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LAG Köln, Urteil vom 29.06.2006, 5 Sa 377/06
Schlagworte: | Geschäftsunfähigkeit | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Köln | |
Aktenzeichen: | 5 Sa 377/06 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 29.06.2006 | |
Leitsätze: | Macht ein Arbeitnehmer klageweise die Unwirksamkeit einer von ihm ausgesprochenen Kündigung wegen Geschäftsunfähigkeit geltend, so gilt für diese Klage die Klagefrist des § 4 KSchG. | |
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 10.02.2005, 2 Ca 7184/05 | |
5 Sa 377/06
2 Ca 7184/05
Arbeitsgericht Köln
Verkündet am 29. Juni 2006
S,
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
LANDESARBEITSGERICHT KÖLN
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
- Kläger und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte: ,
g e g e n
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte: ,
hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 29.06.2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht R als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Tund die ehrenamtliche Richterin K
für R e c h t erkannt:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 10.02.2005 – 2 Ca 7184/05 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
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Der Kläger macht gegenüber der Beklagten die Unwirksamkeit einer von ihm mit Schreiben vom 20.04.2002 ausgesprochenen fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses geltend. Der Kläger war seit dem 18.07.1995 bei der Beklagten als Elektroniker beschäftigt. Mit Schreiben vom 20.04.2002 erklärte er gegenüber der Beklagten, dass er das Arbeitsverhältnis fristlos kündigt.
Mit der am 01.08.2005 bei Gericht eingegangenen Klage vom 27.07.2005 begehrt der Kläger die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch seine Kündigung nicht beendet worden ist.
Er hat behauptet, die Kündigung sei deshalb unwirksam, da er zum Zeitpunkt der Kündigung geschäftsunfähig gewesen und sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhaften Störung der Geistestätigkeit befunden habe. Zum Beweis hat er sich auf eine fachärztliche Bescheinigung vom 27.06.2005 berufen und weiter vorgetragen, er leide an einer schwerwiegenden psychischen Erkrankung, aufgrund derer er sich vom 04.05. bis zum 20.05.2005 in der psychiatrischen Abteilung der Uniklinik K in stationärer Behandlung befunden hat.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch seine fristlose Eigenkündigung vom 20.04.2005 nicht beendet worden ist;
2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 20.04.2005 hinaus fortbesteht;
3. für den Fall des Obsiegens mit den Anträgen zu 1) und/oder 2) die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Kündigungsrechtsstreits als Elektroniker weiter zu beschäftigten.
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Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei wirksam, es werde bestritten, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Kündigung am 20.04.2005 geschäftsunfähig gewesen sei. Darüber hinaus sei die Feststellungsklage gemäß § 4 KSchG verfristet.
Die Beklagte hat ferner vorgetragen, der Kläger habe bereits vor dem 20.04.2005 angekündigt, er werde das Arbeitsverhältnis beenden, die Arbeit mache ihm keinen Spaß mehr.
Das Arbeitsgericht hat durch ein am 10.02.2006 verkündetes Urteil die Klage abgewiesen, zur Begründung wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Gegen das dem Kläger am 06.03.2006 zugestellte Urteil hat dieser schriftlich am 05.04.2006 beim Landesarbeitsgericht Berufung eingelegt und die Berufung am Montag, dem 08.05.2006 schriftlich wie folgt begründet:
Entgegen der Auffassung des Klägers ergäbe sich aus den vom Kläger erstinstanzlich vorgelegten fachärztlichen Bescheinigungen der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, Frau I Z vom 22.06.2005 und 29.08.2005 sehr wohl, dass der Kläger zum fraglichen Zeitpunkt der Kündigungserklärung geschäftsunfähig im Sinne des § 104 Nr. BGB gewesen sei. Dies ergebe sich aus der bei ihm seinerzeit bestehenden Befundkonstellation, die durch die von Frau Z erhobenen Befunde wie auch die von der Uniklinik erhobenen Befunde bestätigt werde. Die Ärztin habe des weiteren unter dem 29.08.2005 bestätigt, dass der Kläger seit Anfang Juni und daher jedenfalls zum Zeitpunkt der Beauftragung der Prozessbevollmächtigten am 16.06.2005 wieder die volle Geschäftsfähigkeit erlangt habe. Im Hinblick auf die vom Arbeitsgericht geäußerten Bedenken hinsichtlich der Konkretisierung des Krankheitsbildes
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des Klägers hat der Kläger mit der Berufungsbegründung des weiteren vorgetragen, dass er an einer namhaften Störung mit den Diagnosekennziffern F22.0 und F32.1g gelitten habe.
Der Kläger und Berufungskläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 2 Ca 7184/05 – abzuändern und nach dem Schlussantrag erster Instanz des Klägers zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit der Berufungserwiderung verteidigt sie die angefochtene Entscheidung und wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze sowie auf den sonstigen Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die nach dem Beschwerdewert an sich statthafte Berufung des Klägers ist in gesetzlicher Form und fristgerecht eingelegt und begründet worden, sie ist damit zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung, der sich das Berufungsgericht anschließt, die Klage abgewiesen. In Ergänzung zu den Ausführungen des Arbeitsgerichts und im Hinblick auf die Ausführungen in der Berufungsbegründung wird auf folgende nach Auffassung des Berufungsgerichts maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte hingewiesen:
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1) Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Klage bereits verfristet gemäß § 4 KSchG. Danach muss der Arbeitnehmer, der geltend machen will, dass eine Kündigung „sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist“ innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Ob die Frist auch für eine vom Arbeitnehmer ausgesprochene Kündigung gilt, deren Unwirksamkeit dieser anschließend gelten macht, ist fraglich. Der Wortlaut deckt eine Anwendung des Fristerfordernisses auf die Geltendmachung einer vom Arbeitnehmer ausgesprochenen Kündigung, da es nach der zweiten Sachverhaltsalternative – in der seit dem 01.01.2002 gültigen Fassung der Bestimmung – allein darauf ankommt, dass „eine Kündigung ... aus anderen Gründen rechtsunwirksam“ ist. Erfasst somit der Wortlaut die Geltendmachung der Unwirksamkeit auch bei einer Arbeitnehmerkündigung, so gebietet der Gesetzeszweck des § 4 KSchG keine telelogisch restriktive Auslegung des Wortlauts oder eine Einschränkung des Gesetzestextes auf ausschließlich vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigungen. Denn die Bestimmung des § 4 KSchG dient in erster Linie der Rechtssicherheit und dem Bedürfnis nach schneller Klärung der Bestandsschutzfrage sowie – im Fall der Arbeitgeberkündigung - dem Schutz des Arbeitgebers davor, noch nach längerer Zeit mit einer Bestandsschutzklage überzogen zu werden. Dieses Schutzbedürfnis besteht jedoch auch bei einer vom Arbeitnehmer ausgesprochenen Kündigung, die dieser erst nach längerer Zeit nicht mehr gelten lassen will. Im vorliegenden Fall ist die vom Kläger ausgesprochene Kündigung der Beklagte jedenfalls im Laufe des Monats April zugegangen, denn nach dem eigenen Vorbringen des Klägers wurden am 11. bzw. 12.05.2005 Gespräche seiner Ehefrau mit der Beklagten geführt mit dem Ziel, die Kündigung rückgängig zu machen. Damit war zum Zeitpunkt des Eingangs der Klage beim Arbeitsgericht am 01.08.2005 die Dreiwochenfrist gemäß § 4 KSchG abgelaufen, der Kläger kann mit der Klage auch nicht mehr die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung – mangels Vorliegens eines wichtigen Grundes, § 626 Abs. 1 BGB – geltend machen.
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2) Abgesehen davon ist dem Arbeitsgericht darin zu folgen, dass der Kläger seinen Vortrag, er sei zum Zeitpunkt der Kündigung geschäftsunfähig gewesen, nicht durch substantiierten Tatsachenvortrag untermauert hat. Soweit er sich insoweit auf Bescheinigungen seiner behandelnden Ärzte beruft, kommen die entsprechenden Beweisantritte einem Ausforschungsbeweis gleich, weil es sich hierbei darum handelt, die für die Feststellung der Rechtsfolge – nämlich der Geschäftsunfähigkeit im Sinne des § 104 Nr. 2 BGB - maßgeblichen Tatsachen festzustellen.
Dem Kläger ist es auch in der Berufungsbegründung nicht gelungen, seiner Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Vorliegens einer Geschäftsunfähigkeit im Sinne dieser Vorschrift gerecht zu werden. Auch nach der Auffassung des Berufungsgerichts fehlt es an einer Substantiierung sowohl hinsichtlich der zeitlichen Zuordnung der fachärztlichen Befunde – nämlich wann und für welchen Zeitraum diese festgestellt worden sind, darüber hinaus aber auch an dem Vortrag von Tatsachen, die über die Feststellung „krankhaften Störung der Geistestätigkeit“ hinaus den Schluss darauf erlauben, dass diese Störung der Geistestätigkeit die „freie Willensbestimmung“ ausgeschlossen hat. In zeitlicher Hinsicht ist zudem darauf hinzuweisen, dass der Kläger nach dem Vortrag in der Klageschrift sich erst in der Zeit vom 04.05. bis 20.05.2005 in stationärer Behandlung in der Uniklinik befunden hat. Welche Befunde hier – in der Zeit ab dem 04.05.2005 – erhoben wurden und wieso diese Aufschluss über das Vorliegen einer Erkrankung zu einem 14 Tage zurück liegenden Zeitpunkt geben, ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers und den vorgelegten Bescheinigungen nicht. Insbesondere lässt sich daraus nicht ersehen, ob es sich nach Auffassung der Ärzte bei der Störung der Geistestätigkeit „am 20.04.“ lediglich um ein einmaliges oder um ein länger dauerndes Krankheitsbild gehandelt hat, in letzterem Falle gegebenenfalls wann die Erkrankung eingesetzt und wann sie geendet hat.
Auch die vom Kläger in erster Instanz weiter vorgelegte Bescheinigung vom 29.08.2005 der Frau Z, wonach er „seit April“ in ambulanter Behandlung bei dieser Ärztin steht, kann die Frage nicht beantworten, welche Erkrankung des Klägers für den 20. April 2005 (Beginn, Ende und Dauer) festgestellt worden ist und wieso gegebenenfalls eine rückwirkende Feststellung einer
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solchen Erkrankung möglich ist, zumal die Zeitangabe „seit April“ nicht besonders konkret ist. Insoweit muss darauf hingewiesen werden, dass bereits die Rückdatierung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung entgegen den Vorgaben des § 31 BMTV - Ärzte in Verbindung mit Nr. 15 der AU - RL vom 03.09.1991 – über einen Zeitraum von mehreren Tagen hinweg – ernsthafte Zweifel an der festgestellten Krankheit begründet. Da der Kläger selbst nicht angibt, zu welchem genauen Zeitpunkt er sich nach Ausspruch der Kündigung am 20.04.2004 – im April 2005 – in Behandlung der Frau Z begeben hat und auch sein Vortrag im nachgereichten Schriftsatz vom 29.06.2006, er habe sich „unmittelbar nach der Eigenkündigung des Klägers“ in Behandlung begeben, nicht hinreichend konkret erscheint, ist die mit diesem Schriftsatz beantragte Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht angezeigt, da die Kammer bei ihrer Entscheidung durchaus das vom Kläger vorgelegte Attest der Ärztin vom 29.08.2005 inhaltlich berücksichtigt hat.
Zudem bezieht sich die Bescheinigung vom 29.08.2005 in erster Linie auf die „zwischenzeitlich erfolgreich eingeleiteten therapeutischen Maßnahmen“, durch die nach dem Inhalt der Bescheinigung die Genesung des Klägers erzielt werden konnte, so dass der Kläger seit Anfang Juni „die volle Geschäftsfähigkeit“ wiedererlangt habe. Für die Frage, welche Befunde wann und zu welchem Zeitpunkt beim Kläger festgestellt wurden, wann die Krankheit begonnen hat, welche Behandlung erfolgte und wieso und zu welchem Zeitpunkt eine Genesung aufgrund der durchgeführten Behandlung erfolgte, sind die vom Kläger vorgelegten Bescheinigungen ebenso wenig ergiebig wie der Vortrag des Klägers zu diesen Tatsachen.
Die Berufung des Klägers musste nach alledem mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückgewiesen werden.
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R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g :
Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde als Rechtsbehelf, § 72 a) ArbGG, wird hingewiesen.
(R)
(T)
(K)
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Dr. Martin Hensche Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hensche@hensche.de | |
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