Update Arbeitsrecht 11|2023 vom 31.05.2023
Leitsatzreport
BAG: Anspruch des Betriebsrats auf tarifliche Eingruppierung bei künftigen Einstellungen
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 14.02.2023, 1 ABR 9/22
§§ 23 Abs.3; 87 Abs.1 Nr.10; 99; 101 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG); §§ 3 Abs.1; 4 Abs.1 Tarifvertragsgesetz (TVG)
Leitsatz des Gerichts:
§ 101 BetrVG begründet keinen Anspruch des Betriebsrats gegen den Arbeitgeber, bei erst künftig erfolgenden Einstellungen oder Versetzungen von Arbeitnehmern eine Ein- oder Umgruppierung vorzunehmen sowie ein hierauf bezogenes Zustimmungs- und ggf. Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen.
Hintergrund:
Gemäß § 99 Abs.1 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) müssen Arbeitgeber in Unternehmen mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat vor Einstellungen, Versetzungen sowie vor Ein- und Umgruppierungen informieren und um Zustimmung bitten. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sind tarifgebundene Arbeitgeber zur - gemeinsam mit dem Betriebsrat vorzunehmenden - Ein- bzw. Umgruppierung von Arbeitnehmern in tarifvertragliche Lohngruppen auch dann verpflichtet, wenn es um nicht tarifgebundene Arbeitnehmer geht (BAG, Beschluss vom 18.10.2011, 1 ABR 25/10). Das sind Arbeitnehmer, die nicht in der Gewerkschaft sind und daher keinen Anspruch auf den Tariflohn gemäß §§ 3 Abs.1, 4 Abs.1 Tarifvertragsgesetz (TVG) haben, und die auch nicht infolge einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel den Tariflohn verlangen können. Allerdings folgt aus der Pflicht zur tarifgemäßen Eingruppierung noch kein Anspruch von Nicht-Gewerkschaftsmitgliedern auf den Tariflohn. Im Streitfall war ein metallverarbeitendes Unternehmen und ehemaliges Mitglied eines nordrhein-westfälischen Metallarbeitgeberverbandes von seinem Betriebsrat arbeitsgerichtlich verpflichtet worden, bei künftigen Einstellungen und Versetzungen die Arbeitnehmer nach dem NRW-Metalltarif einzugruppieren (Arbeitsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 03.05.2021, 14 BV 166/20). Nachdem das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf diese Verpflichtung zugunsten des Arbeitgebers aufgehoben hatte (Beschluss vom 01.12.2021, 4 TaBV 19/21), stellte das BAG die Entscheidung des Arbeitsgerichts wieder her. Der Anspruch des Betriebsrats folgte zwar nicht aus § 101 BetrVG, aber aus § 23 Abs.3 BetrVG. Denn der Arbeitgeber hatte mit seiner beharrlichen Umgehung des Betriebsrats bei der erforderlichen Eingruppierung von Arbeitnehmern in den NRW-Metalltarif in grober Weise gegen seine Verpflichtungen aus dem BetrVG verstoßen.
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 14.02.2023, 1 ABR 9/22
Handbuch Arbeitsrecht: Eingruppierung
Handbuch Arbeitsrecht: Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten
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