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Thü­rin­ger LAG, Ur­teil vom 25.03.2015, 4 Sa 91/14

   
Schlagworte: Urlaub, Urlaubsanspruch, Mutterschutz
   
Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 4 Sa 91/14
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 25.03.2015
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Erfurt, Urteil vom 05.03.2014, 4 Ca 1834/13
   

Ak­ten­zei­chen: 4 Sa 91/14
4 Ca 1834/13
Ar­beits­ge­richt Er­furt


verkündet am 25.03.2015


______________________________
gez. Schir­mer, Jus­tiz­an­ge­stell­te
als Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le


Thürin­ger Lan­des­ar­beits­ge­richt

IM NA­MEN DES VOL­KES

UR­TEIL


In dem Rechts­streit

- Be­klag­te und
Be­ru­fungskläge­rin -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te:

ge­gen

- Kläge­rin und
Be­ru­fungs­be­klag­te -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te:

hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt in Er­furt auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 11.02.2015
durch den Vi­ze­präsi­den­ten des Lan­des­ar­beits­ge­richts Tautphäus
als Vor­sit­zen­den
und die Eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Dr. Bock und Bar­wins­ky als Bei­sit­zer
für Recht er­kannt.

 

 

 

Die Be­ru­fung der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Er­furt vom 05.03.2014 - Az.: 4 Ca 1834/13 - wird kos­ten­pflich­tig zurück­ge­wie­sen.

Der Te­nor des ar­beits­ge­richt­li­chen Ur­teils wird zur Klar­stel­lung wie folgt neu ge­fasst:

Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin 1.400,80 Eu­ro brut­to zu zah­len.

Die Re­vi­si­on wird nicht zu­ge­las­sen.

TAT­BESTAND

Die Par­tei­en strei­ten über die Ver­pflich­tung der Be­klag­ten an die Kläge­rin 1.400,80 Eu­ro brut­to als Ur­laubs­ab­gel­tung für 17 Ur­laubs­ta­ge zu zah­len.

Die Kläge­rin war bei der Be­klag­ten seit dem 01.07.2008 als Ope­ra­tor zu ei­nem Brut­to­mo­nats­ge­halt von 1.790,00 Eu­ro beschäftigt. Das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en hat im Lau­fe des Rechts­strei­tes sein En­de ge­fun­den.

Zu Be­ginn des Jah­res 2013 hat­te die Kläge­rin zur Er­stel­lung der be­trieb­li­chen Jah­res­ur­laubs­pla­nung ih­re Ur­laubswünsche für das Jahr 2013 mit­ge­teilt, wo­bei ihr u. a. am 11. und 12.07.2013, vom 19. - 30.08.2013 und vom 21. - 25.10.2013 Ur­laub gewährt wer­den soll­te. Auf­grund des tätig­keits­be­dingt ver­bun­de­nen Um­gangs mit po­ten­ti­ell in­fek­tiösem Blut und Plas­ma und der feh­len­den Möglich­keit zur Um­ge­stal­tung ih­res Ar­beits­plat­zes er­teil­te die Be­klag­te we­gen des erhöhten Ge­sund­heits­ri­si­kos für sie und ihr un­ge­bo­re­nes Kind der zu die­sem Zeit­punkt schwan­ge­ren Kläge­rin auf der Grund­la­ge von § 4 der Ver­ord­nung zum Schutz der Mütter am Ar­beits­platz i. V. m. § 4 MuSchG ein Beschäfti­gungs­ver­bot ab dem 05.06.2013 bis zum Be­ginn der Mut­ter­schutz­frist und nach § 3A bs. 2 MuSchG teil­te ihr zu­gleich mit, dass das Beschäfti­gungs­ver­bot un­ter An­rech­nung auf die be­wil­lig­ten Ur­laubs­ta­ge vom 11. bis 12.07.2013, vom 19.08.2013 - 30.08.2013, vom 21.10. 2013- 25.10.2013 und am 24.12.2013 er­fol­ge.

Die Kläge­rin hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die für das Jahr 2013 noch aus­ste­hen­den Ur­laubs­ta­ge sei­en nicht auf das Beschäfti­gungs­ver­bot an­zu­rech­nen. Nach § 17 MuSchG könne nicht in An­spruch ge­nom­me­ner Rest­ur­laub nach der Beschäfti­gungs­zeit im lau­fen­den oder im nächs­ten Ur­laubs­jahr be­an­sprucht wer­den, zu­dem ha­be die Be­klag­te die Ur­laubs­ta­ge auch noch nicht de­fi­ni­tiv be­wil­ligt ge­habt. Die Be­klag­te hat be­haup­tet, in ih­rem Blut­spen­de­zen­trum in Er­furt, sei der Ur­laubs­plan für das Jahr 2013 durch die zuständi­ge Zen­trums­ma­na­ge­rin am 13.02.2013 im We­ge ei­nes Frei­ga­be­ver­merks mit Un­ter­schrift frei­ge­ge­ben wor­den. Am 20.02.2013 sei den Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern der fer­tig ge­stell­te Ur­laubs­plan be­kannt ge­ge­ben so­wie des­sen ver­bind­li­che Frei­ga­be mit­ge­teilt wor­den. Da­mit ha­be sie den Ur­laub fest­ge­legt und er­teilt. Mit der Fest­le­gung der Ar­beits­be­frei­ung für den Ur­laub ha­be sie auch die ihr gem. § 243 Abs. 2 BGB als Schuld­ne­rin des Ur­laubs­an­spruchs ob­lie­gen­de Leis­tungs­hand­lung vor­ge­nom­men. Der hier­mit be­zweck­te Leis­tungs­er­folg sei trotz des ab dem 15.06.2013 aus­ge­spro­che­nen mut­ter­schutz­recht­lich ge­bo­te­nen tätig­keits- bzw. ar­beits­platz­be­zo­ge­nen Beschäfti­gungs­ver­bo­tes auch ein­ge­tre­ten. Die dem zu Grun­de lie­gen­den Be­schränkun­gen hätten die Kläge­rin nicht ge­hin­dert, ih­ren Er­ho­lungs­ur­laub selbst zu ge­stal­ten und in An­spruch zu neh­men.

We­gen des erst­in­stanz­li­chen Vor­brin­gens der Par­tei­en im Übri­gen, der vom Ar­beits­ge­richt ge­trof­fe­nen tatsächli­chen Fest­stel­lun­gen und der ge­stell­ten Anträge wird auf den Tat­be­stand des erst­in­stanz­li­chen Ur­teils (Bl. 116 f d. A.) Be­zug ge­nom­men.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen.

Ge­gen die­ses ihr am 15.03.2014 zu­ge­stell­te Ur­teil hat die Be­klag­te mit ei­nem per Te­le­fax am 11.04.2014 beim Thürin­ger Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se nach - recht­zei­ti­ger be­an­trag­ter - Verlänge­rung der Be­ru­fungs­be­gründungs­frist bis zum 16.06.2014 mit ei­nem am 13.06.2014 per Te­le­fax ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz ih­rer Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten be­gründet.

Hier­in macht die Be­klag­te un­ter Wie­der­ho­lung und Ver­tie­fung ih­res erst­in­stanz­li­chen Vor­brin­gens gel­tend, der Ur­laubs­plan 2013 sei als ver­bind­li­che Ur­laubser­tei­lung an­zu­se­hen ge­we­sen. Sei der Ur­laubs­an­spruch der Kläge­rin aber durch die ver­bind­li­che Ge­neh­mi­gung be­reits erfüllt oder al­lein we­gen des Beschäfti­gungs­ver­bo­tes nicht mehr erfüll­bar ge­we­sen, blei­be für die An­wen­dung von § 17 S. 2 MuSchG kein Platz. Im Übri­gen be­tref­fe die Rechts­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts und des EuGH nur in­di­vi­du­el­le und ge­ne­rel­le Beschäfti­gungs­ver­bo­te i. S. d. § 3 MuSchG, al­so Fäll­te in de­nen die Ar­beit­neh­me­rin ih­ren Ur­laubs­an­spruch nicht selbst be­stimmt ver­wirk­li­chen könne. An­ders sei die Rechts­la­ge je­doch, wenn der Ur­laubs­an­spruch rea­li­siert wer­den könne, was bei ei­nem ar­beits­platz­be­zo­ge­nen in­di­vi­du­el­len Beschäfti­gungs­ver­bot gem. § 4 MuSchG ge­ra­de der Fall sei. Im Übri­gen sei die Frei­stel­lungs­erklärung für den Er­ho­lungs­ur­laub auch der nach § 4 MuSchG zeit­lich vor­aus ge­gan­gen. Für ei­nen Zeit­raum, für den die Frei­stel­lung von der Ar­beits­pflicht be­reits ver­bind­lich erklärt wor­den sei, könne da­nach nicht ei­ne wei­te­re Frei­stel­lung von der Ar­beits­pflicht er­fol­gen, da ja für den ent­spre­chen­den Zeit­raum kei­ne Ar­beits­pflicht mehr be­ste­he.

We­gen des Vor­brin­gens der Be­klag­ten in der Be­ru­fungs­in­stanz im Übri­gen wird auf den In­halt des Be­ru­fungs­be­gründungs­schrift­sat­zes vom 13.06.2014 (Bl. 154 - 163 d. A.) so­wie ih­rer Schriftsätze vom 15.10.2014 nebst An­la­gen (Bl. 180 - 192 d. A.), vom 06.01.2015 (Bl. 204 d. A. - 206 d. A.), vom 19.02.2015 (Bl. 213 - 215 d. A.) so­wie vom 18.03.2015 (Bl. 222 f d. A.) ergänzend Be­zug ge­nom­men.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

das Ur­teil des Ar­beits­ge­richt Er­furt vom 05.03.2014, Az.: 4 Ca 1834/13
ab­zuändern und die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Die Kläge­rin be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Die Kläge­rin ver­tei­digt das erst­in­stanz­li­che Ur­teil als rechts­feh­ler­frei und be­strei­tet mit Nicht­wis­sen, dass nachträgli­che Ände­run­gen von der Ur­laubs­pla­nung auf Wunsch der Ar­beit­neh­mer er­folgt sei­en. Mit der Frei­ga­be der Ur­laubs­pla­nung sei auch nicht gleich­zei­tig die Gewährung des Ur­laubs er­folgt, viel­mehr sei in den Team­be­spre­chun­gen, die re­gelmäßig statt­fin­den, sei­tens der Lei­tung in re­gelmäßigen Abständen dar­auf hin­ge­wie­sen wor­den, dass ca. 2 Wo­chen vor An­tritt des gewähr­ten Ur­laubs ein Ur­laubs­an­trag zu stel­len sei, da an­sons­ten ei­ne ei­genmäch­ti­ge Ur­laubs­nah­me vor­lie­ge. Auch der Ar­beits­ver­trag for­de­re im Übri­gen die schrift­li­che Zu­stim­mung des Ar­beit­ge­bers zur Ur­laubs­nah­me. Ei­ne Frei­stel­lung von der Ar­beits­pflicht sei vor­lie­gend nicht möglich ge­we­sen, da sie nach § 3 MuSchG schon kraft Ge­set­zes er­folgt sei. Ha­be aber kei­ne Ar­beits­pflicht be­stan­den, ha­be auch kei­ne Ur­laubs­gewährung durch Frei­stel­lung er­fol­gen können.
We­gen des Vor­brin­gens der Kläge­rin in der Be­ru­fungs­in­stanz im Ein­zel­nen wird auf den In­halt des Be­ru­fungs­er­wi­de­rungs­schrift­sat­zes vom 13.08.2014 nebst An­la­gen (Bl. 172 - 175 d. A.) so­wie ih­res Schrift­sat­zes vom 03.03.2015 (Bl. 219 f d. A.) ergänzend Be­zug ge­nom­men. Die Kläge­rin hat mit Zu­stim­mung der Be­klag­ten ih­re Kla­ge im Hin­blick auf ihr Aus­schei­den aus dem Be­trieb da­hin­ge­hend geändert, die Be­klag­te zur Zählung von 1400,80 € brut­to zu ver­ur­tei­len.

ENT­SCHEI­DUN­GSGRÜNDE

Die nach dem Wert des Be­schwer­de­ge­gen­stan­des statt­haf­te, form und frist­ge­recht ein­ge­leg­te und be­gründe­te Be­ru­fung ist zulässig. Die Be­ru­fung ist je­doch un­be­gründet. Das Ar­beits­ge­richt hat der Kla­ge zu Recht statt­ge­ge­ben. Das Ar­beits­ge­richt hat zur Be­gründung sei­ner Ent­schei­dung im We­sent­li­chen aus­geführt, für die Ur­laubs­ta­ge, die in die Zeit des Beschäfti­gungs­ver­bo­tes der Kläge­rin ge­fal­len sei­en, sei ei­ne Erfüllung des Ur­laubs­an­spruchs nicht ein­ge­tre­ten, da zu die­sen Zei­ten kei­ne Pflicht zur Ar­beits­leis­tung be­stan­den ha­be. Auf Grund des Beschäfti­gungs­ver­bo­tes ha­be für die Kläge­rin für die ihr im Rah­men des Di­rek­ti­ons­rechts zu­ge­wie­se­nen Tätig­kei­ten im Blut­spen­de­be­reich kei­ne Ver­pflich­tung zur Ar­beits­leis­tung be­stan­den. Ei­ne Er­satztätig­keit sei der Kläge­rin nicht zu­ge­wie­sen wor­den, so dass ei­ne ur­laubs­be­ding­te Frei­stel­lung von der Ver­pflich­tung zur Er­satztätig­keit eben­so we­nig ha­be er­fol­gen können. Die Be­klag­te sei auch nicht gem. § 275 BGB von der Erfüllung ih­rer Pflicht zur Ur­laubs­gewährung frei ge­wor­den, da § 17 MuSchG ei­ne ab­wei­chen­de Ri­si­ko­ver­tei­lung vor­neh­me. Für den Fall, dass der von Kläge­rin be­an­trag­te Ur­laub von der Be­klag­ten durch die Frei­ga­be des Ur­laubs­pla­nes be­reits ver­bind­lich ge­neh­migt wor­den wäre, hätten zwar die Vor­aus­set­zun­gen des § 275 BGB vor­ge­le­gen, da die Nich­terfüllung des Ur­laubs­an­spru­ches von der Be­klag­ten nicht zu ver­tre­ten ge­we­sen sei. § 17 MuSchG se­he je­doch als Son­der­re­ge­lung den Fort­be­stand des Ur­laubs­an­spruchs und in Ab­wei­chung von den Be­fris-tungs­re­ge­lun­gen im § 7 Abs. 3 BUrlG die Über­tra­gung auf das lau­fen­de Jahr nach Be­en­di­gung des Beschäfti­gungs­ver­bo­tes so­wie das dar­auf fol­gen­de Jahr vor. Da­bei sei es un­er­heb­lich, ob bei der Be­klag­ten die Möglich­keit be­stan­den ha­be, die Kläge­rin während des Beschäfti­gungs­ver­bo­tes für ih­re ursprüng­li­che Tätig­keit auf ei­nem Er­satz­ar­beits­platz wei­ter zu beschäfti­gen, da § 17 MuSchG ei­ne der­ar­ti­ge Dif­fe­ren­zie­rung nicht vor­se­he.

Die­ser Auf­fas­sung schließt sich die er­ken­nen­de Kam­mer im Er­geb­nis an. Die Kläge­rin war gemäß § 264 Nr. 3 ZPO we­gen der zwi­schen­zeit­li­chen Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses be­rech­tigt, ih­ren An­trag zu ändern und statt der ursprüng­lich be­gehr­ten Fest­stel­lung nun­mehr ei­nen Leis­tungs­an­trag zu stel­len. da die Be­klag­te ihr zu­ge­stimmt hat. Dem­ent­spre­chend hat die Kläge­rin An­spruch auf Ab­gel­tung der noch of­fe­nen 17 Rest­ur­laubs­ta­ge in rech­ne­risch un­strei­ti­ger Höhe von 1.400,80 Eu­ro brut­to.

Die Be­klag­te geht zwar im Aus­gangs­punkt zu­tref­fend im Ein­klang mit der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts da­von aus, dass sie mit der Frei­ga­be des Ur­laubs spätes­tens am 20.02.2013 ih­re Erfüllungs­hand­lung i. S. d. § 243 Abs. 1 BGB er­bracht hat und es dem­ent­spre­chend für die zu­vor be­an­trag­te und hier­mit ge­neh­mig­te Ur­laubser­tei­lung kei­ner er­neu­ten Be­frei­ung von der Ar­beits­pflicht mehr be­durft hätte. Zu­tref­fend ist auch der Hin­weis der Be­ru­fung, dass die Erfüllung des Ur­laubs­an­spruchs auf Grund der Schwan­ger­schaft der Kläge­rin mit der ge­setz­lich an­ge­ord­ne­ten Fol­ge des Beschäfti­gungs­ver­bo­tes unmöglich ge­wor­den ist, §§ 275 Abs. 1, 243 BGB (BAG Ur­teil v. 09.08.1994 - 8 AZR 384/92 - AP Nr. 19 zu § 7 BUrlG). Die Beschäfti­gungs­ver­bo­te nach § 3 S. 1 MuSchG und nach § 4 MuSchG ver­bie­ten dem Ar­beit­ge­ber zwar nicht ge­ne­rell je­de Beschäfti­gung, son­dern nur ei­ne Beschäfti­gung mit den im Ein­zel­fall oder all­ge­mein als gefähr­dend be­ur­teil­ten Tätig­kei­ten. Der Ar­beit­ge­ber ist da­nach be­rech­tigt und ver­pflich­tet, ei­ne Gefähr­dungs­be­ur­tei­lung gem. § 1 Abs. 1 S. 1 Mut­ter­schutz­ver­ord­nung durch­zuführen und nach § 3 Abs. 1 Mut­ter­schutz­ver­ord­nung die Ar­beits­be­din­gun­gen so um­zu­ge­stal­ten, dass ei­ne ge­fahr­lo­se Beschäfti­gung möglich wird. Ist dies nicht möglich, ist nach § 3 Abs. 2 Mut­ter­schutz­ver­ord­nung als zwei­ter Schritt ein Ar­beits­platz­wech­sel zu prüfen. Nur wenn auch hier­durch die Ge­fahr nicht aus­ge­schlos­sen wer­den kann oder un­zu­mut­bar ist, greift nach § 3 Abs. 2 Mut­ter­schutz­ver­ord­nung als ul­ti­ma ra­tio ein Beschäfti-gungs­ver­bot ein. Vor­lie­gend hat die Be­klag­te un­be­strit­ten vor­ge­tra­gen, dass ihr die Beschäfti­gung auf ei­nem an­de­ren Ar­beits­platz nicht möglich war so dass die Ar­beits­pflicht durch das öffent­lich recht­li­che Beschäfti­gungs­ver­bot sus­pen­diert wur­de. Auch wenn die Be­klag­te ent­spre­chend ih­rem Vor­trag die ihr als Schuld­ne­rin des Ur­laubs­an­spruchs ob­lie­gen­de Leis­tungs­hand­lung erfüllt hat­te, konn­te der ge­schul­de­te Leis­tungs­er­folg nicht mehr ein­tre­ten.

Die Be­klag­te stützt ih­re ge­gen­tei­li­ge Auf­fas­sung zu Un­recht auf die zi­tier­te Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts. Ent­ge­gen die­ser Ent­schei­dung, die durch die ge­setz­li­che Neu­re­ge­lung durch das 2. Ge­setz zur Ände­rung des Mut­ter­schutz­rechts vom 16.06.2002 und die hier­in ent­hal­te­nen Neu­re­ge­lung im § 17 Satz 2 MuSchG über­holt ist (Düwell, Ver­ein­bar­keit von Fa­mi­lie und Be­ruf Ka­pi­tel 5.23 Rn. 12), wird der Ar­beit­ge­ber bei ei­nem nachträgli­chen Ein­tritt ei­nes Beschäfti­gungs­ver­bo­tes während des fest­ge­leg­ten Ur­laubs­zeit­rau­mes von sei­ner Leis­tungs­pflicht nämlich gemäß § 17 Satz 2 MuSchG nicht mehr frei, viel­mehr hat das Ar­beits­ge­richt zu­tref­fend an­ge­nom­men, dass der Ge­setz­ge­ber durch § 17 S. 2 MuSchG das Ri­si­ko der Leis­tungsstörung, auch ei­nes in den fest­ge­leg­ten Ur­laubs­zeit­raum fal­len­den Beschäfti­gungs­ver­bots dem Ar­beit­ge­ber auf­er­legt hat (Düwell a. a. O.).

Dem­ent­spre­chend war die Be­ru­fung der Be­klag­ten mit der Kos­ten­fol­ge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurück­zu­wei­sen.

Die ge­setz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen für die Zu­las­sung der Re­vi­si­on sind nicht ge­ge­ben, § 72 Abs.2 ArbG.

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