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ARBEITSRECHT
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ENTSCHEIDUNGSREPORT FÜR DIE BETRIEBLICHE PRAXIS 01|2020

Update Arbeitsrecht 01|2020 vom 08.01.2020

Leitsatzreport

LAG Berlin-Brandenburg: Der Betriebsrat hat keinen Anspruch auf die Aushändigung von Lohnlisten aufgrund von § 13 Abs.2 Satz 1 EntgTranspG

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 01.08.2019, 5 TaBV 313/19

§ 80 Abs.2 Satz 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG); § 13 Abs.2 Satz 1 Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG)

Leitsätze des Gerichts:

1. Das Einblicksrecht des Betriebsrates nach § 80 Abs.2 Satz 2 Halbsatz 2 BetrVG stellt eine speziellere Regelung dar, die den Anspruch des Halbsatzes 1 auf Zurverfügungstellung von Unterlagen für den Bereich der Löhne und Gehälter verdrängt.

2. Soweit nunmehr § 13 Abs.2 Satz 1 Entgelttransparenzgesetz bestimmt, der Betriebsausschuss habe die Listen über Bruttolöhne und -gehälter „einzusehen und auszuwerten“, ergibt sich auch daraus kein Anspruch auf Aushändigung der Entgeltlisten in irgendeiner Form.

3. Auch Unionsrecht zwingt nicht dazu, § 80 Abs.2 Satz 2 2. Halbsatz BetrVG, 13 Abs.2 Satz 1 Entgelttransparenzgesetz im Sinne eines Anspruchs auf Aushändigung auszulegen. Unionsrecht wird aber bei der Auslegung des Umfanges des Aufbereitungsanspruches des Betriebsausschusses nach § 13 Abs.3 Satz 3 EntgTranspG zu berücksichtigen sein.

Hintergrund:

Gemäß § 80 Abs.2 Satz 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat „auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen; in diesem Rahmen ist der Betriebsausschuss oder ein nach § 28 gebildeter Ausschuss berechtigt, in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen.“ Besteht bei kleineren Betriebsräten kein Betriebs- oder nach § 28 BetrVG gebildeter Ausschuss, steht das Einsichtsrecht dem Betriebsrat zu. Im ersten Halbsatz dieser Vorschrift heißt es, dass dem Betriebsrat erforderliche Unterlagen „zur Verfügung zu stellen“ sind, während es in Bezug auf die Lohnlisten im zweiten Halbsatz heißt, dass nur ein Recht besteht, „Einblick zu nehmen“. Daraus leitet das Bundesarbeitsgericht (BAG) seit vielen Jahren ab, dass der Betriebsrat kein Recht zur Überlassung der Lohnlisten hat. Er kann nur in die Listen hineinsehen und sich Einzelheiten notieren, darf aber weder komplette Kopien noch vollständige Abschriften der Lohnlisten anfertigen. Diese Rechtslage hat sich, so das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg, auch nicht durch § 13 Abs.2 Satz 1 Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) geändert, der neben dem Einsichtsrecht ein Recht gewährt, die Listen „auszuwerten“. Unter Berufung darauf beantragte ein Betriebsrat die Überlassung von Lohnlisten, hatte damit aber weder vor dem Arbeitsgericht Berlin (Beschluss vom 13.12.2018, 7 BV 15191/18) noch vor dem LAG Erfolg. Denn der Gesetzgeber wollte das Recht zur Einsicht in die Lohnlisten durch das EntgTranspG nicht gegenüber § 80 Abs.2 Satz 2 BetrVG ausweiten, so das LAG (Beschluss, Rn.21). Das LAG hat die Rechtsbeschwerde zum BAG zugelassen. Dort ist der Fall inzwischen anhängig (Aktenzeichen des BAG: 1 ABR 32/19).

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 01.08.2019, 5 TaBV 313/19

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