­sen. Dem Hin­weis ist nicht zu ent­neh­men, dass - und ggf. war­um - es den Vor­trag des be­klag­ten Lan­des selbst un­ter der Prämis­se für erläute­rungs­bedürf­tig er­ach­tet hat, er sei wahr.


(fff) Es kommt hin­zu, dass der Kläger laut Gesprächs­ver­merk vom 17. April 2013 ein­geräumt ha­ben soll, er ha­be - wie an­de­re Be­diens­te­te auch - „natürlich auch ko­piert“. Im Pro­zess hat er vor­ge­tra­gen, „die Pro­gram­me ... ge­le­gent­lich“ pri­vat ge­nutzt zu ha­ben, nur nicht in dem vom be­klag­ten Land be­haup­te­ten Um­fang und nicht in „il­le­ga­ler“ Wei­se. Die Würdi­gung des Lan­des­ar­beits­ge­richts berück­sich­tigt nicht, dass der Kläger da­mit der ihn tref­fen­den se­kundären Be­haup­tungs­last nicht nach­ge­kom­men ist. Die Ko­pier­vorgänge be­weg­ten sich nach der Be­haup­tung des be­klag­ten Lan­des außer­halb des Wahr­neh­mungs­be­reichs sei­ner Re­präsen­tan­ten. Das Ge­gen­teil hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt nicht fest­ge­stellt; der Sach­vor­trag des Klägers gibt in­so­weit nichts her. Er hätte des­halb kon­kre­ti­sie­ren müssen, was er un­ter „ge­le­gent­li­chen“ Ko­pier­vorgängen ver­steht. Außer­dem hätte er - un­ter Ausschöpfung sei­nes Er­in­ne­rungs­vermögens - be­schrei­ben müssen, um Ko­pi­en wel­cher Mu­sik-/Film-CDs/DVDs es sich ge­han­delt ha­be, wel­che Pro­gram­me er dafür ein­ge­setzt und wel­che „Roh­lin­ge“ er ge­nutzt ha­be. Eben­so we­nig durf­te das Lan­des­ar­beits­ge­richt an­neh­men, dem Kläger sei­en die auf dem „Test-Rech­ner“ er­folg­ten Brenn- und Ko­pier­vorgänge nicht zwei­fels­frei zu­zu­rech­nen, oh­ne sich mit der Fra­ge be­fasst zu ha­ben, wel­che Rück­schlüsse aus der Erklärung des Klägers vom 17. April 2013, „al­les, was auf dem Rech­ner bezüglich der DVDs [sei], ha­be [er] ge­macht“, und dem Um­stand zu zie­hen sind, dass er von die­ser Äußerung später wie­der Ab­stand ge­nom­men hat. So­weit das Lan­des­ar­beits­ge­richt ge­meint hat, die be­haup­te­te Aus­sa­ge ei­nes an­de­ren Be­diens­te­ten vom 22. April 2013, „CDs und DVDs im mitt­le­ren drei­stel­li­gen Be­reich ge­brannt [zu ha­ben]“, sei „mögli­cher­wei­se“ ge­eig­net, den Kläger zu ent­las­ten, fehlt es an ei­ner ein­deu­ti­gen rich­ter­li-


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chen Würdi­gung. Auch dürf­te ei­ne wie auch im­mer ge­ar­te­te „Ent­las­tung“ an­ge­sichts des in Re­de ste­hen­den Um­fangs der Ko­pi­er- und Brenn­vorgänge und der be­haup­te­ten aus­sch­ließli­chen Ver­wal­tung der Roh­lin­ge durch den Kläger schwer­lich be­gründ­bar sein. Näher liegt es - wie das Lan­des­ar­beits­ge­richt an an­de­rer Stel­le selbst aus­geführt hat - in den frag­li­chen Umständen An­halts-punk­te für ein mittäter­schaft­li­ches Zu­sam­men­wir­ken zu er­bli­cken. Dann wie­der­um könn­te sich der Kläger nach dem Rechts­ge­dan­ken des § 830 BGB oh­ne­hin nicht dar­auf be­schränken vor­zu­tra­gen, er wis­se nicht mehr, wel­che Ta­ten von wem be­gan­gen wor­den sei­en (ähn­lich BAG 5. März 1981 - 3 AZR 559/78 - zu II 3 a der Gründe).


II. Dies führt zur Auf­he­bung des Be­ru­fungs­ur­teils und Zurück­ver­wei­sung der Sa­che an das Lan­des­ar­beits­ge­richt. Bei­dem un­ter­liegt auch die Ent­schei­dung über die vor­sorg­lich erklärte or­dent­li­che Kündi­gung und den (Hilfs-)An­trag des Klägers auf vorläufi­ge Wei­ter­beschäfti­gung.

1. Der Se­nat kann nicht ab­sch­ließend be­ur­tei­len, ob ein wich­ti­ger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB vor­liegt. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat den Kündi­gungs­sach­ver­halt nicht fest­ge­stellt und an der Norm des § 626 Abs. 1 BGB ge­mes­sen. Die er­for­der­li­che Be­ur­tei­lung kann der Se­nat nicht selbst vor­neh­men. Sie ver­langt wei­te­re Sach­aufklärung. In An­be­tracht der Viel­zahl der ge­gen den Kläger spre­chen­den In­di­zi­en ist nicht aus­zu­sch­ließen, dass sich die ge­gen ihn er­ho­be­nen Vorwürfe als be­rech­tigt er­wei­sen.

2. Die Ent­schei­dung des Lan­des­ar­beits­ge­richts stellt sich nicht aus an­de­ren Gründen als rich­tig dar. Sei­ne Auf­fas­sung, das be­klag­te Land ha­be die Aus­schluss­frist des § 626 Abs. 2 BGB versäumt und den Per­so­nal­rat nicht ord­nungs­gemäß be­tei­ligt, ist rechts­feh­ler­haft.

a) Die außer­or­dent­li­che Kündi­gung ist auf der Grund­la­ge der bis­he­ri­gen Fest­stel­lun­gen nicht außer­halb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB erklärt wor­den.


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aa) Die Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB be­ginnt nach Satz 2 der Vor­schrift mit dem Zeit­punkt, in dem der Kündi­gungs­be­rech­tig­te von den für die Kündi­gung maßge­ben­den Tat­sa­chen Kennt­nis er­langt. Dies ist der Fall, so­bald er ei­ne zu­verlässi­ge und hin­rei­chend vollständi­ge Kennt­nis der ein­schlägi­gen Tat­sa­chen hat, die ihm die Ent­schei­dung darüber ermöglicht, ob er das Ar­beits­verhält­nis fort­set­zen soll oder nicht. Selbst ei­ne grob fahrlässi­ge Un­kennt­nis setzt die Frist nicht in Gang (BAG 12. Fe­bru­ar 2015 - 6 AZR 845/13 - Rn. 94 mwN; 22. No­vem­ber 2012 - 2 AZR 732/11 - Rn. 30 mwN). Zu den maßge­ben­den Tat­sa­chen gehören so­wohl die für als auch die ge­gen die Kündi­gung spre­chen­den Umstände. Der Kündi­gungs­be­rech­tig­te, der ge­wis­se An­halts­punk­te für ei­nen Sach­ver­halt hat, der zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung be­rech­ti­gen könn­te, kann nach pflicht­gemäßem Er­mes­sen wei­te­re Er­mitt­lun­gen an­stel­len und da­zu auch den Be­trof­fe­nen anhören, oh­ne dass die Frist des § 626 Abs. 2 BGB zu lau­fen begänne. Dies gilt al­ler­dings nur so­lan­ge, wie er aus verständi­gen Gründen und mit der ge­bo­te­nen Ei­le Er­mitt­lun­gen durchführt, die ihm ei­ne um­fas­sen­de und zu­verlässi­ge Kennt­nis des Kündi­gungs­sach­ver­halts ver­schaf­fen sol­len. Soll der Kündi­gungs­geg­ner an­gehört wer­den, muss dies in­ner­halb ei­ner kur­zen Frist er­fol­gen. Sie darf im All­ge­mei­nen nicht mehr als ei­ne Wo­che be­tra­gen und nur bei Vor­lie­gen be­son­de­rer Umstände über­schrit­ten wer­den (BAG 31. Ju­li 2014 - 2 AZR 407/13 - Rn. 40; 20. März 2014 - 2 AZR 1037/12 - Rn. 14). Für die übri­gen Er­mitt­lun­gen gilt kei­ne Re­gel­frist. Bei ih­nen ist fall­be­zo­gen zu be­ur­tei­len, ob sie hin­rei­chend zügig be­trie­ben wur­den (BAG 31. März 1993 - 2 AZR 492/92 - zu II 1 der Gründe, BA­GE 73, 42; 10. Ju­ni 1988 - 2 AZR 25/88 - zu III 3 c der Gründe).


bb) Ne­ben den Mit­glie­dern der Or­ga­ne von ju­ris­ti­schen Per­so­nen und Körper­schaf­ten gehören zu den Kündi­gungs­be­rech­tig­ten auch die Mit­ar­bei­ter, de­nen der Ar­beit­ge­ber das Recht zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung über­tra­gen hat. Da­ge­gen ist die Kennt­nis an­de­rer Per­so­nen für den Lauf der Aus­schluss­frist grundsätz­lich un­be­acht­lich. Dies gilt auch dann, wenn ih­nen Auf­sichts­funk­tio­nen über­tra­gen wor­den sind. Nur aus­nahms­wei­se muss sich der Ar­beit­ge­ber auch ih­re Kennt­nis nach Treu und Glau­ben zu­rech­nen las­sen. Da­zu müssen die­se Per­so­nen ei­ne her­aus­ge­ho­be­ne Po­si­ti­on und Funk­ti­on im Be­trieb oder in


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der Ver­wal­tung in­ne­ha­ben so­wie tatsächlich und recht­lich in der La­ge sein, den Sach­ver­halt so um­fas­send zu klären, dass mit ih­rem Be­richt an den Kündi­gungs­be­rech­tig­ten die­ser oh­ne wei­te­re Nach­for­schun­gen sei­ne (Kündi­gungs-)Ent­schei­dung ab­ge­wo­gen tref­fen kann. Vor­aus­set­zung dafür, dem Ar­beit­ge­ber sol­che Kennt­nis­se zu­zu­rech­nen, ist fer­ner, dass die Ver­spätung, mit der er in ei­ge­ner Per­son Kennt­nis er­langt hat, auf ei­ner un­sach­gemäßen Or­ga­ni­sa­ti­on des Be­triebs oder der Ver­wal­tung be­ruht (BAG 21. Fe­bru­ar 2013 - 2 AZR 433/12 - Rn. 28; 23. Ok­to­ber 2008 - 2 AZR 388/07 - Rn. 22).


cc) Die­se Vor­ga­ben hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt nicht be­ach­tet. 

(1) Die Kündi­gungs­be­fug­nis lag nach Teil 3 Ziff. 12.3 Satz 1 Pers­Bef-AV iVm. Teil 1 Ziff. 2 Satz 1 Buchst. a Pers­Bef-AV beim Präsi­den­ten des Ober­lan­des­ge­richts. Gemäß dem - strei­ti­gen - Vor­brin­gen des be­klag­ten Lan­des ist die­ser am 11. April 2013 über die Vorgänge und das Er­geb­nis der Er­mitt­lun­gen in Kennt­nis ge­setzt wor­den. Dann wäre die Erklärungs­frist bei Zu­gang der Kündi­gung am 22. April 2013 al­le­mal ge­wahrt ge­we­sen. Den bis­he­ri­gen Fest­stel­lun­gen ist nicht zu ent­neh­men, dass ei­ne nicht kündi­gungs­be­rech­tig­te Per­son schon vor dem 11. April 2013 von den Kündi­gungs­gründen Kennt­nis er­langt und ei­ne Funk­ti­on in­ne­ge­habt hätte, die es recht­lich er­laub­te, ih­re Kennt­nis­se dem Präsi­den­ten des Ober­lan­des­ge­richts zu­zu­rech­nen.


(2) Die An­nah­me des Lan­des­ar­beits­ge­richts, das be­klag­te Land ha­be Er­mitt­lun­gen nicht mit der ge­bo­te­nen Ei­le durch­geführt, ver­letzt § 626 Abs. 2 BGB iVm. § 138 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO. Die Würdi­gung ver­kennt die Vor­aus­set­zun­gen, un­ter de­nen Er­mitt­lun­gen als „zügig“ an­zu­se­hen sind. Über­dies hat es zu ho­he An­for­de­run­gen an den be­tref­fen­den Sach­vor­trag des be­klag­ten Lan­des ge­stellt.

(a) So­weit das Lan­des­ar­beits­ge­richt dar­auf ab­hebt, das be­klag­te Land ha­be um­ge­hend die Straf­ver­fol­gungs­behörden ein­schal­ten und - oh­ne Nach­tei­le mit Blick auf die Frist des § 626 Abs. 2 BGB befürch­ten zu müssen - den Aus-und Fort­gang des Er­mitt­lungs- und Straf­ver­fah­rens ab­war­ten können, ist dies zwar zu­tref­fend (vgl. BAG 22. No­vem­ber 2012 - 2 AZR 732/11 - Rn. 31;


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27. Ja­nu­ar 2011 - 2 AZR 825/09 - Rn. 16, BA­GE 137, 54). Dar­aus folgt für das Land aber kei­ne Be­schränkung in der Wahl sei­ner Mit­tel zur Aufklärung. Dem Ar­beit­ge­ber steht es frei, ei­ge­ne Er­mitt­lun­gen an­zu­stel­len und die Straf­ver­fol­gungs­behörden nicht un­mit­tel­bar ein­zu­schal­ten. Auch „pri­va­te“ Er­mitt­lun­gen hem­men - zügig vor­an­ge­trie­ben - den Lauf der Frist.


(b) Die Würdi­gung des Lan­des­ar­beits­ge­richts, das be­klag­te Land ha­be den Kläger nicht bin­nen Wo­chen­frist an­gehört, ist nicht nach­voll­zieh­bar. Es fehlt an Fest­stel­lun­gen, wann die­se Frist zu lau­fen be­gon­nen ha­be. Falls der Präsi­dent des Ober­lan­des­ge­richts - wie vom be­klag­ten Land be­haup­tet - erst am 11. April 2013 Kennt­nis er­langt hat, wäre die Wo­chen­frist mit der Anhörung vom 17. April 2013 ein­ge­hal­ten.

(c) Die An­nah­me des Lan­des­ar­beits­ge­richts, das in­so­weit dar­le­gungs­be­las­te­te Land (vgl. da­zu BAG 1. Fe­bru­ar 2007 - 2 AZR 333/06 - Rn. 21) ha­be nicht auf­ge­zeigt, dass es die Er­mitt­lun­gen nach Durchführung der Geschäfts­prüfung zügig vor­an­ge­trie­ben ha­be, ist nicht tragfähig. Das be­klag­te Land hat gel­tend ge­macht, es sei erst auf­grund ei­ner außer­halb des Ober­lan­des­ge­richts durch­geführ­ten Über­prüfung der vom Kläger ge­nutz­ten Rech­ner und Fest­plat­ten in der La­ge ge­we­sen, das Aus­maß der Pri­vat­nut­zung zu be­stim­men. Dies ha­be bis zum 8. April 2013 Zeit be­an­sprucht, weil Hard­ware nach M ha­be ver­bracht und um­fang­rei­ches Da­ten­ma­te­ri­al, teils un­ter Wie­der­her­stel­lung gelöschter Da­tei­en, ha­be ge­sich­tet wer­den müssen. Außer­dem sei­en die Os­ter­fei­er­ta­ge in die Zeit ge­fal­len. Die Ausführun­gen sind ge­eig­net, die Dau­er der Un­ter­su­chung plau­si­bel zu ma­chen. Un­ter Berück­sich­ti­gung der we­ni­gen zusätz­li­chen Ta­ge, wel­che die Er­stel­lung des Prüfbe­richts in An­spruch ge­nom­men hat, er­ge­ben sich auf der Ba­sis der bis­he­ri­gen Fest­stel­lun­gen kei­ne An­halts­punk­te für ein nur zöger­li­ches Vor­an­trei­ben der Er­mitt­lun­gen.


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b) Die außer­or­dent­li­che Kündi­gung vom 18. April 2013 ist nicht man­gels ord­nungs­gemäßer Anhörung des Per­so­nal­rats nach § 108 Abs. 2 BPers­VG, § 67 Abs. 2 Satz 4 Pers­VG LSA un­wirk­sam.


aa) Gemäß § 67 Abs. 2 Satz 1 Pers­VG LSA ist der Per­so­nal­rat vor der außer­or­dent­li­chen Kündi­gung ei­nes Ar­beit­neh­mers an­zuhören. Die Lei­tung der Dienst­stel­le hat die be­ab­sich­tig­te Maßnah­me nach § 67 Abs. 2 Satz 2 Pers­VG LSA zu be­gründen. In­so­weit gel­ten die glei­chen An­for­de­run­gen wie an ei­ne Anhörung des Be­triebs­rats gemäß § 102 Abs. 1 Satz 2 Be­trVG (vgl. BAG 23. Ok­to­ber 2014 - 2 AZR 865/13 - Rn. 57 mwN). Nach dem Grund­satz der sub­jek­ti­ven De­ter­mi­nie­rung muss der Ar­beit­ge­ber dem Per­so­nal­rat die Um-stände mit­tei­len, die sei­nen Kündi­gungs­ent­schluss tatsächlich be­stimmt ha­ben. Dem kommt er dann nicht nach, wenn er ihm ei­nen schon aus sei­ner ei­ge­nen Sicht un­rich­ti­gen oder un­vollständi­gen Sach­ver­halt dar­stellt. Zu ei­ner vollständi­gen und wahr­heits­gemäßen In­for­ma­ti­on gehört darüber hin­aus die Un­ter­rich­tung über Tat­sa­chen, die ihm - dem Ar­beit­ge­ber - be­kannt und für ei­ne Stel­lung­nah­me des Be­triebs­rats mögli­cher­wei­se be­deut­sam sind, weil sie den Ar­beit­neh­mer ent­las­ten und des­halb ge­gen ei­ne Kündi­gung spre­chen können (BAG 23. Ok­to­ber 2014 - 2 AZR 736/13 - Rn. 14; 19. Ju­li 2012 - 2 AZR 352/11 - Rn. 41 mwN, BA­GE 142, 339).


bb) Nach die­sen Grundsätzen war die Anhörung zur frist­lo­sen Kündi­gung mit Schrei­ben vom 16. April 2013 ord­nungs­gemäß.

(1) Dem Per­so­nal­rat war das Er­geb­nis der Geschäfts­prüfung vom 14. März 2013 un­ter Vor­la­ge des be­tref­fen­den Ver­merks zur Kennt­nis ge­bracht wor­den. Im Anhörungs­schrei­ben selbst heißt es, hier­aus er­ge­be sich ei­ne „aus­schwei­fen­de“ Pri­vat­nut­zung des dienst­li­chen Rech­ners un­ter Ver­wen­dung ei­nes den Ko­pier­schutz um­ge­hen­den Pro­gramms während der Dienst­zeit und ein nicht erklärli­cher Um­gang mit dienst­lich be­stell­tem Ma­te­ri­al (DVDs und CDs). Un­ge­ach­tet der Fra­ge, ob es ei­ner sol­chen In­for­ma­ti­on be­darf (vgl. KR-Et­zel 10. Aufl. § 102 Be­trVG Rn. 64; APS-Koch 4. Aufl. § 102 Be­trVG Rn. 129), konn­te der Per­so­nal­rat nach den ihm er­teil­ten In­for­ma­tio­nen nach­voll­zie­hen, dass das be­klag­te Land der ei­ge­nen An­sicht zu­fol­ge den Kündi­gungs­sach­ver­halt je­den­falls


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nicht vor dem 8. April 2013 er­fas­sen konn­te. Der Per­so­nal­rat ver­moch­te sich an­hand des­sen ein ei­ge­nes Bild von der Ein­hal­tung der Aus­schluss­frist des § 626 Abs. 2 BGB zu ver­schaf­fen. Das reicht aus. Ei­ne nähe­re Be­gründung der den Kündi­gungs­ent­schluss tra­gen­den Abwägung ist we­gen des Grund­sat­zes der sub­jek­ti­ven De­ter­mi­nie­rung re­gelmäßig nicht er­for­der­lich. Die Anhörung zu der Ab­sicht, das Ar­beits­verhält­nis (frist­los) zu kündi­gen, im­pli­ziert ei­ne Abwägung zu Las­ten des Ar­beit­neh­mers (BAG 23. Ok­to­ber 2014 - 2 AZR 736/13 - Rn. 15; 21. No­vem­ber 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 27, BA­GE 146, 303).


(2) Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Lan­des­ar­beits­ge­richts ist die Anhörung nicht des­halb un­vollständig, weil das be­klag­te Land es un­ter­las­sen hat, den Per­so­nal­rat über den In­halt ei­nes am 22. April 2013 mit ei­nem an­de­ren Be­diens­te­ten geführ­ten Per­so­nal­gesprächs zu un­ter­rich­ten. Da­bei kann zu­guns­ten des Klägers un­ter­stellt wer­den, dass die­se Un­ter­re­dung vor Überg­a­be des Kündi­gungs­schrei­bens statt­fand und sich aus der Ein­las­sung des Be­diens­te­ten An­halts­punk­te dafür er­ga­ben, dass die­ser Ko­pi­er- und Brenn­vorgänge im Zu­sam­men­wir­ken mit ihm - dem Kläger - durch­geführt hat. Das be­klag­te Land ging bei Ein­lei­tung des Anhörungs­ver­fah­rens - für den Per­so­nal­rat er­kenn­bar - da­von aus, der Kläger selbst ha­be das frag­li­che Pro­gramm wie­der­holt zu pri­va­ten Zwe­cken während der Dienst­zeit ge­nutzt. So­wohl aus der sub­jek­ti­ven Sicht des be­klag­ten Lan­des als auch aus ob­jek­ti­ver Sicht han­delt es sich bei der aus dem Per­so­nal­gespräch deut­lich ge­wor­de­nen Möglich­keit, der Kläger und der an­de­re Be­diens­te­te hätten zu­sam­men­ge­wirkt, kei­nes­wegs um ei­nen ent­las­ten­den Um­stand, wie das Lan­des­ar­beits­ge­richt ge­meint hat. Al­lein-und Mittäter­schaft sind in ih­rem Un­rechts­ge­halt gleich­wer­tig und im Rah­men ei­ner kündi­gungs­recht­li­chen Be­ur­tei­lung re­gelmäßig gleich zu ge­wich­ten.

(3) Die Äußerungs­frist von drei Ar­beits­ta­gen (§ 67 Abs. 2 Satz 3 Pers­VG LSA) hat das be­klag­te Land - auch un­ter Berück­sich­ti­gung der dem Per­so­nal­rat am 18. April 2013 un­ter­brei­te­ten ergänzen­den In­for­ma­tio­nen - ge­wahrt.

(a) Nach den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts ist dem Per­so­nal­rat das Schrei­ben vom 16. April 2013 am sel­ben Tag zu­ge­gan­gen. Gemäß § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 1 BGB lief die Frist von drei Ar­beits­ta­gen am 19. April
 

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2013 (ei­nem Frei­tag), 24:00 Uhr ab. Zwar wur­de das Kündi­gungs­schrei­ben be­reits am 18. April 2013 aus­ge­fer­tigt und dem Geschäfts­lei­ter des Ober­lan­des­ge­richts als Erklärungs­bo­ten des be­klag­ten Lan­des zwecks persönli­cher Überg­a­be an den Kläger aus­gehändigt. Ein Tref­fen zwi­schen dem Geschäfts­lei­ter und dem Kläger war aber - schon zu­vor - erst für den 22. April 2013 ver­ein­bart wor­den. Bis zu die­sem Zeit­punkt hat­te das Kündi­gungs­schrei­ben den Macht­be­reich des Präsi­den­ten des Ober­lan­des­ge­richts nicht ver­las­sen und war es die­sem möglich, die Kündi­gung an­zu­hal­ten, falls der Per­so­nal­rat ge­wich­ti­ge und aus Sicht des be­klag­ten Lan­des über­zeu­gen­de Ar­gu­men­te ge­gen sie vorbräch­te. Der Fall liegt in­so­weit nicht an­ders, als wenn der Präsi­dent des Ober­lan­des­ge­richts das Kündi­gungs­schrei­ben zwar am 18. April 2013 un­ter­schrie­ben, je­doch bis zum 22. April 2013 wei­ter selbst ver­wahrt hätte.


(b) Das Anhörungs­ver­fah­ren war bei Überg­a­be des Kündi­gungs­schrei­bens an den Kläger - an­ders als die­ser meint - nicht des­halb noch nicht ab­ge­schlos­sen, weil das be­klag­te Land dem Per­so­nal­rat mit Schrei­ben vom 18. April 2013 ergänzen­de In­for­ma­tio­nen hat zu­kom­men las­sen. Auf der Grund­la­ge der Dar­le­gun­gen des be­klag­ten Lan­des ist da­von aus­zu­ge­hen, dass das Anhörungs­ver­fah­ren durch das vor­be­zeich­ne­te Schrei­ben nicht neu in Gang ge­setzt wor­den ist.


(aa) Vor Aus­spruch der Kündi­gung kann der Ar­beit­ge­ber sei­ne In­for­ma­tio­nen ge­genüber dem Be­triebs- oder Per­so­nal­rat je­der­zeit ergänzen. Die Be­ur­tei­lung, ob auf­grund der nachträgli­chen Un­ter­rich­tung die Äußerungs­frist neu anläuft, hängt von den Umständen des Ein­zel­falls ab. Da­bei ist auch auf den Ge­gen­stand der nach­ge­reich­ten In­for­ma­tio­nen Be­dacht zu neh­men (vgl. BAG 23. Ok­to­ber 2014 - 2 AZR 736/13 - Rn. 27).

(bb) Im Streit­fall ist das Schrei­ben vom 18. April 2013 aus­drück­lich als „Ergänzung“ und nicht, wie das Schrei­ben vom 16. April 2013, als „Anhörung“ be­zeich­net wor­den. Be­reits dies spricht ge­gen die An­nah­me, das be­klag­te Land ha­be das Ver­fah­ren neu in Gang set­zen wol­len. Ei­ne an­de­re In­ter­pre­ta­ti­on ist auch nicht we­gen des In­halts der zusätz­li­chen In­for­ma­tio­nen ge­bo­ten. Mit­tels der Vor­la­ge der pro­to­kol­lier­ten Ko­pier­vorgänge und des Jour­nals der Ar­beits­zeit


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wur­den le­dig­lich die im Schrei­ben vom 16. April 2013 be­reits ge­schil­der­ten Vorgänge ver­tie­fend dar­ge­stellt und erläutert, nicht aber ein Sach­ver­halt un­ter­brei­tet, der den bis­her be­kann­ten Sach­ver­halt in ei­nem gänz­lich neu­en Licht er­schei­nen ließe. Im Er­geb­nis nichts an­de­res gilt für die Un­ter­rich­tung über den In­halt des mit dem Kläger am 17. April 2013 geführ­ten Gesprächs und die ihm bis zum 18. April 2013, 9:00 Uhr ein­geräum­te Möglich­keit zur wei­ter­ge­hen­den Stel­lung­nah­me. Auch die­se Mit­tei­lung dien­te der Ver­vollständi­gung der In­for­ma­ti­on des Per­so­nal­rats, nicht aber der Einführung ei­nes neu­en Sach­ver­halts. Das gilt je­den­falls mit Blick auf die hier in­ter­es­sie­ren­de „Tatkündi­gung“, bei der die Anhörung des Ar­beit­neh­mers nicht Wirk­sam­keits­vor­aus­set­zung für die Kündi­gung ist, und un­ter Berück­sich­ti­gung des Um­stands, dass das Gespräch vom 17. April 2013 kei­ne Er­kennt­nis­se zu­ta­ge förder­te, die den Kläger ent­schei­dend hätten ent­las­ten können.

III. Bei der neu­en Ver­hand­lung wird das Lan­des­ar­beits­ge­richt zunächst zu prüfen und zu be­wer­ten ha­ben, ob ein wich­ti­ger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB ge­ge­ben und ob die Frist des § 626 Abs. 2 BGB ge­wahrt ist. Da­zu wird es die er­for­der­li­chen Fest­stel­lun­gen zu tref­fen ha­ben. Soll­te es zu dem Er­geb­nis ge­lan­gen, die Kündi­gung sei iSv. § 626 BGB wirk­sam, wird es auf der Grund­la­ge der bis­he­ri­gen Fest­stel­lun­gen da­von aus­ge­hen können, dass der Per­so­nal­rat zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung ord­nungs­gemäß be­tei­ligt wor­den ist. Die Kla­ge dürf­te in die­sem Fall ab­zu­wei­sen sein, oh­ne dass der auf die or­dent­li­che Kündi­gung be­zo­ge­ne Fest­stel­lungs­an­trag und der An­trag auf Wei­ter­beschäfti­gung noch zur Ent­schei­dung an­fie­len. Soll­te das Lan­des­ar­beits­ge­richt die Kündi­gung für un­wirk­sam er­ach­ten, wird es über die or­dent­li­che Kündi­gung zu be­fin­den ha­ben, je nach Aus­gang die­ses Streits auch über den (Hilfs-)An­trag des Klägers auf vorläufi­ge Wei­ter­beschäfti­gung. Für die wei­te­re Sach­be­hand­lung weist der Se­nat auf Fol­gen­des hin:


1. Bei der Prüfung von § 626 Abs. 1 BGB wird das Lan­des­ar­beits­ge­richt - un­ter Berück­sich­ti­gung der zu B. I. und II. dar­ge­stell­ten Rechts­auf­fas­sung des Se­nats - zu würdi­gen ha­ben, ob die vor­ge­tra­ge­nen In­di­zi­en aus­rei­chen, ihm die er­for­der­li­che Über­zeu­gung zu ver­mit­teln, der Kläger ha­be sei­ne ver­trag­li-


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chen Pflich­ten ver­letzt. Über strei­ti­ge Tat­sa­chen wird ggf. Be­weis zu er­he­ben sein. Da­bei hat sich das Ge­richt mit ei­nem für das prak­ti­sche Le­ben brauch­ba­ren Grad an Ge­wiss­heit zu be­gnügen, der Zwei­feln Schwei­gen ge­bie­tet, oh­ne sie völlig aus­sch­ließen zu müssen (BAG 29. Ja­nu­ar 2015 - 2 AZR 280/14 - Rn. 30 mwN; BGH 11. No­vem­ber 2014 - VI ZR 76/13 - Rn. 23 mwN).

2. Im Hin­blick auf ei­ne ggf. vor­zu­neh­men­de Würdi­gung der Umstände des Ein­zel­falls und In­ter­es­sen­abwägung wird zu berück­sich­ti­gen sein, dass die vom Lan­des­ar­beits­ge­richt bis­her - im Rah­men der Über­prüfung der or­dent­li­chen Kündi­gung - zum Grund­satz der Verhält­nismäßig­keit an­ge­stell­ten Erwägun­gen nicht tra­gen.

a) Die Wer­tung, es ha­be des­halb ei­ner Ab­mah­nung be­durft, weil „fast al­le Be­diens­te­ten ein­sch­ließlich der Rich­ter­schaft [...] of­fen­bar von der Tätig­keit des Klägers pro­fi­tiert und die­ser auch nicht wi­der­spro­chen [hätten]“ und dar­aus auf ein man­geln­des Un­rechts­be­wusst­sein - auch des Klägers - zu schließen sei, ent­behrt der Tat­sa­chen­ba­sis. Es ist un­klar, auf wel­che Hand­lun­gen des Klägers sich das Lan­des­ar­beits­ge­richt be­zo­gen und wel­che Per­so­nen es vor Au­gen ge­habt hat, die aus den nicht näher kon­kre­ti­sier­ten Ak­ti­vitäten des Klägers ei­nen bis­her nicht de­fi­nier­ten Nut­zen ge­zo­gen ha­ben sol­len.


b) Für die vom Lan­des­ar­beits­ge­richt mit Blick auf den Um­gang mit beschäftig­ten Be­am­ten ins Spiel ge­brach­te Her­an­zie­hung des ar­beits­recht­li­chen Gleich­be­hand­lungs­grund­sat­zes fehlt es an ei­ner recht­li­chen Grund­la­ge. Zwar mögen bei der In­ter­es­sen­abwägung nach § 626 Abs. 1 BGB ähn­li­che Erwägun­gen an­zu­stel­len sein wie im Rah­men ei­ner dis­zi­pli­nar­recht­li­chen Würdi­gung. Dar­aus kann aber nicht - wie das Lan­des­ar­beits­ge­richt of­fen­bar ge­meint hat - ab­ge­lei­tet wer­den, der Ar­beit­ge­ber dürfe ge­genüber ei­nem Ar­beit­neh­mer, der sei­ne Pflich­ten in ge­mein­schaft­li­chem Zu­sam­men­wir­ken mit Be­am­ten ver­letzt hat, nicht zum Mit­tel der Kündi­gung grei­fen, so­lan­ge er nicht auch die Ent­las­sung der Be­am­ten in­iti­ie­re oder doch an­de­re dis­zi­pli­na­ri­sche Maßnah­men ih­nen ge­genüber er­grei­fe. Die Erwägung lässt außer Acht, dass sich Wer­tun­gen, wie sie aus dem in der Re­gel auf Le­bens­zeit an­ge­leg­ten, durch be­son­de­re Treue- und Fürsor­ge­pflich­ten ge­prägten Dienst­verhält­nis der Be­am­ten fol­gen,


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nicht auf ei­ne pri­vat­recht­li­che Leis­tungs­be­zie­hung über­tra­gen las­sen (BAG 10. Ju­ni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 29, BA­GE 134, 349; 17. Ju­ni 1993 - 6 AZR 620/92 - zu B II 2 d bb der Gründe, BA­GE 73, 262). Selbst im Verhält­nis von Ar­beit­neh­mern un­ter­ein­an­der schei­det mit Blick auf ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gun­gen ei­ne An­wen­dung des ar­beits­recht­li­chen Gleich­be­hand­lungs­grund­sat­zes weit­ge­hend aus (BAG 8. De­zem­ber 1994 - 2 AZR 470/93 - zu B II 5 g der Gründe; zu eng be­grenz­ten Aus­nah­me­kon­stel­la­tio­nen vgl. BAG 22. Fe­bru­ar 1979 - 2 AZR 115/78 - zu 2 a der Gründe). Die frag­li­chen Erwägun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts las­sen über­dies die her­aus­ge­ho­be­ne Po­si­ti­on des Klägers als „IT-Ver­ant­wort­li­cher“ außer Acht. Un­be­scha­det der un­ter­schied­li­chen Rechts­stel­lung von Be­am­ten und An­ge­stell­ten wi­der­spricht auch dies - ne­ben wei­te­ren in Be­tracht zu zie­hen­den Un­ter­schie­den - ei­ner Ver­gleich­bar­keit der Sach­ver­hal­te.


c) Das Lan­des­ar­beits­ge­richt wird, soll­te es auf die Wirk­sam­keit der or­dent­li­chen Kündi­gung an­kom­men, wei­ter­hin da­von aus­ge­hen können, dass de­ren so­zia­le Recht­fer­ti­gung (§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 KSchG) un­ter dem Ge­sichts­punkt des Ver­dachts nicht in Be­tracht kommt - auch des­halb, weil der Per­so­nal­rat da­zu laut Schrei­ben vom 23. April 2013 nicht be­tei­ligt wor­den ist. Die Prüfung, ob die Kündi­gung als Tatkündi­gung durch Gründe iSv. § 1 Abs. 2 KSchG be­dingt ist, wird das Lan­des­ar­beits­ge­richt neu vor­zu­neh­men und die er­for­der­li­chen Fest­stel­lun­gen zu tref­fen ha­ben. Was die Fra­ge be­trifft, ob die Be­tei­li­gung des Per­so­nal­rats zu ei­ner or­dent­li­chen Kündi­gung nach § 67 Abs. 1 Nr. 8 Pers­VG LSA ord­nungs­gemäß er­folgt ist, wird zu be­ach­ten sein, dass die in der an­ge­foch­te­nen Ent­schei­dung ver­tre­te­ne Auf­fas­sung, die Anhörung sei un­wirk­sam, weil das be­klag­te Land dem Per­so­nal­rat mögli­che Recht­fer­ti­gungs- und Ent­schul­di­gungs­gründe nicht mit­ge­teilt ha­be, auf der Ba­sis der bis­he­ri­gen Fest­stel­lun­gen nicht halt­bar ist. Um wel­che, nach dem Grund­satz der sub­jek­ti­ven De­ter­mi­niert­heit be­acht­li­chen Tat­sa­chen es sich in­so­weit han­deln soll, ist nicht nach­zu­voll­zie­hen.


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IV. Der Se­nat hat bei der Zurück­ver­wei­sung von der Möglich­keit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Ge­brauch ge­macht.

Kreft 

Ra­chor 

Ber­ger

Per­reng 

Der eh­ren­amt­li­che Rich­ter Dr. Bartz ist we­gen des En­des sei­ner Amts­zeit ver­hin­dert, sei­ne Un­ter­schrift bei­zufügen. Kref

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