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LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 28.06.2007, 7 Sa 627/06
Schlagworte: | Arbeitszeit, Teilzeitbeschäftigung, Sperrzeit | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt | |
Aktenzeichen: | 7 Sa 627/06 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 28.06.2007 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Halle (Saale), Urteil vom 20.10.2006, 6 Ca 455/06 | |
Aktenzeichen:
7 Sa 627/06
6 Ca 455/06
ArbG
Verkündet am: 28.06.2007
, Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
LANDESARBEITSGERICHT
SACHSEN-ANHALT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
- Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte:
gegen
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigter
hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt auf die mündliche Verhandlung vom 24. Mai 2007 durch den Richter am Arbeitsgericht ….. als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richterinnen als Beisitzerinnen für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts – 6 Ca 455/06 – vom 20.10.2006 abgeändert.
Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, einer Verringerung der Wochenarbeitszeit der Klägerin von bislang 40 auf künftig 33 Stunden bei einer regelmäßigen täglichen Arbeitszeit von
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Montag bis Donnerstag von 8.00 bis 12.30 Uhr und von 13.00 bis 15.30 Uhr sowie Freitag von 8.00 bis 13.00 Uhr zuzustimmen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten tragen die Klägerin und die Beklagte zu 1) und der Beklagte zu 2) (als Gesamtschuldner) je zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3), zu 4), zu 5) trägt die Klägerin; von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagte zu 1) und der Beklagte zu 2) 2/5; im Übrigen tragen sie die Parteien selbst.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit.
Die am …. geborene Klägerin ist seit dem 12.06.1995 bei der Rechtsanwaltskanzlei des Beklagten zu 2) als Rechtsanwaltsfachangestellte mit einem Bruttomonatsgehalt von 1.700,-- € bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden beschäftigt. Die Anwaltskanzlei des Beklagten zu 2) ist seit dem Ausscheiden des Gesellschafters Mägel eine Einzelkanzlei des Beklagten zu 2), in der u. a. die Beklagten zu 3), zu 4) und zu 5) als weitere Rechtsanwälte angestellt sind.
Vom 15.02.2005 bis zum 15.02.2006 befand sich die Klägerin in Elternzeit. Zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2) fanden Ende 2005, Anfang 2006 Gespräche über eine von der Klägerin gewünschten reduzierten Arbeitszeit nach Wiederaufnahme der Tätigkeit als Rechtsanwaltsfachangestellte statt. Mit Schreiben vom 16.01.2006 unterbreitete die Klägerin dem Beklagten zu 2) einen Vorschlag für die Verteilung einer wöchentlichen Arbeitszeit von 33 Stunden. Hiernach sollte die Tätigkeit Montag bis Donnerstag von 8.30 bis 12.30 Uhr sowie von 13.00 bis 16.00 Uhr und am Freitag von 8.30 bis 13.30 Uhr
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erfolgen (wegen des Inhalts des Schreibens der Klägerin vom 16.01.2006 wird auf Bl. 11 d. A. Bezug genommen).
Mit Schreiben vom 30.01.2006 lehnte der Beklagte zu 2) den Vorschlag - insbesondere hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit - aus betrieblichen Gründen ab (wegen des Schreibens des Beklagten zu 2 vom 30.01.2006 wird auf Bl. 12 d. A. Bezug genommen).
Mit ihrer am 27.02.2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klageschrift begehrte die Klägerin bei Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit von bislang 40 auf 33 Stunden eine Verteilung der täglichen Arbeitszeit von Montag bis Donnerstag von 8.30 bis 12.30 Uhr und von 13.00 bis 16.00 Uhr und Freitag von 8.30 bis 13.30 Uhr.
Das ebenfalls am 27.02.2006 beim Arbeitsgericht anhängig gemachte einstweilige Verfügungsverfahren ist am 08.03.2006 durch folgenden Vergleich beendet worden:
„1. Die verfügungsbeklagte Partei stimmt einer Verringerung der Wochenarbeitszeit der Verfügungsklägerin von bislang 40 Stunden auf 33 Stunden bei einer regelmäßigen täglichen Arbeitszeit von sieben Stunden von Montag bis Donnerstag verteilt von 8.00 bis 12.00 Uhr und 13.00 bis 16.00 Uhr sowie Freitag fünf Stunden von 8.30 bis 13.30 Uhr, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, Az. 6 Ca 455/06, zu.
2. Damit ist das vorliegende einstweilige Verfügungsverfahren erledigt.“
Mit Schriftsatz vom 27.07.2006, der dem Beklagten zu 2) vorab per Fax und am 01.08.2006 per Empfangsbekenntnis zugestellt worden ist, hat die Klägerin den Antrag umgestellt und nunmehr die Verteilung der täglichen Arbeitszeit von Montag bis Donnerstag von 8.00 bis 12.30 Uhr und von 13.00 bis 15.30 Uhr sowie Freitag von 8.00 bis 13.00 Uhr begehrt.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, betriebliche Gründe stünden der begehrten Verteilung der Arbeitszeit nicht entgegen. Um bei Bedarf auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln ihren Sohn bis Schließung der Kindertagesstätte um 17.00 Uhr abholen zu können, müsse nunmehr die tägliche Arbeitszeit spätestens um 15.30 Uhr enden.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagten werden verurteilt, eine Verringerung der Wochenarbeitszeit der Klägerin von bislang 40 auf künftig 33 Stunden bei einer regelmäßigen täglichen Arbeitszeit von Montag bis Donnerstag von 8.00 bis 12.30 Uhr sowie von 13.00 bis 15.30 Uhr sowie Freitag von 8.00 bis 13.00 Uhr zuzustimmen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, der von der Klägerin begehrten Verteilung der Arbeit stünden betriebliche Gründe entgegen. Alle Kanzleien der Beklagten hätten für alle Mitarbeiter eine einstündige Mittagspause vorgesehen. Dies sei erforderlich, da ansonsten nicht gewährleistet sei, dass montags bis donnerstags jeweils bis 18.00 Uhr Rechtsanwaltsfachangestellte bei der Beklagten tätig sind. Die Klägerin sei insbesondere auch nicht darauf angewiesen, bereits um 15.30 Uhr die Kanzlei zu verlassen. Wie sich aus entsprechenden Recherchen eindeutig ergebe, sei die Klägerin nicht von öffentlichen Verkehrsmitteln abhängig.
Zudem müsse sich die Klägerin an ihre ursprünglich begehrte Verteilung halten und könne nicht ohne weiteres einen geänderten Verteilungsanspruch stellen.
Mit Urteil vom 20.10.2006 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dem Anspruch auf Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit stünde bereits § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG entgegen. Die Klägerin habe die dort genannte Frist von drei Monaten nicht eingehalten. Zudem sei die Klägerin an ihren Antrag in der Klageschrift vom 27.02.2006 bzw. in dem Anschreiben an die Beklagten vom 16.01.2006 gebunden. An diese gewünschte Verteilung müsse sich die Klägerin festhalten lassen. Schließlich stünden dem Verteilungsverlangen der Klägerin auch betriebliche Gründe der Beklagten entgegen.
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Gegen das der Klägerin am 25.10.2006 zugestellte Urteil wendet sich die am 24.11.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangene und – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 25.01.2007 – am 25.01.2007 begründete Berufung der Klägerin.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Nichteinhaltung der Frist nach § 8 Abs. 2 TzBfG führe nicht zur Unwirksamkeit des Antrags auf Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit. Zudem hätten die Beklagten auch auf die Rüge der Nichteinhaltung der Frist verzichtet. Der ursprüngliche Verringerungsantrag sei zu Unrecht von den Beklagten abgelehnt worden. Betriebliche Gründe, die der begehrten Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit entgegenstünden, lägen nicht vor. Es fehle bereits an einem nachvollziehbaren Organisationskonzept. Der Arbeitszeitwunsch der Klägerin sei problemlos in das Konzept der beklagten Partei integrierbar.
Der geänderte Antrag hinsichtlich der Verteilung im Laufe des Prozesses resultiere aufgrund eines Kanzleiumzugs der Beklagten. Bei der jetzigen Arbeitsstätte müsse aufgrund der Verkehrszeiten der öffentlichen Verkehrsmittel die Arbeitszeit bereits um 15.30 Uhr beendet werden. Der in dem Schriftsatz vom 27.07.2006 gestellte Verringerungs- und Verteilungsantrag sei demnach nach Maßgabe eines drei Monate später liegenden Beginns der begehrten Arbeitszeitverringerung und -verteilung wirksam. Um die Wirkung eines auch außerprozessual wirksamen neuen Arbeitszeitverringerungsantrags zu erreichen, habe die Klägerin den Antrag vom 27.07.2006 den Beklagten auch direkt gegen Empfangsbekenntnis zugestellt.
Die Klägerin beantragt,
1. das Urteil des Arbeitsgerichts vom 20.10.2006 (Az. 6 Ca 455/06) abzuändern und nach den Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen,
2. die Kosten des Rechtsstreits der berufungsbeklagten Partei aufzuerlegen.
Die Berufungsbeklagten beantragen,
die Berufung abzuweisen.
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Die Beklagten meinen, die Klage gegenüber den Beklagten zu 2 – 5 sei bereits deshalb unbegründet, weil die betroffenen Personen, die hier nicht als Gesellschafter in Anspruch genommen werden, sondern als Einzelpersonen, jedenfalls als Einzelpersonen nicht Arbeitgeber der Klägerin seien. Als Arbeitgeber käme vielmehr die Beklagte zu 1) in Betracht. Nach Ausscheiden des Gesellschafters Mägel bestünde jedoch nur noch die Einzelkanzlei des Beklagten zu 2).
Der begehrten Verteilung der Arbeitszeit stünden betriebliche Gründe entgegen. Die Einhaltung der einstündigen Mittagspause ist Teil eines betrieblichen Organisationskonzepts der Kanzleien des Beklagten zu 2). Nur so könne gewährleistet werden, dass die Kanzleien bis 18.00 Uhr an den Werktagen besetzt sind. Eine Reduzierung der einstündigen Mittagszeit auf eine halbe Stunde führe dazu, dass weitere Kanzleiangestellte die einstündige Mittagszeit nicht mehr einhalten würden. Auch der Gleichbehandlungsgrundsatz stünde einer Ausnahmeregelung für die Klägerin entgegen. Insbesondere sei kein Grund ersichtlich, warum nicht an der Verteilung, wie in dem gerichtlichen Vergleich im einstweiligen Verfügungsverfahren vorgenommen, festgehalten werden könne. Die Klägerin sei nicht auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufung wird auf ihre in der zweiten Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist zum Teil begründet.
I.
Die statthafte (§§ 8, 64 Abs. 1 ArbGG), form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist zulässig (§§ 64 Abs. 2 b, 66 Abs. 1, 66 Abs. 6 ArbGG; 519 Abs. 2, 520 ZPO).
II.
- 7 -
Die Berufung der Klägerin ist im Hinblick auf den Beklagten zu 2 begründet. Im Übrigen ist sie wegen fehlender Passivlegitimation zurückzuweisen.
1.
Die Klage auf Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit ist zulässig.
Das von der Klägerin verfolgte Begehren ist hinreichend bestimmt, §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 495, 253 Abs. 2 Ziffer 2 ZPO.
Soweit die Klägerin die Zustimmung des Beklagten zur Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit begehrt, ist die Angabe eines Datums, zudem die Vertragsänderung wirksam werden soll, entbehrlich. Der Beginn ergibt sich aus dem Gesetz. Mit Rechtskraft eines obsiegenden Urteils gilt die Zustimmung des Beklagten nach § 894 ZPO als erteilt (BAG vom 23.11.2004 – 9 AZR 644/03 – Juris Rz 15).
Die teilweise Klageänderung im Antrag vom 27.07.2006, in dem die Klägerin statt einer Verteilung der Wochenarbeitszeit auf nachmittags bis 16.00 Uhr nunmehr auf nachmittags bis 15.30 Uhr verlangt hat, ist eine zulässige Klageänderung nach §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 495, 263 ZPO. Die Klageänderung ist sachdienlich. Die Parteien streiten entscheidend darum, ob eine Reduzierung der Mittagszeit von einer halben Stunde möglich ist.
2.
Die Klage ist nur hinsichtlich des Beklagten zu 2) begründet.
2.1.
Richtiger Beklagter bei der Durchsetzung des Anspruches auf Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG ist der Arbeitgeber. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist im Zivilprozess aktiv und passiv parteifähig (BGH vom 29.01.2001, BGHZ 146, 341). Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist auch fähig, Arbeitgeber zu sein (BAG vom 01.12.2004 – 5 AZR 597/03 -, BAGE 113, 50 – 55: die Klage war gegen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts erhoben, die Arbeitgeberfähigkeit der GbR wurde demnach vom Bundesarbeitsgericht bejaht).
- 8 -
Die Klage der Klägerin wäre demnach nur gegen die Beklagte zu 1) zu richten gewesen. Erstmals in der Berufung wies jedoch der Beklagte zu 2) darauf hin, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht mehr existiere. Demnach ist einzig richtiger Beklagter der Beklagte zu 2). Da das Vorbringen des Beklagten zu 2) hinsichtlich der nicht mehr existenten Gesellschaft bürgerlichen Rechts erst in der Berufung erfolgte, ist in der Kostenentscheidung berücksichtigt.
2.2
Die Klage ist gegen den Beklagten zu 2) begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten zu 2) einen Anspruch auf Zustimmung zur Verringerung seiner Arbeitszeit in dem von ihr begehrten Umfang und deren gewünschte Festlegung. Dies ergibt sich aus § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG.
a.
Die allgemeinen Voraussetzungen von § 8 TzBfG sind erfüllt: Das Arbeitsverhältnis der Parteien besteht länger als sechs Monate (§ 8 Abs. 1 TzBfG). Der Beklagte zu 2) beschäftigt in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer (§ 8 Abs. 7 TzBfG).
b.
Die Klägerin ist nicht gehindert, ihren zuletzt gestellten Antrag auf Verteilung der Arbeitszeit von Montag bis Donnerstag von 8.00 bis 12.30 Uhr und von 13.00 bis 15.30 Uhr sowie am Freitag von 8.00 bis 13.30 Uhr durchzusetzen. Der Anspruch auf Verteilung der Arbeitszeit setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die Verringerung der Arbeitszeit und deren Umfang rechtzeitig beantragt und im Zusammenhang mit diesem Antrag seinen Verteilungswunsch äußert (§ 8 Abs. 2 Satz 1 u. 2 TzBfG). Dabei kann der Arbeitnehmer entscheiden, ob er ausschließlich die Verringerung der Arbeitszeit beantragt und dem Arbeitgeber überlässt, die verbleibende Arbeitszeit zu verteilen (§ 106 GewO), oder ob er außerdem eine auf bestimmte Tagesstunden verteilte Arbeitszeit wünscht. Ungeachtet der Frage, ob der Arbeitnehmer den Verteilungswunsch zugleich mit dem Verringerungsantrag zu stellen hat, oder ob er diesen bis zur Erörterung mit dem Arbeitgeber zurückstellen kann, ist er an seine Erklärung gebunden. Dies gilt sowohl hinsichtlich der „freien“ Verteilung der Arbeitszeit als auch für den gestellten Verteilungsantrag. Beide Anträge sind auf den Abschluss eines Vertrages gerichtet mit der Folge, dass der Arbeitnehmer hieran gebunden ist (§ 145 BGB). Hat der Arbeitnehmer
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keinen Verteilungswunsch geäußert, kann er diesen im Rechtsstreit nicht „nachschieben“. Ebenso ist er nicht gehindert, einen einmal geäußerten Wunsch zu ändern. Dem Arbeitnehmer verbleibt nur, erneut die Verringerung der Arbeitszeit zu beantragen und dabei die Festlegung der nunmehr gewünschten Verteilung zu verlangen. Hat der Arbeitgeber den zunächst gestellten Antrag des Arbeitnehmers zu Recht aus betrieblichen Gründen abgelehnt, kann die neuerliche Geltendmachung nur erfolgreich sein, wenn die zweijährige Sperrfrist des § 8 Abs. 6 TzBfG abgelaufen ist (BAG vom 23.11.2004 – 9 AZR 644/03 – Juris, Rz 25).
Die Klägerin hat in dem Schriftsatz vom 27.07.2006 die Festlegung der nunmehr gewünschten Verteilung zu Recht verlangt, die zweijährige Sperrfrist des § 8 Abs. 6 TzBfG steht dem nicht entgegen.
(1)
Der Antrag im Schriftsatz vom 27.07.2006, der dem Beklagten zu 2) vorab per Fax und dann von Anwalt zu Anwalt per EB zugestellt worden ist, stellt ein neuerliches rechtsgeschäftliches Vertragsangebot dar. In der Prozesshandlung liegt auch ein materiellrechtliches Rechtsgeschäft, das Vertragsangebot der Klägerin. Die den Prozessbevollmächtigten der Klägerin ausgestellte Prozessvollmacht erstreckt sich auf diese materiellrechtliche Erklärung.
Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich insofern auch von dem Sachverhalt, der der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 23.11.2004 – 9 AZR 644/03 – zugrunde lag. Die Revision richtete sich gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 26.06.2003 (4 Sa 1306/02, Juris). Der in diesem Verfahren von der Klägerin erstinstanzlich gestellte Sachantrag ist erst vor dem Landesarbeitsgericht dahingehend geändert worden, dass anstatt einer Verteilung der begehrten Reduzierung auf 25 Stunden pro Woche auf die Wochentage Montag bis Freitag von jeweils 8.00 bis 13.00 Uhr nunmehr eine Verteilung der Arbeitszeit auf drei aufeinander folgenden Wochentagen mit jeweils 8,333 Stunden begehrt worden ist.
(2)
Die Sperrfrist des § 8 Abs. 6 TzBfG dient der Planungssicherheit des Arbeitgebers und dem Betriebsfrieden. Der Arbeitnehmer kann ein erneutes Verlangen auf Verringerung der
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Arbeitszeit erst nach Ablauf von zwei Jahren stellen. Die Frist beginnt allerdings erst, wenn der Arbeitgeber der Verringerung der Arbeitszeit zustimmt oder sie berechtigt abgelehnt hat. Eine unberechtigte Ablehnung der Verlangens durch den Arbeitgeber löst keine Sperrfrist aus (Münchner Kommentar – Müller-Glöge, 4. Aufl., § 8 TzBfG Rz 40, 41; ErfK/Preis, 7. Aufl., § 8 TzBfG Rn 48). Daher ist die Berechtigung der ersten Ablehnung inzidenter im Rahmen eines erneuten Verlangens nach Verringerung der Arbeitszeit zu prüfen (Münchner Kommentar – Müller-Glöge, aaO, Rz 41; ErfK/Preis, aaO).
(3)
Der Beklagte zu 2) hat das Verlangen der Klägerin vom 16.01.2006 zu Unrecht abgelehnt. Dem Verlangen der Klägerin nach Verringerung der Arbeitszeit mit dem verbundenen Wunsch auf Festlegung der Lage der Arbeitszeit stehen keine betrieblichen Gründe entgegen.
Ob dem Verlangen nach Verringerung der Arbeitszeit verbundenen Wunsch auf Festlegung der Lage der Arbeitszeit genügend gewichtige betriebliche Gründe entgegenstehen, ist in drei Stufen zu prüfen.
In der ersten Stufe ist festzustellen, ob überhaupt und, wenn ja, welches betriebliche Organisationskonzept der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehener Arbeitszeitregelung zugrunde liegt. Organisationskonzept ist das Konzept, mit dem die unternehmerische Aufgabenstellung im Betrieb verwirklicht werden soll. Die Darlegungslast dafür, dass das Organisationskonzept die Arbeitszeitregelung bedingt, liegt beim Arbeitgeber. Die Richtigkeit seines Vortrags ist uneingeschränkt überprüfbar. Die dem Organisationskonzept zugrunde liegende unternehmerische Aufgabenstellung und die daraus abgeleiteten organisatorischen Entscheidungen sind hinzunehmen, soweit sie nicht willkürlich sind. Voll überprüfbar ist dagegen, ob das vorgetragene Konzept auch tatsächlich im Betrieb durchgeführt wird.
In der zweiten Stufe ist zu prüfen, inwieweit die Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen des Arbeitnehmers tatsächlich entgegensteht. Dabei ist auch der Frage nachzugehen, ob durch eine dem Arbeitgeber zumutbare Änderung von betrieblichen Abläufen oder des Personaleinsatzes der betrieblich als erforderlich
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angesehene Arbeitszeitbedarf unter Wahrung Organisationskonzepts mit dem individuellen Arbeitszeitwunsch des Arbeitnehmers in Einklang gebracht werden kann.
Ergibt sich, dass das Arbeitszeitverlangen des Arbeitnehmers nicht mit dem organisatorischen Konzept und der daraus folgenden Arbeitszeitregelung in Übereinstimmung gebracht werden kann, ist in der dritten Stufe das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe zu prüfen: Werden durch die vom Arbeitnehmer gewünschte Abweichung die in § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG genannten besonderen betrieblichen Belange oder das betriebliche Organisationskonzept und die ihm zugrunde liegende unternehmerische Aufgabenstellung wesentlich beeinträchtigt? (BAG vom 14.10.2003 – 9 AZR 636/02 – Juris, Rz 44 – 46).
Unter Zugrundelegung dieses Prüfungsschemas stehen dem Arbeitszeitverlangen der Klägerin keine betrieblichen Gründe entgegen.
Soweit in der Entscheidung des Beklagten zu 2) – einheitliche Regelung der Mittagspause von 12.00 bis 13.00 Uhr – ein Konzept gesehen werden kann, mit dem die unternehmerischer Aufgabenstellung im Betrieb verwirklicht werden soll, und eine Kürzung der einstündigen Mittagspause auf eine halbe Stunde diesem Organisationskonzept entgegensteht, steht diese Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen der Klägerin tatsächlich aber nicht entgegen. Es ist dem Beklagten zu 2) zumutbar unter Wahrung des Organisationskonzepts, den als betrieblich als erforderlich angesehenen Arbeitszeitbedarf mit dem individuellen Arbeitszeitwunsch der Klägerin in Einklang zu bringen. Es ist ohne weiteres möglich, dass die Klägerin in der Zeit von 12.00 bis 12.30 Uhr Tätigkeiten als Rechtsanwaltsangestellte wahrnimmt. Dies wurde auch von dem Beklagten zu 2) in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer nicht in Abrede gestellt. Insofern greifen auch nicht die Erwägungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Bereits aufgrund der reduzierten Arbeitszeit liegt ein nicht vergleichbarer Sachverhalt mit den vollzeitbeschäftigten Kanzleiangestellten vor. Zudem ist es durchaus nachvollziehbar, dass bei einer reduzierten Arbeitszeit sich auch die Pausenzeiten reduzieren können. Die Befürchtung des Beklagten zu 2), dass mit einer reduzierten Mittagspause für die Klägerin in allen Kanzleien das Organisationskonzept mit der Verteilung der Arbeitszeit unter Zugrundelegung einer einstündigen Mittagspause nicht mehr durchsetzbar wäre, ist objektiv nicht begründbar.
- 12 -
Maßgeblicher Grund für die Ablehnung des Arbeitszeitverteilungswunsches der Klägerin ist, dass der Beklagte zu 2) die Erforderlichkeit der von der Klägerin gewünschten Arbeitszeitverteilung erheblich in Zweifel stellt. Ob die von der Klägerin aufgeführten Gründe für die gewünschte Verringerung der Arbeitszeit und Verteilung der Arbeitszeit tatsächlich bestehen, ist für den Rechtsstreit aber nicht maßgeblich. Auf Seiten des Arbeitnehmers sind keine Gründe für den Teilzeitanspruch erforderlich. Aus diesem Grunde findet auch keine Abwägung der betrieblichen Gründe mit den Arbeitnehmerinteressen an Teilzeit statt (ErfK/Preis, 7. Aufl., § 8 TzBfG, Rz 25 m.w.N.).
(4)
Das ursprüngliche Arbeitszeitverringerung und -verteilungsverlangen der Klägerin vom 16.01.2006 ist von dem Beklagten zu 2) auch nicht wegen Nichteinhaltung der Frist des § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG zurückgewiesen worden. Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG muss die Verringerung der Arbeitszeit „spätestens drei Monate vor deren Beginn“ geltend gemacht werden. Die mangelnde Einhaltung der Frist ist jedenfalls ohne Bedeutung, wenn der Arbeitgeber trotzdem die Arbeitszeitverringerung mit dem Arbeitnehmer ohne Vorbehalt erörtert. Hierin ist ein Verzicht auf die ausschließlich zu seinem Schutz bestimmte gesetzliche Mindestfrist zu sehen (BAG vom 14.10.2003 – 9 AZR 636/02 – Juris, Rz 37). Der Beklagte zu 2) hat die begehrte Arbeitszeitverringerung und -verteilung mit der Klägerin vorbehaltlos erörtert. Gerade die Pausenregelung von einer Stunde war von Anfang an Gegenstand der Diskussion über die Verteilung der Arbeitszeit.
Darüber hinaus ist das kurzfristig gestellte Teilzeitverlangen, das die Ankündigungsfrist des § 8 Abs. 2 TzBfG nicht wahrt, der Auslegung zugänglich. Wird von einem Arbeitnehmer ein zu früher Beginn der Änderung von Arbeitszeit und deren Verteilung gewünscht, so ist regelmäßig davon auszugehen, dass es dem Arbeitnehmer vor allem um das Ob der Verringerung und erst in zweiter Linie um den Zeitpunkt der Verringerung geht. Regelmäßig wird deshalb ein Verringerungsverlangen jedenfalls hilfsweise auf einen Zeitpunkt gerichtet sein, zu dem der Arbeitnehmer den Beginn der Verringerung nach den gesetzlichen Regelungen verlangen kann (BAG vom 20.07.2004 – 9 AZR 626/03 – Juris, Rz 25).
c.
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Aus den oben unter b. (3) erörterten Gründen stehen dem im Schriftsatz vom 27.07.2006 geänderten Begehren der Klägerin auf Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit keine betrieblichen Gründe entgegen. Aus den unter (4) genannten Gründen ist es unschädlich, dass in dem Verlangen auf Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit im Schriftsatz vom 27.07.2006 die Dreimonatsfrist nicht genannt wurde. Dies hat nicht die Unwirksamkeit des Änderungsverlangens zur Folge, vielmehr verschiebt sich nur der Zeitpunkt des Vollzugs.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1 u. Abs. 2; 100 ZPO. Die Beklagte zu 1) hätte bereits im ersten Rechtszug geltend machen können, dass sie als Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht mehr existiert.
IV.
Die Revision ist für den Beklagten zu 2) im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 23.11.2004 – 9 AZR 644/03 – zugelassen worden. Soweit das Bundesarbeitsgericht in der genannten Entscheidung bei innerhalb eines Rechtsstreits gestelltem Sachantrag generell kein neuerliches rechtsgeschäftliches Vertragsangebot sieht, wären die Voraussetzungen der Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG gegeben.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision für die Klägerin sind nicht gegeben. Bei dem vorliegenden Rechtsstreit handele es sich um einen Einzelfall, so dass die Annahme grundsätzlicher Bedeutung nicht gerechtfertigt wäre. Darüber hinaus weicht die Entscheidung nicht von den Grundsätzen der obergerichtlichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts oder anderer Landesarbeitsgerichte ab.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil kann der Beklagte zu 2) Revision einlegen.
Die Revisionsschrift muss innerhalb eines Monats, die Revisionsbegründungsschrift innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils bei dem
Bundesarbeitsgericht
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Hugo-Preuß-Platz 1
99084 Erfurt
eingehen.
Die Revisions- und die Revisionsbegründungsschrift müssen von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
Die Revisionsschrift, die Revisionsbegründungsschrift und die sonstigen wechselseitigen Schriftsätze im Revisionsverfahren sollen siebenfach - für jeden weiteren Beteiligten ein Exemplar mehr - eingereicht werden.
Gegen diese Entscheidung ist für die Klägerin kein Rechtsmittel gegeben.
Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 a ArbGG wird hingewiesen.
Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:
Dr. Martin Hensche Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hensche@hensche.de | |
Christoph Hildebrandt Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hildebrandt@hensche.de | |
Nina Wesemann Rechtsanwältin Fachanwältin für Arbeitsrecht Kontakt: 040 / 69 20 68 04 wesemann@hensche.de |