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BAG, Be­schluss vom 17.03.2015, 1 ABR 62/12 (A)

   
Schlagworte: Arbeitnehmerbegriff: DRK-Schwestern, Arbeitnehmerüberlassung: DRK-Schwestern
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 1 ABR 62/12 (A)
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 17.03.2015
   
Leitsätze:

Der Senat ersucht den Gerichtshof der Europäischen Union gem. Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) um die Beantwortung der folgenden Frage:

Findet Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit Anwendung auf die Überlassung eines Vereinsmitglieds an ein anderes Unternehmen zur Arbeitsleistung nach dessen fachlicher und organisatorischer Weisung, wenn sich das Vereinsmitglied bei seinem Vereinsbeitritt verpflichtet hat, seine volle Arbeitskraft auch Dritten zur Verfügung zu stellen, wofür es von dem Verein eine monatliche Vergütung erhält, deren Berechnung sich nach den für die jeweilige Tätigkeit üblichen Kriterien richtet, und der Verein für die Überlassung den Ersatz der Personalkosten des Vereinsmitglieds sowie eine Verwaltungskostenpauschale erhält?

Vorinstanzen: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 06.07.2012, 6 TaBV 30/12
Arbeitsgericht Essen, Beschluss vom 02.02.2012, 3 BV 94/11
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

1 ABR 62/12 (A)
6 TaBV 30/12
Lan­des­ar­beits­ge­richt
Düssel­dorf

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am
17. März 2015

BESCHLUSS

Klapp, Ur­kunds­be­am­ter
der Geschäfts­stel­le

In dem Be­schluss­ver­fah­ren mit den Be­tei­lig­ten
1. An­trag­stel­le­rin,

2. Be­schwer­deführer und Rechts­be­schwer­deführer,

hat der Ers­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der Anhörung am 17. März 2015 durch die Präsi­den­tin des Bun­des­ar­beits­ge­richts Schmidt, den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Prof. Dr. Koch, die Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt K. Schmidt so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Prof. Dr. Dr. hc. Hromad­ka und Hay­en be­schlos­sen:

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I. Der Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Uni­on wird gem. Art. 267 des Ver­tra­ges über die Ar­beits­wei­se der Eu­ro-päischen Uni­on (AEUV) um die Be­ant­wor­tung der fol-gen­den Fra­ge er­sucht:

Fin­det Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 der Richt­li­nie 2008/104/EG des Eu­ropäischen Par­la­ments und des Ra­tes vom 19. No­vem­ber 2008 über Leih­ar­beit An­wen­dung auf die Über­las­sung ei­nes Ver­eins­mit­glieds an ein an­de­res Un­ter­neh­men zur Ar­beits­leis­tung nach des­sen fach­li­cher und or­ga­ni­sa­to­ri­scher Wei­sung, wenn sich das Ver­eins­mit­glied bei sei­nem Ver­eins­bei­tritt ver­pflich­tet hat, sei­ne vol­le Ar­beits­kraft auch Drit­ten zur Verfügung zu stel­len, wofür es von dem Ver­ein ei­ne mo­nat­li­che Vergütung erhält, de­ren Be­rech­nung sich nach den für die je­wei­li­ge Tätig­keit übli­chen Kri­te­ri­en rich­tet, und der Ver­ein für die Über­las­sung den Er­satz der Per­so­nal­kos­ten des Ver­eins­mit­glieds so­wie ei­ne Ver­wal­tungs­kos­ten­pau­scha­le erhält?

II. Das Ver­fah­ren wird bis zur Ent­schei­dung des Ge­richts­hofs der Eu­ropäischen Uni­on über das Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen aus­ge­setzt.

Von Rechts we­gen!

Gründe

A. Ge­gen­stand des Aus­gangs­ver­fah­rens

Die Ar­beit­ge­be­rin beschäftigt et­wa 190 Ar­beit­neh­mer. Sie be­treibt in Es­sen ei­ne sta­ti­onäre Kli­nik. Am Ver­fah­ren be­tei­ligt ist der bei ihr ge­bil­de­te Be­triebs­rat.

Die Ar­beit­ge­be­rin und die DRK-Schwes­tern­schaft Es­sen e. V. (Schwes­tern­schaft) schlos­sen im Jahr 2010 ei­ne als „Ge­stel­lungs­ver­trag“ be­zeich­ne­te Ver­ein­ba­rung. Nach die­ser über­nimmt es die Schwes­tern­schaft, An­gehöri­ge der pfle­gen­den und pfle­gen­ahen Be­ru­fe bei der Ar­beit­ge­be­rin ein­zu­set­zen. Bei die­sem Per­so­nal han­delt es sich um Ver­eins­mit­glie­der der Schwes­tern­schaft.

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Während ih­rer Tätig­keit in der Kli­nik un­ter­lie­gen die Mit­glie­der der Schwes­tern­schaft den fach­li­chen und or­ga­ni­sa­to­ri­schen Wei­sun­gen der Ar­beit­ge­be­rin. Für die Über­las­sung erhält die Schwes­tern­schaft von der Ar­beit­ge­be­rin ein Ge­stel­lungs­ent­gelt. Dies um­fasst die Brut­to­per­so­nal­kos­ten und ei­ne 3%ige Ver­wal­tungs­kos­ten­pau­scha­le. Die Schwes­tern­schaft verfügt seit De­zem­ber 2011 über ei­ne Er­laub­nis zur Ar­beit­neh­merüber­las­sung.

Die Schwes­tern­schaft ist in der Rechts­form ei­nes ein­ge­tra­ge­nen Ver­eins or­ga­ni­siert. In § 1 Un­terabs. 3, § 2 ih­rer Sat­zung be­zeich­net sie sich als ei­ne Ge­mein­schaft, die „den Mit­glie­dern die Ausübung ih­res Be­ru­fes im ca­ri­ta­ti­ven Geist un­ter dem Zei­chen des Ro­ten Kreu­zes ermöglicht und das Zu­sam­men­gehörig­keits­be­wusst­sein fes­tigt“. Die Schwes­tern­schaft ist „selbst­los tätig und ver­folgt nicht in ers­ter Li­nie ei­gen­wirt­schaft­li­che Zwe­cke“. Nach der Ver­eins­sat­zung können Per­so­nen ei­ne Mit­glied­schaft zur Be­rufs­ausübung be­gründen, wenn sie be­rech­tigt sind, ei­nen Be­ruf in der Kran­ken- und Ge­sund­heits­pfle­ge aus­zuüben. Die­se Ver­eins­mit­glie­der sind ver­pflich­tet, der Schwes­tern­schaft ih­re vol­le Ar­beits­kraft zur Verfügung zu stel­len. Ih­re Tätig­keit üben sie ent­we­der bei der Schwes­tern­schaft oder im Rah­men von Ge­stel­lungs­verträgen bei Drit­ten in Ein­rich­tun­gen der Krank­heits- und Ge­sund­heits­pfle­ge aus. Sie er­hal­ten ua. ei­ne mo­nat­li­che Vergütung, de­ren Be­rech­nung sich nach den für die je­wei­li­ge Tätig­keit übli­chen Kri­te­ri­en rich­tet, Rei­se- und Um­zugs­kos­ten, ei­ne An­wart­schaft auf ein zusätz­li­ches Ru­he­geld, Er­ho­lungs­ur­laub so­wie ei­ne Fort­zah­lung der Vergütung bei ei­ner durch Un­fall oder Krank­heit ver­ur­sach­ten Ar­beits­unfähig­keit. Bei Vor­lie­gen ei­nes wich­ti­gen Grun­des kann ein Mit­glied aus der Schwes­tern­schaft aus­ge­schlos­sen wer­den.

Die Schwes­tern­schaft ist über ih­re Mit­glied­schaft im Ver­band der Schwes­tern­schaf­ten vom Deut­schen Ro­ten Kreuz e. V. dem Deut­schen Ro­ten Kreuz e. V. (DRK) an­ge­schlos­sen. Die­ses ist Teil der In­ter­na­tio­na­len Rot­kreuz-und Rothalb­mond­be­we­gung. Den bun­des­weit 33 Schwes­tern­schaf­ten des DRK gehören ins­ge­samt rund 22.000 Rot­kreuz­schwes­tern und -pfle­ger an. Die­se sind so­wohl in ei­ge­nen Ein­rich­tun­gen der DRK-Schwes­tern­schaf­ten als auch im Rah­men von Ge­stel­lungs­verträgen in Ein­rich­tun­gen an­de­rer Recht­sträger tätig.

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Die DRK-Schwes­tern­schaft Es­sen e. V. schließt seit dem Jahr 2003 mit Pfle­ge­kräften kei­ne Ar­beits­verträge mehr ab. Sie nimmt die­se nur als Ver­eins­mit­glie­der auf.

Ei­ne die­ser Schwes­tern ist Frau K. Sie soll­te im Be­trieb der Ar­beit­ge­be­rin ab dem 1. Ja­nu­ar 2012 auf der Grund­la­ge des mit der Schwes­tern­schaft im Jahr 2010 ab­ge­schlos­se­nen Ge­stel­lungs­ver­trags auf un­be­stimm­te Zeit im Pfle­ge­dienst ein­ge­setzt wer­den. Der Be­triebs­rat ver­wei­ger­te mit Schrei­ben vom 2. De­zem­ber 2011 sei­ne Zu­stim­mung zur Ein­stel­lung, weil der Ein­satz von Frau K nicht vorüber­ge­hend sei und da­mit ge­gen das Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­ge­setz ver­s­toße. Die Ar­beit­ge­be­rin setzt Frau K seit dem 1. Ja­nu­ar 2012 im Rah­men ei­ner vorläufi­gen per­so­nel­len Maßnah­me in ih­rer Kli­nik im Pfle­ge­dienst ein.

In dem von der Ar­beit­ge­be­rin ein­ge­lei­te­ten Be­schluss­ver­fah­ren hat die­se die ge­richt­li­che Er­set­zung der vom Be­triebs­rat ver­wei­ger­ten Zu­stim­mung zur Ein­stel­lung von Frau K be­an­tragt. Sie hat ge­meint, der gel­tend ge­mach­te Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­grund be­ste­he nicht. Das Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­ge­setz fin­de kei­ne An­wen­dung, weil Frau K Ver­eins­mit­glied der Schwes­tern­schaft und nicht de­ren Ar­beit­neh­me­rin sei. Die Vor­in­stan­zen ha­ben die vom Be­triebs­rat ver­wei­ger­te Zu­stim­mung zur Ein­stel­lung von Frau K er­setzt. Hier­ge­gen rich­tet sich die Rechts­be­schwer­de des Be­triebs­rats.

B. Das ein­schlägi­ge na­tio­na­le Recht

I. Ge­setz­li­che Vor­schrif­ten

1. Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz

§ 99 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 des zu­letzt durch Ge­setz vom 20. April 2013 (BGBl. I S. 868) geänder­ten Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­set­zes (Be­trVG) lau­ten in der Fas­sung vom 25. Sep­tem­ber 2001:
„§ 99 Mit­be­stim­mung bei per­so­nel­len Ein­zel­maßnah­men
(1) In Un­ter­neh­men mit in der Re­gel mehr als zwan­zig wahl­be­rech­tig­ten Ar­beit­neh­mern hat der Ar­beit­ge­ber den Be­triebs­rat vor je­der Ein­stel­lung, ... zu un­ter­rich­ten, ihm die er­for­der­li­chen Be­wer­bungs­un­ter­la­gen vor­zu­le­gen und Aus­kunft über die Per­son der Be­tei­lig­ten zu ge­ben; er hat

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dem Be­triebs­rat un­ter Vor­la­ge der er­for­der­li­chen Un­ter­la­gen Aus­kunft über die Aus­wir­kun­gen der ge­plan­ten Maßnah­me zu ge­ben und die Zu­stim­mung des Be­triebs­rats zu der ge­plan­ten Maßnah­me ein­zu­ho­len. ...
(2) Der Be­triebs­rat kann die Zu­stim­mung ver­wei­gern, wenn
1. die per­so­nel­le Maßnah­me ge­gen ein Ge­setz, ... ver­s­toßen würde,
...“

Ei­ne Ein­stel­lung iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG setzt nicht die Be­gründung ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses mit dem In­ha­ber des Ein­satz­be­triebs vor­aus. Die Vor­aus­set­zun­gen von § 99 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG lie­gen nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts be­reits dann vor, wenn Per­so­nen in den Be­trieb ein­ge­glie­dert wer­den, um zu­sam­men mit den dort schon beschäftig­ten Ar­beit­neh­mern des­sen ar­beits­tech­ni­schen Zweck durch wei­sungs­ge­bun­de­ne Tätig­keit zu ver­wirk­li­chen (BAG 23. Ju­ni 2010 - 7 ABR 1/09 - Rn. 13, BA­GE 135, 26).

2. Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­ge­setz
§ 1 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 des zu­letzt durch das Ers­te Ge­setz zur Ände­rung des Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­ge­set­zes - Ver­hin­de­rung von Miss­brauch der Ar­beit­neh­merüber­las­sung vom 28. April 2011 (- Miss­brauchs­ver­hin­de­rungs­ge­setz - BGBl. I S. 642) geänder­te Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­ge­setz (AÜG) lau­ten in der ab dem 1. De­zem­ber 2011 gel­ten­den Fas­sung:
„§ 1 Er­laub­nis­pflicht
(1) Ar­beit­ge­ber, die als Ver­lei­her Drit­ten (Ent­lei­hern) Ar­beit­neh­mer (Leih­ar­beit­neh­mer) im Rah­men ih­rer wirt­schaft­li­chen Tätig­keit zur Ar­beits­leis­tung über­las­sen wol­len, bedürfen der Er­laub­nis. Die Über­las­sung von Ar­beit­neh­mern an Ent­lei­her er­folgt vorüber­ge­hend. ...“ 

Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts ver­bie­tet § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG in der seit dem 1. De­zem­ber 2011 gel­ten­den Fas­sung die nicht nur vorüber­ge­hen­de Über­las­sung von Ar­beit­neh­mern an Ent­lei­her. Auf

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die­ses ge­setz­li­che Ver­bot kann sich der im Be­trieb ei­nes Ent­lei­hers ge­bil­de­te Be­triebs­rat ge­genüber der Über­nah­me ei­nes Leih­ar­beit­neh­mers be­ru­fen (zu­letzt BAG 30. Sep­tem­ber 2014 - 1 ABR 79/12 - Rn. 17). In ei­nem sol­chen Fall muss der Ein­satz des Leih­ar­beit­neh­mers beim ent­lei­hen­den Un­ter­neh­men un­ter­blei­ben.

II. Die na­tio­na­le Recht­spre­chung zur An­wen­dung des AÜG

1. Die Gel­tung des § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG setzt vor­aus, dass es sich bei der zur Ar­beits­leis­tung an ei­nen Ent­lei­her über­las­se­nen Per­son um ei­nen Ar­beit­neh­mer des Ver­lei­hers han­delt (BAG 9. No­vem­ber 1994 - 7 AZR 217/94 - zu II der Gründe, BA­GE 78, 252). Das Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­ge­setz enthält selbst kei­ne De­fi­ni­ti­on des Ar­beit­neh­mer­be­griffs. Eben­so fehlt im na­tio­na­len Recht ei­ne für al­le ar­beits­recht­li­chen Ge­set­ze gel­ten­de De­fi­ni­ti­on der Ar­beit­neh­mer­ei­gen­schaft. Bei der An­wen­dung von § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG ist des­halb von dem durch die Recht­spre­chung ent­wi­ckel­ten all­ge­mei­nen Ar­beit­neh­mer­be­griff aus­zu­ge­hen. Da­nach ist Ar­beit­neh­mer, wer auf­grund ei­nes pri­vat­recht­li­chen Ver­trags im Diens­te ei­nes an­de­ren zur Leis­tung wei­sungs­ge­bun­de­ner, fremd­be­stimm­ter Ar­beit in persönli­cher Abhängig­keit ver­pflich­tet ist (zu­letzt BAG 17. Sep­tem­ber 2014 - 10 AZB 43/14 - Rn. 18).

2. Mit­glie­der der DRK-Schwes­tern­schaf­ten sind nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts kei­ne Ar­beit­neh­mer im Sin­ne des im na­tio­na­len Recht ver­wand­ten all­ge­mei­nen Ar­beit­neh­mer­be­griffs. Sie er­brin­gen ih­re Ar­beits­leis­tung zwar in fremd­be­stimm­ter persönli­cher Abhängig­keit. Rechts­grund­la­ge für die von ih­nen ge­schul­de­ten Diens­te ist aber kein pri­vat­recht­li­cher Ver­trag, son­dern der pri­vat­au­to­nom be­gründe­te Ver­eins­bei­tritt zu der Schwes­tern­schaft und die da­mit ver­bun­de­ne Pflicht, den Ver­eins­bei­trag in der Leis­tung von Diens­ten in persönli­cher Abhängig­keit zu er­brin­gen. Ein Rechts­satz, wo­nach bei sol­chen Diens­ten aus­sch­ließlich ein Ar­beits­verhält­nis be­gründet wird, be­steht im na­tio­na­len Recht nicht. Ent­spre­chend der grund­ge­setz­lich geschütz­ten Ver­ein­s­au­to­no­mie (Art. 9 Abs. 1 GG) können abhängi­ge Diens­te auch als Mit­glied­schafts­bei­trag er­bracht wer­den, so­weit durch die Ar­beits­pflich­ten zwin­gen-

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de ar­beits­recht­li­che Schutz­be­stim­mun­gen nicht um­gan­gen wer­den. Ei­ne sol­che Um­ge­hung hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt an­ge­sichts der für die Ver­eins­mit­glie­der in den Sat­zun­gen und Mit­glieds­ord­nun­gen der Schwes­tern­schaf­ten vor­ge­se­he­nen Leis­tun­gen ver­neint (BAG 6. Ju­li 1995 - 5 AZB 9/93 - zu B I 2 b und c der Gründe, BA­GE 80, 256).

C. Ein­schlägi­ge Vor­schrif­ten des Uni­ons­rechts

Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 2 und Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Richt­li­nie 2008/104/EG des Eu­ropäischen Par­la­ments und des Ra­tes vom 19. No­vem­ber 2008 über Leih­ar­beit (ABl. L 327 vom 5. De­zem­ber 2008 S. 9 - RL 2008/104/EG) lau­ten:

Ar­ti­kel 1
An­wen­dungs­be­reich
(1) Die­se Richt­li­nie gilt für Ar­beit­neh­mer, die mit ei­nem Leih­ar­beits­un­ter­neh­men ei­nen Ar­beits­ver­trag ge­schlos­sen ha­ben oder ein Beschäfti­gungs­verhält­nis ein­ge­gan­gen sind und die ent­lei­hen­den Un­ter­neh­men zur Verfügung ge­stellt wer­den, um vorüber­ge­hend un­ter de­ren Auf­sicht und Lei­tung zu ar­bei­ten.
(2) Die­se Richt­li­nie gilt für öffent­li­che und pri­va­te Un­ter-neh­men, bei de­nen es sich um Leih­ar­beits­un­ter­neh­men oder ent­lei­hen­de Un­ter­neh­men han­delt, die ei­ne wirt­schaft­li­che Tätig­keit ausüben, un­abhängig da­von, ob sie Er­werbs­zwe­cke ver­fol­gen oder nicht.
...

Ar­ti­kel 2
Ziel
Ziel die­ser Richt­li­nie ist es, für den Schutz der Leih­ar­beit­neh­mer zu sor­gen und die Qua­lität der Leih­ar­beit zu ver­bes­sern, in­dem die Ein­hal­tung des Grund­sat­zes der Gleich­be­hand­lung von Leih­ar­beit­neh­mern gemäß Ar­ti­kel 5 ge­si­chert wird und die Leih­ar­beits­un­ter­neh­men als Ar­beit­ge­ber an­er­kannt wer­den, wo­bei zu berück­sich­ti­gen ist, dass ein an­ge­mes­se­ner Rah­men für den Ein­satz von Leih­ar­beit fest­ge­legt wer­den muss, um wirk­sam zur Schaf­fung von Ar­beitsplätzen und zur Ent­wick­lung fle­xi­bler Ar­beits­for­men bei­zu­tra­gen.

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Ar­ti­kel 3
Be­griffs­be­stim­mun­gen
(1) Im Sin­ne die­ser Richt­li­nie be­zeich­net der Aus­druck
a) ‚Ar­beit­neh­mer‘ ei­ne Per­son, die in dem be­tref­fen­den Mit­glied­staat nach dem na­tio­na­len Ar­beits­recht als Ar­beit­neh­mer geschützt ist; ...“

D. Ent­schei­dungs­er­heb­lich­keit und Erläute­rung der Vor­la­ge­fra­ge:

I. Die Ent­schei­dung über den Zu­stim­mungs­er­set­zungs­an­trag der Ar­beit­ge­be­rin hängt von der Be­gründet­heit des vom Be­triebs­rat gel­tend ge­mach­ten Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­grunds aus § 99 Abs. 2 Nr. 1 Be­trVG ab. Bei dem be­ab­sich­tig­ten Ein­satz von Frau K han­delt es sich um ei­ne Ein­stel­lung iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG. Über die­se hat die Ar­beit­ge­be­rin den Be­triebs­rat ord­nungs­gemäß un­ter­rich­tet. Der da­nach zulässi­ge An­trag der Ar­beit­ge­be­rin wäre ab­zu­wei­sen, wenn Frau K während ih­res Ein­sat­zes bei der Ar­beit­ge­be­rin als Ar­beit­neh­mer iSd. Art. 1 Abs. 1 RL 2008/104/EG an­zu­se­hen wäre und die Über­las­sung ge­gen Er­stat­tung der Brut­to­per­so­nal­kos­ten zuzüglich ei­ner Ver­wal­tungs­kos­ten­pau­scha­le ei­ne wirt­schaft­li­che Tätig­keit der Schwes­tern­schaft iSd. Art. 1 Abs. 2 RL 2008/104/EG dar­stellt. Würde die­ser Sach­ver­halt von der RL 2008/104/EG er­fasst, wären § 1 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 AÜG nach den Grundsätzen der uni­ons­rechts­kon­for­men Aus­le­gung da­hin­ge­hend aus­zu­le­gen, dass der Ein­satz von Frau K ei­ne nicht vorüber­ge­hen­de Ar­beit­neh­merüber­las­sung dar­stellt, die nach na­tio­na­lem Recht un­zulässig ist.

II. Der Se­nat ver­mag nicht mit der für ein letzt­in­stanz­li­ches Ge­richt ge­bo­te­nen Si­cher­heit zu be­ur­tei­len, ob er die im na­tio­na­len Recht gel­ten­den Grundsätze für die Ar­beit­neh­mer­ei­gen­schaft bei der An­wen­dung des § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG her­an­zie­hen kann und wel­che An­for­de­run­gen für ei­ne wirt­schaft­li¬che Tätig­keit nach Uni­ons­recht gel­ten.

1. Es ist nicht hin­rei­chend geklärt, ob das Uni­ons­recht der Her­an­zie­hung der im na­tio­na­len Recht gel­ten­den Grundsätze ent­ge­gen­steht, die für die Beur-

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tei­lung der Ar­beit­neh­mer­ei­gen­schaft von Per­so­nen gel­ten, die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG Drit­ten zur Ar­beits­leis­tung über­las­sen wer­den.

a) Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. a RL 2008/104/EG be­zeich­net der Aus­druck „Ar­beit­neh­mer“ ei­ne Per­son, die in dem be­tref­fen­den Mit­glied­staat nach dem na­tio­na­len Ar­beits­recht als Ar­beit­neh­mer geschützt ist. Nach der dort be­stimm­ten Ver­wei­sung auf das Recht der Mit­glied­staa­ten ist bei der Aus­le­gung des na­tio­na­len Rechts nicht von dem uni­ons­recht­li­chen Ar­beit­neh­mer­be­griff aus­zu­ge­hen.

b) Nach der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs kann das Uni­ons­recht aber selbst dann, wenn sich die De­fi­ni­ti­on des Ar­beit­neh­mer­be­griffs nach na­tio­na­lem Recht rich­tet, das den Mit­glied­staa­ten ein­geräum­te Er­mes­sen be­gren­zen. Die in ei­ner Richt­li­nie ver­wen­de­ten Be­grif­fe können da­nach nur in dem Um­fang ent­spre­chend dem na­tio­na­len Recht und/oder der na­tio­na­len Pra­xis de­fi­niert wer­den, so­weit die prak­ti­sche Wirk­sam­keit der Richt­li­nie und die all­ge­mei­nen Grundsätze des Uni­ons­rechts ge­wahrt blei­ben. Die Mit­glied­staa­ten dürfen - so der Ge­richts­hof - da­her kei­ne Re­ge­lung an­wen­den, die die Ver­wirk­li­chung der mit ei­ner Richt­li­nie ver­folg­ten Zie­le gefähr­den und sie da­mit ih­rer prak­ti­schen Wirk­sam­keit be­rau­ben können. Ins­be­son­de­re darf ein Mit­glied­staat nicht un­ter Ver­let­zung der prak­ti­schen Wirk­sam­keit der je­wei­li­gen Richt­li­nie nach sei­nem Be­lie­ben be­stimm­te Per­so­nal­ka­te­go­ri­en von dem durch die­se be­zweck­ten Schutz aus­neh­men (EuGH 1. März 2012 - C-393/10 - [O’Bri­en] Rn. 34 ff.).

c) Es ist nicht ein­deu­tig, ob die mit der RL 2008/104/EG ver­folg­ten Zie­le in Fra­ge ge­stellt wer­den, wenn die im na­tio­na­len Recht für die Leih­ar­beit gel­ten­den Vor­schrif­ten nur dann ein­grei­fen, wenn die Per­son, die ei­nem ent­lei­hen­den Un­ter­neh­men zur Ar­beits­leis­tung über­las­sen wird, mit dem Ver­lei­her ei­nen Ar­beits­ver­trag ab­ge­schlos­sen hat.

aa) Nach Art. 2 RL 2008/104/EG ist es Ziel der Richt­li­nie, für den Schutz der Leih­ar­beit­neh­mer zu sor­gen und die Qua­lität der Leih­ar­beit zu ver­bes­sern, in­dem die Ein­hal­tung des Grund­sat­zes der Gleich­be­hand­lung von Leih­ar­beit­neh­mern und die Leih­ar­beits­un­ter­neh­men als Ar­beit­ge­ber an­er­kannt wer­den,

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wo­bei zu berück­sich­ti­gen ist, dass ein an­ge­mes­se­ner Rah­men für den Ein­satz von Leih­ar­beit fest­ge­legt wer­den muss, um wirk­sam zur Schaf­fung von Ar­beits-plätzen und zur Ent­wick­lung fle­xi­bler Ar­beits­for­men bei­zu­tra­gen.

bb) Da­nach könn­te es mit Uni­ons­recht un­ver­ein­bar sein, wenn den Mit­glie­dern der Schwes­tern­schaf­ten die in der RL 2008/104/EG vor­ge­se­he­nen Schutz­vor­schrif­ten nur des­halb vor­ent­hal­ten blei­ben, weil ihr Rechts­verhält­nis nach na­tio­na­lem Recht nicht als Ar­beits­verhält­nis an­zu­se­hen ist. Leih­ar­beit­neh­mer und Mit­glie­der der Schwes­tern­schaf­ten sind glei­cher­maßen in ih­ren Rechts­verhält­nis­sen zur Leis­tung abhängi­ger Ar­beit ge­gen Zah­lung ei­ner Vergütung ver­pflich­tet. Bei­de Per­so­nal­ka­te­go­ri­en können ent­lei­hen­den Un­ter­neh­men nach de­ren Wei­sun­gen zur Ar­beits­leis­tung über­las­sen wer­den. Auch die Tätig­keit der als Leih­ar­beits­un­ter­neh­men und ent­lei­hen­den Un­ter­neh­men han­deln­den Recht­sträger un­ter­schei­det sich nicht. Da­her ist die Her­aus­nah­me von Per­so­nen aus dem An­wen­dungs­be­reich der RL 2008/104/EG, die ent­lei­hen­den Un­ter­neh­men zur Ar­beits­leis­tung über­las­sen wer­den, auch für das wett­be­werbs­recht­li­che Verhält­nis von Leih­ar­beits­un­ter­neh­men im Pfle­ge­be­reich von Be­deu­tung.

cc) Dafür, dass die Ein­ord­nung des zwi­schen Ver­lei­her und der zur Ar­beits­leis­tung über­las­se­nen Per­son be­ste­hen­den Rechts­verhält­nis­ses für das Uni­ons­recht kei­ne Be­deu­tung hat, könn­te auch der Wort­laut von Art. 1 Abs. 1 Alt. 2 RL 2008/104/EG spre­chen. Der Ab­schluss ei­nes Ar­beits­ver­trags ist nur für das Vor­lie­gen der Ar­beit­neh­mer­ei­gen­schaft nach der 1. Al­ter­na­ti­ve er­for­der­lich. Als Ar­beit­neh­mer sind nach der 2. Al­ter­na­ti­ve die Per­so­nen an­zu­se­hen, die mit ei­nem Leih­ar­beits­un­ter­neh­men ein Beschäfti­gungs­verhält­nis ein­ge­gan­gen sind. Dies kann da­hin­ge­hend ver­stan­den wer­den, dass sich die be­tref­fen­de Per­son ge­genüber dem Ver­lei­her - un­abhängig von der Art des da­durch be­gründe­ten Rechts­verhält­nis­ses - nur zur Er­brin­gung von fremd­be­stimm­ten Dienst­leis­tun­gen nach des­sen Wei­sun­gen ver­pflich­tet ha­ben muss.

2. Eben­so kann der Se­nat nicht be­ur­tei­len, ob die Über­las­sung von Mit­glie­dern der Schwes­tern­schaft an ent­lei­hen­de Un­ter­neh­men das Merk­mal der

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„wirt­schaft­li­chen Tätig­keit“ iSd. Art. 1 Abs. 2 RL 2008/104/EG erfüllt. Nach des­sen Wort­laut steht zwar die feh­len­de Ver­fol­gung ei­nes Er­werbs­zwecks durch das Lei­h­un­ter­neh­men der wirt­schaft­li­chen Tätig­keit nicht ent­ge­gen. Das könn­te zwar für die Er­stre­ckung der RL 2008/104/EG auch auf die Über­las­sung von Leih­ar­beit­neh­mern durch ge­meinnützi­ge Recht­sträger spre­chen. Die Be­ant­wor­tung die­ser Fra­ge be­trifft aber die Aus­le­gung des Uni­ons­rechts, die nach Art. 267 AEUV dem Ge­richts­hof ob­liegt.

Schmidt
K. Schmidt
Koch
Hromad­ka
Ralf-P. Hay­en

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