HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

BAG, Ur­teil vom 20.08.1997, 2 AZR 620/96

   
Schlagworte: Kündigung: Fristlos, Wiedereinstellung, Kündigung: Verdachtskündigung, Verdachtskündigung
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 2 AZR 620/96
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 20.08.1997
   
Leitsätze: Kündigt ein Arbeitgeber einer Arbeitnehmerin wegen strafbarer Handlung bzw. wegen Verdachts einer strafbaren Handlung, so führt die Einstellung des gegen die Arbeitnehmerin insoweit eingeleiteten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens ( § 170 Abs. 2 Satz 1 StPO) weder zur Unwirksamkeit der Kündigung, noch zu einem Wiedereinstellungsanspruch der Arbeitnehmerin.

Ist in der Vorinstanz einem Kündigungsschutzantrag stattgegeben worden, so fällt ein dort hilfsweise gestellter Antrag auf Wiedereinstellung auch ohne Anschlußrechtsmittel in der Rechtsmittelinstanz an (im Anschluß an Senatsurteil vom 18. Dezember 1980 - 2 AZR 1006/78 - AP Nr. 22 zu § 102 BetrVG 1972).
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Oberhausen
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
   

2 AZR 620/96
15 Sa 165/96 Düssel­dorf


Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am

20. Au­gust 1997

Ur­teil

An­derl,
Amts­in­spek­to­rin
als Ur­kunds­be­am­ter 

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

PP.

hat der Zwei­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts gemäß § 128 Abs. 2 ZPO in der Sit­zung am 20. Au­gust 1997 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter Dr. Et­zel, die Rich­ter Bröhl und Dr. Fi­scher­mei­er so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Dr. En­gel­mann und Pi­per für Recht er­kannt:

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Auf die Re­vi­si­on der Be­klag­ten wird das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Düssel­dorf vom 26. Ju­li 1996 - 15 Sa 165/96 - auf­ge­ho­ben.

Die Be­ru­fung der Kläge­rin ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Ober­hau­sen vom 5. De­zem­ber 1995 - 3 Ca 1650/95 - wird, auch mit dem Hilfs­an­trag, zurück­ge­wie­sen.

Die Kläge­rin trägt die wei­te­ren Kos­ten des Rechts­streits.

Tat­be­stand:

Die 1940 ge­bo­re­ne Kläge­rin war seit 1979 bei der be­klag­ten Gebäuderei­ni­gungs­fir­ma als Rei­ni­gungs­kraft zu ei­nem St­un­den­lohn von zu­letzt 13,46 DM brut­to tätig. Die Be­klag­te setz­te die Kläge­rin im M G ein, wo die Kläge­rin während der Nacht­stun­den Rei­ni­gungs­ar­bei­ten in der Kar­dio­lo­gie, der Nu­kle­ar­me­di­zin und der Or­thopädie durch­zuführen hat­te. Nach­dem die Ver­wal­tung des M Fehl­bestände im La­ger fest­ge­stellt hat­te, wur­de dort ei­ne Vi­deo­ka­me­ra in­stal­liert. Durch die­se Vi­deo­ka­me­ra wur­de die Kläge­rin am 7. Ju­li 1995 um 2.19 Uhr auf­ge­nom­men, als sie durch ei­ne Sei­tentür ins La­ger trat und ei­nen Kar­ton mit Pam­pers ent­nahm. Am 13. Ju­li 1995 hörte die Be­klag­te die Kläge­rin an. Die­se be­stritt ei­nen Dieb­stahl und er­schien ab 14. Ju­li 1995 we­gen Ar­beits­unfähig­keit nicht mehr zur Ar­beit. Nach Anhörung des Be­triebs­rats, der ge­gen die be­ab­sich­tig­te Kündi­gung kei­ne Be­den­ken er­hob, kündig­te die Be­klag­te das Ar­beits­verhält­nis mit Schrei­ben vom 17. Ju­li 1995 frist­los.

Die Kläge­rin hält die Kündi­gung für un­wirk­sam. Sie hat be­haup­tet, den Kar­ton mit Pam­pers ha­be sie auf dem La­ger ent­nom­men,
 


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weil sie von ei­ner "Frau im weißen Kit­tel" dar­um ge­be­ten wor­den sei. Sie ha­be zur Durchführung ih­rer Rei­ni­gungs­ar­bei­ten ei­nen Mop­vor­satz benötigt. Sie ha­be sich - so ihr ers­ter Vor­trag - zum Wasch­raum be­ge­ben müssen, weil al­le Mop­vorsätze ver­dreckt ge­we­sen sei­en und des­halb in der Wasch­ma­schi­ne hätten ge­rei­nigt wer­den müssen; am 7. Ju­li 1995 hätten - so ihr späte­rer Vor­trag - vor dem Auf­zug ver­schmutz­te Mop­vorsätze in ei­ner Kar­re ge­le­gen, sie ha­be die­se Mop­vorsätze im Wasch­raum wa­schen wol­len, wie sie das fast täglich ge­macht ha­be. Al­ler­dings sei rich­tig, daß man auf dem Weg zum Wasch­raum nor­ma­ler­wei­se nicht an den La­gertüren vor­bei­kom­me. Als sie auf ih­rem Weg ca. 10 m von der Sei­tentür zum La­ger ent­fernt ge­we­sen sei, ha­be sie im Gang­be­reich vor der Tür ei­ne Frau im weißen Kit­tel ge­se­hen, die da­mit beschäftigt ge­we­sen sei, ei­ne mit Kin­der­nah­rung voll be­la­de­ne Sperr­holz­kar­re aus­zu­ba­lan­cie­ren, an der ein Rad ab­ge­bro­chen ge­we­sen sei. Die­se Frau, die sie für ei­ne Kran­ken­schwes­ter oder der­glei­chen ge­hal­ten ha­be, ha­be sie ge­be­ten, ihr noch ein Pa­ket Win­deln aus dem La­ger zu ho­len, weil sie mit der de­fek­ten Kar­re nicht ins La­ger fah­ren könne. Sie - die Kläge­rin - ha­be des­halb die an­ge­lehn­te Tür zum La­ger geöff­net, das Win­del­pa­ket her­aus­ge­grif­fen und auf die Kar­re ge­packt. Es sei ihr be­kannt ge­we­sen, daß im La­ger ei­ne Vi­deo­ka­me­ra in­stal­liert ge­we­sen sei. Sie be­strei­te auch, daß der Be­triebs­rat zu ei­ner Ver­dachtskündi­gung an­gehört wor­den sei. Ei­ne Ver­dachtskündi­gung kom­me im übri­gen schon des­halb nicht in Be­tracht, weil die zuständi­ge Staats­an­walt­schaft das auf An­zei­ge des Kran­ken­hau­ses ein­ge­lei­te­te Er­mitt­lungs­ver­fah­ren - un­strei­tig - mit Verfügung vom 15. Sep­tem­ber 1995 ein­ge­stellt ha­be.
 


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Die Kläge­rin hat be­an­tragt,


1. fest­zu­stel­len, daß das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en we­der durch außer­or­dent­li­che, noch durch or­dent­li­che Kündi­gung vom 17. Ju­li 1995 be­en­det wer­de,

hilfwei­se die Be­klag­te zu ver­pflich­ten, sie mit Wir­kung zum 15. Sep­tem­ber 1995 wie­der ein­zu­stel­len,

2. für den Fall des Ob­sie­gens mit dem Fest­stel­lungs­an­trag die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, sie zu un­veränder­ten Be­din­gun­gen als In­nen­rei­ni­ge-rin wei­ter­zu­beschäfti­gen.


Die Be­klag­te hat Kla­ge­ab­wei­sung be­an­tragt und gel­tend ge­macht, die Kläge­rin ha­be den durch die Vi­deo­auf­nah­me ent­stan­de­nen drin­gen­den Tat­ver­dacht durch ih­re Ein­las­sun­gen nicht aus­geräumt. Es sei völlig aus­ge­schlos­sen, daß sich zur Tat­zeit ei­ne Kran­ken­schwes­ter in der Nähe des Zen­tral­la­gers im Kel­ler­ge­schoß auf­ge­hal­ten ha­be. Dienst­tu­en­de Kran­ken­schwes­tern dürf­ten zur Nacht­zeit ih­re Sta­tio­nen nicht ver­las­sen. Es ha­be auch kei­ne Kran­ken­schwes­ter im gan­zen Kran­ken­haus ei­nen Schlüssel zum La­ger. Die ein­zel­nen Sta­tio­nen würden tagsüber durch ei­nen Hol- und Bring­dienst ver­sorgt. Die von der Kläge­rin zur Bestäti­gung ih­rer Ein­las­sung be­nann­ten Zeu­gin­nen hätten an dem frag­li­chen Tag über­haupt nicht ge­ar­bei­tet. Das Vor­brin­gen der Kläge­rin über ei­ne an­geb­li­che "Frau im weißen Kit­tel" könne nur als Schutz­be­haup­tung ge­wer­tet wer­den. Auch die Be­haup­tung der Kläge­rin, sie ha­be Mop­vorsätze rei­ni­gen müssen, tref­fe nicht zu. Al­le Rei­ni­gungs­kräfte bekämen vor Ar­beits­be­ginn aus­rei­chend Rei­ni­gungs­ma­te­ri­al. Für sol­che Zu­satz­ar­bei­ten wie das Rei­ni­gen von Mop­vorsätzen rei­che auch die den Rei­ni­gungs­kräften zur Verfügung ste­hen­de Zeit nicht aus. Sch­ließlich führe der Weg vom Ar­beits­platz der Kläge­rin zum
 


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Wasch­raum nicht an den La­gertüren vor­bei, der Wasch­raum lie­ge ge­nau ent­ge­gen­ge­setzt.

Dem Be­triebs­rat sei der ge­sam­te Sach­ver­halt mehr­fach in al­len Ein­zel­hei­ten erläutert wor­den. Ins­be­son­de­re sei dem Be­triebs­rat mit­ge­teilt wor­den, daß man den der Kläge­rin vor­ge­wor­fe­nen Dieb­stahl zwar für er­wie­sen hal­te, daß man die Kündi­gung aber auch auf den Ver­dacht ei­ner Straf­tat stütze. Zusätz­lich sei der Be­triebs­rat auch noch schrift­lich in­for­miert wor­den und ha­be am 17. Ju­li 1995 mit­ge­teilt, er ha­be der Kündi­gung in der Sit­zung vom glei­chen Ta­ge zu­ge­stimmt.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat auf die Be­ru­fung der Kläge­rin dem Fest­stel­lungs­an­trag und dem Wei­ter­beschäfti­gungs­an­trag statt­ge­ge­ben. Hier­ge­gen rich­tet sich die vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­ne Re­vi­si­on der Be­klag­ten.

Ent­schei­dungs­gründe:

Die Re­vi­si­on ist be­gründet. Zu Recht hat das Ar­beits­ge­richt die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en ist durch die wirk­sa­me Ver­dachtskündi­gung der Be­klag­ten am 17. Ju­li 1995 be­en­det wor­den und die Be­klag­te ist auch nicht ver­pflich­tet, die Kläge­rin zum 15. Sep­tem­ber 1995 wie­der ein­zu­stel­len.

I. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat an­ge­nom­men, so­weit die frist­lo­se Kündi­gung auf voll­ende­ten Dieb­stahl gestützt wer­den, schei­te­re

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de­ren Wirk­sam­keit dar­an, daß das straf­recht­li­che Er­mitt­lungs­ver­fah­ren in­zwi­schen ein­ge­stellt wor­den sei. Auch als Ver­dachtskündi­gung sei die frist­lo­se Kündi­gung nicht wirk­sam. Zwar stütze die Be­klag­te ih­re Kündi­gung im vor­lie­gen­den Rechts­streit zu­min­dest hilfs­wei­se auf den Dieb­stahls­ver­dacht und der Be­triebs­rat sei auch ord­nungs­gemäß zu ei­ner Ver­dachtskündi­gung an­gehört. Eben­so könne mit dem Ar­beits­ge­richt da­von aus­ge­gan­gen wer­den, daß zum Zeit­punkt des Aus­spruchs der Kündi­gung al­le Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne wirk­sa­me Ver­dachtskündi­gung vor­ge­le­gen hätten. Die Wirk­sam­keit der Kündi­gung schei­te­re aber eben­falls an der Ein­stel­lung des Er­mitt­lungs­ver­fah­rens durch die Staats­an­walt­schaft. Mit der Ein­stel­lungs­verfügung nach § 170 Abs. 2 St­PO sei die Kläge­rin als von An­fang an un­schul­dig zu be­han­deln. Da­mit schei­te­re auch die Wirk­sam­keit der im We­ge der Um­deu­tung an­zu­neh­men­den or­dent­li­chen Kündi­gung und die Be­klag­te sei zur Wei­ter­beschäfti­gung der Kläge­rin ver­pflich­tet.

II. Dem folgt der Se­nat nicht.

1. Die frist­lo­se Kündi­gung der Be­klag­ten ist als Ver­dachtskündi­gung nach § 626 BGB wirk­sam und hat das Ar­beits­verhält­nis mit so­for­ti­ger Wir­kung auf­gelöst.

a) Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Ar­beits­verhält­nis aus wich­ti­gem Grund oh­ne Ein­hal­tung ei­ner Kündi­gungs­frist gekündigt wer­den, wenn Tat­sa­chen vor­lie­gen, auf­grund de­rer dem Kündi­gen­den un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände des Ein­zel­falls und un­ter Abwägung der In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­tei­le die Fort­set­zung des


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Ar­beits­verhält­nis­ses bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist nicht zu­ge­mu­tet wer­den kann. Zu­tref­fend ist das Lan­des­ar­beits­ge­richt da­bei zunächst da­von aus­ge­gan­gen, daß nicht nur ei­ne er­wie­se­ne Ver­trags­ver­let­zung, son­dern auch schon der schwer­wie­gen­de Ver­dacht ei­ner straf­ba­ren Hand­lung oder ei­ner sons­ti­gen Ver­feh­lung ei­nen wich­ti­gen Grund zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung ge­genüber dem verdäch­tig­ten Ar­beit­neh­mer dar­stel­len kann. Nach der ständi­gen Se­nats­recht­spre­chung liegt ei­ne Ver­dachtskündi­gung dann vor, wenn und so­weit der Ar­beit­ge­ber sei­ne Kündi­gung da­mit be­gründet, ge­ra­de der Ver­dacht ei­nes (nicht er­wie­se­nen) straf­ba­ren bzw. ver­trags­wid­ri­gen Ver­hal­tens ha­be das für die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses er­for­der­li­che Ver­trau­en zerstört. Der Ver­dacht ei­ner straf­ba­ren Hand­lung stellt ge­genüber dem Vor­wurf, der Ar­beit­neh­mer ha­be die Tat be­gan­gen, ei­nen ei­genständi­gen Kündi­gungs­grund dar, der in dem Tat­vor­wurf nicht ent­hal­ten ist. Bei der Tatkündi­gung ist für den Kündi­gungs­ent­schluß maßge­bend, daß der Ar­beit­neh­mer nach der Über­zeu­gung des Ar­beit­ge­bers die straf­ba­re Hand­lung bzw. Pflicht­ver­let­zung tatsächlich be­gan­gen hat und dem Ar­beit­ge­ber aus die­sem Grund die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses un­zu­mut­bar ist. § 626 Abs. 1 BGB läßt ei­ne Ver­dachtskündi­gung dann zu, wenn sich star­ke Ver­dachts­mo­men­te auf ob­jek­ti­ve Tat­sa­chen gründen, wenn die Ver­dachts­mo­men­te ge­eig­net sind, das für die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses er­for­der­li­che Ver­trau­en zu zerstören und wenn der Ar­beit­ge­ber al­le zu­mut­ba­ren An­stren­gun­gen zur Aufklärung des Sach­ver­halts un­ter­nom­men, ins­be­son­de­re dem Ar­beit­neh­mer Ge­le­gen­heit zur Stel­lung­nah­me ge­ge­ben hat (vgl. zu­letzt Se­nats­ur­tei­le vom 14. Sep­tem­ber 1994 - 2 AZR 164/94 - BA­GE 78, 18 = AP Nr. 24 zu § 626 BGB Ver­dacht straf­ba­rer Hand­lung und vom 13. Sep­tem­ber 1995 - 2 AZR 587/94 - AP Nr. 25,
 


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aa0, auch zur Veröffent­li­chung in der Amt­li­chen Samm­lung vor­ge­se­hen).


b) Das Lan­des­ar­beits­ge­richt war auch nicht, wie die Kläge­rin in der Re­vi­si­ons­in­stanz gel­tend macht, man­gels aus­rei­chen­der Be­triebs­rats­anhörung zur Ver­dachtskündi­gung dar­auf be­schränkt, den 4stgestellten Sach­ver­halt nur un­ter dem Ge­sichts­punkt ei­ner Tatkündi­gung zu prüfen.

Die Ar­beits­ge­rich­te dürfen zwar ei­ne Kündi­gung nur dann un­ter dem Ge­sichts­punkt der Ver­dachtskündi­gung be­ur­tei­len, wenn
er Ar­beit­ge­ber die Kündi­gung auch, zu­min­dest hilfs­wei­se, auf den ent­spre­chen­den Ver­dacht stützt. Dies kann so­wohl vor dem Pro­zeß, et­wa im Kündi­gungs­schrei­ben, als auch später in den Tat­sa­chen­in­tan­zen ge­sche­hen (BAG Ur­teil vom 3. April 1986 - 2 AZR 324/85 - AP Nr. 18 zu § 626 BGB Ver­dacht straf­ba­rer Hand­lung, zu II 1 b der Gründe). Stützt der Ar­beit­ge­ber die Kündi­gung erst nach ih­rem Aus­spruch auf den Ver­dacht ei­ner straf­ba­ren Hand­lung, so schiebt da­mit ei­nen an­ders­ar­ti­gen Kündi­gungs­grund nach. Be­steht im Be­trieb ein Be­triebs­rat, so kann das nach­ge­scho­be­ne Vor­brin­gen zum Ver­dacht im Pro­zeß auch bei un­verändert ge­blie­be­nem Sach­ver­halt nicht berück­sich­tigt wer­den, wenn dem Be­triebs­rat die­ser Kündi­gungs­grund nicht mit­ge­teilt wor­den ist.


Nach den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts hat die Be­klag­te die Kündi­gung zu­min­dest im vor­lie­gen­den Rechts­streit auf tn Ver­dacht ei­ner straf­ba­ren Hand­lung gestützt und auch den Be­triebs­rat in dem Anhörungs­schrei­ben ent­spre­chend in­for­miert. Die

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ge­gen die Aus­le­gung des Anhörungs­schrei­bens durch das Be­ru­fungs­ge­richt, die als Aus­le­gung ei­ner nicht­ty­pi­schen Wil­lens­erklärung oh­ne­hin durch das Re­vi­si­ons­ge­richt nur ein­ge­schränkt nach­prüfbar ist, ge­rich­te­ten Ge­genrügen der Kläge­rin ge­hen fehl. Wenn das Anhörungs­schrei­ben zunächst auf die Fest­stel­lun­gen durch das Vi­deo­band hin­weist und dann mit der la­pi­da­ren Erklärung "mut­maßli­cher Dieb­stahl" schließt, so läßt dies ein­deu­tig er­ken­nen, daß die Be­klag­te den Be­triebs­rat zu­min­dest hilfs­wei­se auch zu ei­ner Kündi­gung we­gen "mut­maßli­cher" Tat­be­ge­hung, al­so des Ver­dachts ei­ner straf­ba­ren Hand­lung anhören woll­te. Es ist auch wi­dersprüchlich, wenn die Kläge­rin ei­ner­seits gel­tend macht, die Re­de­wen­dung "mut­maßli­cher Dieb­stahl" las­se noch nicht den Schluß zu, daß auch we­gen ei­nes Ver­dachts gekündigt wer­den sol­le, dann aber selbst einräumt, die Äußerung der Be­klag­ten sei da­hin­ge­hend zu ver­ste­hen, daß noch kei­ne rechts­kräfti­ge Ver­ur­tei­lung we­gen Dieb­stahls er­folgt sei. Teilt der Ar­beit­ge­ber dem Be­triebs­rat das Er­mitt­lungs­er­geb­nis mit, auf­grund des­sen er von ei­ner Tat­be­ge­hung durch den Ar­beit­neh­mer über­zeugt ist, weist aber in dem Anhörungs­schrei­ben den Be­triebs­rat dar­auf hin, ei­ne Ver­ur­tei­lung we­gen voll­ende­ter Straf­tat sei noch nicht er­folgt, so bringt er da­mit mit hin­rei­chen­der Deut­lich­keit zum Aus­druck, daß die aus­zu­spre­chen­de Kündi­gung nicht nur auf voll­ende­te Tat­be­ge­hung, son­dern auch auf den Ver­dacht ei­ner straf­ba­ren Hand­lung gestützt wer­den soll.

c) Nicht frei von Rechts­feh­lern ist da­ge­gen die An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts, ei­ne Ver­dachtskündi­gung kom­me schon grundsätz­lich nicht mehr in Be­tracht, wenn die zuständi­ge Staats­an­walt-
 


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schaft das we­gen der dem Ar­beit­neh­mer vor­ge­wor­fe­nen Straf­tat ein­ge­lei­te­te Er­mitt­lungs­ver­fah­ren nach S 170 Abs. 2 Satz 1 St­PO ein­ge­stellt ha­be. Ei­ne solch weit­ge­hen­de Bin­dungs­wir­kung der Ein­stel­lungs­verfügung der Staats­an­walt­schaft für das Ar­beits­ge­richts­ver­fah­ren be­steht nicht.

Die Wirk­sam­keit ei­ner Ver­dachtskündi­gung hängt nicht von der straf­recht­li­chen Würdi­gung ei­nes den Sach­ver­halt be­gründen­den Ver­hal­tens ab, son­dern von der Be­ein­träch­ti­gung des für das Ar­beits­verhält­nis er­for­der­li­chen Ver­trau­ens durch den Ver­dacht (Se­nats­ur­teil vom 21. Ju­ni 1995 - 2 AZR 735/94 - RzK I 8 c Nr. 37). Nicht ein­mal ei­ner Kündi­gung we­gen be­gan­ge­ner Straf­tat steht es ent­ge­gen, wenn das Straf­ver­fah­ren die vom Ar­beit­ge­ber er­war­te­te Klärung des Sach­ver­halts nicht er­bracht hat und z.B. oh­ne Ur­teils­spruch ei­ne Ein­stel­lung ge­gen Zah­lung ei­nes Geld­be­tra­ges er­folgt ist (BAG Ur­teil vom 12. De­zem­ber 1984 - 7 AZR 575/83 - BA­GE 47, 307 = AP Nr. 19 zu § 626 BGB Aus­schlußfrist). Die Be­ur­tei­lung im Straf­ver­fah­ren ist we­der für den Zi­vil­rich­ter (S 14 EG­Z­PO), noch für die Ge­rich­te für Ar­beits­sa­chen bin­dend (BAG Ur­teil vom 16. Ok­to­ber 1967 - 5 AZR 464/66 - AP Nr. 11 zu § 394 BGB). Zu­dem kommt es bei der Be­ur­tei­lung der Wirk­sam­keit ei­ner Ver­dachtskündi­gung nicht ein­mal ent­schei­dend dar­auf an, daß der Ar­beit­neh­mer ei­ner Straf­tat verdäch­tigt ist, auch der Ver­dacht ei­ner sons­ti­gen schwe­ren Pflicht­ver­let­zung kann genügen.

Ei­ne Ein­stel­lung des staats­an­walt­schaft­li­chen Er­mitt­lungs­ver­fah­rens nach § 170 Abs. 2 Satz 1 St­PO steht der Wirk­sam­keit ei­ner Ver­dachtskündi­gung je­den­falls nicht ent­ge­gen. Sie be­gründet

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kei­ne, erst recht kei­ne im ar­beits­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren nicht wi­der­leg­ba­re Ver­mu­tung für die Un­schuld des Ar­beit­neh­mers. Sie be­ruht im we­sent­li­chen auf der Pro­gno­se des Staats­an­walts, ob er selbst nach dem der­zei­ti­gen Sach­stand wahr­schein­lich am En­de ei­ner Haupt­ver­hand­lung zum An­trag auf Ver­ur­tei­lung ge­lan­gen würde. Auch ei­ne Ein­stel­lung nach dem Op­por­tu­nitätsprin­zip ist möglich. Ein Straf­kla­ge­ver­brauch tritt durch die Ein­stel­lung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 St­PO nicht ein. Das Er­mitt­lungs­ver­fah­ren kann viel­mehr je­der­zeit auch bei glei­cher Sach- und Rechts­la­ge wie­der auf­ge­nom­men wer­den (RGSt 67, 315, 316; Klein­k­necht/Mey­er-Goßner, St­PO, 43. Aufl., § 170 Rz 9; Löwe/Ro­sen­berg, St­PO, 24. Aufl., § 170 Rz 45; Schmidt, Lehr­kom­men­tar, Teil II, § 170 St­PO Rz 30; Karls­ru­her Kom­men­tar-Wa­che/Schmid, St­PO, § 170 Rz 23). Ein Ver­trau­ens­schutz auf den Be­stand der Ein­stel­lungs­verfügung be­steht nicht. Ei­ne ir­gend­wie ge­ar­te­te Rechts­kraft­wir­kung kommt der Ein­stel­lungs­verfügung der Staats­an­walt­schaft nach § 170 Abs. 2 Satz 1 St­PO nicht zu. Geht die Staats­an­walt­schaft bei ei­nem be­stimm­ten Ver­fah­rens­stand da­von aus, die Straf­tat sei dem verdäch­tig­ten Ar­beit­neh­mer je­den­falls nicht be­weis­bar, so hin­dert dies den Ar­beit­ge­ber nicht, im Ar­beits­ge­richts­ver­fah­ren den Be­weis für ei­ne voll­ende­te Straf­tat oder zu­min­dest ei­nen ent­spre­chen­den Tat­ver­dacht zu führen. Dies gilt erst recht, wenn durch die dem Ar­beit­neh­mer vor­ge­wor­fe­ne Straf­tat ein Drit­ter geschädigt wor­den ist und es sich um die Ein­stel­lung ei­nes auf An­zei­ge ei­nes Drit­ten ein­ge­lei­te­ten Er­mitt­lungs­ver­fah­rens han­delt, an dem der Ar­beit­ge­ber nicht un­mit­tel­bar be­tei­ligt war.

Daß die Ein­stel­lung des Er­mitt­lungs­ver­fah­rens nach § 170 Abs. 2 Satz 1 St­PO auch nicht annähernd, wie das Be­ru­fungs­ge­richt
 


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meint, mit ei­nem "Frei­spruch we­gen er­wie­se­ner Un­schuld" ver­gleich­bar und ge­eig­net ist, den Ver­dacht ei­ner straf­ba­ren Hand­lung aus­zuräum­en, zeigt ex­em­pla­risch der Gang des Er­mitt­lungs­ver­fah­rens ge­gen die Kläge­rin: Als die an­walt­li­che Ein­las­sung der Kläge­rin ein­ging, stell­te die Staats­an­walt­schaft oh­ne wei­te­re Er­mitt­lun­gen das Ver­fah­ren ein im we­sent­li­chen mit der Be­gründung, es bestünden zwar er­heb­li­che Be­den­ken ge­gen den Wahr­heits­ge­halt der Ein­las­sung der Kläge­rin, die­se Be­den­ken reich­ten je­doch nicht aus, die Täter­schaft der Kläge­rin nach­zu­wei­sen. Nach­dem sich die Pro­zeßbe­vollmäch­tig­ten der Be­klag­ten in dem Er­mitt­lungs­ver­fah­ren ge­mel­det und das im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren er­gan­ge­ne Ur­teil des Ar­beits­ge­richts vor­ge­legt hat­ten, nahm die Staats­an­walt­schaft die Er­mitt­lun­gen wie­der auf, sah die Kläge­rin als hin­rei­chend tat­verdäch­tig an und bat das zuständi­ge Amts­ge­richt er­folg­los um Zu­stim­mung zur Ver­fah­rens­ein­stel­lung gemäß § 153 St­PO we­gen Ge­ringfügig­keit. Nach­dem der Pro­zeßbe­vollmäch­tig­te der Kläge­rin dann das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren vor­ge­legt hat­te, stell­te die Staats­an­walt­schaft das Er­mitt­lungs-ver­fah­ren nun­mehr gemäß § 154 d St­PO mit Rück­sicht auf das vor­lie­gen­de Re­vi­si­ons­ver­fah­ren vorläufig ein.

d) Die von der Be­klag­ten aus­ge­spro­che­ne Ver­dachtskündi­gung ist nach § 626 BGB wirk­sam. Dies kann der Se­nat ab­sch­ließend ent­schei­den. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat im we­sent­li­chen un­ter Be­zug­nah­me auf die Ent­schei­dungs­gründe des erst­in­stanz­li­chen Ur­teils er­kannt, es sei­en zum Zeit­punkt des Aus­spruchs der Kündi­gung al­le Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne wirk­sa­me Ver­dachtskündi­gung ge­ge­ben ge­we­sen.
 


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Da der in § 526 Abs. 1 BGB ver­wand­te Be­griff des wich­ti­gen Grun­des ein un­be­stimm­ter Rechts­be­griff ist, kann sei­ne An­wen­dung durch die Tat­sa­chen­ge­rich­te im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren nur dar­auf über­prüft wer­den, ob das Be­ru­fungs­ge­richt den Rechts­be­griff selbst ver­kannt hat. ob es bei der Un­ter­ord­nung des Sach­ver­halts un­ter die Rechts­norm Denk­ge­set­ze oder all­ge­mei­ne Er­fah­rungssätze ver­letzt und ob es al­le vernünf­ti­ger­wei­se in Be­tracht kom­men­den Umstände, die für oder ge­gen die außer­or­dent­li­che Kündi­gung spre­chen, wi­der­spruchs­frei be­ach­tet hat (st. Rspr. vgl. u.a. Se­nats­be­schluß vom 21. Ju­ni 1995 - 2 ABR 28/94 - BA­GE 80, 185 = AP Nr. 36 zu § 15 KSchG 1969, zu II 1 der Gründe, m.w.N.).

Un­ter Berück­sich­ti­gung die­ses ein­ge­schränk­ten Prüfungs­maßsta­bes ist die An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts, der ge­gen die Kläge­rin be­ste­hen­de Ver­dacht, sie ha­be ei­nen Kar­ton Pam­pers aus dem La­ger des Kran­ken­hau­ses ent­wen­det, recht­fer­ti­ge ei­ne frist­lo­se Ver­dachtskündi­gung, recht­lich nicht zu be­an­stan­den. Er­heb­li­che Ge­genrügen bringt die Kläge­rin in­so­weit auch nicht vor.

Das Ar­beits­ge­richt, des­sen Ausführun­gen sich das Lan­des­ar­beits­ge­richt zu ei­gen ge­macht hat, hat die Ein­las­sun­gen der Kläge­rin in al­len Ein­zel­hei­ten ge­prüft und ist da­bei al­len von der Kläge­rin auf­ge­zeig­ten Möglich­kei­ten nach­ge­gan­gen, die die Auf­zeich­nung auf dem Vi­deo­band oh­ne ei­nen er­heb­li­chen Dieb­stahls­ver­dacht ge­gen die Kläge­rin hätten erklären können. Wenn das Ar­beits­ge­richt nach ei­ner ein­ge­hen­den Würdi­gung des bei­der­sei­ti­gen Par­tei­vor­brin­gens zu dem Er­geb­nis ge­langt ist, die Ein­las­sun­gen der Kläge­rin sei­en teils wi­dersprüchlich, teils so un­glaub­haft, daß ein hin­rei­chend drin­gen­der Tat­ver­dacht be­ste­hen blei­be, so
 


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ist die­se Würdi­gung nach­voll­zieh­bar, wi­der­spruchs­frei und letzt­lich über­zeu­gend. Daß die Kläge­rin den Pam­per­s­kar­ton aus dem La­ger, in dem sie nichts zu su­chen hat­te, ent­nom­men hat, ist un­strei­tig. Die Ver­su­che der Kläge­rin, ihr Ver­hal­ten zu erklären, sind ins­ge­samt nicht ge­eig­net, den Ver­dacht zu zer­streu­en, daß die Weg­nah­me in rechts­wid­ri­ger Zu­eig­nungs­ab­sicht ge­schah. Schon ih­re An­we­sen­heit im Kran­ken­haus an ei­ner Stel­le weit ent­fernt von ih­rer Ar­beits­stel­le konn­te die Kläge­rin letzt­lich nicht schlüssig erklären. Die Be­haup­tung, sie ha­be im Auf­trag ei­ner "Frau im weißen Kit­tel" ge­han­delt, weist so vie­le von der Kläge­rin nicht erklärte Wi­dersprüche auf, daß die An­nah­me der Vor­in­stan­zen, der auf der Kläge­rin las­ten­de Dieb­stahls­ver­dacht sei da­durch nicht erschüttert, recht­lich nicht zu be­an­stan­den ist.

Zu­tref­fend sind die Vor­in­stan­zen da­von aus­ge­gan­gen, daß der ge­gen die Kläge­rin be­ste­hen­de Dieb­stahls­ver­dacht von er­heb­li­chem Ge­wicht und ge­eig­net war, das Ver­trau­en der Be­klag­ten in die Red­lich­keit der Kläge­rin zu zerstören. Er­schwe­rend ist da­bei zu Recht berück­sich­tigt wor­den, daß sich die Tat, de­ren die Kläge­rin verdäch­tig ist, ge­gen ei­ne größere Kun­din der Be­klag­ten rich­te­te, so daß ei­ne nach­hal­ti­ge Schädi­gung des Rufs und der Geschäfts­in­ter­es­sen der Be­klag­ten zu befürch­ten war, wenn die­se nicht so­fort re­agier­te. Wenn das Ar­beits­ge­richt und ihm fol­gend das Lan­des­ar­beits­ge­richt bei der In­ter­es­sen­abwägung den Ver­trau­ens­ver­lust der Be­klag­ten höher be­wer­tet ha­ben als die zu Guns­ten der Kläge­rin spre­chen­den so­zia­len Ge­sichts­punk­te, ins­be­son­de­re die lan­ge Beschäfti­gungs­zeit, so hält sich dies im Be­ur­tei­lungs­spiel­raum der Tat­sa­chen­in­stanz. Auf die Li­te­ra­tur­mei­nung, die bei der Ent­wen­dung ge­ring­wer­ti­ger Sa­chen im Ge­gen­satz zur Recht­spre­chung des
 


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Bun­des­ar­beits­ge­richts (Se­nats­ur­teil vom 17. Mai 1984 - 2 AZR 3/83 - AP Nr. 14 zu § 626 BGB Ver­dacht straf­ba­rer Hand­lung) ins¬be­son­de­re bei länge­rer Beschäfti­gungs­zeit klei­ne­re Ver­feh­lun­gen nicht als wich­ti­gen Grund für ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung aus­rei­chen las­sen will (vgl. Stahl­ha­cke/Preis, Kündi­gung und Kündi­gungs­schutz im Ar­beits­verhält­nis, 6. Aufl. Rz 563, m.w.N.), braucht an die­ser Stel­le nicht ein­ge­gan­gen zu wer­den. We­der ist der Kar­ton mit Pam­pers (Wert über 60,00 DM) ge­ring­wer­tig, noch kann man die Tat, de­rer die Kläge­rin verdäch­tig ist, an­ge­sichts der Ge­samt­umstände als "klei­ne­re Ver­feh­lung" ein­ord­nen.

2. Es kommt da­mit nicht mehr dar­auf an, ob der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt fest­ge­stell­te Sach­ver­halt nach § 626 Abs. 1 BGB auch ei­ne Tatkündi­gung recht­fer­ti­gen würde, wofür vie­les spricht. So­weit je­den­falls das Be­ru­fungs­ge­richt auch ei­ne Tatkündi­gung al­lein des­halb als un­wirk­sam an­sieht, weil die Staats­an­walt­schaft das Er­mitt­lungs­ver­fah­ren nach S 170 Abs. 2 Satz 1 St­PO ein­ge­stellt hat, ist auch dem aus den dar­ge­leg­ten Gründen nicht zu fol­gen. Auch wenn das staats­an­walt­schaft­li­che Er­mitt­lungs­ver­fah­ren - vorläufig - mit ei­ner Ein­stel­lung en­det, hin­dert dies den Ar­beit­ge­ber nicht, der we­gen ei­nes Dieb­stahls der Ar­beit­neh­me­rin gekündigt hat, das Ar­beits­ge­richts­ver­fah­ren fort­zu­be­trei­ben, wenn er meint, in die­sem Ver­fah­ren den Dieb­stahl be­wei­sen zu können (vgl. BA­GE 47, 307 = AP, aaO).

3. Auf die Wirk­sam­keit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt an­ge­nom­me­nen or­dent­li­chen Kündi­gung kommt es da­mit eben­falls nicht mehr an.
 


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4. Auch ei­nen An­spruch auf Wie­der­ein­stel­lung mit Wir­kung zum 15. Sep­tem­ber 1995 hat die Kläge­rin nicht.

a) Im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren ist auch über den Hilfs­an­trag auf Wie­der­ein­stel­lung zu ent­schei­den. Ist in der Vor­in­stanz dem Haupt­an­trag ei­ner Par­tei statt­ge­ge­ben wor­den, so fällt der Hilfs­an­trag auch oh­ne An­schlußrechts­mit­tel oh­ne wei­te­res in der Rechts­mit­tel­in­stanz an. Dies gilt zu­min­dest dann, wenn zwi­schen dem Haupt-und dem Hilfs­an­trag ein en­ger sach­li­cher und recht­li­cher Zu­sam­men­hang be­steht, wie dies zwi­schen der Kündi­gungs­schutz­kla­ge und dem Wie­der­ein­stel­lungs­an­spruch an­zu­neh­men ist (Se­nats­ur­teil vom 18. De­zem­ber 1980 - 2 AZR 1006/78 AP Nr. 22 zu § 102 Be­trVG 1972, m.w.N.; Ger­mel­mann/Mat­thes/Prütting, ArbGG, 2. Aufl., § 74 Rz 26).

b) Zwar kann ein An­spruch der Ar­beit­neh­me­rin auf Wie­der­ein­stel­lung in Be­tracht kom­men, wenn der Ar­beit­neh­me­rin we­gen Ver­dachts ei­ner straf­ba­ren Hand­lung gekündigt wor­den ist und sich später ih­re Un­schuld her­aus­stellt oder zu­min­dest nachträglich Umstände be­kannt wer­den, die den be­ste­hen­den Ver­dacht be­sei­ti­gen (so schon BAG Ur­teil vom 14. De­zem­ber 1956 - 1 AZR 29/55 - BA­GE 3, 332 = AP Nr. 3 zu § 611 BGB Fürsor­ge­pflicht; zu­letzt Bel­ling, RdA 1996, 223, 238, m.w.N.; vgl. all­ge­mein zum Wie­der­ein­stel­lungs­an­spruch Se­nats­ur­teil vom 27. Fe­bru­ar 1997 - 2 AZR 160/96 - zur Veröffent­li­chung vor­ge­se­hen). Die bloße Ein­stel­lung des staats­an­walt­schaft­li­chen Er­mitt­lungs­ver­fah­rens nach § 170 Abs. 2 Satz 1 St­PO be­gründet je­doch noch kei­nen Wie­der­ein­stel­lungs­an­spruch. Wie be­reits dar­ge­legt, stellt die Ein­stel­lungs­verfügung le­dig­lich ei­ne vorläufi­ge Be­ur­tei­lung durch die staat­li­chen Er­mitt­lungs­behörden
 


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dar, der kei­ner­lei Bin­dungs­wir­kung für ein Ar­beits­ge­richts­ver­fah­ren zu­kommt. Ge­lingt dem Ar­beit­ge­ber in dem bei Ein­stel­lung des Er­mitt­lungs­ver­fah­rens noch nicht ab­ge­schlos­se­nen ar­beits­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren der Nach­weis, daß al­le Vor­aus­set­zun­gen ei­ner wirk­sa­men Ver­dachtskündi­gung vor­lie­gen, so ist kein schutzwürdi­ges In­ter­es­se der Ar­beit­neh­me­rin ver­letzt, wenn der Ar­beit­ge­ber trotz der for­mel­len Ein­stel­lung des Er­mitt­lungs­ver­fah­rens auf dem Er­geb­nis der wirk­sam aus­ge­spro­che­nen Ver­dachtskündi­gung be­harrt und die Ar­beit­neh­me­rin nicht mit Wir­kung zum Zeit­punkt der Ein­stel­lungs­verfügung der Staats­an­walt­schaft wie­der ein­stellt.

5. Der Wei­ter­beschäfti­gungs­an­trag war nur für den Fall des Ob­sie­gens mit dem Haupt­an­trag ge­stellt. Über ihn war des­halb nicht mehr zu ent­schei­den.


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