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ArbG Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 19.01.2012, 6 Ca 1450/11

   
Schlagworte: Bonus, Billiges Ermessen
   
Gericht: Arbeitsgericht Düsseldorf
Aktenzeichen: 6 Ca 1450/11
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 19.01.2012
   
Leitsätze:

1. Der Arbeitgeber hat bei der einseitigen Festsetzung einer Bonuszahlung billiges Ermessen zu wahren.

2. Hat der Arbeitgeber bei der einseitigen Festsetzung einer Bonuszahlung billiges Ermessen nicht gewahrt, ist der Anspruch durch das Gericht zu schätzen.

Vorinstanzen:
   

T a t b e s t a n d : 

Die Par­tei­en strei­ten zu­letzt noch um die Zah­lung ei­ner va­ria­blen Vergütung für das Geschäfts­jahr 2010, das bei der Be­klag­ten vom 1.11.2009 bis zum 31.10.2010 dau­er­te.

Die Be­klag­te be­treibt als deut­sche Toch­ter­ge­sell­schaft des ame­ri­ka­ni­schen Kon­zerns I. ein Un­ter­neh­men der In­for­ma­ti­ons­tech­no­lo­gie. Der Kläger ist bei ihr seit dem 1.1.1994 im Be­trieb S., zu­letzt als Di­rek­tor beschäftigt. Er gehört da­mit der Ma­na­ge­r­e­be­ne 3 und der Vergütungs­grup­pe E4B (Pay­le­vel MG3) an. Mit­ar­bei­ter die­ser Ebe­ne neh­men an ei­nem Bo­nus­sys­tem "Pay for Re­sults (PfR)" teil. Der Kläger hat ei­ne Ver­zichts­erklärung un­ter­zeich­net, nach der er un­ter an­de­rem auf die Aus­zah­lung der hier strei­ti­gen Leis­tung zu Guns­ten ei­ner Zu­satz­ver­sor­gung ver­zich­tet (Bl. 26 d. A.).

Nach der vom Kläger vor­ge­leg­ten und von der Be­klag­ten nicht be­strit­te­nen Über­set­zung der eng­lisch­spra­chi­gen Grund­la­gen des Pay for Re­sults-Pro­gramms (Bl. 150 ff. d. A.) kann der tatsächli­che Bo­nus bis zum drei­fa­chen Ziel­bo­nus rei­chen. Der Ziel­bo­nus für den Kläger be­trug un­strei­tig 30 % des Fest­ge­hal­tes, hier 37.689,87 €

Die Be­klag­te stell­te den Kläger im Som­mer 2009 un­ter Fort­zah­lung der Vergütung frei. Der Kläger wand­te sich ge­gen die Frei­stel­lung, das ArbG Düssel­dorf erklärte die Su­s­pen­die­rung für rechts­wid­rig (Ur­teil vom 2.2.2010,7 Ca 6977/09). In der Fol­ge kam es zwi­schen den Par­tei­en zu ge­richt­li­chen Aus­ein­an­der­set­zun­gen. Die Be­klag­te kündig­te das Ar­beits­verhält­nis am 31.5.2010 frist­los. Die Kündi­gung wur­de zwi­schen­zeit­lich rechts­kräftig für un­wirk­sam erklärt (ArbG Düssel­dorf, 11 Ca 4181/10; LAG Düssel­dorf 16 Sa 83/11).

Der Kläger wur­de im ge­sam­ten Geschäfts­jahr 2010 von der Be­klag­ten nicht beschäftigt. Für ihn sind für das Geschäfts­jahr 2010 auch kei­ne Zie­le be­stimmt wor­den. Für das Geschäfts­jahr zahl­te die Be­klag­te dem Kläger schließlich auch kei­nen Bo­nus nach dem Pay for Re­sults-Pro­gramm.

Er ist der An­sicht, er ha­be An­spruch auf Zah­lung ei­nes Bo­nus für das Geschäfts­jahr 2010 in gel­tend ge­mach­ter Höhe aus dem Pay for Re­sults-Pro­gramm. Je­den­falls fol­ge die­ser An­spruch als Scha­dens­er­satz­an­spruch man­gels Ziel­fest­set­zun­gen durch die Be­klag­te.

Er be­an­tragt, zu er­ken­nen: 

Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an den Kläger ei­nen Be­trag i.H.v. 37.689,87 € (brut­to) als Bo­nus für das Geschäfts­jahr 2010 auf Grund­la­ge des Pay for Re­sults-Pro­gramms (Pay for Re­sults Bo­nus) zu zah­len und die­sen Be­trag mit Wir­kung zum 30.11.2010 im We­ge der Ent­gelt­um­wand­lung für den Kläger in die von der Be­klag­ten geführ­te Al­ters- und Zu­satz­ver­sor­gung "Zu­satz­ver­sor­gungs­plan" ein­zu­zah­len und dafür zu ver­wen­den.

Die Be­klag­te be­an­tragt, 

die Kla­ge ab­zu­wei­sen, 

Sie be­haup­tet, das Bud­get für das Pay for Re­sults-Pro­gramm wer­de je­des Jahr neu von der ame­ri­ka­ni­schen Kon­zern­mut­ter fest­ge­legt. Es lie­ge im Er­mes­sen des je­wei­li­gen Vor­ge­setz­ten, wie er das ihm zur Verfügung ste­hen­de Bud­get auf die zu­ge­wie­se­nen Mit­ar­bei­ter ver­tei­le. Der Vor­ge­setz­te ori­en­tie­re sich bei der Ver­tei­lung in ers­ter Li­nie an der persönli­chen Ziel­er­rei­chung im ab­ge­lau­fe­nen Geschäfts­jahr. Die Vor­ge­setz­te des Klägers ha­be ent­schie­den, ihm kei­nen Bo­nus zu­zu­wei­sen, weil 1. das Er­geb­nis im Geschäfts­be­reich nicht zu­frie­den stel­lend ge­we­sen sei, sie 2. un­zu­frie­den mit den persönli­chen Leis­tun­gen des Klägers ge­we­sen sei und 3. das Ver­trau­ens­verhält­nis zum Kläger er­heb­lich gestört ge­we­sen sei in­fol­ge ei­nes nicht zu er­war­ten­den Ver­hal­tens ge­genüber der Geschäfts­lei­tung. Da­bei sei es um ei­ne Nicht­ein­tra­gung von Ur­laubs­ta­gen ge­gan­gen, die auch zur Be­gründung der Kündi­gung her­an­ge­zo­gen wur­de.

Sie ist der An­sicht, dem Kläger ste­he kein Bo­nus­an­spruch zu. Er neh­me zwar an dem Pay for Re­sults-Pro­gramm teil, dies se­he je­doch kei­ne zwin­gen­de Aus­zah­lung ei­nes Bo­nus­be­tra­ges vor. An­spruch auf Aus­zah­lung be­ste­he da­her nicht.

Ergänzend wird auf die wech­sel­sei­ti­gen vor­be­rei­ten­den Schriftsätze nebst An­la­gen ver­wie­sen, die zum Ge­gen­stand der münd­li­chen Ver­hand­lung ge­macht wur­den, so­wie auf die Sit­zungs­pro­to­kol­le.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e : 

Die zulässi­ge Kla­ge ist auch be­gründet. 

I. 

Der Kläger hat An­spruch auf Zah­lung ei­nes Bo­nus für das Geschäfts­jahr 2010 in gel­tend ge­mach­ter Höhe. Die­ser An­spruch folgt aus den Re­geln des Pay for Re­sults-Pro­gramms in Ver­bin­dung mit der Ent­schei­dung der Be­klag­ten über die Zah­lung die­ses Bo­nus an den Kläger.

1. Un­strei­tig zwi­schen den Par­tei­en ist, dass der Kläger an dem Pay for Re­sults-Pro­gramm der Be­klag­ten teil­nimmt und dies auch schon für das Geschäfts­jahr 2010 galt. Da­mit ist un­strei­tig zwi­schen den Par­tei­en, dass ein An­spruch aus die­sem Pro­gramm für den Kläger für das Geschäfts­jahr 2010 zunächst ge­ne­rell in Be­tracht kommt. Wei­ter ist zwi­schen­zeit­lich zwi­schen den Par­tei­en un­strei­tig, dass das Ar­beits­verhält­nis des Klägers während des ge­sam­ten Geschäfts­jah­res 2010 noch be­stan­den hat.

2. Der Kläger hat be­haup­tet, dass die Ba­sis die­ses Bo­nus 30 % sei­nes Fest­ge­hal­tes aus­macht und dass 30 % sei­nes Fest­ge­hal­tes den Kla­ge­be­trag er­ge­ben. Der Wert von 30 % er­gibt sich zwar nicht aus den von dem Kläger vor­ge­leg­ten und über­setz­ten Re­geln des Pro­gramms, die Be­klag­te ist die­ser Be­haup­tung des Klägers aber nicht ent­ge­gen­ge­tre­ten. Da­mit ist auch un­strei­tig, dass die Ba­sis des kläge­ri­schen Bo­nus für das Geschäfts­jahr 2010 den Kla­ge­be­trag aus­macht.

3. Aus dem vom Kläger vor­ge­leg­ten Text des Bo­nus­pro­gramms so­wie des­sen eben­falls vom Kläger vor­ge­leg­ter Über­set­zung folgt, dass der kon­kret von der Be­klag­ten fest­zu­set­zen­de tatsächli­che Bo­nus zwi­schen 0 € und dem drei­fa­chen Ba­sis­be­trag be­tra­gen kann. Im Text des Pro­gramms ist zwar die Re­de von "Bo­nus tar­get", bzw. "Ziel­bo­nus". Die Be­klag­te ist aber auch der Dar­stel­lung des Klägers nicht ent­ge­gen­ge­tre­ten, hier­mit sei­en die 30 % des Fest­ge­hal­tes ge­meint, die der Kläger selbst als Ba­sis be­zeich­net hat.

4. Aus all­dem folgt, dass der Bo­nus des Klägers für das Jahr 2010 zwi­schen 0 € und dem drei­fa­chen Kla­ge­be­trag zu lie­gen hat. Auch die­se Dar­stel­lung des Klägers hat die Be­klag­te nicht be­strit­ten.

a) Nach Dar­stel­lung der Be­klag­ten liegt es im Er­mes­sen des Vor­ge­setz­ten ei­nes Bo­nus­be­rech­tig­ten, ob und in wel­cher Höhe der Bo­nus für ein be­stimm­tes Geschäfts­jahr im Rah­men die­ser Vor­ga­be tatsächlich ge­zahlt wird. Hin­zu kom­me, dass die US-Mut­ter der Be­klag­ten zunächst ein Bud­get für sämt­li­che Bo­nus­zah­lun­gen fest­set­zen müsse. So­fern ein sol­ches Bud­get nicht zur Verfügung ge­stellt wer­de, schei­de ei­ne
Bo­nus­zah­lung von vor­ne­her­ein aus. Der je­wei­li­ge Vor­ge­setz­te ori­en­tie­ren sich für die Fest­set­zung des in­di­vi­du­el­len Bo­nus ei­nes Be­rech­tig­ten an der persönli­chen Ziel­er­rei­chung des Ar­beit­neh­mers, ge­ge­be­nen­falls auch an der La­ge die­ses Ar­beit­neh­mers in­ner­halb ei­nes Ge­halts­ban­des so­wie zusätz­lich auch an so­zia­len Erwägun­gen. Für den Kläger ha­be des­sen Vor­ge­setz­te für das Geschäfts­jahr 2010 ent­schie­den, dass ein Bo­nus nicht ge­zahlt wer­de, weil das Er­geb­nis des Geschäfts­be­rei­ches des Klägers nicht zu­frie­den stel­lend ge­we­sen sei, weil die Be­klag­te un­zu­frie­den mit den persönli­chen Leis­tun­gen des Klägers ge­we­sen sei, und weil schließlich das Ver­trau­ens­verhält­nis zwi­schen dem Kläger und der Be­klag­ten er­heb­lich gestört wor­den sei.

b) Ob die der Bo­nus­ver­ein­ba­rung mit dem Kläger zu­grun­de lie­gen­den Re­geln des Pro­gramms Pay for Re­sults zulässig sind, ins­be­son­de­re ob sie mit den AGB-Vor­schrif­ten in §§ 305 ff. BGB in Übe­rein­stim­mung ste­hen, kann hier zwar be­zwei­felt wer­den, weil ins­be­son­de­re der wohl in eng­li­scher Spra­che ab­ge­fass­te Text nur we­nig kon­kret ist und in­so­fern schon Zwei­fel be­gründet sein könn­te, er sei hin­rei­chend klar und verständ­lich iSd. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Hier­auf kommt es aber letzt­end­lich nicht an.

c) Denn je­den­falls ist die kon­kre­te Fest­set­zung des tatsächli­chen Bo­nus für den Kläger durch die Be­klag­te für das Geschäfts­jahr 2010 auf 0 € feh­ler­haft er­folgt.

aa) Die Be­klag­te kann sich für die Fest­set­zung des Bo­nus auf 0 € nicht dar­auf be­ru­fen, die US-Mut­ter ha­be ein Bud­get für Bo­nus­zah­lun­gen für das Geschäfts­jahr 2010 nicht zur Verfügung ge­stellt. Denn der Kläger hat un­be­strit­ten vor­ge­tra­gen, al­le an­de­ren Bo­nus­be­rech­tig­ten hätten Bo­nus­zah­lun­gen in dem frag­li­chen Geschäfts­jahr er­hal­ten. Die Be­klag­te hat zu die­sem Punkt an­de­res über­haupt nicht vor­ge­tra­gen. Wenn aber an­de­re Ar­beit­neh­mer ei­ne Bo­nus­zah­lung für das Geschäfts­jahr 2010 er­hal­ten ha­ben, so muss die US-Mut­ter auch ein Bud­get für der­ar­ti­ge Bo­nus­zah­lun­gen zur Verfügung ge­stellt ha­ben. Aus die­sem Bud­get hat­te die Be­klag­te auch ei­nen an­ge­mes­se­nen Bo­nus für den Kläger fest­zu­set­zen.

bb) Die Fest­set­zung durch die Be­klag­te durf­te nicht auf 0 € er­fol­gen. Die Be­klag­te hat je­den­falls im Ver­fah­ren kei­ner­lei Gründe vor­ge­tra­gen, die ei­ne der­ar­ti­ge Fest­set­zung recht­fer­ti­gen könn­ten.

(1) Während für den Fall, dass im Rah­men ei­ner Bo­nus­re­ge­lung auf­grund je­wei­li­ger Ziel­ver­ein­ba­run­gen die kon­kre­te Ziel­ver­ein­ba­rung un­ter­bleibt, strit­tig ist, ob die Vor­schrift des § 315 BGB An­wen­dung fin­den kann (vgl. da­zu LAG Düssel­dorf v. 18.8.2011, Az. 5 Sa 490/11, n.v., zit. nach ju­ris, Rn. 174), muss die Fest­set­zung des kon­kre­ten Be­tra­ges der aus­zu­zah­len­den va­ria­blen Vergütung an­hand der Ziel­ver­ein­ba­rung je­den­falls bil­li­gem Er­mes­sen ent­spre­chen (LAG Düssel­dorf, a.a.O., Rn. 175). Auch wenn je nach Aus­ge­stal­tung der Zie­le ein er­heb­li­cher Be­ur­tei­lungs­spiel­raum des Ar­beit­ge­bers be­ste­hen mag, muss dem Ar­beit­neh­mer aber das Recht auf ei­ne ge­richt­li­che Nach­prüfung zu­ste­hen (vgl. Kütt­ner-Grie­se, Per­so­nal­buch 2011, "Ziel­ver­ein­ba­rung", Rn. 15).

(2) Die Be­klag­te be­ruft sich zunächst dar­auf, das Er­geb­nis des Geschäfts­be­rei­ches CMS sei nicht zu­frie­den stel­lend ge­we­sen. Was die Be­klag­te mit "nicht zu­frie­den stel­lend" kon­kret meint, teilt sie nicht mit. Zu dem Er­geb­nis des Geschäfts­be­rei­ches, in dem der Kläger tätig ist oder war, verhält sich der Vor­trag der Be­klag­ten viel­mehr über­haupt nicht. We­der trägt sie vor, wel­che Er­geb­nis­se in frühe­ren Jah­ren er­zielt wur­den, noch trägt sie da­zu vor wel­ches Er­geb­nis für das Geschäfts­jahr 2010 zu er­war­ten oder zu er­hof­fen ge­we­sen sei, noch teilt sie mit, wel­ches Er­geb­nis tatsächlich er­reicht wor­den sei. Mit der über­schlägi­gen und durch nichts kon­kre­ti­sier­ten Be­haup­tung, das Er­geb­nis sei nicht zu­frie­den­stel­lend ge­we­sen, kann sie aber nicht be­gründen, dass die Fest­set­zung des Bo­nus für den Kläger auf 0 € bil­li­gem Er­mes­sen ent­spro­chen hätte.

(3) Die Be­klag­te be­ruft sich wei­ter dar­auf, die persönli­chen Leis­tun­gen des Klägers wären nicht zu ih­rer Zu­frie­den­heit er­folgt. Da­bei ist fest­zu­hal­ten, dass der Kläger im ge­sam­ten Geschäfts­jahr 2010 tatsächlich für die Be­klag­te nicht ge­ar­bei­tet hat, nach­dem die­se den Kläger (of­fen­bar un­zulässig) von der Ar­beits­leis­tung sus­pen­diert hat­te. Wenn der Kläger im ge­sam­ten Geschäfts­jahr 2010 nicht ge­ar­bei­tet hat, weil die Be­klag­te ihn nicht hat ar­bei­ten las­sen, ist aber nicht er­sicht­lich, wie ei­ne Un­zu­frie­den­heit hin­sicht­lich der persönli­chen Leis­tun­gen des Klägers auf Sei­ten der Be­klag­ten ein­ge­tre­ten sein könn­te (vgl. Kütt­ner-Grie­se, a.a.O., Rn. 16 f. für den Fall ei­ner Ar­beits­unfähig­keit mit Ge­halts­fort­zah­lung). Mit der aus­ge­blie­be­nen Ar­beits­leis­tung des Klägers kann die Be­klag­te die Fest­set­zung des Bo­nus­ses auf 0 € dem­nach eben­so we­nig be­gründen. Hin­zu kommt, dass auch zu die­sem Punkt die Be­klag­te in kei­ner Wei­se kon­kre­te Ausführun­gen macht. We­der teilt sie mit, mit wel­chen Leis­tun­gen kon­kret sie un­zu­frie­den ge­we­sen sei, noch teilt sie mit wel­che Leis­tun­gen der Kläger hätte er­brin­gen sol­len, aber nicht er­bracht hat.

(4) Sch­ließlich be­ruft die Be­klag­te sich dar­auf, das Ver­trau­ens­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en sei er­heb­lich gestört, weil der Kläger ein Ver­hal­ten ge­genüber der Geschäfts­lei­tung ge­zeigt ha­be, dass nicht zu er­war­ten ge­we­sen sei. Kon­kret teilt die Be­klag­te da­zu nur mit, es sei um die nicht er­folg­te Ein­tra­gung von Ur­laubs­ta­gen im Zeit­er­fas­sungs­sys­tem ge­gan­gen. Für die Kam­mer ist nicht er­sicht­lich, was die Be­klag­te hier­mit meint, und ins­be­son­de­re was dem Kläger hier kon­kret vor­ge­wor­fen wer­den soll. Die Be­klag­te führt zwar aus, dass die außer­or­dent­li­che Kündi­gung we­gen die­ser Vorfälle zwar vor der Ar­beits­ge­richts­bar­keit nicht ha­be stand­hal­ten können. Der Kam­mer ist al­ler­dings we­der der Vor­trag der Be­klag­ten in dem Kündi­gungs­schutz­ver­fah­ren, noch die ge­richt­li­che Ent­schei­dung be­kannt. Da für die Kam­mer schon nicht er­sicht­lich ist, was die Be­klag­te dem Kläger hier kon­kret vor­wirft und war­um da­durch das Ver­trau­ens­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en gestört wäre, ist die Fest­set­zung des Bo­nus auf 0 € auf­grund die­ser As­pek­te schon nicht mit Bil­lig­keits­erwägun­gen zu ver­ein­ba­ren. In­wie­weit das hier nicht ein­mal kon­kret be­haup­te­te Ver­hal­ten sei­ne persönli­che Ziel­er­rei­chung be­trifft, ist zu­dem nicht er­sicht­lich. Dass die Höhe des Bo­nus auch vom Maß des zwi­schen Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer be­ste­hen­den Ver­trau­ens abhängig wäre, lässt sich dem vor­ge­leg­ten Text schließlich eben­falls nicht ent­neh­men. Nach An­ga­ben der Be­klag­ten ist für die Bo­nu­ser­mitt­lung vor­dring­lich auf die persönli­chen Leis­tun­gen ab­zu­stel­len, ggf. noch auf die La­ge im Ge­halts­band und so­zia­le Erwägun­gen. Das Ver­trau­en fin­det sich auch in den Ausführun­gen der Be­klag­ten zu den Kri­te­ri­en der Be­stim­mung der Höhe des Bo­nus nicht wie­der.

(5) Wei­te­re Gründe, war­um die Fest­set­zung des Bo­nus für den Kläger für das frag­li­che Geschäfts­jahr auf 0 € bil­li­gem Er­mes­sen ent­spre­chen würde, hat die Be­klag­te nicht vor­ge­tra­gen. Oh­ne sach­li­che Gründe kann die Be­klag­te aber nicht den dem Kläger in Aus­sicht ge­stell­ten Bo­nus ins­ge­samt ver­wei­gern. Da­mit ist die von der Be­klag­ten er­folg­te Fest­set­zung je­den­falls un­ter Ver­s­toß von Bil­lig­keits­erwägun­gen im Sin­ne des § 315 BGB er­folgt.

d) Da es sich bei der Ent­schei­dung des Ar­beit­ge­bers über die Höhe des Bo­nus um ei­ne Er­mes­sens­ent­schei­dung im Sin­ne des § 315 Abs. 3 S. 2, 1. Halb­satz BGB han­delt, hat­te das Ge­richt die Be­stim­mung des rich­ti­gen Bo­nus durch Ur­teil zu tref­fen. Da­bei ent­spricht ein Bo­nus in Höhe der Kla­ge­for­de­rung für den Kläger der Bil­lig­keit.

Das Ge­richt hat­te den Bo­nus zwi­schen 0 € und dem drei­fa­chen Ba­sis­be­trag fest­zu­set­zen. Die­ser Rah­men für den Bo­nus des Klägers ist zwi­schen den Par­tei­en un­strei­tig. Da­bei ent­spricht die Fest­set­zung in Höhe des ein­fa­chen Ba­sis­be­tra­ges hier bil­li­gem Er­mes­sen. Der Kläger hat in dem frag­li­chen Geschäfts­jahr ei­ne Ar­beits­leis­tung ge­genüber der Be­klag­ten tatsächlich nicht er­bracht, weil die­se ihn un­zulässi­ger Wei­se von der Ar­beits­leis­tung frei­ge­stellt hat. Ei­ne kon­kre­te Ar­beits­leis­tung des Klägers an der die Bo­nus­be­mes­sung aus­ge­rich­tet wer­den könn­te, liegt da­her tatsächlich nicht vor. Ba­sis ei­ner Fest­set­zung kann da­her nur ei­ne hy­po­the­ti­sche Ar­beits­leis­tung des Klägers sein. Da der Kläger in den Jah­ren zu­vor noch nicht am Bo­nus­pro­gramm teil­ge­nom­men hat, kann auch auf ei­ne frühe­re Be­mes­sung des Bo­nus­be­tra­ges durch die Be­klag­te nicht zurück­ge­grif­fen wer­den. Bei­de Par­tei­en ha­ben im Ver­fah­ren auch kei­ne sons­ti­gen An­halts­punk­te mit­ge­teilt, aus de­nen ein Rück­schluss ge­zo­gen wer­den könn­te, wie zu­frie­den die Be­klag­te mit den persönli­chen Leis­tun­gen des Klägers im Geschäfts­jahr 2010 ge­we­sen wäre, wenn sie ihn sei­ne Ar­beits­leis­tung hätte er­brin­gen las­sen. Da­her kann die Kam­mer le­dig­lich ei­ne Schätzung an­stel­len, in wel­chem Um­fang der Kläger den Bo­nus bei Er­brin­gung sei­ner Ar­beits­leis­tung er­reicht hätte. Da­bei er­scheint ein Be­trag von ei­nem Drit­tel des höchstmögli­chen Bo­nus­be­tra­ges je­den­falls nicht als un­an­ge­mes­sen hoch. Da­bei hat sich die Kam­mer auch von der Recht­spre­chung des BAG lei­ten las­sen, nach der ers­tens der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer nur sol­che Zie­le im Rah­men ei­ner Ziel­ver­ein­ba­rung vor­schla­gen wird, die der Ar­beit­neh­mer auch er­rei­chen kann und zwei­tens grundsätz­lich da­von aus­zu­ge­hen ist, dass der Ar­beit­neh­mer ver­ein­bar­te Zie­le auch er­reicht hätte, wenn nicht be­son­de­re Umstände die­se An­nah­me aus­sch­ließen, die der Ar­beit­ge­ber dar­zu­le­gen und nach­zu­wei­sen hat (BAG v. 12.12.2007, Az. 10 AZR 97/07, NZA 2008, 409, Rn. 50; v. 10.12.2008, Az. 10 AZR 889/07, NZA 2009, 256, Rn. 22). Die un­rechtmäßige Su­s­pen­die­rung des Klägers durch die Be­klag­te, die zu ei­nem An­nah­me­ver­zugs­lohn­an­spruch des Klägers nach § 615 S. 1 BGB geführt hat, der wohl auch den Bo­nus­an­spruch mit um­fas­sen würde, kann je­den­falls ei­nen sol­chen "be­son­de­ren Um­stand" al­lein noch nicht be­gründen.

Da­mit steht dem Kläger als Bo­nus für das Geschäfts­jahr 2010 je­den­falls der hier ver­folg­te Be­trag zu. Un­strei­tig ist die­ser Bo­nus auf­grund der Ver­zichts­erklärung auch nicht an die­sen di­rekt aus­zu­zah­len, son­dern zu sei­nen Guns­ten in die bei der Be­klag­ten be­ste­hen­de Zu­satz­ver­sor­gung ein­zu­zah­len. Der Kla­ge war da­her in dem zu­letzt noch ver­folg­ten Um­fang statt­zu­ge­ben.

II. 

Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 ZPO. Da die Be­klag­te das Ver­fah­ren ver­lo­ren hat, hat sie auch die Kos­ten zu tra­gen. So­weit über die Ansprüche nicht hier ent­schie­den wur­de, hat der Kläger die Kla­ge zurück­ge­nom­men, nach­dem die Be­klag­te die strei­ti­gen For­de­run­gen erfüllt hat­te. Da­her ist die Kos­ten­tra­gung ins­ge­samt durch die Be­klag­te an­ge­mes­sen. Die Streit­wert­fest­set­zung er­geht nach §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 ArbGG, 3 ff. ZPO. Der Rechts­mit­tel­wert war in Höhe des Wer­tes des An­tra­ges fest­zu­set­zen.

RECH­TSMIT­TEL­BE­LEH­RUNG 

Ge­gen die­ses Ur­teil kann von der be­klag­ten Par­tei Be­ru­fung ein­ge­legt wer­den. Für die kla­gen­de Par­tei ist ge­gen die­ses Ur­teil kein Rechts­mit­tel ge­ge­ben.

Die Be­ru­fung muss in­ner­halb ei­ner Not­frist* von ei­nem Mo­nat schrift­lich beim 

Lan­des­ar­beits­ge­richt Düssel­dorf 

Lud­wig-Er­hard-Al­lee 21 

40227 Düssel­dorf 

Fax: 0211-7770 2199 

ein­ge­gan­gen sein. 

Die Not­frist be­ginnt mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­fass­ten Ur­teils, spätes­tens mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach des­sen Verkündung.

Die Be­ru­fungs­schrift muss von ei­nem Be­vollmäch­tig­ten un­ter­zeich­net sein. Als Be­vollmäch­tig­te sind nur zu­ge­las­sen:

1.Rechts­anwälte, 

2.Ge­werk­schaf­ten und Ver­ei­ni­gun­gen von Ar­beit­ge­bern so­wie Zu­sam­men­schlüsse sol­cher Verbände für ih­re Mit­glie­der oder für an­de­re Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der,

3.ju­ris­ti­sche Per­so­nen, de­ren An­tei­le sämt­lich im wirt­schaft­li­chen Ei­gen­tum ei­ner der in Num­mer 2 be­zeich­ne­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen ste­hen, wenn die ju­ris­ti­sche Per­son aus­sch­ließlich die Rechts­be­ra­tung und Pro­zess­ver­tre­tung die­ser Or­ga­ni­sa­ti­on und ih­rer Mit­glie­der oder an­de­rer Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der ent­spre­chend de­ren Sat­zung durchführt, und wenn die Or­ga­ni­sa­ti­on für die Tätig­keit der Be­vollmäch­tig­ten haf­tet.

Ei­ne Par­tei, die als Be­vollmäch­tig­te zu­ge­las­sen ist, kann sich selbst ver­tre­ten. 

* Ei­ne Not­frist ist un­abänder­lich und kann nicht verlängert wer­den. 

gez. E.

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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