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LAG Nürn­berg, Ur­teil vom 06.07.2015, 7 Sa 124/15

   
Schlagworte: Drogen, Kündigung: Drogen, Kündigung: Fristlos
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Nürnberg
Aktenzeichen: 7 Sa 124/15
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 06.07.2015
   
Leitsätze: Das Führen eines Lkw unter der Wirkung einer Droge rechtfertigt grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung. Bei der Abwägung im Einzelfall ist zu berücksichtigen, ob der Arbeitnehmer einmalig Drogen konsumiert hat und ob die Fahrtüchtigkeit bei den konkreten Fahrten beeinträchtigt war (hier: Abwägung zugunsten des Arbeitnehmers).
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Weiden, Urteil vom 04.02.2015, 4 Ca 699/14
Nachgehend Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.10.2016, 6 AZR 471/15
   

Ak­ten­zei­chen:
7 Sa 124/15
4 Ca 699/14
ArbG Wei­den
Ent­schei­dung vom 06.07.2015

Te­nor:

1. Die Be­ru­fung des Be­klag­ten ge­gen das En­dur­teil des Ar­beits­ge­richts Wei­den vom 04.02.2015 wird kos­ten­pflich­tig zurück­ge­wie­sen.

2. Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.

Tat­be­stand:

Die Par­tei­en strei­ten um die Wirk­sam­keit ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung.

Der Be­klag­te be­treibt ein Trans­port­ge­wer­be. Er beschäftigt nicht mehr als 10 Ar­beit­neh­mer.

Der Kläger war beim Be­klag­ten seit 05.11.2013 als Lkw - Fah­rer beschäftigt. Der Kläger wur­de am Nach­mit­tag des 14.10.2014, als er mit sei­nem pri­va­ten PKW un­ter­wegs war, von der Po­li­zei im Rah­men ei­ner Schlei­er­fahn­dung kon­trol­liert. Die Po­li­zei nahm ei­nen Dro­gen­wisch­test vor, der sich als po­si­tiv er­wies. Die dar­auf­hin er­folg­te Blut­un­ter­su­chung er­gab, dass der Kläger Am­phet­amin und Me­tham­phet­amin (Crys­tal Meth) kon­su­miert hat­te. Ein ein­ge­lei­te­tes Straf­ver­fah­ren wur­de gemäß § 170 St­PO we­gen der ge­rin­gen fest­ge­stell­ten Men­ge ein­ge­stellt, die Tat als Ord­nungs­wid­rig­keit wei­ter­ver­folgt.

Der Kläger nahm am 15.10.2014 um 4:00 Uhr sei­ne Ar­beit als Lkw - Fah­rer auf.

Am 27.10.2014 fand zwi­schen den Par­tei­en ein Gespräch statt.

Mit Schrei­ben vom 28.10.2014 kündig­te der Be­klag­te das Ar­beits­verhält­nis mit so­for­ti­ger Wir­kung.

Der Kläger er­hob ge­gen die Kündi­gung am 06.11.2014 die vor­lie­gen­de Kla­ge zum Ar­beits­ge­richt Wei­den.

Mit Ur­teil vom 04.02.2015 stell­te das Ar­beits­ge­richt Wei­den fest, dass das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en durch die Kündi­gung vom 28.10.2014 nicht frist­los be­en­det wor­den sei, son­dern bis 30.11.2014 fort­be­stan­den ha­be.

Das Ur­teil wur­de dem Be­klag­ten am 03.03.2015 zu­ge­stellt.

Der Be­klag­te leg­te ge­gen das Ur­teil am 02.04.2015 Be­ru­fung ein und be­gründe­te sie am 30.04.2015.

Der Be­klag­te trägt vor, der Kläger ha­be ihn am 14.10.2014 um 21:30 Uhr an­ge­ru­fen und erklärt, er fin­de sei­nen Führer­schein nicht und dürfe lt. Po­li­zei nicht fah­ren. Er, der Be­klag­te, ha­be die­ser Ar­gu­men­ta­ti­on nicht fol­gen können. Dar­auf­hin ha­be der Kläger erzählt, er sei von der Po­li­zei an­ge­hal­ten wor­den und dürfe nicht mehr fah­ren, weil er sei­nen Führer­schein ver­lo­ren ha­be. Der Be­klag­te führt aus, in dem Gespräch am 27.10.2014 sei er auf das Te­le­fo­nat am 14.10.2014 zurück­ge­kom­men. Der Kläger ha­be ein­geräumt, dass er bei ei­nem Dro­gen­wisch­test po­si­tiv ge­tes­tet wor­den sei. Auf sei­ne, des Be­klag­ten Fra­ge, ob bei dem Dro­gen­test noch et­was her­aus­kom­men wer­de, ha­be der Kläger erklärt, das könne sein, er ha­be am Sams­tag (11.10.2014) Dro­gen kon­su­miert. Der Be­klag­te trägt vor, er ha­be dem Kläger erklärt, dass al­le Fah­rer sich jähr­lich beim Ge­sund­heits­dienst der Be­rufs­ge­nos­sen­schaft ei­ner Ge­sund­heits­un­ter­su­chung un­ter­zie­hen müss­ten, bei der auch Blut­un­ter­su­chun­gen vor­ge­nom­men würden. Der Kläger ha­be im Hin­blick dar­auf, dass er Dro­gen in sich hin­ein­ge­zo­gen ha­be, dar­um ge­be­ten, nicht zu ei­ner sol­chen Un­ter­su­chung ge­hen zu müssen. Er ha­be of­fen­sicht­lich die Befürch­tung ge­habt, dass sein Dro­gen­kon­sum er­neut auf­kom­me.

Der Be­klag­te führt aus, nach den Be­kun­dun­gen der Po­li­zei wer­de den po­si­tiv ge­tes­te­ten Fah­rern auf­er­legt, in­ner­halb von 48 St­un­den kein Kraft­fahr­zeug zu führen.

Der Be­klag­te macht gel­tend, es wäre un­ver­ant­wort­lich ge­we­sen, den Kläger als Fah­rer wei­ter­zu­beschäfti­gen. Der Kläger ha­be of­fen­sicht­lich Pro­ble­me mit Dro­gen. Er ha­be vom 11.10.2014 bis zur po­li­zei­li­chen Kon­trol­le am 14.10.2014 un­ter Dro­gen­ein­fluss ge­stan­den. Ei­ner Un­ter­su­chung durch den me­di­zi­ni­schen Dienst der Be­rufs­ge­nos­sen­schaft ha­be er sich ent­zie­hen wol­len. Hätte er ihn wei­ter als Kraft­fah­rer ein­ge­setzt und wäre es zu ei­nem Un­fall ge­kom­men, wäre nicht aus­zu­den­ken, wel­che Fol­gen dies für dann Geschädig­te ge­habt hätte.

Der Be­klag­te macht gel­tend, er fah­re aus­sch­ließlich für die Fir­ma B…. Die­se be­ste­he auf zu­verlässi­gen Fah­rern. Bei Un­zu­verlässig­keit des Spe­di­teurs führe dies nicht nur zu Ver­trags­stra­fen, son­dern auch zur Aufkündi­gung des Ver­trags.

Der Be­klag­te be­an­tragt:

1. Das En­dur­teil des Ar­beits­ge­richts Wei­den i.d.OPf. vom 04.02.2015, Az. 4 Ca 699/14, wird in Zif­fer 1, Satz 1, auf­ge­ho­ben und die Kla­ge auch in­so­weit ab­ge­wie­sen.

2. Der Kläger hat die Kos­ten des Rechts­streits zu tra­gen.

Der Kläger be­an­tragt:

1. Die Be­ru­fung der Be­klag­ten und Be­ru­fungskläge­rin wird zurück­ge­wie­sen.

2. Die Be­klag­te hat die Kos­ten bei­der Rechtszüge zu tra­gen.

Der Kläger trägt vor, im Ver­lauf des Ar­beits­verhält­nis­ses ha­be es kein gleich­ar­ti­ges vor­an­ge­gan­ge­nes Er­eig­nis ge­ge­ben. Es hätten kei­ne An­halts­punk­te für ei­ne Be­ein­träch­ti­gung sei­ner Fahrtüch­tig­keit oder ei­ne Gefähr­dung Drit­ter vor­ge­le­gen. Der ein­ma­li­ge Dro­gen­kon­sum recht­fer­ti­ge nicht ei­ne frist­lo­se Kündi­gung. We­gen des wei­ter­ge­hen­den Vor­brin­gens der Par­tei­en wird auf die zwi­schen ih­nen ge­wech­sel­ten Schriftsätze Be­zug ge­nom­men.

Mit Be­schluss vom 23.06.2015 ist die Straf­ak­te der Staats­an­walt­schaft Wei­den - Az.: 24 Js 983/14 bei­ge­zo­gen wor­den.

Ent­schei­dungs­gründe:

Die Be­ru­fung ist zulässig. Sie ist statt­haft, § 64 Ab­satz 2 c) ArbGG, so­wie form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den, § 66 Ab­satz 1 Satz 1 und 2 ArbGG.

Die Be­ru­fung ist un­be­gründet.

Ge­gen­stand der Be­ru­fung ist le­dig­lich die Fra­ge, ob das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en durch die Kündi­gung vom 28.10.2014 mit so­for­ti­ger Wir­kung be­en­det wor­den ist.

Dies ist, wie das Erst­ge­richt zu Recht aus­geführt hat, nicht der Fall.

Nach ständi­ger Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts, der das er­ken­nen­de Ge­richt folgt, kann das Ar­beits­verhält­nis gemäß § 626 Ab­satz 1 BGB aus wich­ti­gem Grund oh­ne Ein­hal­tung ei­ner Kündi­gungs­frist gekündigt wer­den, wenn Tat­sa­chen vor­lie­gen, auf­grund de­rer dem Kündi­gen­den un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände des Ein­zel­falls und un­ter Abwägung der In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­tei­le die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses selbst bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist nicht zu­ge­mu­tet wer­den kann. Da­bei ist zunächst zu un­ter­su­chen, ob der Sach­ver­halt oh­ne sei­ne be­son­de­ren Umstände „an sich“ und da­mit ty­pi­scher­wei­se als wich­ti­ger Grund ge­eig­net ist. Als­dann be­darf es der wei­te­ren Prüfung, ob dem Kündi­gen­den die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses un­ter Berück­sich­ti­gung der kon­kre­ten Umstände des Falls und un­ter Abwägung der In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­tei­le je­den­falls bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist zu­mut­bar war oder nicht. Als wich­ti­ger Grund kann ne­ben der Ver­let­zung ver­trag­li­cher Haupt­pflich­ten auch die schuld­haf­te Ver­let­zung von Ne­ben­pflich­ten „an sich“ ge­eig­net sein, ei­ne frist­lo­se Kündi­gung zu recht­fer­ti­gen. Zu die­sen Ne­ben­pflich­ten zählt ins­be­son­de­re die Pflicht der Ar­beits­ver­trags­par­tei­en zur Rück­sicht­nah­me auf die be­rech­tig­ten In­ter­es­sen des je­weils an­de­ren Teils, § 241 Ab­satz 2 BGB. Da­nach hat der Ar­beit­neh­mer sei­ne Ar­beits­pflich­ten so zu erfüllen und die im Zu­sam­men­hang mit dem Ar­beits­verhält­nis ste­hen­den In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers so zu wah­ren, wie dies von ihm un­ter Berück­sich­ti­gung sei­ner Stel­lung und Tätig­keit im Be­trieb, sei­ner ei­ge­nen In­ter­es­sen und der In­ter­es­sen der an­de­ren Ar­beit­neh­mer des Be­triebs nach Treu und Glau­ben ver­langt wer­den kann (vgl. Bun­des­ar­beits­ge­richt - Ur­teil vom 18.12.2014 - 2 AZR 265/14; ju­ris).

Ge­mes­sen an die­sen Kri­te­ri­en er­weist sich die außer­or­dent­li­che Kündi­gung des Be­klag­ten als un­wirk­sam.

Al­ler­dings hat der Kläger ge­gen die ihm ob­lie­gen­den Pflich­ten aus dem Ar­beits­verhält­nis mit dem Be­klag­ten ver­s­toßen. Der Kläger war als Lkw - Fah­rer tätig. Es gehört zu den Pflich­ten ei­nes Lkw - Fah­rers, den ihm an­ver­trau­ten Lkw mit­samt der La­dung aus­sch­ließlich in ei­nem Zu­stand un­ein­ge­schränk­ter Fahrtüch­tig­keit zu führen. Ge­gen die­se Pflicht hat der Kläger ver­s­toßen. Er hat am je­den­falls am 13.10.2014, 14.10.2014 und 15.10.2014 den Lkw des Be­klag­ten un­ter Dro­gen­ein­fluss ge­fah­ren. Nach dem nicht be­strit­te­nen Vor­brin­gen des Be­klag­ten hat­te der Kläger in der streit­ge­genständ­li­chen Wo­che Frühschicht, d. h., er be­gann sei­ne Fahr­ten um 4:00 Uhr. Der Kläger be­strei­tet we­der, dass er ab Mon­tag­mor­gen ge­fah­ren ist, noch, dass er am 11.10.2014 Dro­gen ge­nom­men hat. Da­bei han­del­te es sich um Am­phet­amin und Me­tham­phet­amin (Crys­tal Meth). Dies er­gibt sich aus der bei­ge­zo­ge­nen Straf­ak­te.

Da der am 14.10.2014 um 15:00 Uhr durch­geführ­te Dro­gen­test po­si­tiv war und der Kläger nicht vorträgt, er ha­be nach dem 11.10.2014 wei­te­re Dro­gen ein­ge­nom­men, müssen die am 14.10.2014 fest­ge­stell­ten Wer­te auf dem Dro­gen­kon­sum am 11.10.2014 be­ru­hen. Dies be­deu­tet zwangsläufig, dass der Kläger bei den Fahr­ten am Mon­tag bis Mitt­woch un­ter Dro­gen­ein­fluss fuhr.

In die­sem Ver­hal­ten liegt ein Ver­trags­ver­s­toß, der grundsätz­lich als wich­ti­ger Grund im Sin­ne des § 626 Ab­satz 1 BGB ge­wer­tet wer­den kann.

Nach Abwägung al­ler Umstände des vor­lie­gen­den Fal­les kommt das er­ken­nen­de Ge­richt zu dem Er­geb­nis, dass die außer­or­dent­li­che Kündi­gung des Be­klag­ten un­verhält­nismäßig war.

Es lie­gen kei­ne Umstände vor, die den Schluss zu­las­sen, der Kläger sei an den ge­nann­ten Ta­gen ge­fah­ren, ob­wohl er fahr­untüch­tig ge­we­sen sei. Ins­be­son­de­re ist nicht be­kannt, ob der Kläger we­gen der ein­ge­nom­me­nen Dro­gen nicht in der La­ge war, den Lkw noch si­cher zu führen. Er­kenn­ba­re Be­ein­träch­ti­gun­gen der Fahrtüch­tig­keit hat der Be­klag­te nicht gel­tend ge­macht.

Dass der Kläger je­den­falls am 15.10.2014 ei­ne Ord­nungs­wid­rig­keit gemäß § 24 a Ab­satz 2 St­VG be­gan­gen hat, be­deu­tet nicht zwin­gend, dass der Kläger an die­sem und an den zwei Ta­gen zu­vor den Lkw we­gen dro­gen­be­ding­ter Fahr­untüch­tig­keit nicht führen konn­te, ins­be­son­de­re ei­ne kon­kre­te Gefähr­dung vor­lag.

Gemäß § 24 a Ab­satz 2 St­VG han­delt ord­nungs­wid­rig, wer un­ter der Wir­kung be­stimm­ter, na­ment­lich auf­geführ­ter be­rau­schen­der Mit­tel im Straßen­ver­kehr ein Kraft­fahr­zeug führt. Die Wir­kung wird kraft ge­setz­li­cher Re­ge­lung an­ge­nom­men, wenn ein sol­ches Mit­tel un­abhängig von der Kon­zen­tra­ti­on im Blut nach­ge­wie­sen wird. Ge­ahn­det wird be­reits die abs­trak­te Gefähr­dung. In­so­weit wird kei­ne Aus­sa­ge darüber ge­trof­fen, ob ei­ne tatsächli­che Be­ein­träch­ti­gung der Fahrtüch­tig­keit vor­ge­le­gen hat, die zu ei­ner Ge­fahr vor al­lem auch für das Fahr­zeug des Be­klag­ten und der La­dung führ­te.

Der Kläger hat zwei­fels­oh­ne ge­gen § 24 a Ab­satz 2 St­VG ver­s­toßen. Dies al­lein stellt in­des kei­nen Kündi­gungs­grund dar.

Das Recht des Ar­beit­ge­bers, das Ar­beits­verhält­nis zu kündi­gen, setzt vor­aus, dass ei­ne nicht be­heb­ba­re Störung des Ar­beits­verhält­nis­ses, ins­be­son­de­re der In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers vor­liegt. Da­ge­gen ist der Ar­beit­ge­ber grundsätz­lich nicht Sach­wal­ter der Be­lan­ge der All­ge­mein­heit.

Ein ein­ma­li­ger Ver­s­toß ge­gen die St­VG oh­ne ei­ne kon­kre­te Ge­fahr für die In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers ist nach Auf­fas­sung des er­ken­nen­den Ge­richts oh­ne das Vor­lie­gen wei­te­rer Umstände nicht als ei­ne so schwer­wie­gen­de Ver­trags­ver­let­zung an­zu­se­hen, dass es dem Ar­beit­ge­ber nicht zu­zu­mu­ten ist, die Kündi­gungs­frist ein­zu­hal­ten. Da­bei kann vor­lie­gend un­ent­schie­den blei­ben, ob ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung ei­ne vor­he­ri­ge ver­geb­li­che Ab­mah­nung vor­aus­set­zen würde. Im vor­lie­gen­den Fall wur­de das Ar­beits­verhält­nis nach der Um­deu­tung des Erst­ge­richts der außer­or­dent­li­chen in ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung zum 30.11.2014 be­en­det.

Et­was an­de­res er­gibt sich nicht aus der An­nah­me des Be­klag­ten, es ha­be sich nicht nur um ei­nen ein­ma­li­gen Dro­gen­kon­sum ge­han­delt, son­dern der Kläger neh­me dau­er­haft Dro­gen zu sich. Al­ler­dings wäre die­ser Um­stand ge­eig­net, die persönli­che Eig­nung des Klägers für die Tätig­keit ei­nes Lkw - Fah­rers in Fra­ge zu stel­len. Ob dies ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung be­din­gen könn­te, kann da­hin ste­hen. In­so­weit liegt kei­ne ge­si­cher­te Tat­sa­che vor. Ins­be­son­de­re er­gibt sich dies nicht aus dem Gespräch, das der Be­klag­te und der Kläger am 27.10.2014 geführt ha­ben.

Der Be­klag­te macht in­so­weit gel­tend, der Kläger ha­be sich ei­ner Un­ter­su­chung durch den me­di­zi­ni­schen Dienst der Be­rufs­ge­nos­sen­schaft ent­zie­hen wol­len. Es be­ste­hen kei­ne An­halts­punk­te dafür, dass der Kläger ei­ne Un­ter­su­chung ge­ne­rell ver­wei­ger­te, wor­aus un­ter Umständen der Schluss ge­zo­gen wer­den könn­te, der Kläger kon­su­mie­re re­gelmäßig ver­bo­te­ne Dro­gen. Der Be­klag­te hat nicht vor­ge­tra­gen, wann ei­ne Un­ter­su­chung hätte statt­fin­den sol­len, ins­be­son­de­re ob es um die ge­ne­rel­len Un­ter­su­chun­gen ging. Viel­mehr er­gibt sich aus dem Kündi­gungs­schrei­ben, dass es um ei­ne ak­tu­el­le Un­ter­su­chung ging. Da­nach wur­de dem Kläger in dem Gespräch mit ei­ner Un­ter­su­chung ge­droht. Im Kündi­gungs­schrei­ben heißt es: „Die Ein­nah­me von Dro­gen ga­ben Sie nach mehr­ma­li­gen Nach­fra­gen und An­dro­hung auf ei­ne Un­ter­su­chung über den ASD der BG - Ver­kehr zu.“

Man­gels des Nach­wei­ses ei­ner kon­kre­ten Be­ein­träch­ti­gung durch den Dro­gen­kon­sum des Klägers am 11.10.2014 ist die frist­lo­se Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses dem­gemäß nicht ge­recht­fer­tigt.

Es be­stand da­her kei­ne Ver­an­las­sung, das Erst­ur­teil ab­zuändern.

Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 97 ZPO.

Die Zu­las­sung der Re­vi­si­on er­folg­te we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­fra­ge, ob und un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen ein ein­ma­li­ger Dro­gen­kon­sum die außer­or­dent­li­che Kündi­gung ei­nes Be­rufs­kraft­fah­rers be­gründen kann, § 72 Ab­satz 2 ArbGG.

Rechts­mit­tel­be­leh­rung

Ge­gen die­ses Ur­teil kann die Be­klag­te Re­vi­si­on ein­le­gen.

Für den Kläger ist ge­gen die­ses Ur­teil kein Rechts­mit­tel ge­ge­ben.

Die Re­vi­si­on muss in­ner­halb ei­ner Frist von ei­nem Mo­nat ein­ge­legt und in­ner­halb ei­ner Frist von zwei Mo­na­ten be­gründet wer­den.

Bei­de Fris­ten be­gin­nen mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­fass­ten Ur­teils, spätes­tens aber mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung des Ur­teils.

Die Re­vi­si­on muss beim Bun­des­ar­beits­ge­richt, Hu­go-Preuß-Platz 1, 99084 Er­furt Post­an­schrift: Bun­des­ar­beits­ge­richt 99113 Er­furt Te­le­fax-Num­mer: 0361 2636-2000 ein­ge­legt und be­gründet wer­den.

Die Re­vi­si­ons­schrift und die Re­vi­si­ons­be­gründung müssen von ei­nem Rechts­an­walt un­ter­zeich­net sein.

Es genügt auch die Un­ter­zeich­nung durch ei­nen Be­vollmäch­tig­ten der Ge­werk­schaf­ten und von Ver­ei­ni­gun­gen von Ar­beit­ge­bern so­wie von Zu­sam­men­schlüssen sol­cher Verbände

- für ih­re Mit­glie­der

- oder für an­de­re Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der

oder

von ju­ris­ti­schen Per­so­nen, de­ren An­tei­le sämt­lich in wirt­schaft­li­chem Ei­gen­tum ei­ner der im vor­ge­nann­ten Ab­satz be­zeich­ne­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen ste­hen,

- wenn die ju­ris­ti­sche Per­son aus­sch­ließlich die Rechts­be­ra­tung und Pro­zess­ver­tre­tung die­ser Or­ga­ni­sa­ti­on und ih­rer Mit­glie­der oder an­de­rer Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der ent­spre­chend de­ren Sat­zung durchführt

- und wenn die Or­ga­ni­sa­ti­on für die Tätig­keit der Be­vollmäch­tig­ten haf­tet.

In je­dem Fall muss der Be­vollmäch­tig­te die Befähi­gung zum Rich­ter­amt ha­ben.

Zur Möglich­keit der Re­vi­si­ons­ein­le­gung mit­tels elek­tro­ni­schen Do­ku­ments wird auf die Ver­ord­nung über den elek­tro­ni­schen Rechts­ver­kehr beim Bun­des­ar­beits­ge­richt vom 09.03.2006 (BGBl. I, 519 ff.) hin­ge­wie­sen. Ein­zel­hei­ten hier­zu un­ter http://www.bun­des­ar­beits­ge­richt.de/.

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