- -> zur Mobil-Ansicht
- Arbeitsrecht aktuell
- Tipps und Tricks
- Handbuch Arbeitsrecht
- Gesetze zum Arbeitsrecht
- Urteile zum Arbeitsrecht
- Urteile 2023
- Urteile 2021
- Urteile 2020
- Urteile 2019
- Urteile 2018
- Urteile 2017
- Urteile 2016
- Urteile 2015
- Urteile 2014
- Urteile 2013
- Urteile 2012
- Urteile 2011
- Urteile 2010
- Urteile 2009
- Urteile 2008
- Urteile 2007
- Urteile 2006
- Urteile 2005
- Urteile 2004
- Urteile 2003
- Urteile 2002
- Urteile 2001
- Urteile 2000
- Urteile 1999
- Urteile 1998
- Urteile 1997
- Urteile 1996
- Urteile 1995
- Urteile 1994
- Urteile 1993
- Urteile 1992
- Urteile 1991
- Urteile bis 1990
- Arbeitsrecht Muster
- Videos
- Impressum-Generator
- Webinare zum Arbeitsrecht
-
Kanzlei Berlin
030 - 26 39 62 0
berlin@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Frankfurt
069 - 71 03 30 04
frankfurt@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Hamburg
040 - 69 20 68 04
hamburg@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Hannover
0511 - 89 97 701
hannover@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Köln
0221 - 70 90 718
koeln@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei München
089 - 21 56 88 63
muenchen@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Nürnberg
0911 - 95 33 207
nuernberg@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Stuttgart
0711 - 47 09 710
stuttgart@hensche.de
AnfahrtDetails
LAG Köln, Urteil vom 02.08.2010, 2 Sa 176/10
Schlagworte: | Betriebsübergang: Widerspruch, Kündigung: Betriebsübergang | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Köln | |
Aktenzeichen: | 2 Sa 176/10 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 02.08.2010 | |
Leitsätze: | Kündigt der bisherige Betriebsinhaber nach Betriebsübergang gegenüber einem übergegangenen Arbeitnehmer und widerspricht der Arbeitnehmer danach dem stattgefundenen Betriebsübergang, so bestand zum Kündigungszeitpunkt ein Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Kündigendem. Die zum Kündigungszeitpunkt gegebenen Umstände (Betriebsgröße, Existenz eines Betriebsrats, Stilllegungsabsicht) sind der Prüfung der Wirksamkeit zu Grunde zu legen. |
|
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Aachen, Urteil vom 8.12.2009, 4 Ca 2077/09 | |
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung vom 20.04.2009 des Beklagten zu 1. sowie um die Frage, ob die Beklagte zu 2. verpflichtet ist, die Klägerin nach einem Betriebsübergang weiter zu beschäftigen.
Die am 26.12.1968 geborene, verheiratete und einem Kind unterhaltsverpflichtete Klägerin war seit dem 01.07.1999 als Verkaufsabteilungsleiterin im Betrieb Ader Gemeinschuldnerin beschäftigt. Gegenstand des Unternehmens der Gemeinschuldnerin war der Einzelhandel mit Bekleidung. Das Unternehmen führte deutschlandweit 39 Filialen. In dem Betrieb A waren vor der Insolvenzeröffnung am 01.10.2008 elf Mitarbeiter beschäftigt. Es war ein Betriebsrat gewählt worden.
Am 01.10.2008 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin eröffnet und der Beklagte zu 1. zum Insolvenzverwalter bestellt. Zuvor waren mit dem örtlichen Betriebsrat und dem Gesamtbetriebsrat gleichlautende Interessenausgleiche und Sozialpläne zustande gekommen. Diese sahen u. a. die Einrichtung einer Beschäftigungs-und Qualifizierungsgesellschaft vor. Aus dem Betrieb A wechselten neun Mitarbeiter vor dem 01.10.2008, also vor der Insolvenzeröffnung, in diese Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft. Die Klägerin und eine weitere Mitarbeiterin befanden sich zu diesem Zeitpunkt in Elternzeit. Beide wechselten nicht in die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft.
Der Beklagte zu 1. hat vorgetragen, er habe Anfang Oktober 2008 wegen der Ungewissheit, ob eine Betriebsübernahme stattfinden könne, entschieden, dass sämtliche Betriebe jedenfalls zum 31.01.2009 geschlossen werden sollten.
Am 10.10.2008 hörte der Beklagte zu 1. die Betriebsratsvorsitzende des A Betriebs zur Kündigung der zwei verbliebenen Mitarbeiter an. Am 16.10.2008 schloss der Beklagte zu 1. mit dem Gesamtbetriebsrat einen weiteren Interessenausgleich mit Namensliste, der sämtliche Mitarbeiter enthielt, die nicht in die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft übergegangen waren. Auf dieser Namensliste befand sich auch der Name der Klägerin.
Seit etwa Ende Oktober/Anfang November 2008 führt die Beklagte zu 2. die Filiale in A weiter. Sie benutzt hierzu die bisherigen Betriebsräumlichkeiten, das bisherige Inventar sowie den in der Filiale vorhandenen Warenbestand weiter. Ferner hat sie das Sortiment unverändert gelassen, welches aus ca. 60 % Eigenmarken und 40 % Fremdmarken (z. B. G , E ) besteht. Als Mitarbeiter setzt die Beklagte zu 2. die von der Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft angestellten Mitarbeiter leihweise ein.
Wegen der Elternzeit der Klägerin beantragte der Beklagte zu 1. die Zustimmung der Bezirksregierung zur Kündigung und erhielt diese durch Bescheid vom 14.04.2009. Am 20.04.2009 sprach der Beklagte zu 1. Hier streitgegenständliche Kündigung der Klägerin zum 31.07.2009 aus. Diese Kündigung ist der Klägerin am 21. oder 22.04.2009 zugegangen. Sie erhob am 11.05.2009 Kündigungsschutzklage.
Am 01.04.2009 wurde veröffentlicht, dass das Insolvenzverfahren massearm ist. Am 21.10.2009, im Laufe des Kündigungsschutzverfahrens widersprachen die Prozessbevollmächtigten der Beklagten einem möglichen Betriebsübergang.
Im erstinstanzlichen Verfahren hat sich der Beklagte zu 1. gegen die Klage damit verteidigt, der Betrieb in A habe bei Zugang der Kündigung am 21. oder 22.04.2009 lediglich noch zwei Arbeitnehmer beschäftigt. Das Kündigungsschutzgesetz sei nicht mehr anwendbar.
Die Klägerin hat beantragt,
1. es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 20.04.2009 nicht beendet wird.
2. im Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. wird der Beklagte verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Verkaufsabteilungsleiterin weiter zu beschäftigen.
Der Beklagte zu 1. hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen, da es sich bei der Filiale in Alsdorf um einen eigenständigen Betrieb handele, der zum Kündigungszeitpunkt dauerhaft weniger als zehn Arbeitnehmer im Sinne von § 23 KSchG beschäftige. Da die Klägerin am 21.10.2009 einem möglichen Betriebsübergang widersprochen habe, prüfte das Gericht eine evtl. Unwirksamkeit der Kündigung gemäß § 613 a BGB nicht.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung und erweitert die Klage gegenüber der Beklagten zu 2. Sie vertritt zunächst die Ansicht, dass ihr Widerspruch gegen den Betriebsübergang vom 21.10.2009 schlicht unerheblich oder unbeachtlich sei, da sie zu diesem Zeitpunkt nicht hinreichend über die Auswirkungen des Betriebsübergangs im Sinne des § 613 a Abs. 5 BGB informiert worden sei. Da ein Betriebsübergang gegeben sei, könne der Kündigungsgrund Betriebsstilllegung zum 31.01.2009 die Kündigung nicht rechtfertigen. Zudem habe am 20.04.2009 zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1. kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden, so dass die Kündigung ins Leere gegangen sei. Da ein Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu 2. bestehe, sei der Beschäftigungsanspruch dieser gegenüber ebenfalls begründet.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Aachen vom 08.12.2009 – 4 Ca 2077/09 –
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten zu 1. vom 20.04.2009 nicht beendet worden ist;
2. festzustellen, dass ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2. besteht,
3. im Fall des Obsiegens mit den Anträgen zu 1. und 2. den Beklagten zu 2. zu verurteilen, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Verkaufsabteilungsleiterin weiter zu beschäftigen.
Die Beklagten zu 1. und 2. beantragen,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Der Beklagte zu 1. verweist darauf, dass die Kündigungsschutzklage auch dann abzuweisen wäre, wenn er zum Zeitpunkt der Kündigung tatsächlich nicht mehr Arbeitgeber der Klägerin gewesen wäre. Denn das Obsiegen mit der Kündigungsschutzklage setze voraus, dass der Kündigende auch tatsächlich Arbeitgeber zum Kündigungszeitpunkt gewesen sei, dass zu diesem Zeitpunkt also ein Arbeitsverhältnis bestanden haben müsse. Tatsächlich habe zum Kündigungszeitpunkt ein Arbeitsverhältnis bestanden, da die Klägerin dem Betriebsübergang widersprochen habe und dieser Widerspruch nicht unbeachtlich sei. Der Beklagte zu 1. als Insolvenzverwalter führe den Betrieb der Gemeinschuldnerin nicht
weiter.
Die Beklagte zu 2. bestreitet das Vorliegen eines Betriebsübergangs, ohne auf die von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen im Einzelnen einzugehen. Jedenfalls sei die Klägerin nicht Arbeitnehmerin der Beklagten zu 2., da sie dem Betriebsübergang widersprochen habe und damit von Anfang an kein Arbeitsverhältnis zum Beklagten zu 2. entstanden sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 313 ZPO auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die fristgerechte und zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Kündigung des Beklagten zu 1. vom 20.04.2009 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31.07.2009 beendet. Zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2. besteht kein Arbeitsverhältnis.
Am 20.04.2009 bestand zwischen dem Beklagten zu 1. als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gemeinschuldnerin und der Klägerin ein Arbeitsverhältnis. Zwar ist es zutreffend, dass spätestens gegen Ende Oktober/Anfang November 2008 ein Betriebsübergang des selbstständigen Betriebs A auf die Beklagte zu 2. stattgefunden hat. Die Klägerin hat substantiiert dargestellt, dass die wesentlichen Betriebsmittel des Bekleidungseinzelhandels auf die Beklagte zu 2. übergegangen sind. So wurde das Geschäftslokal beibehalten. Der bisherige Firmenname wurde in den neuen Unternehmensnamen integriert. Die in dem Betrieb vorhandenen Ausstattungsgegenstände wie Kassen wurden ebenso wie die vorhandenen Waren übernommen. Die Verkaufskonzeption (60 % Eigenmarken, 40 % Fremdmarken, anzusprechende Käuferschicht) wurde beibehalten. Die erforderlichen Mitarbeiter wurden im Wesentlichen aus der Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft rekrutiert. Damit liegt die vom EuGH (AZ 466/07, 12.02.2009) geforderte Beibehaltung der Verknüpfung der Produktionsmittel auch in dem von der Beklagten zu 2. fortgeführten Betrieb vor.
An diesem Betriebsübergang hätte die Klägerin auch teilgenommen, wenn sie nicht am 29 21.10.2009 dem Betriebsübergang widersprochen hätte.
Der Widerspruch führt grundsätzlich dazu, dass unverändert und ununterbrochen mit dem bisherigen Arbeitgeber ein fortgesetztes Arbeitsverhältnis besteht (BAG v. 13.07.2006, AZ 8 AZR 305/05 Rn. 41 mwN, BAG v. 23.07.2009, AZ 8 AZR 538/08 Rn. 51).
Der Widerspruch der Klägerin war auch nicht unwirksam. Dies ergibt sich zunächst unter Anwendung der Grundsätze, die das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 30.10.2003 (8 AZR 491/02) aufgestellt hat. Der Widerspruch gegen einen Übergang des Arbeitsverhältnisses ist nicht frei widerruflich. Er ist darauf gerichtet, die gesetzlich vorgesehene Rechtsfolge, den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Betriebsübernehmer nicht eintreten, sondern stattdessen das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber fortbestehen zu lassen. Seine Ausübung stellt ein bedingungsfeindliches Rechtsgeschäft dar, das durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung erfolgt. Diese Voraussetzungen an die Widerspruchserklärung erfüllt das Schreiben der Klägervertreter vom 21.10.2009. Es ist gerichtet an den Beklagten zu 1. und zielte offensichtlich darauf, im bereits anhängigen Kündigungsschutzverfahren den Beklagten zu 1. wieder zum Arbeitgeber der Klägerin zu machen, um sodann mit der in den Parallelverfahren vertretenden Rechtsansicht, bei der Kündigung sei eine Betriebsschließung nicht beabsichtigt gewesen, obsiegen zu können. Die Klägerin hat allerdings hierbei übersehen, dass die Kündigungen in dem Parallelverfahren bereits Mitte bis Ende Oktober 2008 ausgesprochen wurden.
Der Widerspruchs ist auch nicht so lange frei widerruflich, solange dem Arbeitnehmer die Informationen nach § 613 a Abs. 5 BGB noch nicht erteilt wurden. Würde man die Ansicht vertreten, dass ein bereits ausgeübter Widerspruch solange frei widerruflich sei, als eine ordnungsgemäße Information nicht erfolgt ist, hätte dies zur Folge, dass Arbeitnehmer, die Informationen über einen möglichen Betriebsübergang lediglich aus Presseberichten erhalten, bis zu einer nachgeholten Information seitens der beteiligten Arbeitgeber ihren Widerspruch ggf. auch mehrfach ausüben und widerrufen könnten. Eine rechtssichere Beurteilung, wer genau Arbeitgeber des Arbeitnehmers ist, würde sich hiermit nicht vereinbaren lassen. Auch in den Massenverfahren zur Frage der fehlerhaften Information über einen Betriebsübergang (A und B ) wurde seitens der Gerichte nicht überprüft, ob der Widerspruch gänzlich unbeachtlich oder ggf. noch widerruflich sei, weil zum Zeitpunkt der Ausübung des Widerspruchs immer noch keine abschließende und vollständige Information der Arbeitnehmer erfolgt war.
Wenn ein Widerspruch erfolgt, kann vielmehr davon ausgegangen werden, dass der Arbeitnehmer sich die fehlenden oder unvollständigen Informationen zum Betriebsübergang selbst verschafft hat und sein Widerspruchsrecht deshalb ausübt, weil er das Arbeitsverhältnis mit seinem bisherigen Vertragspartner fortsetzen will. Soweit bei Abgabe dieser Erklärung ein beachtlicher Rechtfolgenirrtum vorgelegen haben sollte, reichen die im BGB vorgesehenen Anfechtungsmöglichkeiten, um die Erklärung zu beseitigen. Der auf Grund der fehlenden Information bestehende Schwebezustand ist im Gesetz so angelegt.Die Wirksamkeit des Widerspruchs ebenfalls von der ausreichenden Information nach § 613a Abs.5 BGB abhängig zu machen, widerspräche dem Grundsatz, dass Ausnahmeregelungen nicht analog anwendbar sind.
Auch aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25.10.2007 (8 AZR 989/06) ergibt sich nicht, dass vorliegend der Widerspruch der Klägerin gegen den Betriebsübergang unbeachtlich wäre. In dieser Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht einen Widerspruch deshalb für unbeachtlich gehalten, weil die Maßnahme, über die nach § 613 a Abs. 5 BGB der betreffende Arbeitnehmer informiert wurde, gar nicht durchgeführt wurde. Da nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts die Maßnahme, über die informiert wurde, ohnehin nicht die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs erfüllte, war auch der darauf bezogene Widerspruch unbeachtlich. Vorliegend hat eine Information über einen Betriebsübergang zwar gar nicht stattgefunden, jedoch war die Klägerin doch sehr wohl in der Lage, die Voraussetzungen des tatsächlich durchgeführten Betriebsübergangs zu recherchieren und die Tatbestandsvoraussetzungen zutreffend vorzutragen. Zudem war ihr zum Zeitpunkt des Widerspruchs bekannt, dass seit dem 01.04.2009 Massearmut gegeben war. Richtigerweise hätte die Klägerin statt eines Widerspruchs gegen den Betriebsübergang ihre rechtliche Argumentation in erster Instanz darauf aufbauen können, dass der Beklagte zu 1. am 20.04.2009 (ohne den Widerspruch) gar nicht Arbeitgeber der Klägerin war und die Kündigung deshalb für den Bestand des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten zu 2. unbeachtlich war.
Da der Widerruf somit weder nichtig war noch eine Anfechtungserklärung abgegeben wurde, noch wegen der fehlenden arbeitgeberseitigen Information der Ablauf der Monatsfrist des § 613 a Abs. 6 BGB bei Erklärung des Widerspruchs am 21.01.2009 eingetreten war, entfaltet der Widerspruch seine Wirkung in der Weise, dass zu keinem Zeitpunkt ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2. begründet wurde, sondern das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten zu 1. ununterbrochen und damit auch zum Zeitpunkt der Kündigung bei Bestand war. Diese Rechtsfolge widerspricht auch nicht dem Grundsatz, dass Kündigungen keinen Schwebezustand vertragen. Denn zum einen ist gerade durch die Widerspruchsmöglichkeit gegenüber einem Betriebsübergang eine schwebende Unklarheit über den richtigen Arbeitgeber und die von diesem oder einem Betriebserwerber ausgesprochene Kündigung im Gesetz angelegt. Zudem ist auch im Falle einer Kündigung durch einen nicht Vertretungsberechtigten eine rückwirkende Genehmigung anerkannt (BAG v. 26.03.1986, AZ: AZR 585/84, BAG v. 26.03.09, AZ: 2 AZR 403/07, Rn. 21 u. 24). Anders als im letzteren Fall hatte vorliegend die Erklärungsempfängerin sogar die Möglichkeit, die Wirksamkeit der Erklärung zu steuern.
Die Kündigung des Beklagten zu 1. Ist auch gemessen an den Gründen des § 1 KSchG wirksam. Es kann dahinstehen, ob es für den Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes nach § 23 KSchG ausschließlich auf den Betrieb in A ankam oder ob sämtliche Arbeitnehmer, die nicht in die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft übergetreten waren und deren Arbeitsverhältnis möglicherweise ebenfalls nicht von einem Betriebsübergang erfasst wurde, zusammenzurechnen sind. Denn zum Kündigungszeitpunkt führte der Beklagte zu 1. als Insolvenzverwalter keinen Einzelhandelsbetrieb mehr und beabsichtigte auch nicht, zukünftig Arbeitnehmer im Rahmen eines Bekleidungseinzelhandelbetriebes zu beschäftigen. Ein Beschäftigungsbedürfnis für die Klägerin in einem Betrieb des Beklagten zu 1. war deshalb nicht gegeben, so dass die Voraussetzungen des § 1 KSchG für eine betriebsbedingte Kündigung vorlagen, ohne dass es auf die Frage des Interessenausgleichs mit Namensliste ankäme.
Die Kündigung ist auch nicht aus anderen Gründen unwirksam. Eine Anhörung des früheren Betriebsrats war zur Kündigung am 20.04.2009 nicht mehr möglich. Zwar war bei der Betriebsratsanhörung am 10.10.2008 der Beklagte noch Arbeitgeber und die Verhandlungen über einen Betriebsübergang auf einen Erwerber waren noch nicht abgeschlossen. Insoweit könnte daran gedacht werden, dass der Betriebsrat bei der Anhörung zur Kündigung der Klägerin fehlerhaft über eine beabsichtigte Betriebsschließung informiert worden ist. Zudem hat sich der der Kündigung zugrundeliegende Sachverhalt zwischen der Betriebsratsanhörung und dem Ausspruch der Kündigung grundlegend geändert. Gleichwohl führt dies nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung, denn zum Zeitpunkt des Ausspruchs der betriebsbedingten Kündigung vom 20.04.2009 standen keine für den Betrieb in Alsdorf zuständigen Betriebsratsmitglieder mehr im Arbeitsverhältnis zum Beklagten zu 1. Vielmehr waren mit Ausnahme der beiden Mitarbeiterinnen in Elternzeit sämtliche Betriebsangehörige nach Aufhebung ihres Arbeitsvertrages zum Beklagten zu 1. in die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft gewechselt. Unabhängig von der Frage, ob die Betriebsratsmitglieder nach dem Betriebsübergang ihr Betriebsratsamt beim Erwerber weiter ausgeübt haben oder zwischenzeitlich Neuwahlen stattgefunden haben, besteht aufgrund des Widerspruchs der Klägerin gegen den Betriebsübergang kein Mandat des Betriebsrats der Filiale A für die diesem Betrieb nicht mehr angehörende Klägerin. Der Beklagte zu 1. konnte am 20.04.2009 kündigen, ohne hierzu einen Betriebsrat anhören zu müssen.
Die Massenentlassungsanzeige begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Die möglicherweise noch nicht rechtskräftige Zustimmungsentscheidung der Bezirksregierung K kann im Falle ihrer Aufhebung im Wege der Restitutionsklage § 580 Nr.6 ZPO Berücksichtigung finden, so dass dies einer Entscheidung durch die Arbeitsgerichte nicht entgegensteht.
Da wie oben dargestellt das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten zu 1. bestand und durch die streitgegenständliche Kündigung zum 31.07.2009 beendet wurde, war auch der gegen die Beklagte zu 2. gerichtete Antrag abzuweisen. Der hilfsweise für den Fall des Obsiegens gestellte Antrag zu 3. ist dem Landesarbeitsgericht nicht angefallen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 93 ZPO.
Die Revision wurde für die Klägerin zugelassen, da die Frage, ob ein Widerspruch gegen einen Betriebsübergang unbeachtlich ist, soweit eine vollständige und richtige Information nach § 613 a Abs. 5 BGB nicht erfolgt ist, noch nicht höchstrichterlich entschieden wurde.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei
REVISION
eingelegt werden.
Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich beim
Bundesarbeitsgericht
Hugo-Preuß-Platz 1
99084 Erfurt
Fax: 0361 2636 2000
eingelegt werden.
Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
1. Rechtsanwälte,
2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
3. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder dieser Organisation oder eines anderen Verbandes oder Zusammenschlusses mit vergleichbarer Ausrichtung entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
Eine Partei die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
Olesch
Lakomy
Löder
Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:
Dr. Martin Hensche Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hensche@hensche.de | |
Christoph Hildebrandt Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hildebrandt@hensche.de | |
Nina Wesemann Rechtsanwältin Fachanwältin für Arbeitsrecht Kontakt: 040 / 69 20 68 04 wesemann@hensche.de |