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LAG Rhein­land-Pfalz, Ur­teil vom 01.04.2010, 2 Sa 731/09

   
Schlagworte: Entgeltfortzahlung, Krankheit, Vergütung
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen: 2 Sa 731/09
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 01.04.2010
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Trier, Urteil vom 21.10.2009, 4 Ca 734/09
   

Ak­ten­zei­chen:
2 Sa 731/09
4 Ca 734/09
ArbG Trier
Ur­teil vom 01.04.2010

 

Te­nor:

Der Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin wei­te­re 642,85 € brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 %-Punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit 16.06.2009 zu zah­len.

Die Be­ru­fung des Be­klag­ten wird zurück­ge­wie­sen.

Die Kos­ten des Rechts­streits wer­den dem Be­klag­ten auf­er­legt.

Die Re­vi­si­on wird nicht zu­ge­las­sen.

 

Tat­be­stand:

Die Par­tei­en strei­ten um die Zah­lung von Ar­beits­vergütung und Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall. Der Be­klag­te macht wi­der­kla­gend Rück­zah­lung von Vergütung gel­tend.

 

Auf Grund­la­ge des Ar­beits­ver­tra­ges vom 15. März 2006 ist die Kläge­rin als Ser­vice­lei­te­rin im Ho­tel des Be­klag­ten beschäftigt. Das anfäng­li­che Brut­to­mo­nats­ge­halt von 1.600,00 € wur­de we­gen ver­ein­bar­ter Re­du­zie­rung der Ar­beits­zeit auf 1.350,00 € ab­ge­senkt. In der Ver­ein­ba­rung über die Vergütung ist ein mo­nat­lich ge­leis­te­ter St­un­den­satz von 9,40 € be­zeich­net, wel­cher als An­satz für die ne­ben dem Ent­gelt ge­leis­te­ten sons­ti­gen Zu­la­gen, wie Sonn- und Fei­er­tags­zu­schläge und Nacht­zu­schlag zu­grun­de ge­legt wer­den. In Zif­fer 10. des Ar­beits­ver­tra­ges ist ver­ein­bart, dass der Ar­beit­neh­mer ei­nen Sonn­tags­zu­schlag für 32 tatsächlich ge­leis­te­te Ar­beit­stun­den erhält = 150,40 € so­wie Nacht­zu­schläge für 30 tatsächlich ge­leis­te­te Ar­beits­stun­den (= 70,50 €).

 

Un­abhängig von der ge­leis­te­ten Zahl der Sonn­tags- und Nacht­stun­den zahl­te der Be­klag­te zu­letzt die Nacht­zu­schläge für 22 St­un­den und die Sonn­tags­zu­schläge für 24 St­un­den.

 

Erst­mals mit der Ab­rech­nung März 2009 kürz­te der Be­klag­te die Vergütung der Kläge­rin auf 1.113,00 € brut­to. Die Kläge­rin ist seit dem 4. April 2009 ar­beits­unfähig er­krankt. Für den Mo­nat April zahl­te der Be­klag­te kei­ne Vergütung und er­stell­te ei­ne Ne­ga­tiv­a­b­rech­nung, die ei­nen Über­schuss­be­trag zu Las­ten der Kläge­rin aus­weist.

 

Die Kläge­rin hat mit der Kla­ge Zah­lung der Vergütungs­dif­fe­renz für Mo­nat März 2009 von 237,00 € brut­to Vergütung und Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall für den Mo­nat April 2009 von 1.135,00 € brut­to und im We­ge der Kla­ge­er­wei­te­rung Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall für wei­te­re zwei Wo­chen für den Mo­nat Mai 2009 von 675,00 € brut­to ge­for­dert.

 

Sie hat vor­ge­tra­gen,

ein Fest­ge­halt von mo­nat­lich 1.350,00 € brut­to sei ver­ein­bart wor­den. Sie ha­be ih­re Ar­beits­leis­tung im ge­schul­de­ten Um­fang vollständig er­bracht. Der Dienst­plan sei kein Be­leg für zu we­nig er­brach­te Ar­beits­leis­tung. Er sei nur mit Blei­stift aus­gefüllt wor­den, ha­be kurz­fris­ti­gen Ände­run­gen un­ter­le­gen und wei­se zu­dem tatsächlich ge­leis­te­te Über­stun­den in Fol­ge be­son­de­ren Ar­beits­an­fal­les nicht vollständig aus.

 

So­fern der Be­klag­te tatsächlich zu­viel Vergütung an sie ge­zahlt ha­ben soll­te, fin­de sich das Geld nicht mehr in ih­rem Vermögen. Es sei für die persönli­che Le­bensführung ver­braucht wor­den.

 

Die Kläge­rin hat zu­letzt be­an­tragt,

1. Der Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin 1.587,00 € brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 %-Punk­ten über dem Ba­sis­zins der EZB aus 237,00 € seit dem 18. April 2009 und aus 1.350,00 € seit dem 15. Mai 2009 zu zah­len.

2. Der Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin 675,00 € brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 %-Punk­ten über dem Ba­sis­zins der EZB seit Rechtshängig­keit zu zah­len.

Der Be­klag­te hat be­an­tragt:

Die Kla­ge wird ab­ge­wie­sen.

 

Er hat im We­ge der Wi­der­kla­ge hilfs­wei­se für den Fall, dass dem An­trag aus der Kla­ge­schrift vom 26. Mai 2009 statt­ge­ge­ben wird, be­an­tragt,

1. Die Kläge­rin wird ver­ur­teilt, an den Be­klag­ten 969,90 EUR brut­to nebst fünf Pro­zent­punk­ten Zin­sen über dem Ba­sis­zins­satz aus 355,10 EUR seit dem 05. Fe­bru­ar 2009, aus 381,60 EUR seit dem 05. März 2009, aus 233,20 EUR seit dem 05. April 2009 zu zah­len.

2. Die Kläge­rin wird ver­ur­teilt, an den Be­klag­ten 193,45 EUR net­to nebst Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz aus 100,70 EUR seit dem 5. Fe­bru­ar 2009, aus 55,65 EUR seit dem 05. März 2009, aus 37,10 EUR seit dem 5. April 2009 zu zah­len.

Wei­ter im We­ge der Wi­der­kla­ge hilfs­wei­se, für den Fall, dass auch dem An­trag aus der Kla­ge­er­wei­te­rung vom 4. Ju­ni 2009 statt­ge­ge­ben wird,

3. Die Kläge­rin wird ver­ur­teilt, an den Be­klag­ten 646,60 € brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 %-Punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 5. Ja­nu­ar 2009 zu zah­len.

4. Die Kläge­rin wird ver­ur­teilt, an den Be­klag­ten 172,25 € net­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 %-Punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz aus 106,00 € seit dem 5. Ja­nu­ar 2009, aus 66,25 € seit dem 5. Mai 2008 zu zah­len.

 

Sch­ließlich hat er im We­ge der - un­be­ding­ten - Wi­der­kla­ge be­an­tragt:

5. Die Kläge­rin wird ver­ur­teilt, an den Be­klag­ten 530,00 EUR brut­to nebst 5 %-Punk­ten Zin­sen über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 5. De­zem­ber 2008 zu zah­len.

6. Die Kläge­rin wird ver­ur­teilt, an den Be­klag­ten 272,59 EUR net­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 %-Punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 5. De­zem­ber 2008 zu zah­len.

 

Der Be­klag­te hat vor­ge­tra­gen,

die Kläge­rin ha­be für sich selbst im Dienst­plan we­ni­ger als die ge­schul­de­te Ar­beits­zeit ein­ge­tra­gen und dem­ent­spre­chend auch we­ni­ger als ver­trag­lich ge­schul­det ge­ar­bei­tet. Sie ha­be statt­des­sen Aus­hilfs­kräfte zur Ar­beit ein­ge­teilt. Da sie nicht im ge­schul­de­ten Ar­beits­um­fang ge­ar­bei­tet ha­be, ste­he ihr auch nicht die vol­le Vergütung zu. Rück­wir­kend ha­be sich her­aus­ge­stellt, dass die Kläge­rin be­reits seit dem Jahr 2008 zu we­nig ge­ar­bei­tet ha­be. Ihr sei­en des­halb zu viel Ge­halt und zu­viel Zu­schläge aus­ge­zahlt wor­den. Im Ar­beits­ver­trag sei kein Fest­ge­halt ver­ein­bart, son­dern ein St­un­den­lohn. Nach der ein­ver­nehm­li­chen Re­du­zie­rung sei die Kläge­rin zu ei­ner mo­nat­li­chen Ar­beits­leis­tung von 127 St­un­den ver­pflich­tet ge­we­sen, was sie, wie der Be­klag­te im Ein­zel­nen dar­stellt, nicht ge­leis­tet ha­be.

 

Die Kläge­rin könn­te sich auf Ent­rei­che­rung nicht be­ru­fen. Sie sei bösgläubig ge­we­sen, weil sie selbst die Dienst­pläne er­stellt ha­be. Zu Recht ha­be er des­halb im Mo­nat April sei­nen Rück­for­de­rungs­an­spruch vollständig mit dem Vergütungs­an­spruch der Kläge­rin ver­rech­net. Pfändungs­frei­gren­zen sei­en hier­bei nicht tan­giert wor­den.

 

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Sach- und Streit­stan­des ers­ter In­stanz wird auf den Tat­be­stand des Ur­teils des Ar­beits­ge­richts Trier vom 21.10.2009 ver­wie­sen.

 

Das Ar­beits­ge­richt hat der Kla­ge zum Teil ent­spro­chen.

Für den Mo­nat März 2009 hat es 237,00 € brut­to zu­ge­spro­chen, für den Mo­nat April 2009 Ar­beits­vergütung bis ein­sch­ließlich 3. April 2009 und bis 30. April 2009 Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall.

 

Im März ha­be die Kläge­rin ei­nen rest­li­chen An­spruch von 237,00 €. Dies er­ge­be sich aus der Aus­le­gung des Ar­beits­ver­tra­ges. Die Par­tei­en hätten ein mo­nat­li­ches Fest­ge­halt von 1,350,00 EUR brut­to ver­ein­bart. Durch den Ände­rungs­ver­trag sei­en die Ar­beits­zeit und die Vergütung je­weils auf ¾ der bis­he­ri­gen Wer­te re­du­ziert wor­den. Es sei ein fes­tes Mo­nats­ge­halt ver­ein­bart. Dies er­ge­be sich aus der Ver­ein­ba­rung im Be­zug auf die Be­rech­nungs­grund­la­ge von Zu­schlägen. Ein nicht zu ver­nachlässi­gen­des In­diz er­ge­be sich auch aus dem Ab­rech­nungs­ver­hal­ten des Be­klag­ten, der stets ei­nen fes­ten Ge­halts­be­stands­teil ab­ge­rech­net ha­be.

 

Die Kläge­rin ha­be für die Zeit vom 4. April 2009 darüber hin­aus An­spruch auf Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall. Nach Be­ginn der Ar­beits­unfähig­keit ab 4. April 2009 sei je­den­falls bis zum 30. April 2009 der Sechs-Wo­chen-Zeit­raum noch nicht er­reicht.

 

Die Vergütungs­for­de­run­gen sei­en nicht er­lo­schen, weil auf­re­chen­ba­re Ge­gen­ansprüche nicht zustünden. Ei­ne rechts­grund­lo­se Leis­tung sei nicht er­sicht­lich, weil die Be­klag­te ei­ne mo­nat­li­che Vergütung un­abhängig von der tatsächlich er­brach­ten Ar­beits­leis­tung schul­de. Der Be­klag­te sei selbst bei Aus­le­gung ei­ner St­un­den­lohn­ver­ein­ba­rung be­weisfällig ge­blie­ben für sei­ne Be­haup­tung, die Kläge­rin ha­be in den streit­ge­genständ­li­chen Zeiträum­en we­ni­ger als die ver­trag­lich ge­schul­de­te Ar­beits­leis­tung er­bracht. Der Be­klag­te müsse dar­le­gen und be­wei­sen, in wel­chem Zeit­raum und in wel­chem Um­fang we­ni­ger als die ge­schul­de­te Ar­beits­leis­tung er­bracht wur­de. Er ha­be hier­zu le­dig­lich auf sei­ne Ab­rech­nun­gen und den Dienst­plan ver­wie­sen. Das sei kein taug­li­ches Be­weis­mit­tel. Der Dienst­plan wei­se nach dem un­be­strit­te­nen Vor­trag schon nicht al­le ge­leis­te­ten St­un­den auf, ins­be­son­de­re kurz­fris­ti­ge Mehr­ar­beit wer­de im Dienst­plan nicht ver­merkt. Die Blei­stift­ein­tra­gun­gen sei­en im Übri­gen leicht ma­ni­pu­lier­bar. Die vom Be­klag­ten selbst er­stell­ten Ab­rech­nun­gen be­leg­ten die Nicht­leis­tung von Ar­beit eben­so we­nig.

 

Aber auch mögli­cher­wei­se zu viel ge­zahl­te Zu­schläge könne er nicht zurück­for­dern, weil die Kläge­rin sich mit Er­folg auf ein­ge­tre­te­ne Ent­rei­che­rung be­ru­fen ha­be. Sie ha­be vor­ge­tra­gen, die zu­viel ge­zahl­ten Gel­der für die all­ge­mei­ne Le­bensführung ver­braucht zu ha­ben. Dem sei der Be­klag­te nicht mit ent­ge­gen­ste­hen­dem Sach­vor­trag be­geg­net.

 

Bösgläubig sei die Kläge­rin nicht ge­we­sen. Es sei viel­mehr so, dass der Be­klag­te sei­ne Ab­rech­nun­gen of­fen­bar nicht an den laut Dienst­plan ge­leis­te­ten Son­der­schich­ten ori­en­tiert hat, son­dern un­abhängig da­von vergüte­te. Vor die­sem Hin­ter­grund ha­be er nicht schlüssig dar­ge­legt, dass die Kläge­rin die er­for­der­li­che po­si­ti­ve Kennt­nis vom feh­len­den Rechts­grund der Leis­tung der Zu­schläge und von der Rechts­fol­ge der Rück­zah­lungs­pflicht hat.

 

Ent­gelt­fort­zah­lungs­ansprüche für Mai 2009 könn­ten nicht zu­ge­spro­chen wer­den, weil die Kam­mer nicht ha­be fest­stel­len können, für wel­chen kon­kre­ten Zeit­raum die Kläge­rin Zah­lung be­geh­re. Ei­ni­ges spre­che dafür, dass sie die Zeit ab 1. Mai 2009 ge­meint ha­be. Al­ler­dings sei der 1. Mai ein ge­setz­li­cher Fei­er­tag. Für die­sen ste­he der Kläge­rin Fei­er­tags­vergütung gemäß § 2 Abs. 1 EFZG zu. Denk­bar sei auch, dass die Kläge­rin zwei Wo­chen im Mai ge­rech­net ha­be ab Mon­tag, dem 4. Mai 2009. Zu berück­sich­ti­gen sei schließlich, dass sie für zehn Ar­beits­ta­ge al­len­falls 642,85 € brut­to for­dern könn­te und da­mit we­ni­ger als die gel­tend ge­mach­te Vergütung.

 

Das Ur­teil wur­de bei­den Par­tei­en am 9. No­vem­ber 2009 zu­ge­stellt. Ge­gen das Ur­teil ha­ben bei­de Par­tei­en selbständig Be­ru­fung ein­ge­legt, die Kläge­rin am 3. De­zem­ber 2009, der Be­klag­te am 9. De­zem­ber 2009.

 

Die Kläge­rin hat ih­re Be­ru­fung am 9. Ja­nu­ar 2010, der Be­klag­te sei­ne Be­ru­fung, nach­dem die Frist zur Be­gründung bis 9. Fe­bru­ar 2010 verlängert wor­den war, mit am 2. Fe­bru­ar 2010 ein­ge­gan­ge­nem Schrift­satz be­gründet.

 

Die Kläge­rin be­an­stan­det die Be­gründung des Ar­beits­ge­richts, es sei nicht er­sicht­lich, wel­che Vergütung für Mai 2009 die Kläge­rin ver­lan­ge. Zu­min­dest hätte das Ar­beits­ge­richt ei­nen Hin­weis ge­ben müssen. Sie ver­lan­ge Ent­gelt­fort­zah­lung ab Mon­tag, 4. Mai 2009 bis 18. Mai 2009 in Höhe von 642,85 € brut­to.

 

Die Kläge­rin be­an­tragt,

den Be­klag­ten un­ter Abände­rung des ar­beits­ge­richt­li­chen Ur­teils vom 21.10.2009 zu ver­ur­tei­len, an sie wei­te­re 642,85 € brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 %-Punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz der EZB seit Rechtshängig­keit zu zah­len.

 

Der Be­klag­te be­an­tragt,

die Be­ru­fung der Kläge­rin zurück­zu­wei­sen.

 

Er hält die Ent­schei­dung des Ar­beits­ge­richts in­so­fern für zu­tref­fend.

Im Übri­gen sei das ar­beits­ge­richt­li­che Ur­teil feh­ler­haft, so­weit es die Wi­der­kla­ge ab­ge­wie­sen ha­be. An­spruch auf vol­le Vergütung blei­be dann nicht be­ste­hen, wenn die Kläge­rin die Ar­beits­leis­tung nicht im ge­schul­de­ten Um­fang er­brin­ge. Dies selbst ha­be die Kläge­rin nicht vor­ge­tra­gen. Un­ter Zu­grund­le­gung der ver­min­dert er­brach­ten Ar­beits­leis­tung er­ge­be sich ein Rück­zah­lungs­an­spruch wie be­an­tragt. Der Be­klag­te sei auch nicht be­weisfällig ge­blie­ben. Er ha­be die Dienst­pläne für den streit­ge­genständ­li­chen Zeit­raum vor­ge­legt. Die Be­haup­tung der Kläge­rin, kurz­fris­ti­ge Ände­run­gen würden in dem Dienst­plan nicht er­fasst, sei nicht zu­tref­fend. Er ha­be Be­weis für die Rich­tig­keit der Dienst­pläne und die Tat­sa­che, dass auch kurz­fris­ti­ge Ände­run­gen im Dienst­plan er­fasst wer­den, an­ge­bo­ten, durch Ver­neh­mung des Küchen­chefs, S. O. Die Kläge­rin sei für die Er­stel­lung der Dienst­pläne ver­ant­wort­lich. Der Zeu­ge könne so­mit bestäti­gen, dass in den Dienst­plänen auch kurz­fris­ti­ge Ände­run­gen er­fasst wer­den. Nicht rich­tig sei die Fest­stel­lung, zwi­schen den Par­tei­en sei es un­strei­tig, dass der Dienst­plan nicht al­le ge­leis­te­ten Ar­beits­stun­den auf­wei­se. Ei­ne ex­ak­te Führung des Dienst­pla­nes sei aus or­ga­ni­sa­to­ri­schen Gründen un­erläss­lich. Die Auf­fas­sung des Ar­beits­ge­richts sei un­zu­tref­fend, der Dienst­plan sei kein Be­weis­mit­tel, weil er Blei­stift­ein­tra­gun­gen ent­hal­te.

Die Kläge­rin ha­be ge­wusst, dass sie nicht die ver­trag­lich ge­schul­de­te Ar­beits­zeit er­brach­te. Des­halb sei sie bösgläubig ge­we­sen.

 

Der Be­klag­te be­an­tragt:

1. Un­ter Abände­rung des Ur­teils des Ar­beits­ge­richts Trier vom 21.10.2009 - AZ: 4 Ca 734/09 - wird die Kläge­rin im We­ge der Wi­der­kla­ge ver­ur­teilt, an den Be­klag­ten 969,90 € brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 %-Punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz

aus 355,10 € seit dem 05.02.2009,

aus 381,60 € seit dem 05.03.2009,

aus 233,20 € seit dem 05.04.2009

zu zah­len.

2. Un­ter Abände­rung des Ur­teils des Ar­beits­ge­richts Trier vom 21.10.2009 - AZ: 4 Ca 734/09 - wird die Kläge­rin im We­ge der Wi­der­kla­ge ver­ur­teilt, an den Be­klag­ten 193,45 € net­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 %-Punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz

 

aus 100,70 € seit dem 05.02.2009,

aus 55,65 € seit dem 05.03.2009,

aus 37,10 € seit dem 05.04.2009

zu zah­len.

3. Un­ter Abände­rung des Ur­teils des Ar­beits­ge­richts Trier vom 21.10.2009 - AZ: 4 Ca 734/09 - wird die Kläge­rin im We­ge der Wi­der­kla­ge ver­ur­teilt, an den Be­klag­ten 530,00 € brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 %-Punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 05.12.2008 zu zah­len.

4. Un­ter Abände­rung des Ur­teils des Ar­beits­ge­richts Trier vom 21.10.2009 - AZ: 4 Ca 734/09 - wird die Kläge­rin im We­ge der Wi­der­kla­ge ver­ur­teilt, an den Be­klag­ten 272,59 € net­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 %-Punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 05.12.2008 zu zah­len.

 

Die Kläge­rin be­an­tragt,

die Be­ru­fung des Be­klag­ten zurück­zu­wei­sen.

 

Sie ver­tei­digt das an­ge­foch­te­ne Ur­teil.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Sach- und Streit­stan­des im Be­ru­fungs­ver­fah­ren wird auf den vor­ge­tra­ge­nen In­halt der Schriftsätze der Par­tei­en, die Ge­gen­stand der münd­li­chen Ver­hand­lung wa­ren, ver­wie­sen.

Wei­ter wird ver­wie­sen auf die Fest­stel­lun­gen zum Sit­zungs­pro­to­koll vom 01.04.2010.

 

Ent­schei­dungs­gründe:

I. Die Be­ru­fun­gen der Par­tei­en sind zulässig, ins­be­son­de­re form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 520 ZPO).

 

II. Le­dig­lich das Rechts­mit­tel der Kläge­rin hat Er­folg, die Be­ru­fung der Be­klag­ten hin­ge­gen muss­te er­folg­los blei­ben.

 

Die Ent­schei­dung be­ruht im We­sent­li­chen auf fol­gen­den kurz dar­ge­stell­ten Erwägun­gen:

 

Der Kläge­rin ste­hen Vergütungs­ansprüche aus Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall für den Mo­nat Mai im dort von ihr gel­tend ge­mach­ten Zeit­raum bis ein­sch­ließlich 15.05.2009 zu. Nach­dem die Kläge­rin ab 04.04.2009 krank war, en­de­te der Sechs-Wo­chen-Lohn­fort­zah­lungs­zeit­raum mit dem 15.05.2009.

15/31 vom dem Mo­nats­ge­halt in Höhe von 1.350,00 € er­gibt 653,22 €.

 

Der An­trag der Kläge­rin, ge­rich­tet auf 642,85 €, ist we­ni­ger als die­ser Be­trag, so­dass ihr die For­de­rung zu­steht.

 

Die Kam­mer hat­te zu ent­schei­den, ob der Kläge­rin we­gen erst­ma­li­ger Präzi­sie­rung des streit­ge­genständ­li­chen Zeit­raums, für den Ent­gelt­fort­zah­lung ge­leis­tet wird, im Be­ru­fungs­ver­fah­ren die Kos­ten des Rechts­streits in­so­weit auf­zu­er­le­gen wa­ren. Dies ist nicht der Fall. Es ist dem Ar­beits­ge­richt vor­zu­hal­ten, dass es of­fen­sicht­lich der Kläge­rin kei­nen Hin­weis ge­ge­ben hat, es ha­be Zwei­fel an der Zulässig­keit des gel­tend ge­mach­ten An­spruchs, ins­be­son­de­re weil der Zeit­raum, für den Ent­gelt­fort­zah­lung be­an­sprucht wird, nicht fest­ste­he.

 

Im Übri­gen war die Ent­schei­dung des Ar­beits­ge­richts rechts­feh­ler­haft, die Kläge­rin hat­te auch für den 1. Mai 2009 kei­nen An­spruch auf Fei­er­tags­vergütung, weil die Ar­beits­zeit nicht le­dig­lich in­fol­ge des Fei­er­tags aus­ge­fal­len ist, son­dern die Kläge­rin an der Ver­pflich­tung zur Ar­beits­leis­tung oh­ne­hin durch ih­re Er­kran­kung ge­hin­dert war. Im Fal­le der Er­kran­kung ist Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall auch für den Fei­er­tag, al­ler­dings mo­di­fi­ziert nach der Be­rech­nungs­me­tho­de des § 4 Abs. 2 EFZG, die im vor­lie­gen­den Fall al­ler­dings kei­ne geänder­te Be­rech­nung der Vergütung not­wen­dig macht.

 

Der un­ter­las­se­ne Hin­weis des Ar­beits­ge­richts war da­her ursächlich für die Kla­ge­ab­wei­sung, weil oh­ne Wei­te­res er­sicht­lich war, dass die Kläge­rin auf ei­nen ent­spre­chen­den Hin­weis den von ihr gel­tend ge­mach­ten Zah­lungs­zeit­raum präzi­siert hätte, wenn dies nicht be­reits still­schwei­gend aus der Vergütung von Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall für sechs Wo­chen ab dem 04.04.2009 präzi­siert wor­den wäre.

 

III. Die Be­ru­fung des Be­klag­ten ist nicht be­gründet.

Im Er­geb­nis und in der Be­gründung voll­kom­men zu­tref­fend hat das Ar­beits­ge­richt Trier fest­ge­stellt, dass Rück­for­de­rungs­ansprüche nicht be­ste­hen. Die Be­gründung des Ar­beits­ge­richts, die Kläge­rin sei hin­sicht­lich zu Un­recht ge­leis­te­ter Nacht- und Sonn­tags­zu­schläge be­rei­chert, ist al­ler­dings nicht zu­tref­fend.

 

Hier hat das Ar­beits­ge­richt die Re­ge­lung von Zif­fer 10. des Ar­beits­ver­tra­ges nicht hin­rei­chend gewürdigt. Dort ist ver­ein­bart, dass der Ar­beit­neh­mer ei­nen Sonn­tags­zu­schlag für 32 tatsächlich ge­leis­te­te Ar­beits­stun­den so­wie Nacht­zu­schläge für 30 tatsächlich ge­leis­te­te Ar­beits­stun­den er­hal­te. Nach der ver­ein­bar­ten Re­du­zie­rung der Ar­beits­zeit sind die St­un­den auf 24 bzw. 22 re­du­ziert wor­den. Der Be­klag­te hat die­se St­un­den auch im­mer in die Lohn­ab­rech­nun­gen ein­ge­stellt. Da­mit steht für die Kam­mer fest, dass die schon al­lein sich aus dem Wort­laut er­ge­ben­de Aus­le­gung, dass die­se Zu­schläge un­abhängig da­von ge­leis­tet wer­den, ob die Ar­beits­zei­ten tatsächlich an­fal­len, zu­tref­fend ist. Ei­ne an­de­re Aus­le­gung ver­bie­tet sich, weil bei Be­gründung des Ar­beits­verhält­nis­ses ja gar nicht fest­steht und auch nicht fest­ste­hen kann, wie viel Sonn­tags­stun­den pro Mo­nat an­fal­len. Die Zahl der Sonn­tags­stun­den pro Mo­nat ist un­ter­schied­lich. Eben­falls ist die Zahl ge­leis­te­ter Nacht­zu­schläge von vorn­her­ein nie­mals fest­stell­bar. Die ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung ist da­her ein­deu­tig da­hin zu in­ter­pre­tie­ren, dass un­abhängig von der tatsächlich ge­leis­te­ten Ar­beits­zeit die Par­tei­en ei­ne Vergütung ent­spre­chend der Re­ge­lung über die Zu­schläge ver­ein­bart ha­ben.

 

Ob die­se Ver­trag­ge­stal­tung steu­er­recht­lich un­be­denk­lich ist, braucht an die­ser Stel­le nicht ent­schie­den zu wer­den. Je­den­falls hat, wenn der Be­klag­te ent­spre­chend der ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­rung die­se pau­scha­lier­te Zahl von Zu­schlags­stun­den ab­rech­net, die Kläge­rin nicht oh­ne Rechts­grund dies­bezügli­che Leis­tun­gen er­hal­ten.

 

Im Übri­gen ist die Dar­stel­lung des Ar­beits­ge­richts, dass die Kläge­rin sich auf Weg­fall der Be­rei­che­rung be­ru­fen kann, zu­tref­fend, sie wird von der ein­schlägi­gen Rechts­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts, der sich die Kam­mer an­sch­ließt, gestützt.

 

Des Wei­te­ren ist die Ent­schei­dung des Ar­beits­ge­richts zu­tref­fend, so­weit der Be­klag­te von der Kläge­rin nicht Über­zah­lun­gen von zu­viel ge­leis­te­ter Vergütung zurück­ver­lan­gen kann. Da­bei ist es un­er­heb­lich, ob die Par­tei­en ei­ne St­un­den­lohn­ab­re­de oder ei­ne Mo­nats­lohn­ab­re­de ge­trof­fen ha­ben. Im Aus­gangs­punkt rich­tig, weist der Be­klag­te dar­auf hin, dass auch ei­ne Ab­re­de über ei­ne Mo­nats­vergütung vor­aus­setzt, dass die Par­tei­en sich über die zu leis­ten­den St­un­den ei­nig sind. Des­halb kann ein Ar­beit­neh­mer, der nicht das ver­trag­lich ge­for­der­te Vo­lu­men der Ar­beits­zeit er­bringt, für die nicht ge­leis­te­te Ar­beits­zeit re­gelmäßig kein Ent­gelt ver­lan­gen.

 

Der Be­klag­te macht je­doch die Rück­for­de­rung von über­zahl­ten Lohn­ansprüchen gel­tend. Für die Rück­for­de­rung ist er dar­le­gungs- und be­weis­pflich­tig. Ins­be­son­de­re muss er präzi­se dar­le­gen, was die Kläge­rin hätte ar­bei­ten müssen und dass die Kläge­rin nicht die ver­trag­lich ge­schul­de­te Ar­beits­zeit er­bracht hat. Hier­zu ist der Hin­weis auf die Dienst­pläne nicht aus­rei­chend. Ins­be­son­de­re hätte der Be­klag­te sub­stan­ti­iert und de­tail­liert un­ter Hin­weis auf die Ein­las­sung der Kläge­rin, sie ha­be nicht nur die in den Dienst­plänen nie­der­ge­leg­te Ar­beits­zeit er­bracht, dar­le­gen und be­wei­sen müssen, dass dies nicht der Fall ist. Das Feh­len ei­nes recht­li­chen Grun­des im Rah­men des Be­rei­che­rungs­an­spruchs nach § 812 Abs. 1 BGB ist von den An­spruchs­stel­ler dar­zu­le­gen und zu be­wei­sen.

 

Sch­ließlich ist der Be­klag­te dar­auf hin­zu­wei­sen, dass er selbst in der münd­li­chen Ver­hand­lung ein­geräumt hat, ei­nen Aus­gleich von Mehr- oder Min­der­stun­den wer­de im re­gelmäßigen Ab­stand vor­ge­nom­men.

 

Da das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en noch fort­be­steht, ist nicht er­sicht­lich, dass be­reits jetzt ein Rück­for­de­rungs­an­spruch ge­genüber der Kläge­rin be­ste­hen könn­te, soll­te sie tatsächlich, was wie­der­um vom Be­klag­ten im Ein­zel­nen dar­zu­le­gen und zu be­wei­sen wäre, nicht die ver­trag­lich ge­schul­de­te re­gelmäßige Ar­beits­zeit er­bracht ha­ben.

 

Auf die wei­te­ren Fra­gen, ob der Dienst­plan mit Blei­stift ge­schrie­ben wur­de, und dass es der Be­klag­te wohl of­fen­sicht­lich Mo­na­te lang versäumt hat, nach sei­nem ei­ge­nen Vor­trag fest­ge­stell­te re­du­zier­te Ar­beits­zei­ten der Kläge­rin zur Kennt­nis zu neh­men und ar­beits­ver­trag­lich zu sank­tio­nie­ren, kam es ent­schei­dungs­er­heb­lich nicht an.

 

Nach al­lem muss­te die Be­ru­fung der Kläge­rin er­folg­reich sein, die Be­ru­fung der Be­klag­ten hin­ge­gen der Zurück­wei­sung un­ter­lie­gen.

Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt § 92 Abs. 1 i. V. m. § 97 Abs. 1 ZPO.

Gründe für ei­ne Zu­las­sung der Re­vi­si­on be­ste­hen an­ge­sichts der Kri­te­ri­en des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.

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