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Hes­si­sches LAG, Ur­teil vom 17.11.2014, 17 Sa 406/14

   
Schlagworte: Arbeitszeugnis, Kündigungsschutzprozess
   
Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 17 Sa 406/14
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 17.11.2014
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 30.01.2014, 11 Ca 7016/13
nachgehend:
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.06.2016, 9 AZR 8/15
   

LAG Hes­sen, 17.11.2014 - 17 Sa 406/14

Ori­en­tie­rungs­satz:

Zur Fra­ge, ob Zei­ten er­zwun­ge­ner bzw. zur Ab­wen­dung der Zwangs­voll­stre­ckung er­folg­ter Beschäfti­gung bei letzt­lich er­folg­lo­sem Kündi­gungs­schutz­pro­zess im Zeug­nis zu be­schei­ni­gen sind.

Te­nor:

Die Be­ru­fung des Klägers ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Frank­furt am Main vom 30. Ja­nu­ar 2014, 11 Ca 7016/13, wird auf sei­ne Kos­ten zurück­ge­wie­sen.

Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.

Tat­be­stand:

Die Par­tei­en strei­ten um Zeug­nis­be­rich­ti­gung hin­sicht­lich des Be­en­di­gungs- und des Aus­stel­lungs­da­tums.

Der Kläger war bei der Be­klag­ten als Flug­be­glei­ter beschäftigt, zu­letzt in der Funk­ti­on ei­nes Pursers. Mit Schrei­ben vom 16. No­vem­ber 2011, dem Kläger am 17. No­vem­ber 2011 zu­ge­gan­gen, erklärte die Be­klag­te die außer­or­dent­li­che Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses. Auf die vom Kläger er­ho­be­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge stell­te das Ar­beits­ge­richt Frank­furt am Main durch am 21. Ju­ni 2012 verkünde­tes Ur­teil, 11 Ca 8050/11, fest, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en nicht durch die Kündi­gung vom 16. No­vem­ber 2011 und auch nicht durch ei­ne in der Fol­ge­zeit erklärte wei­te­re Kündi­gung vom 2. Ja­nu­ar 2012 be­en­det wur­de und ver­ur­teil­te die Be­klag­te, den Kläger bis zum rechts­kräfti­gen Ab­schluss des Kündi­gungs­schutz­ver­fah­rens zu den bis­he­ri­gen Ar­beits­be­din­gun­gen wei­ter zu beschäfti­gen. Nach Verkündung die­ser Ent­schei­dung beschäftig­te die Be­klag­te den Kläger zunächst wei­ter. Un­strei­tig ist, dass die­se Beschäfti­gung nicht auf Grund­la­ge ei­ner ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­rung er­folg­te, son­dern zur Ver­mei­dung von Voll­stre­ckungs­maßnah­men aus dem ar­beits­ge­richt­li­chen Wei­ter­beschäfti­gungs­ti­tel. Auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten wur­de durch Ur­teil des Hes­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richts vom 21. Ja­nu­ar 2013 die Ent­schei­dung des Ar­beits­ge­richts Frank­furt am Main ab­geändert und die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Ab 23. Ja­nu­ar 2013 oder 24. Ja­nu­ar 2013 wur­de der Kläger nicht mehr wei­ter­beschäftigt. Die ge­gen die Ent­schei­dung des Hes­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richts vom Kläger ein­ge­leg­te Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de wur­de durch Be­schluss des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 20. Ju­ni 2013, 2 AZN 372/13, dem Kläger am 1. Ju­li 2013 zu­ge­stellt, zurück­ge­wie­sen. Zwi­schen­zeit­lich hat­te die Be­klag­te dem Kläger ein auf den 17. No­vem­ber 2011 da­tier­tes Ar­beits­zeug­nis (Bl. 10 f d.A.) er­teilt, das im ers­ten und im (sei­ner­zeit) letz­ten Ab­satz wie folgt lau­tet:

„Herr A, ge­bo­ren am B, war vom 01. De­zem­ber 1994 bis zum 17. No­vem­ber 2011 in un­se­rem Un­ter­neh­men als Flug­be­glei­ter und Purser tätig.“
„Das Ar­beits­verhält­nis en­det am 17. No­vem­ber 2011.“

Nach­dem die Par­tei­en we­gen wei­te­rer Streit­punk­te des Zeug­nis­ses vor dem Ar­beits­ge­richt ei­nen Teil-Ver­gleich schlos­sen, ha­ben sie sich noch um das Aus­stel­lungs­da­tum des Zeug­nis­ses und das im Zeug­nis aus­ge­wie­se­ne Be­en­di­gungs­da­tum ge­strit­ten. We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des un­strei­ti­gen Sach­ver­halts, des Vor­trags der Par­tei­en im ers­ten Rechts­zug und der dort zu­letzt ge­stell­te Anträge wird auf den Tat­be­stand des an­ge­foch­te­nen Ur­teils Be­zug ge­nom­men (Bl. 224 bis 224R d.A.).

Das Ar­beits­ge­richt Frank­furt am Main hat die Kla­ge durch am 30. Ja­nu­ar 2014 verkünde­tes Ur­teil, 11 Ca 7016/13, ab­ge­wie­sen. Zur Be­gründung hat es im We­sent­li­chen aus­geführt, das dem Kläger er­teil­te Zeug­nis sei nicht un­rich­tig, da das Ar­beits­verhält­nis am 17. No­vem­ber 2011 ge­en­det ha­be. Ei­ne Un­rich­tig­keit des Zeug­nis­ses er­ge­be sich auch nicht aus der er­folg­ten Wei­ter­beschäfti­gung. Zwar sei § 109 Ge­wO auf das fak­ti­sche Ar­beits­verhält­nis in­ner­halb der Pro­zess­beschäfti­gung ent­spre­chend an­zu­wen­den. Dies führe al­ler­dings nicht da­zu, dass der ge­sam­te Zeit­raum als ein­heit­li­ches Ar­beits­verhält­nis zu be­schei­ni­gen sei. Viel­mehr stünden die Ansprüche auf Zeug­nis­er­tei­lung selbständig ne­ben­ein­an­der. We­gen der Ein­zel­hei­ten wird auf die Ent­schei­dungs­gründe des an­ge­foch­te­nen Ur­teils ver­wie­sen (Bl. 225 bis 226 d.A.).

Ge­gen die­ses ihm am 13. März 2014 zu­ge­stell­te Ur­teil hat der Kläger am 21. März 2014 Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se nach auf­grund An­trags vom 5. Mai 2014 er­folg­ter Verlänge­rung der Be­ru­fungs­be­gründungs­frist bis 13. Ju­ni 2014 am 13. Ju­ni 2014 be­gründet.

Er hält un­ter Wie­der­ho­lung und Ver­tie­fung sei­nes Vor­brin­gens dar­an fest, Aus­stel­lungs­da­tum und im Zeug­nis aus­ge­wie­se­nes Be­en­di­gungs­da­tum sei­en zu ändern.

Das Ar­beits­verhält­nis ha­be erst mit Zu­stel­lung des die Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de zurück­wei­sen­den Be­schlus­ses des Bun­des­ar­beits­ge­richts ge­en­det. Er meint, durch die Auf­nah­me des 17. No­vem­ber 2011 als Aus­stel­lungs- und Be­en­di­gungs­da­tum wer­de er in un­zulässi­ger Wei­se er­heb­lich in sei­nem be­ruf­li­chen Fort­kom­men be­hin­dert, weil er ei­nem künf­ti­gen Ar­beit­ge­ber erklären müsse, dass er in der Zwi­schen­zeit bei der Be­klag­ten pro­zess­beschäftigt ge­we­sen sei. Das­sel­be Er­geb­nis würde ein­tre­ten, wenn der Auf­fas­sung des Ar­beits­ge­richts fol­gend ei­ne ge­son­der­te Be­schei­ni­gung er­teilt würde. Er meint, Sinn und Zweck der vom Ar­beits­ge­richt in ers­ter In­stanz im Kündi­gungs­schutz­rechts­streit an­ge­ord­ne­ten Pro­zess­beschäfti­gung sei, dass er bis zur rechts­kräfti­gen Ent­schei­dung über sei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge kei­ne recht­li­chen oder tatsächli­chen Nach­tei­le er­lei­den sol­le. Dies würde aus­ge­he­belt, wenn die Zeit sei­ner Pro­zess­beschäfti­gung nicht in ei­nem re­gulären Ar­beits­zeug­nis als durchgängi­ge Beschäfti­gungs­zeit Berück­sich­ti­gung fin­de. We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten sei­nes Vor­brin­gens wird auf den Schrift­satz vom 13. Ju­ni 2014 (Bl. 256 f d.A.) ver­wie­sen.

Der Kläger be­an­tragt,

das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Frank­furt am Main vom 30. Ja­nu­ar 2014, 11 Ca 7016/13, ab­zuändern und die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, das un­ter dem Da­tum des 17. No­vem­ber 2011 aus­ge­stell­te Zeug­nis wie folgt zu ändern:

Das Be­en­di­gungs­da­tum im ers­ten und im vor­letz­ten Ab­satz und das Aus­stel­lungs­da­tum vom 17. No­vem­ber 2011 in 30. Ju­ni 2013, hilfs­wei­se in 28. Ju­ni 2013, äußerst hilfs­wei­se in 23. Ja­nu­ar 2013 ab­zuändern.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Sie ver­tei­digt die an­ge­foch­te­ne Ent­schei­dung un­ter Wie­der­ho­lung und Ver­tie­fung ih­rer Ar­gu­men­ta­ti­on. Das er­teil­te Zeug­nis sei rich­tig. Das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en ha­be am 17. No­vem­ber 2011 ge­en­det. Der erst­in­stanz­li­che Wei­ter­beschäfti­gungs­ti­tel im Kündi­gungs­rechts­streit und die zur Ver­mei­dung von Voll­stre­ckungs­maßnah­men er­folg­te Wei­ter­beschäfti­gung hätten kein wirk­sa­mes Ar­beits­verhält­nis zur Fol­ge. Er­folg­te Pro­zess­beschäfti­gung sei in ein Ar­beits­zeug­nis nicht auf­zu­neh­men. We­gen der Ein­zel­hei­ten wird auf den Schrift­satz vom 21. Au­gust 2014 ver­wie­sen (Bl. 277 f d.A.).

Ent­schei­dungs­gründe

Die Be­ru­fung des Klägers ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Frank­furt am Main vom 30. Ja­nu­ar 2014, 11 Ca 7016/13, ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 lit. b ArbGG statt­haft und auch im Übri­gen zulässig, ins­be­son­de­re form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO.

Sie ist je­doch un­be­gründet. Die Kla­ge, so­weit nach Teil­ver­gleich vom 30. Ja­nu­ar 2014 über sie noch zu ent­schei­den war, ist un­be­gründet. Die Be­klag­te ist nicht ver­pflich­tet, im er­teil­ten Zeug­nis Aus­stel­lungs­da­tum und aus­ge­wie­se­nes Be­en­di­gungs­da­tum zu ändern. Der Zeug­nis­an­spruch des Klägers, § 109 Ge­wO, ist viel­mehr un­ter Berück­sich­ti­gung der mit Teil­ver­gleich vom 30. Ja­nu­ar 2014 ver­ein­bar­ten Ände­run­gen ord­nungs­gemäß erfüllt.

Als Be­en­di­gungs­da­tum ist der 17. No­vem­ber 2011 aus­zu­wei­sen.

Gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 Ge­wO hat das Zeug­nis An­ga­ben zu Art und Dau­er der Tätig­keit zu ent­hal­ten. Dies gilt für das ein­fa­che Zeug­nis und da­mit erst recht für das qua­li­fi­zier­te Zeug­nis. Maßge­bend ist der recht­li­che Be­stand des Ver­trags­verhält­nis­ses (Stau­din­ger/Preis, BGB [Stand Sep­tem­ber 2011], § 630 Rd­nr. 33). Hierfür spricht be­reits der Um­stand, dass der An­spruch auf Er­tei­lung ei­nes Zeug­nis­ses bei Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ent­steht, § 109 Abs. 1 Satz 1 Ge­wO. Dann kann er sich in­halt­lich nicht auf späte­re und auf an­de­rer Rechts­grund­la­ge er­folg­te Tätig­kei­ten er­stre­cken.

Die Auf­fas­sung des Klägers, das Ar­beits­verhält­nis ha­be erst durch Zu­stel­lung des die Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de zurück­wei­sen­den Be­schlus­ses des Bun­des­ar­beits­ge­richts ge­en­det, ist of­fen­sicht­lich un­rich­tig. In­fol­ge rechts­kräfti­ger Ab­wei­sung der Kündi­gungs­schutz­kla­ge des Klägers en­de­te das Ar­beits­verhält­nis viel­mehr mit Zu­gang der außer­or­dent­li­chen Kündi­gung vom 16. No­vem­ber 2011, mit­hin am 17. No­vem­ber 2011. We­der das Ar­beits­verhält­nis noch die tatsächli­che Beschäfti­gung des Klägers en­de­ten mit Er­lass des die Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­den des Klägers zurück­wei­sen­den Be­schlus­ses des Bun­des­ar­beits­ge­richts oder mit des­sen Zu­stel­lung, die im Übri­gen am 1. Ju­li 2013 und nicht am 30. Ju­ni 2013 er­folg­te. Be­reits aus die­sem Grund sind Haupt- und ers­ter Hilfs­an­trag un­be­gründet. Hier­ge­gen kann auch nicht ein­ge­wandt wer­den, Sinn und Zweck der erst­in­stanz­li­chen Ver­ur­tei­lung zur vorläufi­gen Wei­ter­beschäfti­gung be­ste­he dar­in, dass der Kläger bis zur rechts­kräfti­gen Ent­schei­dung über sei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge kei­ne recht­li­chen oder tatsächli­chen Nach­tei­le er­lei­den sol­le. Ob Sinn und Zweck des vorläufi­gen Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruchs hier­mit zu­tref­fend wie­der­ge­ge­ben ist (hier­zu BAG 27. Fe­bru­ar 1985 – GS 1/84– AP BGB § 611 Beschäfti­gungs­pflicht Nr. 14), mag da­hin­ste­hen. Je­den­falls be­stand ab Verkündung des Be­ru­fungs­ur­teils im Kündi­gungs­schutz­rechts­streit kein An­spruch des Klägers auf vorläufi­ge Wei­ter­beschäfti­gung mehr.

Aber auch im zwei­ten Hilfs­an­trag ist die Kla­ge un­be­gründet.

Die Kam­mer ver­kennt auch hier­bei nicht, dass die Par­tei­en we­gen der Fra­ge der Wirk­sam­keit der Kündi­gung vom 16. No­vem­ber 2011 ei­nen Rechts­streit führ­ten, der Kläger hier erst­in­stanz­lich ob­sieg­te und ei­nen Wei­ter­beschäfti­gungs­ti­tel er­wirk­te, die Be­klag­te ihn in der Fol­ge zur Ab­wen­dung der Zwangs­voll­stre­ckung tatsächlich wei­ter­beschäftig­te und die Wei­ter­beschäfti­gung erst nach Verkündung des die erst­in­stanz­li­che Ent­schei­dung abändern­den und die Kla­ge ab­wei­sen­den Be­ru­fungs­ur­teils en­de­te. Dies führt zu kei­ner an­de­ren Be­ur­tei­lung.

Das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en en­de­te nach wie vor am 17. No­vem­ber 2011. Die tatsächli­che Wei­ter­beschäfti­gung führ­te zu kei­ner Ände­rung des recht­li­chen Be­en­di­gungs­tat­be­stan­des. Ins­be­son­de­re steht außer Streit, dass die Wei­ter­beschäfti­gung nicht auf­grund ver­trag­li­cher Ver­ein­ba­rung der Par­tei­en er­folg­te, son­dern rein tatsächlich und zur Ver­mei­dung von Voll­stre­ckungs­maßnah­men aus dem Wei­ter­beschäfti­gungs­ti­tel.

Zu­tref­fend ist, dass im Zu­sam­men­hang mit ei­ner er­zwun­ge­nen Wei­ter­beschäfti­gung auf­grund Wei­ter­beschäfti­gungs­ti­tels bzw. ei­ner Beschäfti­gung zur Ab­wen­dung der Zwangs­voll­stre­ckung die Auf­fas­sung ver­tre­ten wird, im Ar­beits­zeug­nis sei nicht das recht­li­che En­de des Ar­beits­verhält­nis­ses zu ver­mer­ken, son­dern im Fall ei­ner letzt­lich er­folg­lo­sen Kündi­gungs­schutz­kla­ge auf die tatsächli­che Beschäfti­gung ab­zu­stel­len (Stau­din­ger/Preis, a.a.O.; HBD/Boecken, Ge­wO § 109, Rd­nr. 29; MüKo/Hens­s­ler, BGB, 5. Aufl., § 630 Rd­nr. 26; Sch­leßmann, Das Ar­beits­zeug­nis, 20. Aufl., 64f). Dem folgt die Kam­mer nicht, je­den­falls nicht in den Fällen, in de­nen nicht über das En­de der Kündi­gungs­frist hin­aus bis zur Rechts­kraft des Kündi­gungs­schutz­pro­zes­ses tatsächlich wei­ter­ge­ar­bei­tet wur­de (hier­zu auch Sch­leßmann, a.a.O.).

Da grundsätz­lich der recht­li­che Be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses maßge­bend ist, ist in die­sen Fällen die Dau­er ei­ner er­zwun­ge­nen Wei­ter­beschäfti­gung während ei­nes im Er­geb­nis er­folg­lo­sen Kündi­gungs­schutz­rechts­streits nicht in das Zeug­nis über das be­en­de­te Ar­beits­verhält­nis auf­zu­neh­men, denn die­se Wei­ter­beschäfti­gung er­folg­te oh­ne recht­li­chen Grund (ErfK/Müller-Glöge, 14. Aufl., Ge­wO, § 109 Rd­nr. 28).

Die Auf­nah­me ei­nes Be­en­di­gungs­da­tums 23. Ja­nu­ar 2013 im (jetzt) vor­letz­ten Ab­satz des Zeug­nis­ses würde dem Grund­satz der Zeug­nis­wahr­heit wi­der­spre­chen. Denn der vor­letz­te Ab­satz stellt be­reits nicht auf die tatsächli­che Beschäfti­gungs­dau­er ab, son­dern aus­drück­lich auf den recht­li­chen Be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses. Das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en en­de­te eben nicht am 23. Ja­nu­ar 2013 oder ei­nem späte­ren Zeit­punkt, son­dern am 17. No­vem­ber 2011.

Aber auch die Auf­nah­me ei­nes Be­en­di­gungs­da­tums 23. Ja­nu­ar 2013 im ers­ten Ab­satz des Zeug­nis­ses würde dem Grund­satz der Zeug­nis­wahr­heit wi­der­spre­chen. Denn wenn auch im ers­ten Ab­satz auf die rein tatsächli­che Beschäfti­gung ab­ge­stellt sein mag, so war der Kläger doch nicht un­un­ter­bro­chen bis 23. Ja­nu­ar 2013 oder ei­nem späte­ren Zeit­punkt bei der Be­klag­ten als Flug­be­glei­ter tätig. Er war viel­mehr bis 17. No­vem­ber 2011 tätig und dann nach Verkündung der erst­in­stanz­li­chen Ent­schei­dung im Kündi­gungs­schutz­rechts­streit vom 21. Ju­ni 2012 – da­mit nach mehr als halbjähri­ger tatsäch­li­cher Un­ter­bre­chung und auf an­de­rer Rechts­grund­la­ge – wie­der bis 23. Ja­nu­ar 2013. Die be­an­trag­te Ände­rung des ers­ten Zeug­nis­ab­sat­zes würde da­mit ei­ne un­un­ter­bro­che­ne Beschäfti­gung im­pli­zie­ren, die we­der recht­lich noch tatsächlich statt­ge­fun­den hat.

Auch wenn man dem An­satz des Klägers folgt, wo­nach aus der erst­in­stanz­lich er­folg­ten Ver­ur­tei­lung zur vorläufi­gen Wei­ter­beschäfti­gung kein Nach­teil ent­ste­hen soll, er­for­dert dies nicht, bei letzt­lich er­folg­lo­ser Kündi­gungs­schutz­kla­ge Zei­ten er­zwun­ge­ner Beschäfti­gung und Zei­ten über­haupt nicht er­folg­ter Beschäfti­gung in das Ar­beits­zeug­nis auf­zu­neh­men. Dem In­ter­es­se an Do­ku­men­ta­ti­on tatsäch­li­cher Beschäfti­gung ge­genüber künf­ti­gen Ar­beit­ge­bern kann da­durch Rech­nung ge­tra­gen wer­den, dass wie vom Ar­beits­ge­richt an­ge­nom­men auch für die Zei­ten der tatsächli­chen Wei­ter­beschäfti­gung ein (wei­te­rer) Zeug­nis­an­spruch zu­er­kannt wird. Die Auf­nah­me ei­ner ein­heit­li­chen Beschäfti­gungs­zeit in das Ar­beits­zeug­nis dient auch nicht der Ver­mei­dung recht­li­cher oder tatsäch­li­cher Nach­tei­le. Viel­mehr würden so un­ge­recht­fer­tig­te Vor­tei­le er­reicht, dies je­den­falls dann, wenn die tatsächli­che Beschäfti­gung nicht naht­los über das recht­li­che En­de des Ar­beits­verhält­nis­ses hin­aus fort­ge­setzt wur­de, wie dies bei­spiels­wei­se bei noch in­ner­halb der Kündi­gungs­frist ei­ner or­dent­li­chen Kündi­gung er­folg­ter erst­in­stanz­li­cher Ent­schei­dung mit Wei­ter­beschäfti­gungs­ti­tel denk­bar wäre. Ab­stel­len aus­sch­ließlich auf das En­de der tatsächli­chen Beschäfti­gung würde im Zeug­nis nämlich den Ein­druck ver­mit­teln, der Kläger sei un­un­ter­bro­chen bis zum 23. Ja­nu­ar 2013 beschäftigt ge­we­sen. Die­ser Ein­druck ist un­zu­tref­fend, da das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en zum 17. No­vem­ber 2011 be­en­det wur­de und ei­ne tatsächli­che Beschäfti­gung in der Fol­ge­zeit erst wie­der zu ei­nem Zeit­punkt nach dem 21. Ju­ni 2012 er­folg­te.

Das Zeug­nis ist auch nicht im Aus­stel­lungs­da­tum zu ändern. Da das Zeug­nis bei Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses zu er­tei­len ist, § 109 Abs. 1 Satz 1 Ge­wO, hätte die Be­klag­te auch das Zeug­nis, auf des­sen In­halt die Par­tei­en sich letzt­lich durch den Teil­ver­gleich vom 30. Ja­nu­ar 2014 verständigt ha­ben, be­reits am 17. No­vem­ber 2011 er­tei­len können und dann auch mit die­sen Aus­stel­lungs­da­tum ver­se­hen müssen. Ein Aus­stel­lungs­da­tum 28. Ju­ni oder 30. Ju­ni 2013 kommt von vorn­her­ein un­ter kei­nem recht­li­chen Ge­sichts­punkt in Be­tracht. Aber auch wenn die Be­klag­te das Zeug­nis sei­ner­zeit erst nach Be­en­di­gung der tatsächli­chen Beschäfti­gung zeit­nah zum 23. Ja­nu­ar 2013 er­stellt ha­ben soll­te, be­steht kein Rechts­grund, als Aus­stel­lungs­da­tum den 23. Ja­nu­ar 2013 aus­zu­wei­sen. Hierfür bestände nur An­lass, wenn dem Kläger im Zeug­nis ei­ne Beschäfti­gungs­zeit bis 23. Ja­nu­ar 2013 zu bestäti­gen wäre. Dies wie­der­um ist ge­ra­de nicht der Fall. Da im Zeug­nis nur ei­ne Beschäfti­gungs­zeit bis 17. No­vem­ber 2011 zu be­schei­ni­gen ist, wäre im Ge­gen­teil bei ei­nem deut­lich später lie­gen­den Aus­stel­lungs­da­tum die Ge­fahr ge­ge­ben, dass hier­aus ne­ga­ti­ve Schlüsse, bei­spiels­wei­se auf ei­nen Kündi­gungs­schutz- und/oder ei­nen Zeug­nis­pro­zess, ge­zo­gen wer­den (MüKo/Hens­s­ler, a.a.O., Rd­nr. 28).

Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG ist die Re­vi­si­on zu­zu­las­sen. Es ist von grundsätz­li­cher Be­deu­tung, ob bei letzt­lich er­folg­lo­sem Kündi­gungs­schutz­pro­zess Zei­ten der er­zwun­ge­nen oder zur Ab­wen­dung der Zwangs­voll­stre­ckung er­folg­ten Beschäfti­gung im Ar­beits­zeug­nis auf­zu­neh­men sind.

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