HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

LAG Ba­den-Würt­tem­berg, Ur­teil vom 27.07.2009, 15 Sa 25/09

   
Schlagworte: Dienstwagen, Krankheit, Entgeltfortzahlungszeit
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Aktenzeichen: 15 Sa 25/09
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 27.07.2009
   
Leitsätze:
Vorinstanzen:
   

Ak­ten­zei­chen:
Bit­te bei al­len Schrei­ben an­ge­ben!

15 Sa 25/09
20 Ca 1933/08 (ArbG Stutt­gart- Kn. Lud­wigs­burg)

verkündet am 27.07.2009

Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

 

Lan­des­ar­beits­ge­richt

Ba­den-Würt­tem­berg

Im Na­men des Vol­kes

Ur­teil

 

In dem Rechts­streit

 

- Kläger/Be­ru­fungskläger -

Proz.-Bev.:

ge­gen

- Be­klag­te/Be­ru­fungs­be­klag­te -

Proz.-Bev.:

hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt Ba­den-Würt­tem­berg - 15. Kam­mer -
durch den Rich­ter am Ar­beits­ge­richt Oe­s­ter­le,
den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Grei­ner
und den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Müller
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 27.07.2009

für Recht er­kannt:

1. Die Be­ru­fung des Klägers ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Stutt­gart - Kam­mern Lud­wigs­burg - vom 25.02.2009 - 20 Ca 1933/08 - wird zurück­ge­wie­sen.

2. Der Kläger trägt die Kos­ten des Be­ru­fungs­ver­fah­rens.

3. Für den Kläger wird die Re­vi­si­on zum Bun­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­sen.

 

- 2 -

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über Ansprüche des Klägers auf Nut­zungs­aus­fall­entschädi­gung, weil sei­ne be­klag­te Ar­beit­ge­be­rin nach Ab­lauf der Ent­gelt­fort­zah­lungs­ver­pflich­tung im Krank­heits­fall den dem Kläger auch zur Pri­vat­nut­zung über­las­se­nen Dienst­wa­gen her­aus­ver­langt hat.

Der am 09.08.1953 ge­bo­re­ne, ver­hei­ra­te­te Kläger ist seit 01.08.1990 als Bau­lei­ter bei der Be­klag­ten, die zir­ka 210 Ar­beit­neh­mer beschäftigt, tätig. Er ist Mit­glied des im Be­trieb der Be­klag­ten ge­bil­de­ten Be­triebs­rats und mit ei­nem Grad der Be­hin­de­rung von 100 als schwer­be­hin­dert an­er­kannt.

Der zwi­schen den Par­tei­en un­ter dem Da­tum 24.10.1994 ab­ge­schlos­se­ne An­ge­stell­ten­ver­trag (Ko­pie Bl. 6-11 d. erst­in­stanzl. Ak­te) lau­tet aus­zugs­wei­se wie folgt:

„§ 1 - Ta­rif­bin­dung
Auf das Ar­beits­verhält­nis fin­den die Ta­rif­verträge für die tech­ni­schen und kaufmänni­schen An­ge­stell­ten des Bau­ge­wer­bes in der je­weils gel­ten­den Fas­sung An­wen­dung. .............

............

§ 6 - Ge­halt und sons­ti­ge Zu­wen­dun­gen
Das auf­ge­schlüssel­te Ge­halt mit al­len Leis­tun­gen und Son­der­leis­tun­gen wird ge­son­dert schrift­lich be­kannt­ge­ge­ben.

Die Gewährung al­ler Son­der­leis­tun­gen außer­halb des Ta­rif­ge­hal­tes, so­weit die­se nicht durch Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen ge­re­gelt sind, liegt im frei­en Er­mes­sen der Fir­ma und be­gründet kei­nen Rechts­an­spruch, auch wenn die Zah­lung wie­der­holt oh­ne aus­drück­li­chen Vor­be­halt der Frei­wil­lig­keit er­folg­te; ein Wi­der­ruf ist al­so je­der­zeit möglich.

.............

§ 10 - Krank­heit
In Krank­heitsfällen ist der An­ge­stell­te oh­ne Rück­sicht auf die Dau­er der Krank­heit ver­pflich­tet, der Geschäfts­lei­tung oder sei­nem un­mit­tel­ba­ren Vor­ge­setz­ten un­verzüglich hier­von Kennt­nis zu ge­ben. Darüber hin­aus muss der Geschäfts­lei­tung vor Ab­lauf des 3. Ka­len­der­ta­ges ei­ne ärzt­li­che Be­schei­ni­gung über die Ar­beits­unfähig­keit vor­ge­legt wer­den.

- 3 -

.........

§ 12 - Ver­tragsände­run­gen
Münd­li­che Ne­ben­ab­re­den be­ste­hen nicht. Ände­run­gen und Ergänzun­gen die­ses Ver­tra­ges bedürfen zu ih­rer Wirk­sam­keit der Schrift­form.

............“

In der „An­la­ge 3 zum Ver­trag vom 24.10.1994“ (Ko­pie Bl. 11 d. erst­in­stanzl. Ak­te) ha­ben die Par­tei­en fol­gen­des ge­re­gelt:

„Die Fir­ma L. stellt Herrn B. ei­nen PKW auch zur pri­va­ten Nut­zung in an­ge­mes­se­nem Um­fang zur Verfügung.

Die durch den geld­wer­ten Vor­teil und sons­ti­ge steu­er­recht­li­che Be­stim­mun­gen an­fal­len­den Steu­ern über­nimmt Herr B. . Die Ben­zin­kos­ten für Pri­vat­fahr­ten außer­halb von Ba­den-Würt­tem­berg sind von Herrn B. zu tra­gen.

Die Fir­ma L. behält sich vor, den Ge­gen­wert des geld­wer­ten Vor­teils nach Ab­stim­mung mit Herrn B. an ihn zu be­rech­nen.

Herr B. wird das Fahr­zeug im Fal­le ei­ner Frei­stel­lung an die Fir­ma L. zurück­ge­ben.“

Dem Kläger war zunächst ein VW Pas­sat Kom­bi auch zur Pri­vat­nut­zung über­las­sen wor­den. In den Ge­halts­ab­rech­nun­gen ist der geld­wer­te Vor­teil für die Pri­vat­nut­zung des Dienst­wa­gens mit 284,65 € mo­nat­lich an­ge­ge­ben. Der Kläger be­sitzt kein Pri­vat­fahr­zeug.

Der Kläger war seit dem 03.03.2008 bis ein­sch­ließlich 15.12.2008 durch­ge­hend ar­beits­unfähig er­krankt. Ab dem 14.04.2008 be­zog der nicht ge­setz­lich kran­ken­ver­si­cher­te Kläger Kran­ken­ta­ge­geld von sei­ner pri­va­ten Kran­ken­ver­si­che­rung. Un­ter dem Da­tum vom 07.11.2008 rich­te­te die Be­klag­te ein Schrei­ben an den Kläger (Ko­pie Bl. 15 d. erst­in­stanzl. Ak­te), das aus­zugs­wei­se wie folgt lau­tet:

„Sie sind seit dem 03.03.2008 ar­beits­unfähig. Ent­ge­gen­kom­men­der Wei­se ha­ben wir bis­her von un­se­rem Recht, den PKW nach Ab­lauf der Lohn­fort­zah­lung zurück zu for­dern, kei­nen Ge­brauch ge­macht.

- 4 -

Der Lea­sing­ver­trag des Ih­nen zur Verfügung ge­stell­ten PKW läuft aus. Aus die­sem Grund for­dern wir den zur Nut­zung über­las­se­nen PKW zurück.

Wir bit­ten um Rück­ga­be des Wa­gens am 13.11.2008 um 11.00 Uhr. Herr K.. wird den PKW in G. ent­ge­gen neh­men.“

Nach wei­te­rem Schrift­wech­sel zwi­schen den nun­meh­ri­gen Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten der Par­tei­en (vgl. Bl. 16-19 d. erst­in­stanzl. Ak­te) kam der Kläger dem Rück­ga­be­ver­lan­gen der Be­klag­ten am 13.11.2008 un­ter dem Vor­be­halt der Gel­tend­ma­chung von Ansprüchen auf Nut­zungs­aus­fall­entschädi­gung nach.

Am 16.12.2008 nahm der Kläger sei­ne Ar­beit bei der Be­klag­ten wie­der auf. Seit dem 18.12.2008 wird dem Kläger ein Ford Fo­cus Kom­bi auch zur Pri­vat­nut­zung zur Verfügung ge­stellt. Be­reits am 17.12.2008 bot die Be­klag­te dem Kläger die zwi­schen­zeit­li­che Nut­zung des Pool-PKW’s (Mar­ke Smart) an, was der Kläger mit der Be­gründung ab­lehn­te, er lei­de un­ter Platz­angst.

Der Kläger hat erst­in­stanz­lich u.a. Nut­zungs­aus­fall­entschädi­gung für den Zeit­raum vom 13.11.2008 bis 17.12.2008 ver­langt und hierfür pro Ka­len­der­tag 9,36 € in An­satz ge­bracht. Er hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, dass der Ent­zug des Dienst­wa­gens bzw. die nicht zur Verfügung­stel­lung ei­nes ver­gleich­ba­ren Dienst­wa­gens nach Ab­lauf des Lea­sing­ver­tra­ges rechts­grund­los er­folgt sei. Bei ei­ner wie hier ver­ein­bar­ten Pri­vat­nut­zung, die Vergütungs­be­stand­teil sei, könne je­der Ar­beit­neh­mer, so­weit kei­ne ent­ge­gen­ste­hen­de ver­trag­li­che Re­ge­lung be­ste­he, den Dienst­wa­gen auch über den Ent­gelt­fort­zah­lungs­zeit­raum hin­aus bis zum En­de des Ar­beits­verhält­nis­ses nut­zen. Ein Wi­der­rufs­recht oder den Ent­zug des Dienst­wa­gens ha­be sich die Be­klag­te nicht vor­be­hal­ten. Sach­bezüge sei­en nicht aus­sch­ließlich un­ter fi­nan­zi­el­len Ge­sichts­punk­ten, son­dern auch im Hin­blick auf die pri­va­te Le­bensführung zu be­trach­ten, wie der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts im Ur­teil vom 11.10.2000 (Ak­ten­zei­chen 5 AZR 240/99) zu ent­neh­men sei, das ei­nen An­spruch auf Wei­ter­gewährung ei­nes Dienst­wa­gens während der Mut­ter­schutz­fris­ten be­jaht ha­be. Sei­ne Ehe­frau benöti­ge ih­ren PKW selbst für den tägli­chen Weg zur Ar­beitsstätte. Er sei während sei­ner Ar­beits­unfähig­keit nicht bettläge­rig und nicht zu­letzt we­gen ei­ner Viel­zahl von Arzt­ter­mi­nen auf ein Fahr­zeug an­ge­wie­sen ge­we­sen. Die pri­va­te zur Verfügung­stel­lung ei­nes Dienst­wa­gens un­ter­schei­de sich nicht von der zur Verfügung­stel­lung ei­ner Dienst­woh­nung. Ein Ent­zug der Dienst­woh­nung kom­me aber auch nach Ab­lauf des Ent­gelt­fort­zah­lungs­zeit­raums un­ter dem Ge­sichts­punkt der pri­va­ten Le­bensführung des Ar­beit­neh­mers nicht in Be­tracht. Bei der

- 5 -

Er­mitt­lung der Höhe des Nut­zungs­wer­tes sei auf die lohn­steu­er­recht­li­che Vor­teil­ser­mitt­lung ab­zu­stel­len.

Nach Rück­nah­me ei­nes zunächst zusätz­lich an­gekündig­ten Fest­stel­lungs­an­trags hat der Kläger mit sei­ner am 24.11.2008 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen und am 12.02.2009 um die Ansprüche auf Nut­zungs­aus­fall­entschädi­gung für den Mo­nat De­zem­ber 2008 er­wei­ter­ten Kla­ge erst­in­stanz­lich be­an­tragt:

Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an den Kläger 327,60 € brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz aus 168,48 € seit dem 1. De­zem­ber 2008 so­wie aus 159,12 € seit dem 1. Ja­nu­ar 2009 zu be­zah­len.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Sie hat vor­ge­tra­gen: Die ver­ein­bar­te Über­las­sung ei­nes Dienst­wa­gens zur pri­va­ten Nut­zung sei als Sach­be­zug Teil des Ar­beits­ent­gelts. Der Sach­be­zugs­an­spruch erlösche zu­sam­men mit dem Ent­gelt­an­spruch, wes­halb der Dienst­wa­gen nach Ab­lauf des Ent­gelt­fort­zah­lungs­zeit­raums zurück­zu­ge­ben sei. Es bedürfe we­der ei­nes Vor­be­halts im Ar­beits­ver­trag noch ei­nes Wi­der­rufs oder ei­ner In­ter­es­sen­abwägung. Da sich der Kläger nicht im Mut­ter­schutz be­fin­de, ge­he der Hin­weis auf das Ur­teil des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 11.10.2000 - 5 AZR 240/99 - fehl. Das Ar­beits­verhält­nis als sol­ches be­gründe kein Be­sitz­recht des Ar­beit­neh­mers am pri­vat nutz­ba­ren Dienst­wa­gen. Wenn sie dem Kläger ku­lan­ter­wei­se den Dienst­wa­gen bis zum Ab­lauf des zu­grun­de­lie­gen­den Lea­sing­ver­trags über­las­sen ha­be, schließe das ein Rück­ga­be­ver­lan­gen zu ei­nem späte­ren Zeit­punkt nicht aus.

Das Ar­beits­ge­richt hat mit Ur­teil vom 25.02.2009 die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Zur Be­gründung hat es aus­geführt: Dem Kläger ste­he kein An­spruch auf Scha­dens­er­satz we­gen Ent­zugs der pri­va­ten Nut­zungsmöglich­keit an sei­nem Dienst­fahr­zeug zu, weil die Be­klag­te kei­ne aus dem Ar­beits­ver­trag re­sul­tie­ren­de Pflicht ver­letzt ha­be. Die Pri­vat­nut­zungs­be­fug­nis als Sach­be­zug stel­le ei­ne zusätz­li­che syn­al­lag­ma­ti­sche Ge­gen­leis­tung zur vom Kläger ge­schul­de­ten Ar­beits­leis­tung dar. Mit dem Ab­lauf des Ent­gelt­fort­zah­lungs­zeit­raums en­de da­mit auch der An­spruch auf die pri­va­te Nut­zungsüber­las­sung des Dienst­fahr­zeugs. Dem könne auch nicht mit all­ge­mei­nen Bil­lig­keits­erwägun­gen be­geg­net wer­den, wo­nach der Kläger in sei­ner pri­va­ten Le­bensführung auf ei­nen PKW an­ge­wie­sen sei. Der Ver­gleich mit der Über­las­sung ei­ner Werk­miet- oder Werk­dienst­woh­nung ver­fan­ge nicht. Die Nut­zungsüber­las­sung ei­ner

- 6 -

Werk­miet­woh­nung ste­he nicht im Sy­nal­lag­ma zur Ar­beits­leis­tung, er­fol­ge im Re­gel­fall ge­gen Zah­lung ei­nes Miet­zin­ses und könne von Ge­set­zes we­gen nicht oh­ne Wei­te­res ent­zo­gen wer­den. Aus der vom Kläger zi­tier­ten Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts zur Fort­gewährung der Pri­vat­nut­zungs­be­fug­nis während der ge­setz­li­chen Mut­ter­schutz­fris­ten er­ge­be sich nichts an­de­res. In je­nem Fal­le ha­be es mit § 14 Abs. 1 Satz 1 MuSchG noch ei­ne An­spruchs­grund­la­ge für ei­ne Leis­tungs­gewährung ge­ge­ben. Dem ar­beits­unfähi­gen Ar­beit­neh­mer ste­he nach Ab­lauf des Ent­gelt­fort­zah­lungs­zeit­rau­mes ein Kran­ken­geld­an­spruch ge­gen sei­ne Kran­ken­kas­se zu, in des­sen Be­rech­nung nach § 47 Abs. 1 SGB V, § 14 SGB IV auch Sach­bezüge als lau­fen­des Ar­beits­ent­gelt ein­flössen. Der Grund­satz der Ein­heit der Rechts­ord­nung ver­bie­te es, dem be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer die Pri­vat­nut­zung auch noch in Na­tur und da­mit ge­wis­ser­maßen dop­pelt zu gewähren. Auch ei­ne kon­klu­den­te ver­trag­li­che Ab­re­de, dem Kläger die Pri­vat­nut­zungs­be­fug­nis auch in Ar­beits­unfähig­keits­zei­ten außer­halb des Ent­gelt­fort­zah­lungs­zeit­raums zu be­las­sen, sei zu ver­nei­nen.

Ge­gen das dem Kläger am 27.02.2009 zu­ge­stell­te Ur­teil wen­det sich die­ser mit sei­ner beim Lan­des­ar­beits­ge­richt am 27.03.2009 ein­ge­gan­ge­nen und nach Verlänge­rung der Be­ru­fungs­be­gründungs­frist bis zum 27.05.2009 am 25.05.2009 aus­geführ­ten Be­ru­fung.

Der Kläger trägt vor:

Grundsätz­lich sei mit dem Ar­beits­ge­richt da­von aus­zu­ge­hen, dass nach Ab­lauf des 6-wöchi­gen Ent­gelt­fort­zah­lungs­zeit­raums der Vergütungs­an­spruch des ar­beits­unfähi­gen Ar­beit­neh­mers und da­mit auch des­sen An­spruch auf Pri­vat­nut­zung des Dienst­wa­gens ent­fal­le. In­dem die Be­klag­te es nach Weg­fall des Über­las­sungs­an­spruchs na­he­zu sie­ben Mo­na­te un­ter­las­sen ha­be, den Dienst­wa­gen her­aus­zu­ver­lan­gen, ha­be sie ein kon­klu­den­tes An­ge­bot auf Über­las­sung des Dienst­wa­gens über den Ent­gelt­fort­zah­lungs­zeit­raum hin­aus bis zur Ge­ne­sung des Klägers ab­ge­ge­ben. Die­ses An­ge­bot ha­be der Kläger still­schwei­gend an­neh­men können. Da sich in der An­la­ge 3 zum An­stel­lungs­ver­trag kei­ne Re­ge­lung zur Rück­ga­be des Dienst­wa­gens im Krank­heits­fall fin­de, ha­be er ein mögli­ches Rück­ga­be­ri­si­ko im Krank­heits­fall, das ihn zur Bil­dung ent­spre­chen­der Rück­la­gen be­wo­gen hätte, nicht er­ken­nen können.

Der Kläger be­an­tragt:

1. Das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Stutt­gart - Kam­mern Lud­wigs­burg - vom 25. Fe­bru­ar 2009, Ak­ten­zei­chen 20 Ca 1933/08, wird ab­geändert.

- 7 -

2. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an den Kläger 327,60 € brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz aus 168,48 € seit dem 1. De­zem­ber 2008 so­wie aus 159,12 € seit dem 1. Ja­nu­ar 2009 zu be­zah­len.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Sie ver­tei­digt das ar­beits­ge­richt­li­che Ur­teil und ver­tieft ih­re erst­in­stanz­lich vor­ge­tra­ge­nen Ar­gu­men­te. Die tatsächli­che Über­las­sung des Dienst­wa­gens an den Kläger über den Ent­gelt­fort­zah­lungs­zeit­raum hin­aus könne nicht als Wil­lens­erklärung aus­ge­legt wer­den. Es feh­le auch an ei­ner An­nah­me sei­tens des Klägers.

Die Par­tei­en ha­ben in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Lan­des­ar­beits­ge­richt ei­nen Teil-Ver­gleich ab­ge­schlos­sen, wor­in die Be­klag­te sich ver­pflich­tet hat, 18,72 € brut­to an den Kläger zu be­zah­len, und da­mit Ansprüche des Klägers auf Nut­zungs­aus­fall­entschädi­gung für den 16. und 17.12.2008 er­le­digt wur­den.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Par­tei­vor­brin­gens in bei­den Rechtszügen wird auf die ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen und die Sit­zungs­nie­der­schrif­ten ver­wie­sen.

 

Ent­schei­dungs­gründe

A.

Die Be­ru­fung ist zulässig. Das Ar­beits­ge­richt hat die Be­ru­fung ge­gen sein Ur­teil im Te­nor sei­ner Ent­schei­dung gemäß § 64 Abs. 2 lit. a ArbGG zu­ge­las­sen. Das Be­ru­fungs­ge­richt ist an die Zu­las­sung ge­bun­den (§ 64 Abs. 4 ArbGG). Die Be­ru­fung ist auch in der ge­setz­li­chen Form und Frist ein­ge­legt und be­gründet wor­den (§§ 8 Abs. 2, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, §§ 519 Abs. 1 und 2, 520 Abs. 3 ZPO).


B.

- 8 -

Die Be­ru­fung ist je­doch nicht be­gründet. Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge, so­weit sie dem Be­ru­fungs­ge­richt nach Ab­schluss des Teil-Ver­gleichs noch zur Ent­schei­dung an­ge­fal­len ist, zu Recht und mit zu­tref­fen­den Erwägun­gen ab­ge­wie­sen.

Dem Kläger steht kein An­spruch auf Nut­zungs­aus­fall­entschädi­gung für die nicht mögli­che Pri­vat­nut­zung des Dienst­wa­gens im Zeit­raum vom 13.11.2008 bis 15.12.2008 zu. Die Be­klag­te war be­rech­tigt, dem Kläger nach Ab­lauf des Ent­gelt­fort­zah­lungs­zeit­raums die Möglich­keit zu ent­zie­hen, den ihm zur Verfügung ge­stell­ten Dienst­wa­gen für Pri­vat­fahr­ten zu nut­zen.


I.

Die Be­klag­te hat sich in der An­la­ge 3 zum An­ge­stell­ten­ver­trag vom 24.10.1994 ver­pflich­tet, dem Kläger ei­nen PKW auch zur pri­va­ten Nut­zung in an­ge­mes­se­nem Um­fang zur Verfügung zu stel­len, wo­bei sich der Kläger wie­der­um ver­pflich­tet hat, den steu­er­recht­lich an­fal­len­den geld­wer­ten Vor­teil zu über­neh­men.

Mit der ver­ein­bar­ten Über­las­sung des Dienst­wa­gens zur pri­va­ten Nut­zung ha­ben die Par­tei­en die Haupt­leis­tungs­pflicht der Be­klag­ten er­wei­tert. Die Über­las­sung des Dienst­wa­gens zu pri­va­ten Zwe­cken ist ei­ne zusätz­li­che Ge­gen­leis­tung für die ge­schul­de­te Ar­beits­leis­tung (BAG 24.03.2009 - 9 AZR 733/07 - ju­ris; BAG 19.12.2006 - 9 AZR 294/06 - AP Nr. 21 zu § 611 BGB Sach­bezüge = EzA § 307 BGB 2002 Nr. 17). Die Pri­vat­nut­zung ei­nes Dienst­fahr­zeugs ist ein ty­pi­sches Mit­tel zur Ge­halts­fin­dung. Mit ihr wird dem Ar­beit­neh­mer ein geld­wer­ter Vor­teil zu­ge­wen­det (BAG 09.09.2003 - 9 AZR 574/02 - BA­GE 107, 256). Das Hal­ten ei­nes PKW’s ist heu­te all­ge­mein üblich und stellt ei­nen nicht un­be­deu­ten­den Geld­wert dar; dem­ent­spre­chend fließt nach der Ver­kehrs­an­schau­ung die - auch steu­er­pflich­ti­ge - PKW-Nut­zung in die Ge­halts­be­mes­sung ein (BAG 16.11.1995 - 8 AZR 240/95 - BA­GE 81, 294; BAG 23.06.1994 - 8 AZR 537/92 - AP Nr. 34 zu § 249 BGB = EzA § 249 BGB Nr. 20; LAG Sach­sen 13.01.1999 - 2 Sa 742/98 - LA­GE Nr. 4 zu § 4 EFZG).


II.

Für den streit­ge­genständ­li­chen Zeit­raum vom 13.11.2008 bis 15.12.2008, in dem der Kläger den Dienst­wa­gen auf Auf­for­de­rung der Be­klag­ten zurück­ge­ge­ben hat­te, ist der Be­klag­ten die Er­brin­gung die­ser Leis­tung we­gen Zeit­ab­laufs unmöglich ge­wor­den (§ 275 Abs. 1 BGB). Der

- 9 -

Kläger kann aber kei­ne Nut­zungs­aus­fall­entschädi­gung als Scha­dens­er­satz (vgl. BAG 19.12.2006 - 9 AZR 294/06 - AP Nr. 21 zu § 611 BGB Sach­bezüge = EzA § 307 BGB 2002 Nr. 17; BAG 23.06.2004 - 7 AZR 514/03 - AP Nr. 139 zu § 37 Be­trVG 1972 = EzA § 37 Be­trVG 2001 Nr. 2; BAG 27.05.1999 - 8 AZR 415/98 - BA­GE 91, 379) ver­lan­gen, weil die Be­klag­te in die­sem Zeit­raum nicht mehr ar­beits­ver­trag­lich ver­pflich­tet war, dem Kläger den Dienst­wa­gen zur Pri­vat­nut­zung zu über­las­sen.

1. Liegt auf­grund der pri­va­ten Nut­zungsmöglich­keit ei­ne Ar­beits­vergütung in Form ei­ner Sach­leis­tung vor, folgt aus dem Vergütungs­cha­rak­ter ei­nes der­ar­ti­gen Sach­be­zugs, dass dem Ar­beit­neh­mer grundsätz­lich der Dienst­wa­gen auch dann zur Nut­zung ver­blei­ben muss, wenn er aus persönli­chen Gründen (Ar­beits­ver­hin­de­rung, Krank­heit) an der Dienst­leis­tung ver­hin­dert ist (ErfK/Preis 9. Aufl. § 611 BGB Rd­nr. 523).

2. Als Teil der Ar­beits­vergütung ist die Ge­brauchsüber­las­sung al­ler­dings nur so lan­ge ge­schul­det, wie der Ar­beit­ge­ber über­haupt Ar­beits­ent­gelt schul­det (BAG 11.10.2000 - 5 AZR 240/99 - BA­GE 96, 34). Des­halb hat der Ar­beit­ge­ber das Recht, dem Ar­beit­neh­mer im Fall der Krank­heit mit dem En­de des Ent­gelt­fort­zah­lungs­zeit­raums den Dienst­wa­gen entschädi­gungs­los zu ent­zie­hen (LAG Köln 22.06.2001 - 11 (6) Sa 391/01 - NZA-RR 2001, 523; DFL/Ka­man­ab­rou 2. Aufl. § 611 BGB Rd­nr. 118; DLW/Dörner 7. Aufl. C Rd­nr. 958; ErfK/Preis 9. Aufl. § 611 BGB Rd­nr. 523; Mei­er NZA 1997, 298, 299;
MünchArbR/Ha­nau 2. Aufl. § 70 Rd­nr. 12; Näge­le NZA 1997, 1196, 1200; Preis/Lin­de­mann, Der Ar­beits­ver­trag, 3. Aufl. II D 20 Rd­nr. 10; Schaub/Linck Ar­beits­rechts­hand­buch 13. Aufl. § 68 Rd­nr. 6c; Schma­len­berg in Tschöpe, Ar­beits­recht, 3. Aufl. Teil 2 A Rd­nr. 313 Fn. 4; Vo­gel­sang Ent­gelt­fort­zah­lung Rd­nr. 510). Im BGB gilt der Grund­satz „oh­ne Ar­beit kein Lohn“. Die­ser Grund­satz wird zu Guns­ten des Ar­beit­neh­mers zur Si­che­rung sei­ner Exis­tenz­grund­la­ge durch­bro­chen. Er behält in be­stimm­ten Fällen trotz Nich­ter­brin­gung der Ar­beits­leis­tung sei­nen Vergütungs­an­spruch, ins­be­son­de­re bei Ur­laub und im Krank­heits­fall für den Ent­gelt­fort­zah­lungs­zeit­raum (Lak­ies, AGB im Ar­beits­recht, Rd­nr. 591). Im Um­kehr­schluss be­deu­tet dies al­ler­dings auch, dass nach Ab­lauf des Ent­gelt­fort­zah­lungs­zeit­raums der all­ge­mei­ne Grund­satz „oh­ne Ar­beit kein Lohn“ wie­der An­wen­dung fin­det. Der Pri­vat­nut­zungs­an­spruch des Klägers ent­fiel so­mit mit Ab­lauf des Ent­gelt­fort­zah­lungs­zeit­raums, oh­ne dass es ei­nes Wi­der­rufs­vor­be­halts be­durft hätte (a.A. mögli­cher­wei­se Dahl, ju­ris­PR-ArbR 29/2008, An­mer­kung 4; Beck­mann, ju­ris­PR-ArbR 36/2007, An­mer­kung 2). Dem ste­hen die Ausführun­gen des Bun­des­ar­beits­ge­richts im Ur-teil vom 19.12.2006 (9 AZR 294/06 - AP Nr. 21 zu § 611 BGB Sach­bezüge = EzA § 307 BGB 2002 Nr. 17) un­ter II. 2. c) der Ent­schei­dungs­gründe nicht ent­ge­gen. Wenn das Bun­des­ar­beits­ge­richt dort ausführt, dass ein Ar­beit­ge­ber oh­ne

- 10 -

Wi­der­rufs­vor­be­halt ver­pflich­tet ist, dem Ar­beit­neh­mer während des ge­sam­ten Be­stan­des des Ar­beits­verhält­nis­ses die Pri­vat­nut­zung des Fahr­zeugs zu ermögli­chen, so woll­te es, wie aus dem Zu­sam­men­hang er­sicht­lich, kei­ne Aus­sa­ge für den hier vor­lie­gen­den Fall des Ab­laufs des Ent­gelt­fort­zah­lungs­zeit­raums tref­fen.

Es kann da­hin­ge­stellt blei­ben, ob das Pri­vat­nut­zungs­recht des Klägers mit Ab­lauf des 13.04.2008 en­de­te (vgl. § 1 Satz 1 des An­stel­lungs­ver­tra­ges vom 24.10.1994 i.V.m. § 4 Zif­fer 2.1 des Rah­men­ta­rif­ver­trags für die An­ge­stell­ten und Po­lie­re des Bau­ge­wer­bes i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG) oder ob das Pri­vat­nut­zungs­recht des Klägers noch fort­be­stand, so­lan­ge er An­spruch auf den Zu­schuss gemäß § 4 Zif­fer 2.2 des Rah­men­ta­rif­ver­trags für die An­ge­stell­ten und Po­lie­re des Bau­ge­wer­bes hat­te. Denn die­ser Zu­schuss wäre an­ge­sichts der über 10-jähri­gen Be­triebs­zu­gehörig­keit des Klägers für ei­nen Zeit­raum von 12 Wo­chen ab dem 14.04.2008 zu gewähren ge­we­sen, so dass auch in­so­fern zu­min­dest im No­vem­ber 2008 kein ent­spre­chen­der An­spruch des Klägers mehr be­stan­den hätte.

3. Zwar folgt dar­aus, dass der Ar­beit­ge­ber nicht wei­ter zur Leis­tung von Ar­beits­ent­gelt ver­pflich­tet ist, nicht not­wen­dig, dass er zur Leis­tung von Sach­bezügen auch aus an­de­ren Gründen nicht mehr ver­pflich­tet sein kann und des­halb ei­nen Dienst­wa­gen nicht wei­ter zum pri­va­ten Ge­brauch über­las­sen muss (BAG 11.10.2000 - 5 AZR 240/99 - BA­GE 96, 34). Für ei­ne aus­drück­lich oder kon­klu­dent ver­ein­bar­te Ver­pflich­tung des Ar­beit­ge­bers, den Sach­be­zug auch dann wei­ter­hin zu gewähren, wenn der Ar­beit­neh­mer we­gen Ab­laufs des Ent­gelt­fort­zah­lungs­zeit­raums nach länge­rer Ar­beits­unfähig­keit kein Ge­halt mehr be­an­spru­chen kann, ist al­ler­dings der Ar­beit­neh­mer dar­le­gungs­pflich­tig (LAG Köln 29.11.1995 - 2 Sa 843/95 - LA­GE Nr. 8 zu § 616 BGB). Ein sol­che Ver­pflich­tung lässt sich dem Vor­trag des Klägers nicht ent­neh­men.

a) Die Fälle der Über­las­sung ei­ner Werks­woh­nung und der Gewährung von Sach­bezügen an ei­ne Ar­beit­neh­me­rin während der Mut­ter­schutz­fris­ten sind nach Auf­fas­sung der Kam­mer mit dem hier vor­lie­gen­den Fall ei­nes über den Ent­gelt­fort­zah­lungs­zeit­raum hin­aus er­krank­ten Ar­beit­neh­mers nicht zu ver­glei­chen.

aa) Der vom Kläger an­geführ­te Ge­sichts­punkt, dass sich der Ar­beit­neh­mer dar­auf verlässt, bei Be­darf ei­nen PKW zur Verfügung zu ha­ben, und die­sen bei länger dau­ern­der Ar­beits­unfähig­keit mögli­cher­wei­se we­gen me­di­zi­ni­scher Er­for­der­nis­se, zum Bei­spiel häufi­ge­ren Arzt­be­su­chen, benötigt, führt nicht da­zu, ei­ne kon­klu­den­te Ver­ein­ba­rung da­hin­ge­hend an­neh­men zu können,

- 11 -

dass der Ar­beit­ge­ber nach Ab­lauf des Ent­gelt­fort­zah­lungs­zeit­raums zur Gewährung der Pri­vat­nut­zung des Dienst­wa­gens ver­pflich­tet bleibt (so auch LAG Köln 29.11.1995 - 2 Sa 843/95 - LA­GE Nr. 8 zu § 616 BGB).

Die in der Li­te­ra­tur (Fi­scher FA 2003, 105) und im An­schluss an die­sen in der Recht­spre­chung (LAG Ber­lin-Bran­den­burg 19.02.2007 - 10 Sa 2171/06 - ju­ris) ge­zo­ge­ne Par­al­le­le zur Über­las­sung von Werks­woh­nun­gen trägt nicht. Im Fal­le der Über­las­sung von Werks­woh­nun­gen ist schon die ver­trag­li­che Aus­gangs­la­ge ei­ne an­de­re. Bei der Werk­miet­woh­nung be­steht ne­ben dem Ar­beits­verhält­nis ein selbständi­ger Miet­ver­trag, bei der Werk­dienst­woh­nung ist die Über­las­sung des Wohn­raums Be­stand­teil des Ar­beits­ver­trags; die Rech­te und Pflich­ten dar­aus rich­ten sich nach dem Ar­beits­ver­trag mit et­wai­ger Ergänzung durch die Miet­vor­schrif­ten (Pa­landt/Wei­den­kaff BGB 68. Aufl. Vor­be­mer­kung vor § 576 Rd­nr. 9f.). Ist der An­spruch auf Über­las­sung ei­ner Werk­woh­nung Teil der Ver­ein­ba­rung zwi­schen Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer, wird schon die Aus­le­gung der Par­tei­ver­ein­ba­run­gen re­gelmäßig er­ge­ben, dass der Ar­beit­neh­mer nicht nach Ab­lauf des Ent­gelt­fort­zah­lungs­zeit­raums zum Aus­zug ver­pflich­tet ist (LAG Köln 24.05.1995 - 2 Sa 843/95 - LA­GE Nr. 8 zu § 616 BGB).

bb) Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat in sei­nem Ur­teil vom 11.10.2000 (- 5 AZR 240/99 - BA­GE 96, 34), in dem es den An­spruch ei­ner Ar­beit­neh­me­rin auf Wei­ter­gewährung des bis­he­ri­gen Sach­be­zugs in Form der Pri­vat­nut­zungs­be­fug­nis ei­nes Dienst­wa­gens auch während der Schutz­fris­ten der §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG be­jaht hat, dies mit Sinn und Zweck der Vor­schrif­ten der §§ 11 und 14 MuSchG be­gründet. Die wer­den­de bzw. die jun­ge Mut­ter sol­le vor wirt­schaft­li­chen Nach­tei­len be­wahrt wer­den, um je­den fi­nan­zi­el­len An­reiz für sie ent­fal­len zu las­sen, die Ar­beit zu ih­rem und des Kin­des Nach­teil ent­ge­gen des ih­rem Schutz die­nen­den Ver­bo­tes fort­zu­set­zen.

Zwar würde es im Krank­heits­fall auch dem Schutz des er­krank­ten Ar­beit­neh­mers zu­wi­der­lau­fen, wenn er sich nach Ab­lauf des Ent­gelt­fort­zah­lungs­zeit­raums nur des­halb wie­der ar­beitsfähig mel­den würde, um die Pri­vat­nut­zung des Dienst­wa­gens nicht zu ver­lie­ren. Hier kann aber für die Dienst­wa­gen­nut­zung nichts an­de­res als für die übri­ge Vergütung gel­ten. Auch in­so­fern könn­te der Ar­beit­neh­mer ver­sucht sein, nach Ab­lauf der ar­beit­ge­ber­sei­ti­gen Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall trotz fort­be­ste­hen­der

- 12 -

Ar­beits­unfähig­keit wie­der zur Ar­beit zu er­schei­nen, um nicht auf das ge­rin­ge­re Kran­ken­geld ver­wie­sen zu wer­den. Den­noch hat der Ge­setz­ge­ber die Ent­gelt­fort­zah­lungs­pflicht des Ar­beit­ge­bers auf sechs Wo­chen be­grenzt.

cc) Für das hier ge­fun­de­ne Er­geb­nis spricht auch, dass der Geld­wert des Sach­be­zugs über § 14 SGB IV bei der Be­rech­nung der Kran­ken­geldhöhe berück­sich­tigt wird (vgl. § 47 Abs. 1 SGB V).

b) Ent­ge­gen der Rechts­auf­fas­sung des Klägers ist auch nicht des­halb von ei­nem kon­klu­den­ten An­ge­bot der Be­klag­ten auf Wei­ter­gewährung der Dienst­wa­gen­nut­zung aus­zu­ge­hen, weil die­se ihn trotz Ab­laufs des Ent­gelt­fort­zah­lungs­zeit­raums zunächst meh­re­re Mo­na­te lang nicht zurück­ge­for­dert hat. Auch ei­ne kon­klu­den­te Ver­ein­ba­rung setzt vor­aus, dass dem Ver­hal­ten ei­ner Par­tei ein ent­spre­chen­der Erklärungs­wert zu­kommt: Wie bei ver­ba­len Äußerun­gen ist er­for­der­lich, dass der Erklärungs­empfänger nach Treu und Glau­ben mit Rück­sicht auf die Ver­kehrs­sit­te das Ver­hal­ten als Aus­druck des Wil­lens ver­ste­hen durf­te, sich in be­stimm­ter Wei­se zu ver­pflich­ten (LAG Köln 22.06.2001 - 11 (6) Sa 391/01 - NZA-RR 2001, 523). Das bloße Schwei­gen ist aber in der Re­gel kei­ne Wil­lens­erklärung, son­dern das Ge­gen­teil ei­ner Erklärung (Pa­landt/El­len­ber­ger BGB 68 Aufl. Einführung vor § 116 Rd­nr. 7).

Der Kläger hat aber kei­ne Umstände dafür vor­ge­tra­gen, war­um er aus der Tat­sa­che, dass die Be­klag­te zunächst nicht von dem ihr ein­geräum­ten Rück­for­de­rungs­recht Ge­brauch ge­macht hat, dar­auf schließen durf­te, ein sol­ches Rück­ga­be­ver­lan­gen wer­de auch in Zu­kunft nicht er­fol­gen. Noch we­ni­ger konn­te der Kläger aus der Be­reit­schaft der Be­klag­ten, den Ab­lauf des oh­ne­hin ge­schlos­se­nen Lea­sing­ver­trags ab­zu­war­ten und dar­auf zu ver­zich­ten, in be­ste­hen­de Zustände ein­zu­grei­fen, auf den Wil­len der Be­klag­ten schließen, durch die Neu­an­schaf­fung ei­nes Nach­fol­ge­fahr­zeugs für die Verlänge­rung die­ses Zu­stands zu sor­gen (so zu­tref­fend LAG Köln 22.06.2001 - 11 (6) Sa 391/01 - a.a.O.).


C. Ne­ben­ent­schei­dun­gen

I.

Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

- 13 -

II.

Die Zu­las­sung der Re­vi­si­on be­ruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

 

Rechts­mit­tel­be­leh­rung

1. Ge­gen die­ses Ur­teil kann d. Kläg. schrift­lich Re­vi­si­on ein­le­gen. Die Re­vi­si­on muss in­ner­halb ei­ner Frist von ei­nem Mo­nat, die Re­vi­si­ons­be­gründung in­ner­halb ei­ner Frist von zwei Mo­na­ten bei dem

Bun­des­ar­beits­ge­richt
Hu­go-Preuß-Platz 1
99084 Er­furt

ein­ge­hen.

Bei­de Fris­ten be­gin­nen mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­fass­ten Ur­teils, spätes­tens aber mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung.

Die Re­vi­si­on und die Re­vi­si­ons­be­gründung müssen von ei­nem Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten un­ter­zeich­net sein. Als Pro­zess­be­vollmäch­tig­te sind nur zu­ge­las­sen:

a. Rechts­anwälte,
b. Ge­werk­schaf­ten und Ver­ei­ni­gun­gen von Ar­beit­ge­bern so­wie Zu­sam­men­schlüsse sol­cher Verbände für ih­re Mit­glie­der oder für an­de­re Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der,
c. ju­ris­ti­sche Per­so­nen, die die Vor­aus­set­zun­gen des § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ArbGG erfüllen.

In den Fällen der lit. b und c müssen die han­deln­den Per­so­nen die Befähi­gung zum Rich­ter­amt ha­ben.

2. Für d. Bekl. ist ge­gen die­ses Ur­teil ein Rechts­mit­tel nicht ge­ge­ben.

- 14 -

Oe­s­ter­le

Grei­ner

Müller

 

Hin­weis:
Die Geschäfts­stel­le des Bun­des­ar­beits­ge­richts wünscht die Vor­la­ge der Schriftsätze in sie­ben­fa­cher Fer­ti­gung, für je­den wei­te­ren Be­tei­lig­ten ei­ne wei­te­re Mehr­fer­ti­gung.

 

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hensche@hensche.de
Christoph Hildebrandt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hildebrandt@hensche.de
Nina Wesemann
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Kontakt:
040 / 69 20 68 04
wesemann@hensche.de

Auf Facebook teilen Auf Google+ teilen Ihren XING-Kontakten zeigen Beitrag twittern

 


zur Übersicht 15 Sa 25/09