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BAG, Ur­teil vom 26.08.2008, 1 AZR 353/07

   
Schlagworte: Änderungskündigung, Betriebsvereinbarung
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 1 AZR 353/07
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 26.08.2008
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht München, Urteil vom 04.07.2006, 21 Ca 11992/05
Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 10.01.2007, 10 Sa 914/06
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT Ur­teil vom 26.8.2008, 1 AZR 353/07

Te­nor

1. Die Re­vi­si­on der Kläge­rin ge­gen das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts München vom 10. Ja­nu­ar 2007 - 10 Sa 914/06 - wird zurück­ge­wie­sen.

2. Die Kläge­rin hat die Kos­ten der Re­vi­si­on zu tra­gen.

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über die Wirk­sam­keit ei­ner Ände­rungskündi­gung zur Um­stel­lung der Vergütung von Ak­kord- auf Zeit­lohn.

Die Be­klag­te ist ein Au­to­mo­bil-Zu­lie­fe­rer­un­ter­neh­men. Sie ist Mit­glied im Ver­band der baye­ri­schen Me­tall- und Elek­tro­in­dus­trie. Die Kläge­rin ist bei ihr als Mon­tie­re­rin beschäftigt; sie ist schwer­be­hin­dert. In Nr. 4 des Ar­beits­ver­trags der Par­tei­en heißt es: „Lohn­art: Ak­kord­lohn“. Das eben­falls vor­ge­druck­te Wort „Zeit­lohn“ wur­de aus­ge­stri­chen.

In § 5 des Lohn- und Ge­halts­rah­men­ta­rif­ver­trags für die Ar­beit­neh­mer der baye­ri­schen Me­tall- und Elek­tro­in­dus­trie vom 24. Mai 2002 (LGRTV) ist be­stimmt:

„§ 5 All­ge­mei­ne Be­stim­mun­gen über die For­men der Ar­beit und ih­re Ent­loh­nung für ge­werb­li­che Ar­beit­neh­mer

1. Die Beschäfti­gung der Ar­beit­neh­mer er­folgt je nach der Or­ga­ni­sa­ti­on des Ar­beits­ab­laufs und der Vor­aus­set­zun­gen der Ar­beit an den Ar­beitsplätzen. Die Ar­beit wird ein­zeln oder in Grup­pen aus­geführt. Sie wird in Zeit-, Ak­kord- oder Prämi­en­lohn ver­ge­ben.
Die Einführung die­ser Ent­loh­nungs­ar­ten und die da­mit ver­bun­de­ne Fest­le­gung des Gel­tungs­be­reichs ist mit dem Be­triebs­rat zu ver­ein­ba­ren....

...

An­mer­kung zu § 5 Ziff. 1

Die ta­rif­li­che Be­stim­mung tritt an die Stel­le des § 87 Abs. (1) Ziff. 10 und Abs. (2) Be­trVG.
Der Ar­beit­neh­mer ist grundsätz­lich ver­pflich­tet, auf Ver­lan­gen des Ar­beit­ge­bers im Ak­kord zu ar­bei­ten, ...

Bei Überführung von Zeit­lohn­ar­beit in Ak­kord­ar­beit be­darf es kei­ner Ände­rungskündi­gung, vor­aus­ge­setzt, dass da­mit für den Ar­beit­neh­mer kei­ne Ände­rung sei­ner Lohn­grup­pe ver­bun­den ist.

Die ständi­ge Überführung ei­nes Ak­kord­ar­bei­ters in Zeit­lohn kann ent­we­der im Ver­ein­ba­rungs­weg oder durch Ände­rungskündi­gung er­fol­gen. Das glei­che gilt für die ständi­ge Überführung von Prämi­en­lohn in Zeit­lohn. ...“

An den Mon­ta­ge­ar­beitsplätzen im Be­trieb wur­de seit je­her im Ak­kord ge­ar­bei­tet, zu­letzt auf der Grund­la­ge ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung vom Mai 2005. Am 24. Ju­ni 2005 schlos­sen die Be­triebs­par­tei­en mit Wir­kung vom 1. Ju­li 2005 er­neut ei­ne Be­triebs­ver­ein­ba­rung „Ent­loh­nung Pro­duk­ti­on“ (BV). In der Präam­bel heißt es, die Be­triebs­ver­ein­ba­rung aus dem Mai 2005 wer­de „mit so­for­ti­ger Wir­kung oh­ne je­de Nach­wir­kung auf­ge­ho­ben“ und „zur Stand­ort­si­che­rung und zur Er­hal­tung der Wett­be­werbsfähig­keit“ durch die neu ge­schlos­se­ne Be­triebs­ver­ein­ba­rung er­setzt. Die­se enthält fol­gen­de Re­ge­lun­gen:

„1. Weg­fall Ak­kord­lohn

Der Ak­kord­lohn wird ab 01.07.2005 durch ei­nen Zeit­lohn ab­gelöst. Der Über­gang auf das Ni­veau des ta­rif­li­chen Zeit­loh­nes er­folgt in ins­ge­samt drei Stu­fen (s. Ziff. 4), bis zum 1.1.2006. Ei­ne Leis­tungs­be­ur­tei­lung fin­det erst­mals im Ja­nu­ar 2006 statt.

2. Grun­dent­gelt
... Für die Tätig­keit in der Pro­duk­ti­on ist z.Z. die Lgr. 5 an­zu­wen­den. Die­se Lohn­grup­pe wird ab 01.07.2005 für al­le MC’s ver­wen­det.

...

4. Be­rech­nung Zeit­lohn während der Über­lei­tungs­pha­se

Der in­di­vi­du­el­le Zeit­lohn ab 01.07.2005 bis zum 01.01.2006 wird wie folgt er­mit­telt:

Jah­res­ver­dienst 2004 (Mo­nats­lohn + Leis­tungs­an­teil) + 2 % der Ta­rif­erhöhung 2005 di­vi­diert durch die vol­len be­zahl­ten Mo­na­te, er­gibt den zu­grun­de zu le­gen­den Mo­nats­ver­dienst. ... Die Dif­fe­renz zwi­schen dem je­wei­li­gen Durch­schnitts­lohn und dem Mo­nats­lohn in der Lgr. 5 (EUR 1.686,00) wird er­mit­telt, durch 3 di­vi­diert und zum 01.07., 01.10. und 01.01.2006 in 3 glei­chen Stu­fen gekürzt. ...“

Mit Schrei­ben vom 1. Ju­ni 2005 in­for­mier­te die Be­klag­te die be­trof­fe­nen Mit­ar­bei­ter über den Wech­sel der Lohn­art und bat sie um die förm­li­che Erklärung ih­res Ein­verständ­nis­ses. Et­wa 100 von ins­ge­samt rd. 250 Mon­ta­ge­mit­ar­bei­tern ver­wei­ger­ten das, un­ter ih­nen die Kläge­rin. Nach­dem das In­te­gra­ti­ons­amt ei­nem An­trag der Be­klag­ten auf Zu­stim­mung zur außer­or­dent­li­chen Ände­rungskündi­gung ent­spro­chen hat­te, kündig­te die Be­klag­te das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en mit Schrei­ben vom 28. Ju­li 2005 außer­or­dent­lich zum 28. Fe­bru­ar 2006. Zu­gleich bot sie der Kläge­rin an, das Ar­beits­verhält­nis ab dem 1. März 2006 bei ei­ner Vergütung nach Zeit mit dem ta­rif­li­chen Brut­to­mo­nats­lohn von 1.685,00 Eu­ro zuzüglich ei­ner ab­zu­schmel­zen­den frei­wil­li­gen Zu­la­ge fort­zu­set­zen. Die Kläge­rin nahm das An­ge­bot un­ter Vor­be­halt an.

Vom 1. Ju­li 2005 an wird die Kläge­rin nach Maßga­be der Be­stim­mun­gen der BV vergütet. Nach ih­rem Vor­brin­gen führ­te dies in der Zeit von Ju­li 2005 bis ein­sch­ließlich März 2006 ver­gli­chen mit ei­ner Ent­loh­nung nach Ak­kord­be­din­gun­gen zu ei­ner Lohn­dif­fe­renz von ins­ge­samt 2.444,67 Eu­ro net­to.

Die Kläge­rin hat die Ände­rungskündi­gung für so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt und die Lohnkürzung für rechts­wid­rig ge­hal­ten. Sie hat be­an­tragt

1. fest­zu­stel­len, dass die Ände­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen durch die Ände­rungskündi­gung vom 28. Ju­li 2005 das Ar­beits­verhält­nis nicht berührt hat, son­dern die Ar­beits­be­din­gun­gen auch über den 28. Fe­bru­ar 2006 hin­aus wei­ter in bis­he­ri­ger Wei­se fort­be­ste­hen;

2. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an sie 2.444,67 Eu­ro net­to nebst Zin­sen von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz der EZB
aus 271,63 Eu­ro net­to vom 1. Au­gust 2005 bis 31. Au­gust 2005,
aus 543,26 Eu­ro net­to vom 1. Sep­tem­ber 2005 bis 30. Sep­tem­ber 2005,
aus 814,89 Eu­ro net­to vom 1. Ok­to­ber 2005 bis 31. Ok­to­ber 2005,
aus 1.086,52 Eu­ro net­to vom 1. No­vem­ber 2005 bis 30. No­vem­ber 2005,
aus 1.358,15 Eu­ro net­to vom 1. De­zem­ber 2005 bis 31. De­zem­ber 2005,
aus 1.629,78 Eu­ro net­to vom 1. Ja­nu­ar 2006 bis 31. Ja­nu­ar 2006,
aus 1.901,41 Eu­ro net­to vom 1. Fe­bru­ar 2006 bis 28. Fe­bru­ar 2006,
aus 2.173,04 Eu­ro net­to vom 1. März 2006 bis 31. März 2006,
aus 2.444,67 Eu­ro net­to ab 1. April 2006
zu zah­len.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Sie hat ge­meint, die Lohn­art ha­be sich für die Mon­ta­ge­ar­bei­ter mit Wir­kung vom 1. Ju­li 2005 schon durch die Re­ge­lun­gen der BV geändert. Ei­ner Ände­rungskündi­gung ha­be es nicht be­durft. Die­se ha­be sie nur vor­sorg­lich aus­ge­spro­chen.

Die Vor­in­stan­zen ha­ben die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Mit der Re­vi­si­on ver­folgt die Kläge­rin ih­re Anträge wei­ter.

Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on ist un­be­gründet. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge zu Recht ab­ge­wie­sen. Durch die BV vom 24. Ju­ni 2005 wur­de im Be­trieb mit Wir­kung vom 1. Ju­li 2005 die Lohn­art „Zeit­lohn“ ein­geführt. Das Fest­stel­lungs­be­geh­ren der Kläge­rin hat des­halb kei­nen Er­folg. Der Zah­lungs­an­spruch be­steht nicht.

I. Der Fest­stel­lungs­an­trag ist zulässig.

1. Der An­trag ist hin­rei­chend be­stimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

a) Zwar ent­spricht sein Wort­laut nicht ge­nau den Vor­ga­ben des § 4 Satz 2 KSchG. Die gewähl­te For­mu­lie­rung gibt aber hin­rei­chend deut­lich zu er­ken­nen, dass er dar­auf ge­rich­tet ist, die Un­wirk­sam­keit der Ände­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen durch die Kündi­gung vom 28. Ju­li 2005 fest­zu­stel­len. Dies gilt ins­be­son­de­re an­ge­sichts des Um­stands, dass die Kläge­rin die geänder­ten Be­din­gun­gen mit Schrei­ben vom 1. Au­gust 2005 un­ter dem Vor­be­halt des § 2 Satz 1 KSchG ak­zep­tiert hat.

b) Der durch die­sen An­trags­in­halt und den zu­grun­de lie­gen­den Le­bens­sach­ver­halt be­stimm­te Streit­ge­gen­stand ist die so­zia­le Recht­fer­ti­gung der von der Be­klag­ten gewünsch­ten Ände­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen. We­gen der auf­schie­bend be­ding­ten An­nah­me der an­ge­bo­te­nen Ver­tragsände­rung geht es da­ge­gen nicht um den Be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses als Gan­zes und die Wirk­sam­keit der aus­ge­spro­che­nen Kündi­gung als sol­cher (vgl. BAG 26. Ja­nu­ar 1995 - 2 AZR 371/94 - BA­GE 79, 159, zu B II 3 der Gründe). Die Ände­rungs­schutz­kla­ge des Ar­beit­neh­mers zielt auf die Fest­stel­lung, dass für das Ar­beits­verhält­nis nicht die Be­din­gun­gen gel­ten, die in dem mit der Kündi­gung ver­bun­de­nen Ände­rungs­an­ge­bot des Ar­beit­ge­bers ent­hal­ten sind (BAG 24. Au­gust 2004 - 1 AZR 419/03 - BA­GE 111, 361, zu B I der Gründe; 26. Ja­nu­ar 1995 - 2 AZR 371/94 - aaO) .

2. Die Kläge­rin be­sitzt das nach § 256 Abs. 1 ZPO stets er­for­der­li­che Fest­stel­lungs­in­ter­es­se. Dies folgt aus § 4 Satz 1, Satz 2 KSchG iVm. § 7 KSchG. Oh­ne die frist­ge­rech­te Er­he­bung ei­ner Kla­ge ge­gen die an­ge­son­ne­ne Ände­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen würde der nach § 2 Satz 1 KSchG erklärte Vor­be­halt erlöschen. Dem Fest­stel­lungs­in­ter­es­se steht nicht ent­ge­gen, dass die Ände­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen be­reits durch die BV vom 24. Ju­ni 2005 ein­ge­tre­ten sein und da­mit Kündi­gung und Ände­rungs­schutz­kla­ge „ins Lee­re“ ge­hen könn­ten. Die­ser Um­stand ist im Rah­men der Be­gründet­heit der Kla­ge zu berück­sich­ti­gen (BAG 24. Au­gust 2004 - 1 AZR 419/03 - BA­GE 111, 361, zu A II der Gründe).

II. Der Fest­stel­lungs­an­trag ist un­be­gründet.

1. Die Be­gründet­heit ei­ner Ände­rungs­schutz­kla­ge iSv. § 4 Satz 2 KSchG setzt vor­aus, dass in dem Zeit­punkt, zu wel­chem die Ände­rungskündi­gung aus­ge­spro­chen wird, das Ar­beits­verhält­nis nicht oh­ne­hin schon zu den­je­ni­gen Be­din­gun­gen be­steht, die dem Ar­beit­neh­mer mit der Kündi­gung an­ge­tra­gen wer­den. Ist da­ge­gen zu die­sem Zeit­punkt die ent­spre­chen­de Ände­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen auf an­de­rem We­ge be­reits ein­ge­tre­ten - et­wa auf­grund wirk­sa­mer Ausübung des Di­rek­ti­ons­rechts durch den Ar­beit­ge­ber oder nor­ma­ti­ver Wir­kung ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung -, kann die Ände­rungs­schutz­kla­ge kei­nen Er­folg ha­ben (BAG 24. Au­gust 2004 - 1 AZR 419/03 - BA­GE 111, 361, zu B I der Gründe) . Zwar kann sich die Ände­rungskündi­gung in ei­nem sol­chen Fall selbst bei An­nah­me der geänder­ten Be­din­gun­gen un­ter dem Vor­be­halt des § 2 Satz 1 KSchG als „überflüssig“ und da­mit we­gen Ver­s­toßes ge­gen den Verhält­nismäßig­keits­grund­satz als un­wirk­sam er­wei­sen (so BAG 24. Au­gust 2004 - 1 AZR 419/03 - aaO mwN; of­fen­las­send 6. De­zem­ber 2007 - 2 AZR 368/06 - Rn. 19, 20, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 135 = EzA KSchG § 2 Nr. 68) . Streit­ge­gen­stand ist aber nicht die Wirk­sam­keit der Kündi­gung, son­dern der In­halt der für das Ar­beits­verhält­nis gel­ten­den Ar­beits­be­din­gun­gen. Die Fest­stel­lung, dass die dem Ar­beit­neh­mer mit der Ände­rungskündi­gung an­ge­tra­ge­nen neu­en Ar­beits­be­din­gun­gen nicht gel­ten, kann das Ge­richt nicht tref­fen, wenn sich das Ar­beits­verhält­nis bei Kündi­gungs­aus­spruch aus an­de­ren Gründen be­reits nach den frag­li­chen Ar­beits­be­din­gun­gen rich­tet (BAG 21. Fe­bru­ar 1991 - 2 AZR 432/90 - RzK I 7a Nr. 23, zu II 1 c der Gründe).

2. So verhält es sich hier. Die der Kläge­rin mit der Kündi­gung vom 28. Ju­li 2005 an­ge­tra­ge­ne Ände­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen war zu­vor schon durch die BV vom 24. Ju­ni 2005 er­folgt. Die Be­triebs­par­tei­en ha­ben dar­in die Vergütungs­art mit Wir­kung vom 1. Ju­li 2005 von Ak­kord- auf Zeit­lohn um­ge­stellt. Die­se Ände­rung ist kol­lek­tiv­recht­lich wirk­sam. Sie wirkt gem. § 77 Abs. 4 Be­trVG un­mit­tel­bar für sämt­li­che von ihr be­trof­fe­nen Ar­beits­verhält­nis­se. Die Kläge­rin hat kei­ne güns­ti­ge­re ar­beits­ver­trag­li­che Po­si­ti­on.

a) Die Be­triebs­par­tei­en ha­ben gem. Nr. 1 BV für die Mit­ar­bei­ter in der Pro­duk­ti­on die Vergütung nach Ak­kord­grundsätzen durch ei­ne Vergütung nach Zeit er­setzt. Die Ände­rung soll­te mit dem 1. Ju­li 2005 und da­mit ei­ne Wo­che nach Ab­schluss der BV ein­tre­ten. Ein sol­cher Zeit­ab­lauf ist zulässig. Zwar ha­ben die Be­triebs­par­tei­en auf die­se Wei­se zu­gleich ei­ne erst ei­nen Mo­nat zu­vor ge­schlos­se­ne Be­triebs­ver­ein­ba­rung ab­gelöst, die noch ei­ne Ent­loh­nung nach Ak­kord­grundsätzen vor­sah. Sie sind aber nicht ge­hal­ten, Min­dest­lauf­zei­ten ei­ner vor­an­ge­hen­den Ver­ein­ba­rung zu ach­ten oder be­stimm­te Fris­ten ein­zu­hal­ten, wenn sie be­ste­hen­de be­trieb­li­che Re­ge­lun­gen ein­ver­nehm­lich für die Zu­kunft ändern; § 77 Abs. 5 Be­trVG gilt nur für - ein­sei­ti­ge - Kündi­gun­gen.

b) Für die Wirk­sam­keit der BV kommt es nicht dar­auf an, ob ei­ne Vergütung nach Zeit für die be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer ty­pi­scher­wei­se ungüns­ti­ger ist als ei­ne Ent­loh­nung nach Ak­kord­grundsätzen. Im Verhält­nis zwei­er gleich­ran­gi­ger Nor­men gilt nicht das Güns­tig­keits­prin­zip, son­dern die Zeit­kol­li­si­ons­re­gel. Die jünge­re Norm geht der älte­ren vor und löst die­se ab (BAG 19. Ju­ni 2007 - 1 AZR 340/06 - Rn. 40, AP KSchG 1969 § 1a Nr. 4 = EzA KSchG § 1a Nr. 2) . Die Be­triebs­par­tei­en können des­halb die Re­ge­lun­gen ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung für die Zu­kunft je­der­zeit durch Be­stim­mun­gen ei­ner neu­en Be­triebs­ver­ein­ba­rung er­set­zen, auch wenn die­se die bis­he­ri­ge Rechts­po­si­ti­on der Ar­beit­neh­mer ver­schlech­tern. Gren­zen sind durch den Verhält­nismäßig­keits­grund­satz und das Ver­trau­ens­schutz­prin­zip nur ei­ner rück­wir­ken­den Gel­tung ver­schlech­tern­der Re­ge­lun­gen ge­zo­gen. Die BV vom 24. Ju­ni 2005 sieht die Einführung ei­ner Vergütung nach Zeit für ver­gan­ge­ne Zeiträume nicht vor.

c) Die mit der BV vor­ge­nom­me­ne Um­stel­lung auf Zeit­lohn ver­letzt nicht die Grundsätze des § 75 Abs. 1 Be­trVG. Schon we­gen der ta­rif­ver­trag­li­chen Gleich­wer­tig­keit der ver­schie­de­nen Lohn­for­men ist es nicht zu be­an­stan­den, dass die Be­triebs­par­tei­en trotz der da­mit für die Ar­beit­neh­mer ty­pi­scher­wei­se ver­bun­de­nen Lohn­min­de­rung zum Zeit­lohn über­ge­gan­gen sind. Da­bei ha­ben sie in Nr. 4 BV ei­ne im­mer­hin halbjähri­ge Über­g­angs­re­ge­lung ge­schaf­fen. Es wäre Sa­che der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en ge­we­sen, wei­ter­ge­hen­de Be­sitz­stands­re­ge­lun­gen zu ver­ein­ba­ren, wenn sie die vergütungs­recht­li­chen Kon­se­quen­zen aus ei­nem Wech­sel der Lohn­form hätten aus­sch­ließen oder in be­stimm­ter Wei­se ab­mil­dern wol­len (BAG 24. Au­gust 2004 - 1 AZR 419/03 - BA­GE 111, 361, zu B II 5 der Gründe mwN) .

d) Die BV vom 24. Ju­ni 2005 verstößt nicht ge­gen die Re­ge­lungs­sper­re des § 77 Abs. 3 Be­trVG. Nach die­ser Be­stim­mung können Ar­beits­ent­gel­te und sons­ti­ge Ar­beits­be­din­gun­gen, die durch Ta­rif­ver­trag ge­re­gelt sind oder übli­cher­wei­se ge­re­gelt wer­den, nicht Ge­gen­stand ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Ta­rif­ver­trag den Ab­schluss ergänzen­der Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen aus­drück­lich zulässt.

Ei­ne ta­rif­li­che Re­ge­lung des Ge­gen­stands der BV - des Wech­sels von Ak­kord­lohn zu Zeit­lohn - liegt nicht vor. Die Lohn­art im Be­trieb der Be­klag­ten ist nicht durch Ta­rif­ver­trag fest­ge­legt. Gemäß § 5 Nr. 1 Abs. 1 des fach­lich, ört­lich und persönlich ein­schlägi­gen LGRTV wird „die Ar­beit ... ein­zeln oder in Grup­pen aus­geführt“ und „in Zeit-, Ak­kord- oder Prämi­en­lohn ver­ge­ben“. Da­mit ist ei­ne be­stimm­te Lohn­art ta­rif­lich nicht vor­ge­ge­ben. Die Be­stim­mung lässt je­de der Vergütungs­ar­ten gleich­be­rech­tigt ne­ben­ein­an­der zu. Dies schließt den späte­ren Wech­sel aus ei­ner zu­vor ein­geführ­ten Lohn­art in ei­ne der bei­den an­de­ren oh­ne Wei­te­res ein.

Dem­ent­spre­chend ist der Ab­schluss ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung über die Vergütung nach Zeit nicht gem. § 77 Abs. 3 Be­trVG ge­sperrt. Im Ge­gen­teil ha­ben die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en ei­ne be­tref­fen­de Re­ge­lung durch Be­triebs­ver­ein­ba­rung so­gar aus­drück­lich vor­ge­se­hen. Nach § 5 Nr. 1 Abs. 2 LGRTV ist „die Einführung die­ser Ent­loh­nungs­ar­ten und die da­mit ver­bun­de­ne Fest­le­gung des Gel­tungs­be­reichs ... mit dem Be­triebs­rat zu ver­ein­ba­ren“. Auf das von den Par­tei­en und dem Lan­des­ar­beits­ge­richt erörter­te Verhält­nis von § 77 Abs. 3 Be­trVG zu § 87 Abs. 1 Be­trVG kommt es da­mit nicht an.

e) Die Re­ge­lun­gen der BV bedürfen zu ih­rer Gel­tung für das Ar­beits­verhält­nis der Kläge­rin kei­nes be­son­de­ren Um­set­zungs­akts. Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen gel­ten gem. § 77 Abs. 4 Be­trVG un­mit­tel­bar.

Aus den ta­rif­li­chen An­mer­kun­gen zu § 5 Nr. 1 LGRTV folgt nichts an­de­res. Zwar heißt es dort in Abs. 4, es könne „die ständi­ge Überführung ei­nes Ak­kord­ar­bei­ters in Zeit­lohn ... ent­we­der im Ver­ein­ba­rungs­weg oder durch Ände­rungskündi­gung er­fol­gen“. Dies zielt je­doch er­sicht­lich nicht auf die kol­lek­tiv­recht­li­che Ebe­ne der Einführung ei­ner der in § 5 Nr. 1 Abs. 1 LGRTV ge­nann­ten Lohn­ar­ten durch Be­triebs­ver­ein­ba­rung. Die ta­rif­li­chen An­mer­kun­gen be­tref­fen viel­mehr auf al­lein in­di­vi­du­al­recht­li­cher Ebe­ne den Wech­sel ein­zel­ner Ar­beit­neh­mer aus ei­nem be­trieb­li­chen Lohn­re­gime in ein an­de­res, et­wa auf­grund ei­nes Ar­beits­platz­wech­sels in­ner­halb ei­nes Be­triebs, in dem nicht für al­le Ar­beitsplätze die glei­che Lohn­art gilt. Die dafür vor­ge­se­he­nen un­ter­schied­li­chen An­for­de­run­gen an den vom Ar­beit­ge­ber in­di­vi­du­al­recht­lich ein­zu­hal­ten­den Weg set­zen die un­mit­tel­ba­re nor­ma­ti­ve Gel­tung des je­wei­li­gen Lohn­re­gimes im Ar­beits­verhält­nis der be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer ge­ra­de vor­aus.

f) Die Kläge­rin be­sitzt kei­nen in­di­vi­du­al­recht­li­chen An­spruch auf ei­ne Ent­loh­nung nach Ak­kord­grundsätzen, der we­gen des Güns­tig­keits­prin­zips nicht durch die Re­ge­lun­gen der BV, son­dern nur durch Ände­rungskündi­gung hätte be­sei­tigt wer­den können. Zwar ist im Ar­beits­ver­trag der Par­tei­en un­ter Nr. 4 als Lohn­art „Ak­kord­lohn“ an­ge­ge­ben, und die eben­falls vor­ge­se­he­ne Möglich­keit „Zeit­lohn“ ge­stri­chen wor­den. Auf die­se Wei­se soll­te je­doch die sei­ner­zeit für die Tätig­keit der Kläge­rin be­trieb­lich gel­ten­de Lohn­art of­fen­sicht­lich nur de­kla­ra­to­risch wie­der­ge­ge­ben und nicht et­wa kon­sti­tu­tiv fest­ge­schrie­ben wer­den. Die ent­spre­chen­de Aus­le­gung durch das Lan­des­ar­beits­ge­richt ist re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den. Da­mit ist ver­trag­lich ein Wech­sel der ursprüng­lich maßgeb­li­chen Ent­loh­nungs­art durch nach­fol­gen­de kol­lek­ti­ve Äde­rungs­re­ge­lun­gen nicht aus­ge­schlos­sen.

III. Der Leis­tungs­an­trag ist un­be­gründet. Die Kläge­rin hat kei­nen An­spruch auf die Zah­lung von Lohn­dif­fe­ren­zen für die Zeit vom 1. Ju­li 2005 bis zum 31. März 2006.

1. Mit dem In­kraft­tre­ten der Be­stim­mun­gen der BV am 1. Ju­li 2005 hat sich die Ent­loh­nungs­art geändert, oh­ne dass da­zu be­stimm­te Fris­ten hätten ein­ge­hal­ten wer­den müssen. So­weit die BV in Nr. 4 ei­ge­ne Über­g­angs­re­ge­lun­gen vor­sieht, ist de­ren Be­ach­tung von der Kläge­rin nicht in Fra­ge ge­stellt wor­den und nicht Ge­gen­stand des vor­lie­gen­den Ver­fah­rens.

2. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Kläge­rin hat die Be­klag­te ihr im Kündi­gungs­schrei­ben vom 28. Ju­li 2005 nicht zu­ge­sagt, sie bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist am 28. Fe­bru­ar 2006 auch un­ge­ach­tet des Um­stands, dass im Be­trieb be­reits ab dem 1. Ju­li 2005 Zeit­l­ohn­grundsätze ein­geführt wa­ren, nach Ak­kord­grundsätzen zu vergüten. Zwar geht die Be­klag­te in ih­rem Schrei­ben of­fen­bar von der An­nah­me aus, die wirk­sa­me Ände­rung der Lohn­art bedürfe noch des Aus­spruchs ei­ner ent­spre­chen­den Ände­rungskündi­gung. In dem An­ge­bot, das Ar­beits­verhält­nis ab dem 1. März 2006 zu den Be­din­gun­gen der BV fort­zu­set­zen, liegt aber nicht zu­gleich ei­ne rechts­geschäft­li­che Erklärung des In­halts, bis da­hin un­abhängig von der ob­jek­ti­ven Rechts­la­ge Vergütung nach Ak­kord­grundsätzen leis­ten zu wol­len. Dafür gibt es nach Maßga­be der §§ 133, 157 BGB kei­nen An­halts­punkt. Im Aus­spruch ei­ner „überflüssi­gen“ Ände­rungskündi­gung als sol­cher liegt kein Ver­zicht des Erklären­den auf Rechts­po­si­tio­nen, die er schon un­abhängig von der Kündi­gung be­sitzt.

Schmidt 

Lin­sen­mai­er 

Kreft

Berg 

Rath

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