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LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Be­schluss vom 28.05.2008, 17 Ta (Kost) 6056/08

   
Schlagworte: Betriebsratsmitglied, Schulungsveranstaltung
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen: 17 Ta (Kost) 6056/08
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 28.05.2008
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Berlin, Beschluss vom 30.04.2008 - 44 BVGa 4014/08
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt

Ber­lin-Bran­den­burg
Geschäfts­zei­chen (bit­te im­mer an­ge­ben)
17 Ta (Kost) 6056/08
44 BV­Ga 4014/08



 

 

Be­schluss


In dem Be­schwer­de­ver­fah­ren
pp

- Be­tei­lig­ten­ver­tre­ter und Be­schwer­deführer -


in dem Wert­fest­set­zungs­ver­fah­ren
nach dem ar­beits­ge­richt­li­chen Be­schluss­ver­fah­ren un­ter Be­tei­li­gung von

pp
 

hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg, 17. Kam­mer

durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt D. als Vor­sit­zen­der
am 28. Mai 2008

be­schlos­sen:


Auf die Be­schwer­de der Ver­fah­rens­be­vollmäch­tig­ten des Be­triebs­rats wird der Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Ber­lin vom 30. April 2008 – 44 BV­Ga 4014/08 – geändert und der Wert des Ver­fah­rens­ge­gen­stan­des zum Zwe­cke der an­walt­li­chen Gebühren­be­rech­nung auf 4.000,00 EUR fest­ge­setzt.

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Gründe


Die Be­schwer­de ist be­gründet.

1. Der Wert des Ver­fah­rens­ge­gen­stan­des ist im vor­lie­gen­den Fall nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG nach bil­li­gem Er­mes­sen zu be­stim­men. Han­delt es sich um ei­ne nicht­vermögens­recht­li­che An­ge­le­gen­heit, muss da­bei von ei­nem Hilfs­wert von 4.000,00 EUR aus­ge­gan­gen wer­den, der nach La­ge des Fal­les nied­ri­ger oder – bei ei­ner Ober­gren­ze von 500.000,00 EUR – höher an­ge­nom­men wer­den kann.

2. Ob es sich bei dem An­trag des Be­triebs­rats, ei­nes sei­ner Mit­glie­der für die Teil­nah­me an ei­ner Schu­lung nach § 37 Abs. 6 Be­trVG be­zahlt frei­zu­stel­len, um ei­ne vermögens­recht­li­che oder nicht­vermögens­recht­li­che An­ge­le­gen­heit i.S.d. § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG han­delt, wur­de in der Recht­spre­chung der Lan­des­ar­beits­ge­rich­te nicht ein­heit­lich ent­schie­den. Nach ei­ner Auf­fas­sung hat der gel­tend ge­mach­te Frei­stel­lungs­an­spruch vermögens­recht­li­che Na­tur. Wenn der Ar­beit­ge­ber ver­pflich­tet wer­den sol­le, das Be­triebs­rats­mit­glied für die Dau­er der Schu­lung oh­ne Ar­beits­leis­tung zu vergüten, han­de­le es sich um ei­nen Ein­griff in das ver­trag­li­che Aus­tausch­verhält­nis von Leis­tung und Ge­gen­leis­tung; die­ser wirt­schaft­li­che Ge­sichts­punkt ste­he im Vor­der­grund und müsse für die Wert­fest­set­zung maßge­bend sein (LAG Hamm, Be­schluss vom 26. No­vem­ber 2007 – 10 Ta 693/07; LAG Köln, Be­schluss vom 26. Ju­ni 2006 – 7 Ta 75/07). Die Ge­gen­mei­nung stellt hin­ge­gen dar­auf ab, dass es bei ei­ner Frei­stel­lung für ei­ne Schu­lung nach § 37 Abs. 6 Be­trVG nicht vor­dring­lich um die Zah­lung der Vergütung an das Be­triebs­rats­mit­glied, son­dern um den Schu­lungs­be­darf des Be­triebs­rats­gre­mi­ums geht; die­ser Ge­gen­stand sei nicht­vermögens­recht­li­cher Art (LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Be­schluss vom 18. Ju­ni 2007 – 17 Ta (Kost) 6163/07; LAG Rhein­land-Pfalz, Be­schluss vom 14. Ju­ni 2007 – 1 Ta 150/07; LAG Schles­wig-Hol­stein, Be­schluss vom 21. Au­gust 2002 – 4 Ta 112/02; Hes­si­sches LAG, Be­schluss vom 8. März 2001 – 5 Ta 68/01).

3. Die Be­schwer­de­kam­mer folgt wei­ter­hin der zu­letzt ge­nann­ten Auf­fas­sung. Will der Be­triebs­rat die Frei­stel­lung ei­nes sei­ner Mit­glie­der für ei­ne Schu­lungs­ver­an­stal­tung nach § 37 Abs. 6 Be­trVG er­rei­chen, geht es ihm nicht vor­dring­lich um die Zah­lung der Vergütung für die Dau­er der Frei­stel­lung. Die­ser Vergütungs­an­spruch steht viel­mehr dem je­wei­li­gen Be­triebs­rats­mit­glied zu und müss­te ggf. oh­ne­hin in ei­nem ge­son­der­ten ar­beits­ge­richt­li­chen

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Ver­fah­ren gel­tend ge­macht wer­den. Das Ver­fah­ren be­trifft auch nicht den Schu­lungs­an­spruch des ein­zel­nen Be­triebs­rats­mit­glie­des. Es kommt viel­mehr dar­auf an, ob die Schu­lung Kennt­nis­se ver­mit­telt, die für die Tätig­keit des Be­triebs­rats er­for­der­lich sind. Mit dem Frei­stel­lungs­be­geh­ren soll vor al­lem die ord­nungs­gemäße Durchführung der Auf­ga­ben des Be­triebs­rats ge­si­chert wer­den; die­ser Ver­fah­rens­ge­gen­stand ist nicht­vermögens­recht­li­cher Na­tur.

4. Bei der Be­wer­tung der nicht­vermögens­recht­li­chen An­ge­le­gen­heit kommt es vor al­lem auf die Be­deu­tung der An­ge­le­gen­heit für die Be­tei­lig­ten an, wo­bei auch ei­ne fi­nan­zi­el­le Be­las­tung des Ar­beit­ge­bers berück­sich­tigt wer­den kann. Die Art des nach­ge­such­ten Rechts­schut­zes recht­fer­tigt da­bei ei­ne Her­ab­set­zung des Wer­tes nur, wenn es um die Si­che­rung ei­nes An­spruchs oder die vorläufi­ge Re­ge­lung ei­nes Rechts­verhält­nis­ses geht. Be­gehrt der Be­triebs­rat hin­ge­gen den Er­lass ei­ner so ge­nann­ten Leis­tungs­verfügung und kam die Durchführung ei­nes Haupt­sa­che­ver­fah­rens nach La­ge der Din­ge nicht in Be­tracht, ist ei­ne Her­ab­set­zung des Ver­fah­rens­wer­tes nicht ge­recht­fer­tigt (LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Be­schluss vom 18. Ju­ni 2007 – 17 Ta (Kost) 6163/07; LAG Ber­lin, Be­schluss vom 21. Mai 2001 – 17 Ta (Kost) 6088/01).

Im vor­lie­gen­den Fall soll­te der stell­ver­tre­ten­de Vor­sit­zen­de des Be­triebs­rats für die Teil­nah­me an ei­ner einwöchi­gen Schu­lungs­ver­an­stal­tung und da­mit für ei­nen nicht nur kurz­fris­ti­gen Zeit­raum frei­ge­stellt wer­den. Die Teil­nah­me wäre zu­dem mit nicht un­er­heb­li­chen Kos­ten für die Ar­beit­ge­be­rin ver­bun­den ge­we­sen. So be­tru­gen al­lein die Se­min­ar­gebühren 985,00 EUR; fer­ner hätte die Ar­beit­ge­be­rin die Kos­ten für ei­ne Rei­se von Ber­lin nach Nie­dern­hau­sen und zurück und die Vergütung des stell­ver­tre­ten­den Be­triebs­rats­sit­zung für die Dau­er des Se­mi­nars tra­gen müssen. Bei die­ser Sach­la­ge ent­spricht es bil­li­gem Er­mes­sen, den Ver­fah­rens­wert nach dem Hilfs­wert von 4.000,00 EUR zu be­mes­sen. Dass der Be­triebs­rat sein Be­geh­ren im We­ge des einst­wei­li­gen Rechts­schut­zes ver­folgt hat, recht­fer­tigt aus den oben ge­nann­ten Gründen kei­ne Her­ab­set­zung des Ver­fah­rens­wer­tes.

5. Die Ent­schei­dung ist un­an­fecht­bar.

 

D.

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